Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.09.2008

LSG Nsb: fristlose kündigung, unterricht, firma, berufsschule, abschlussprüfung, schulbesuch, umschulung, niedersachsen, hochschulreife, entschuldigung

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 30.09.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 7/18 AL 85/04
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 11 AL 65/07
Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 9. März 2007 wird geän-dert. Der Bescheid vom 19. und 24. September
2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2004 wird im Zeitraum vom 24. September 2003 bis
15. Dezember 2003 aufgehoben. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung
zurückgewiesen. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu einem
Drittel zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger streitet um die Aufhebung der Förderung der beruflichen Weiterbildung und um die Aufhebung der
Bewilligung von Unterhaltsgeld ab 24. September 2003.
Der im Jahre 1961 geborene Kläger verfügt über die Allgemeine Hochschulreife (Abitur-zeugnis vom 4. Juni 1980,
Durchschnittsnote 2,1). Nach dem Lebenslauf des Klägers studierte er im Zeitraum von 1981 bis 1982 Pädagogik und
Sozialwissenschaften. Von 1983 bis 1985 absolvierte er eine Berufsausbildung als Fachangestellter für Bädertech-nik.
Ab 1986 übte er Tätigkeiten in diesem Beruf aus. Danach erfolgte eine psychische Erkrankung, aufgrund derer eine
berufliche Neuorientierung in Erwägung gezogen wurde.
Am 10. September 2002 beantragte der Kläger die Weiterbildungsmaßnahme zur Um-schulung als
Reiseverkehrskaufmann bei der Firma H. in I. ab 1. Oktober 2002. Unter dem 10. September 2002 schloss der Kläger
antragsgemäß den Umschulungsvertrag mit dieser Firma im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis 31. Juli 2004.
Die Beklagte bewilligte daher Unterhaltsgeld ab 1. Oktober 2002 für die beantragte Maß-nahme (Bescheid vom
9.10.2002). Weitere Leistungen wie Kosten bei auswärtiger Un-terbringung und Fahrtkosten wurden bewilligt
(Bescheide vom 30. September 2002 und 9. Oktober, 19. November 2002).
Mit Schreiben vom 31. Januar 2003 teilte die Berufsbildende Schule des Landkreises I. (BBS I) der Beklagten die
Fehlzeiten des Klägers ab Beginn der Ausbildung vom 1. Oktober 2002 bis 29. Januar 2003 mit (sechs entschuldigte,
vier unentschuldigte Fehl-tage). Der Kläger war mit Schreiben der BBS I vom 28. März 2003 ermahnt worden, weil er
am 19. März 2003 erneut eine nicht akzeptable Entschuldigung vorgelegt hatte. Beim nächsten unentschuldigten
Fernbleiben vom Unterricht wurde ihm die Ausschulung an-gekündigt. Daraufhin erging die Ausschulung des Klägers
ab 4. September 2003, weil er am 27. August 2003 erneut ohne Entschuldigung dem Unterricht ferngeblieben war
(Schreiben der BBS I vom 28. März und 4. September 2003). Im Zeugnis der BBS vom 9.7.2003 über das Schuljahr
2002/2003 wurden dem Kläger elf Fehltage, hiervon zehn entschuldigt, bescheinigt. Mit Schreiben vom 15. Januar
2004 teilte die BBS I der Beklag-ten mit, dass die näheren Umstände zu den Fehlzeiten nicht mehr aufgeklärt werden
konnten. Die im Klassenbuch enthaltenen Fehlzeiten seien im Nachhinein in "entschul-digt" geändert worden, ohne
dass der Kläger schriftliche Entschuldigungen vorgelegt hät-te.
Der Kläger erhielt ferner Abmahnungen der H. mit Schreiben vom 28. August 2003 und 9. September 2003. Mit
Schreiben vom 22. September 2003 kündigte die H. das beste-hende Ausbildungsverhältnis des Klägers fristlos aus
wichtigem Grund. In der öffentli-chen Sitzung des Arbeitsgerichts Lüneburg am 20. Januar 2004 einigten sich der
Kläger und die Firma H. darauf, dass das Umschulungsverhältnis des Klägers aufgrund fristge-mäßer Kündigung mit
Ablauf des 15. Dezember 2003 endete. Die Firma H. verpflichtete sich, das Umschulungsverhältnis bis zum
Beendigungsdatum auf Basis der vertraglich vereinbarten Vergütung von zuletzt 200,- Euro abzurechnen und zu
vergüten.
Mit Bescheid vom 19. September 2003 hob die Beklagte zunächst mit Ablauf des 23. September 2003 die Leistungen
gemäß §§ 77 ff Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X auf. Mit Bescheid vom 24.
September 2003 hob sie die Bewilligung von Unterhaltsgeld erneut ab 24. September 2003 auf.
Mit Schreiben vom 19. September 2003 legte der Kläger gegen die Aufhebung Wider-spruch ein. Der Kläger war der
Auffassung, dass er nicht verpflichtet sei, als Umschüler am Unterricht der Berufsschule teil zu nehmen. Gemäß § 65
Abs 3 des Nds. Schulgeset-zes könne ein Umschüler für die Dauer der beruflichen Umschulung die Berufsschule
besuchen. Aus Sicht des Klägers sei das Erreichen des Maßnahmezieles in keiner Weise gefährdet. Hierfür berief er
sich auf seine allgemeine Hochschulreife und die bisherigen schulischen Leistungen in der BBS I.
Der Widerspruch des Klägers gegen die Aufhebung der Förderung der beruflichen Wei-terbildung (Bescheide vom 19.
September und 24. September 2003) blieb erfolglos (Wi-derspruchsbescheid vom 30.01.2004). Eine Weiterförderung
des Klägers über den 23. September 2003 hinaus habe die tatsächliche Teilnahme des Klägers an der Maß-nahme
voraus gesetzt. Diese sei nach der Ausschulung des Klägers nicht mehr erfolgt. In die Berufsschule aufgenommene
Umschüler seien auch verpflichtet, am Unterricht teilzu-nehmen. Dem stehe das Nds. Schulgesetz nicht entgegen.
Der Kläger habe auch keinen Nachweis erbracht, dass eine Zulassung zur Abschlussprüfung ohne weitere Teilnahme
am Berufsschulunterricht erfolgen könne.
Der Kläger hat am 27. Februar 2004 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben. Im Schriftsatz vom 7.
November 2005 hat der Kläger vorgetragen, auch ohne weite-ren Besuch der BBS I zur Abschlussprüfung zum
Reiseverkehrskaufmann zugelassen worden zu sein. Hierfür hat er sich auf seine bisherigen schulischen Leistungen
in der BBS I und auf das Schreiben der IHK I. vom 22. Dezember 2003 bezogen. Hierin hat die IHK u.a. mitgeteilt,
dass entscheidend für die Zulassung zur Prüfung sei, ob die Ausbil-dungszeit zurückgelegt worden sei. Da die
Rechtmäßigkeit der Kündigung seinerzeit noch strittig war, habe eine Zulassungszusage noch nicht erfolgen können.
Mit Urteil vom 9. März 2007 hat das SG Lüneburg die Klage abgewiesen. Laut Sitzungsprotokoll hat es den im
Schriftsatz vom 7. November 2005 angekündigten Klagantrag unter 2., der sich auf die Verhängung der Sperrzeit
bezog, ausdrücklich nicht aufgenom-men. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die gemäß § 48 Abs 1 Satz 1
Zehn-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ergangene Aufhebungsentscheidung der Beklagten rechtens sei. Die
Ausschulung des Klägers durch die BBS sei ein neuer Sachverhalt ge-wesen, der die angefochtene Entscheidung
gerechtfertigt habe. Die Beklagte habe der Umschulung ein berufliches wie betriebliches Ausbildungskonzept
zugrunde gelegt. Durch die Ausschulung des Klägers habe dieses Ausbildungsziel nicht mehr erreicht werden können.
Mindestens seit März 2003 seien Schwierigkeiten beim Schulbesuch des Klägers bekannt gewesen. Insofern komme
es auch nicht darauf an, ob der Kläger auch ohne weiteren Schulbesuch die Abschlussprüfung hätte erreichen
können. Im Übrigen sei dies aufgrund des Schreibens der IHK vom 22. Dezember 2003 zweifelhaft.
Hiergegen richtet sich die am 7. Mai 2007 eingelegte Berufung, mit der der Kläger auf die im Schriftsatz vom 7.
November 2005 angekündigten Anträge verweist. Der Kläger weist darauf hin, dass das Umschulungsverhältnis mit
Ablauf des 15. Dezember 2003 geendet habe, mithin über den von der Beklagten geförderten Zeitraum hinaus
bestanden habe. Die Beklagte habe die zweigleisige betriebliche wie schulische Ausbildung willkürlich be-stimmt. Er
habe das Ausbildungsziel auch ohne weiteren Besuch der BBS I erreichen können. Hierfür beruft sich der Kläger
erneut auf das Schreiben der IHK Lüneburg vom 22. Dezember 2003. Dem Kläger sei in der Schulklasse eine
Außenseiterrolle zugewie-sen worden, da er zum damaligen Zeitpunkt 42 Jahre gewesen sei, während die Mitschü-ler
ca 20 Jahre jünger gewesen seien. Er sei der einzige Schüler gewesen, der mit der Anrede "Herr" angesprochen
worden sei. Durch die ihm zugewiesene Außenseiterrolle sei es zu depressiven Verstimmungen gekommen, aufgrund
derer er es vorgezogen ha-be, anstelle des Unterrichts im Umschulungsbetrieb zu arbeiten. Er habe sich entschie-
den, den Lernstoff autodidaktisch zu erwerben. Dies sei aufgrund der Lebenserfahrung und selbst organisierter Reisen
in ca. 60 Länder ohne weiteres möglich gewesen. Die vom Gericht aufgezeigten Schwierigkeiten beim Schulbesuch
hätten nicht vorgelegen.
Der Kläger hat sinngemäß angekündigt zu beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg, den Bescheid der Beklagten vom 19. September und 24. September 2003 in
der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 30. Januar 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die tatsächliche Teilnahme an der Weiterbil-dungsmaßnahme notwendige
Voraussetzung für die Weitergewährung der Förderung und des Unterhaltsgeldes gewesen sei. Auf den vor dem
Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich komme es daher nicht an. Auf Nachfrage des Gericht hat die Beklagte mitge-
teilt, dass für die Vermittlung eines Abschlusses im Sinne von § 85 Abs 3 Nr 2 SGB III der Zeitraum einer mindestens
zweijährigen Ausbildung bestimmt sei, zudem auch die Absolvierung des schulischen Teils an der BBS I
vorausgesetzt werde.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der erst- und zweit-instanzlichen Prozessakte und
der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 ff SGG zulässige Berufung ist teilweise begründet. Es handelt sich um eine reine
Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Abs 1 Satz 1 SGG. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Förderung
der beruflichen Weiterbildung zum Reisever-kehrskaufmann und gegen die Aufhebung der Bewilligung von
Unterhaltsgeld ab 24. September 2003.
Im Streit steht daher nicht etwa ein Sperrzeittatbestand. Der in der öffentlichen Sitzung des SG Lüneburg am 9. März
2007 anwesende Kläger hat dort den im Schriftsatz vom 7. November 2005 unter 2. angekündigten Klagantrag, der
sich auf eine verhängte Sperrzeit ab 23. September 2003 bezog, ausdrücklich nicht gestellt, so dass im erstin-
stanzlichen Urteil zu Recht nicht über den Sperrzeittatbestand entschieden worden ist.
Die Rechtmäßigkeit der ab 24. September 2003 verfügten Aufhebung der Förderung der beruflichen Weiterbildung zum
Reiseverkehrskaufmann und der Bewilligung des Unter-haltsgeldes richtet sich nach § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X). Soweit nach dieser Vorschrift in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die
beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentli-che Änderung eintritt, ist der
Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Dies hängt im vorliegenden Fall davon ab, ob der Kläger ab
dem streitigen Zeitpunkt noch an der Weiterbildungsmaßnahme tatsächlich teilgenommen hat. Sowohl die Ge-währung
von Förderleistungen als auch von Unterhaltsgeld setzen die tatsächliche Teil-nahme an der Maßnahme voraus.
Gemäß § 77 Abs 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 24. März 1997 (BGBl. I, Seite 594) a.F. können
Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der berufli-chen Weiterbildung durch Übernahme der
Weiterbildungskosten und Leistung von Unter-haltsgeld gefördert werden, wenn die - hier unstreitigen –
Voraussetzungen vorliegen. Gemäß § 153 SGB III a.F. können Arbeitnehmer bei Teilnahme an einer für die Weiter-
bildungsförderung anerkannten Vollzeitmaßnahme ein Unterhaltsgeld erhalten, wenn sie die - hier unstreitigen -
Voraussetzungen erfüllen.
Für den Zeitraum ab 15. Dezember 2003 lässt sich eine Teilnahme des Klägers an der Weiterbildungsmaßnahme zum
Reiseverkehrskaufmann nicht mehr feststellen. Mit Ablauf des 15. Dezember 2003 war das praktische
Ausbildungsverhältnis mit der Firma J. auf-grund des arbeitsgerichtlichen Vergleiches wirksam beendet worden. Dem
lag zugrunde, dass die fristlose Kündigung der Firma in eine ordnungsgemäße Kündigung umgedeutet worden war.
Dem Senat liegen auch keine anderen tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass die fristlose Kündigung
berechtigter Weise von der Flugbörse ausgesprochen worden sein könnte. Die Beendigung des praktischen
Ausbildungsverhältnisses führte dazu, dass der Kläger tatsächlich nicht mehr an der Umschulungsmaßnahme zum
Rei-severkehrskaufmann teilgenommen hat. Dies bestreitet der Kläger offensichtlich auch nicht. Ab diesem Zeitpunkt
liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Unterhalts-geld nach den in § 155 SGB III a.F. geregelten
Sonderfällen zu zahlen war. Für den Zeit-raum ab 15. Dezember 2003 war die Berufung daher zurückzuweisen.
Im Zeitraum ab 24. September 2003 bis 15. Dezember 2003 steht hingegen zur Über-zeugung des Senats fest, dass
der Kläger unberechtigterweise vom Unterricht in der BBS I ausgeschlossen worden ist. Die BBS I befand sich daher
im Annahmeverzug mit der vom Kläger geschuldeten Leistung der Teilnahme am Unterricht (§ 293 ff Bürgerliches
Gesetzbuch - BGB -). Insofern lässt sich ein Verschulden des Klägers daran, dass er an dem Unterricht nicht
teilnehmen konnte, nicht feststellen. Der Kläger kann daher die Leis-tungen der beruflichen Weiterbildung auch für die
versäumten Unterrichtstage verlangen. Hierbei handelt es sich lediglich um das entgangene Unterhaltsgeld (vgl. zur
Problematik: Niewald, in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts § 4 Rdnr 193 m.w.N. für die Rspr.)
Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger Fahrt-, Unterkunftskosten oder andere Kos-ten der beruflichen Weiterbildung
nach der Ausschulung entstanden sein könnten, liegen dem Senat nicht vor. Insofern waren das angefochtene Urteil
und die angefochtenen Be-scheide für den ausgeurteilten Zeitraum aufzuheben.
Gemäß § 65 Abs 3 Satz 2 Nds. Schulgesetz in der Fassung vom 3. März 1998 (a.F.) kann ein Umschüler in
anerkannten Ausbildungsberufen für die Dauer der beruflichen Umschulung die Berufsschule besuchen. Gemäß § 61a
Nds. Schulgesetz a.F. kann die Schule nicht mehr schulpflichtigen Schülern das Schulverhältnis beenden, wenn
aufgrund von Schulversäumnissen nicht mehr zu erwarten ist, dass sie den Bildungsgang erfolg-reich beenden
können. Es lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, dass der Kläger Fehlzeiten zu verantworten
hatte, aufgrund derer er den Bildungsgang nicht erfolgreich beenden konnte. Es ist bereits zweifelhaft, in welchem
Umfang der Klä-ger entschuldigt bzw. unentschuldigt gefehlt hat. Die von der BBS I mitgeteilten Fehlzei-ten
widersprechen sich. Die noch im Schreiben vom 31. Januar 2003 mitgeteilten sechs entschuldigten und vier
unentschuldigten Fehlzeiten wurden durch das weitere Schreiben der BBS I vom 15. Januar 2004 relativiert. Dort
räumte die BBS I ein, dass die näheren Umstände hinsichtlich der Fehlzeiten des Klägers nicht mehr aufgeklärt
werden konnten. Die im Klassenbuch enthaltenen Fehlzeiten waren jedenfalls im Nachhinein in "entschul-digt"
geändert worden. Das Abschlusszeugnis des Klägers vom 9. Juli 2003 für das Schuljahr 2002/2003 bescheinigte elf
Fehltage, wovon zehn als entschuldigt galten. Die Leistungen des Klägers wurden dort mit "gut" bis "befriedigend"
bewertet. Das Arbeits-verhalten des Klägers wurde als "entspricht nicht den Erwartungen", das Sozialverhalten
hingegen als "entspricht den Erwartungen" bescheinigt. Dem Zeugnis sind jedenfalls kei-ne Hinweise zu entnehmen,
dass der Kläger das Ausbildungsziel voraussichtlich nicht erreichen werde. Darauf deutete auch nicht der im Zeugnis
ausgewiesene Leistungs-stand des Klägers hin. Angesichts dieses Zeugnisses und der dort attestierten Fehlzeiten
war die mit Wirkung vom 4. September 2003 verfügte sofortige Ausschulung des Klägers weder von § 61a Nds.
Schulgesetz a.F. gedeckt, noch war die Ausschulung als eine Ord-nungsmaßnahme bzw. als ein Erziehungsmittel
gemäß § 61 Nds. Schulgesetz a.F. ge-rechtfertigt. Ohne eine erneute Androhung der Ausschulung war sie im Übrigen
auch un-verhältnismäßig, da hierbei offensichtlich nur eine unentschuldigte Fehlzeit (am 27. Au-gust 2003) nach dem
Erhalt des Zeugnisses über das vorangegangene Schuljahr zugrunde gelegt worden ist. Die Ausschulung konnte
insofern keinen rechtlichen Bestand haben, so dass sich die BBS I in Annahmeverzug befand, mit der Folge, dass
der Kläger so zu stellen ist, als hätte er ordnungsgemäß bis zum 15. Dezember 2003 am Unterricht der BBS I
teilgenommen. Mithin lässt sich eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X für den
genannten Zeitraum nicht feststellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs 2 SGG). -