Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 02.07.2002
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 02.07.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 18 VH 74/95
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 9 VH 2/98
Das Urteil des Sozialgerichtes Hannover vom 13. Januar 1998 sowie der Bescheid des Versorgungsamtes Verden
vom 14. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale
Soziale Aufgaben vom 15. August 1995 werden geändert. Das beklagte Land wird verurteilt, bei dem Berufungskläger
eine mit leichtem Defekt verheilte ältere Armplexusschädigung links mit Bevorzugung der unteren Anteile als
Schädigungsfolge anzuerkennen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Das beklagte Land hat dem
Berufungskläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Haftfolgeschäden nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) sowie um die
Zuerkennung einer Be-schädigtenrente.
Der 1946 geborene Berufungskläger war vom 23. Februar 1963 bis zum 23. September 1966 auf Grund eines
Fluchtversuchs in Haft in der DDR. Das insoweit ergangene Urteil des 1. Strafsenats des Bezirksgerichts Schwerin
vom 25. Juni 1963 ist durch Beschluss der 1. Rehabilitierungs-kammer des Landgerichtes Schwerin vom 9. November
1992 für rechts-staatswidrig erklärt und aufgehoben worden.
Der Berufungskläger beantragte im Juli 1993 förmlich, bei ihm Haftfolge-schäden nach dem HHG anzuerkennen sowie
ihm eine Beschädigten-rente zuzuerkennen. Das Versorgungsamt (VA) Verden zog ein Vorer-krankungsverzeichnis
von der AOK Nienburg/Weser bei und holte Zeu-genaussagen der Eheleute I. sowie der Mutter des Berufungsklägers
ein. Weiter zog es einen Befundbericht der praktischen Ärztin J. vom 2. Sep-tember 1994 bei und ließ sodann die
beigezogenen Unterlagen (unter Hinzuziehung der Schwerbehindertenakte des Berufungsklägers) durch seinen
Medizinischen Dienst auswerten (Medizinaldirektor Dr. K. unter dem 4. Oktober 1994). Sodann lehnte das VA den
Antrag des Berufungs-klägers mit Bescheid vom 14. Oktober 1994 ab und führte zur Begrün-dung aus, die beim
Berufungskläger vorliegenden Funktionsstörungen seien nicht auf die rechtsstaatswidrige Haft zurückzuführen.
Der nicht begründete Widerspruch des Berufungsklägers wurde vom Nie-dersächsischen Landesamt für Zentrale
Soziale Aufgaben (NLZSA) mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 1995 zurückgewiesen.
Der Berufungskläger hat gegen den seinen Bevollmächtigten am 17. Au-gust 1995 zugestellten Widerspruchsbescheid
vom 18. September 1995 Klage erhoben.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat versucht, Akten über den Gefäng-nisaufenthalt des Berufungsklägers
beizuziehen. Hierzu hat es verschie-dene Institutionen angeschrieben und lediglich vom Bundesarchiv rudi-mentäre
Unterlagen erhalten, denen sich keine wesentlichen Aussagen entnehmen lassen.
Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 13. Januar 1998 abgewie-sen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, die vom Beru-fungskläger behauptete Lungenentzündung werde unterstellt. Diese sei jedoch folgenlos
ausgeheilt.
Der Berufungskläger hat gegen das seinen Bevollmächtigten am 29. Ja-nuar 1998 zugestellte Urteil am 2. März 1998
Berufung eingelegt. Zur Be-gründung der Berufung legt er insbesondere eine persönliche Schilde-rung der Vorgänge
vor, die nicht datiert ist. Er ist nach wie vor der Auffas-sung, die nunmehr bei ihm vorliegenden
Spannungskopfschmerzen und die Schwächung des linken Arms seien auf die rechtsstaatswidrige Haft
zurückzuführen. Daher habe er einen Anspruch auf Anerkennung dieser Funktionsstörungen sowie auf Zuerkennung
einer Beschädigtenrente.
Der Berufungskläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
1. das Urteil des Sozialgerichtes Hannover vom 13. Januar 1998 sowie den Bescheid des Versorgungsamtes Verden
vom 14. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei-des des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale
Soziale Aufgaben vom 15. August 1995 aufzuheben,
2. das beklagte Land zu verurteilen, Dauerkopf-schmerzen, Folgeschäden nach Lungenentzündung, Muskel-schwund
linker Unterarm, Nervenverkalkung als Schädigungsfol-gen festzustellen,
3. dem Berufungskläger ab Juni 1993 Beschädigten-versorgung nach HHG entsprechend einer Minderung der Er-
werbsfähigkeit von wenigstens 30 v.H. zu gewähren.
Das berufungsbeklagte Land beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht es sich auf seine angefochtenen Bescheide so-wie die erstinstanzliche Entscheidung. Der
Senat hat zur weiteren Aufklä-rung des Sachverhalts versucht, weitere medizinische Unterlagen über die
Krankengeschichte des Berufungsklägers zu erlangen. Insoweit ist ein Befundbericht der Ärztin Dr. J. vom 5.
November 1998 beigezogen wor-den, dem zahlreiche Arztbriefe beigefügt waren. Sodann hat der Senat den
Berufungskläger durch den Neurologen und Psychiater Dr. L. begut-achten lassen (Gutachten vom 12. Mai 2002).
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Unterlagen Bezug genom-men.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der
Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Beschädigtenakte des VA Verden zum Az. M. Bezug
genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfin-dung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten in Anwendung von § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
ohne mündliche Verhand-lung.
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht in voller Höhe abgewiesen. Der Beru-fungskläger hat Anspruch auf Anerkennung
einer "mit leichtem Defekt verheilten älteren Armplexusschädigung links mit Bevorzugung der unte-ren Anteile” als
Schädigungsfolge. Anspruch auf Beschädigtenrente hat der Berufungskläger indes nicht.
Nach § 4 HHG erhält ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der in-folge des Gewahrsams eine gesundheitliche
Schädigung erlitten hat, we-gen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag
Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen des selben
schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar nach dem BVG zusteht; d.h.,
Beschädigtenversorgung nach § 4 HHG erhält, wer durch die dem Ge-wahrsam eigentümlichen Verhältnisse eine
Schädigung erlitten hat.
Der Berufungskläger zählt – wie sich aus der Bescheinigung der Bezirks-regierung Hannover vom 16. Januar 1991
ergibt (§ 10 Abs. 4 HHG) – zum Kreis der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Anspruchsberechtigten.
Hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs nach § 4 HHG bedarf es indes für die anspruchsbegründenden Tatsachen,
zu denen einerseits das schädigende Ereignis und andererseits die vorliegenden Gesundheitsstö-rungen gehören,
grundsätzlich des vollen Beweises, während zur Aner-kennung einer Gesundheitsstörung als Folge der Schädigung
nach § 4 Abs. 3 HHG die Wahrscheinlichkeit genügt. Diese liegt vor, wenn nach der geltenden medizinischen
Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zu-sammenhang spricht. Es muss ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit
bestehen, dass sich darauf vernünftigerweise die Überzeugung vom Kau-salzusammenhang gründen kann (vgl. hierzu
Senatsentscheidung vom 12. Februar 1988, L 9 V 276/85, und seitdem in ständiger Praxis; vgl. auch LSG
Neubrandenburg, Urt. v. 12. Februar 1998, Az. L 3 V 8/94 m.w.N. aus der Literatur).
Hinsichtlich der vom Berufungskläger geltend gemachten Funktionsstö-rungen "Dauerkopfschmerzen, Folgeschäden
nach Lungenentzündung und Nervenverkalkung” hat das SG zu Recht ausgeführt, dass sich diese
Funktionsstörungen nicht auf die rechtsstaatswidrige Haft zurückführen lassen.
Die Funktionsstörungen "Folgeschäden nach Lungenentzündung und Nervenverkalkung” sind schon nicht
nachgewiesen. Aus dem gesamten medizinischen Akteninhalt lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass an der Lunge
des Berufungsklägers noch Folgeerscheinungen der – auch vom Senat für glaubhaft vorgetragen gehaltenen -
Lungenentzündung feststellen lassen. Auch Hinweise auf eine Nervenverkalkung des Beru-fungsklägers lassen sich
dem gesamten Akteninhalt, insbesondere den zahlreichen neurologischen Arztbriefen sowie dem Gutachten von Dr. L.
nicht entnehmen. Insoweit erübrigt sich daher auch die Prüfung der Kau-salität.
Hinsichtlich der beim Berufungskläger vorliegenden Dauerkopfschmerzen folgt der Senat dem ausführlichen und
eingehend begründeten Gutachten von Dr. L. , der im Wesentlichen ausgeführt hat, es handele sich hierbei um
Spannungskopfschmerzen, die nach Wertung aller vorliegenden Ge-sichtspunkte nicht auf die rechtsstaatswidrige
Haft zurückzuführen seien. Angesichts der Ausführungen von Dr. L. geht der Senat zwar davon aus, dass die vom
Berufungskläger geltend gemachten Dauerkopfschmerzen vorliegen; jedoch vermag er sich nicht die Überzeugung zu
bilden, dass diese mit Wahrscheinlichkeit auf die rechtsstaatswidrige Haft zurückzu-führen sind.
Hinsichtlich der Funktionsstörung "mit leichtem Defekt verheilte ältere Armplexusschädigung links mit Bevorzugung
der unteren Anteile” hat sich der Senat indes sowohl die Überzeugung gebildet, dass diese Funktions-störung vorliegt
als auch, dass diese glaubhaft auf die rechtsstaatswidrige Haft zurückzuführen ist.
Das Vorliegen der Funktionsstörung haben sowohl der Neurologe Dr. N. in seinen zahlreichen Arztbriefen, die dem
Befundbericht von Dr. J. vom 5. November 1998 beigefügt waren, als auch Dr. L. in seinem Gutachten für den Senat
bestätigt.
Dr. L. hat dazu auch weiter ausgeführt, dass diese Funktionsstörung sei-nes Erachtens mit Wahrscheinlichkeit auf
eine traumatische Schädigung zurückzuführen ist. Insoweit hat sich der Senat ergänzend die Überzeu-gung gebildet,
dass der Vortrag des Berufungsklägers, wie es zu der traumatischen Läsion gekommen ist, glaubhaft ist. Insoweit
geht der Se-nat im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG davon aus, dass hier § 15 des Gesetzes über das
Verwaltungsverfahren der Kriegsopferver-sorgung (KOVVfG) Anwendung findet (vgl. hierzu BSG, Beschluss v. 8.
August 2001, Az.: B 9 V 23/01 B in SozR 3-3900 § 15 Nr. 4; Urteil v. 3. Februar 1999, Az.: B 9 V 33/97 R in SozR 3-
3900 § 15 Nr. 2; noch wei-tergehend Urteil v. 12. Dezember 1995, Az.: 9 RV 14/95 in SozR 3-3100 § 1 Nr. 18). Nach
dieser Bestimmung sind die Angaben des Antragstel-lers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang
stehenden Tatsachen beziehen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaub-haft erscheinen, der Entscheidung
zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des
Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind. Auch die Gerichte haben die genannte Regelung
bei der Ermittlung des Sach-verhaltes und der Beweiswürdigung heranzuziehen (BSG, Urteil v. 31. Mai 1989, Az.: 9
RVg 3/89 in SozR 1500 § 128 Nr. 39). Diese Regelung ist in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 2 HHG auch auf
Antragsteller nach dem HHG anzuwenden. Glaubhaftmachung in diesem Sinne be-deutet das Dartun überwiegender
Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse
Zweifel bestehen bleiben können. Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht,
wie bei der Wahr-scheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu
machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, d.h. es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in
Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahr-scheinlichsten ist, weil nach
Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu
ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den
anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen
und ist das Gericht grundsätzlich darin frei, ob es die Beweis-anforderungen als erfüllt ansieht - Freiheit der
richterlichen Beweiswürdi-gung, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG – (vgl. hierzu nochmals BSG Beschluss v. 8. August 2001
a.a.O.).
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 KOVVfG liegen in der Person des Berufungsklägers vor. Unterlagen über
seinen Gefängnisaufenthalt und die dortigen medizinischen Vorkommnisse waren im gesamten Ver-lauf des
Verfahrens trotz der erheblichen Anstrengungen des SG nicht mehr aufzufinden. In Anwendung von § 15 KOVVfG
kommt es daher hier nur auf den Beweismaßstab der Glaubhaftigkeit an.
Die Glaubhaftigkeit der Darstellung des Berufungsklägers beruht auf den nachstehenden Erwägungen. Zunächst hält
der Senat den Vortrag des Berufungsklägers hinsichtlich der Haftbedingungen Anfang der 60er Jah-re in der DDR für
richtig. Dies beruht auf der ständigen Kenntnisnahme der insoweit veröffentlichten Tagespresse (vgl hierzu
Tagungsbericht in der Süddeutschen Zeitung vom 16. März 1999) einerseits und auf ande-ren Quellen (vgl. u.a. "Die
politischen Häftlinge der Sowjetzone” von Ger-hard Finn, Neuausgabe 1989) sowie auf anderen vom Senat bearbeite-
ten Verfahren ähnlichen Inhalts. Zudem sind die Aussagen des Beru-fungsklägers insoweit auch von den vom VA
gehörten Zeugen I. – wenn auch nur in aller Kürze – bestätigt worden. Aus diesen Zeugenaussagen ergibt sich zum
Einen, dass die Zeugen wahrgenommen haben, dass der Berufungskläger an Lungenentzündung erkrankt war, was
auch die Mut-ter des Berufungsklägers in ihrer schriftlichen Zeugenaussage bestätigt hat. Zum Anderen ergibt sich
zumindest aus der Aussage des Zeugen I., dass dieser auch die vom Berufungskläger geschilderte Kälte während der
Haft wahrgenommen hat. Der Senat sieht auch keinen Anlass, an der Aussage des Berufungsklägers zu zweifeln,
dass er in der Haft gestürzt ist und anlässlich des Sturzes das Bewusstsein verloren hat und direkt nach
Wiedererlangung des Bewusstseins bemerkt hat, dass an seinem Arm etwas nicht in Ordnung war. Der Senat stützt
seine Überzeugungs-bildung insoweit insbesondere auf die Art des Vortrags des Berufungs-klägers. Dieser hat
nämlich während des gesamten – sehr langen – Ver-fahrens immer wieder im Wesentlichen den selben Sachverhalt
darge-stellt. Nachvollziehbar – unter Angabe zahlreicher zusätzlicher Details – war für den Senat insbesondere die
vom Berufungskläger schriftlich zu den Akten gereichte Darstellung der Ereignisse (Bl. 84 ff der Gerichtsak-te). Er ist
zwar insoweit durchgängig von einer Vermutung hinsichtlich der Entstehung der Beschwerden ausgegangen, die wie
Dr. L. in seinem Gutachten ausgeführt hat, nicht zutrifft. Er hat nämlich angenommen, die Lungenentzündung habe zu
einer Schädigung seiner Nerven am linken Arm geführt. Dies ist – wie Dr. Bunsen unter Hinweis auf die zu berück-
sichtigende medizinische Lehrmeinung dargetan hat – falsch. Dr. L. hat indes für den Senat überzeugend dargetan,
dass es bei diesem Sturz zu einer traumatischen Schädigung des Plexus am linken Arm gekommen ist. Diese
Funktionsstörung ist daher als Schädigungsfolge i.S.d. HHG anzuerkennen.
Anspruch auf Beschädigtenrente kommt dem Berufungskläger hierfür in-des nicht zu. Voraussetzung für die
Zubilligung einer Beschädigtenrente ist in Anwendung von § 31 Abs. 1 und 2 BVG erst dann gegeben, wenn die
anerkannte Funktionsstörung mit einer Minderung der Erwerbsfähig-keit (MdE) von mindestens 25 v.H. zu bewerten
ist. Insoweit hat Dr. L. a-ber für den Senat überzeugend ausgeführt, dass die bei dem Berufungs-kläger
anzuerkennende Funktionsstörung nur mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten ist. Dr. L. stützt sich insoweit zu Recht
auf die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem
Schwerbehindertengesetz, Ausgabe 1996 (AP 96). Die AP 96 entbehren zwar einer formellen Rechtsgrundlage, sind
jedoch nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl etwa Urt v 18. Dezember 1996, AZ: 9 RV 17/95) und der
übrigen Sozialgerichte (gebilligt vom Bundes-verfassungsgericht Kammerbeschluss vom 6. März 1995, Az: 1 BvR
60/95 in SozR 3-3870 § 3 Nr 6 ) im Interesse einer Gleichbehandlung aller Behinderten wie antizipierte
Sachverständigengutachten zu beach-ten. Insoweit kommt es hier auf die Anwendung der Tabelle auf S. 147 der AP
96 an. Dort ist für den Totalverlust des unteren Armplexus ein MdE-Grad von 60 vorgesehen. Insoweit hat Dr. L. aber
für den Senat ü-berzeugend herausgearbeitet, dass hier lediglich ganz leichte Reste der Schädigung des unteren
Armplexus zu sehen sind, die allenfalls mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten sind. Diese Wertung steht auch in
Überein-stimmung mit den übrigen (S. 145 f) gegebenen Einschätzungen des MdE-Grades bei einer Schädigung der
oberen Extremität. Da die anzuer-kennende Funktionseinschränkung mithin keine Bewertung mit einer MdE von 25
v.H. erreicht, steht dem Berufungskläger kein Anspruch auf eine Beschädigtenrente zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von §§ 183, 193 So-zialgerichtsgesetz (SGG). Insoweit war der
Senat der Auffassung, dass eine Teilung der außergerichtlichen Kosten dem Maß des gegenseitigen Obsiegens und
Verlierens entspricht.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.