Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.05.2007

LSG Nsb: gleichbehandlung im unrecht, vergütung, stationäre behandlung, bestandteil, versorgung, niedergelassener, abrechnung, niedersachsen, kompetenz, ausschluss

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 23.05.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 16 KA 146/02
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3 KA 268/04
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 08. September 2004 wird
zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der
Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.532,82 EUR
festgesetzt. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Berichtigungen bei Laborleistungen, die im
Rahmen belegärztlicher Behandlung erbracht worden sind.
Der Kläger ist als Urologe in G. niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit 1999 ist er
als Belegarzt in der Abteilung für Urologie des "H." tätig, dessen Trägerin die Beigeladene ist und das mit fünf Betten
im Gebiet Urologie in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen ist (Feststellungsbescheid des
Niedersächsischen Sozialministeriums vom 17. Dezember 1997).
Das Krankenhaus verfügt über ein Zentrallabor, in dem bestimmte spezielle Laborleistungen – u.a. die im Gebiet
Mikrobiologie – nicht erbracht werden können. Zur Durchführung dieser Leistungen hat es (unter dem 21. April 1999)
eine Vereinbarung mit dem "Labor Centrum I." (im Folgenden: Laborzentrum) abgeschlossen, dessen Inhaber ein
niedergelassener Arzt ist. Danach beauftragt das Krankenhaus das Laborzentrum mit der Erbringung fachärztlicher
labormedizinischer Untersuchungsleistungen und das Laborzentrum erhält hierfür vom Krankenhaus ein pauschales
Jahreshonorar. Soweit u.a. Belegärzte entsprechende Leistungen anfordern, sind diese nicht in der Pauschalregelung
enthalten, sondern werden im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit gesondert angefordert "und nach der gültigen
Abrechenmethodik vom Auftragnehmer abgerechnet" (§ 1 Ziff 9 der Vereinbarung vom 21. April 1999). Die
Laborleistungen, die im Rahmen der belegärztlichen Behandlung durch den Kläger erforderlich werden und die den
Bereich Mikrobiologie betreffen oder damit im Zusammenhang stehen, erbringt dieser jedoch in seiner eigenen Praxis;
die dabei entstehenden Sachkosten trägt er selbst.
Für das 2. Quartal 2001 stellte die Beklagte ein dem Kläger auszuzahlendes Gesamthonorar von 124.471,02 DM fest,
wovon 30.683,43 DM auf stationäre vertragsärztliche Leistungen entfielen. In Anlage 5 des entsprechenden
Honorarbescheids führte die Beklagte aus, dass u.a. die Ziffern 3500, 3501, 3602, 3615, 3884, 4480, 4507, 4690,
4722, 4724 und 4734 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM, als Bestandteil
des Bewertungsmaßstabs-Ärzte (BMÄ) bzw. der Ersatzkassengebührenordnung (EGO)) im Zusammenhang mit
stationären Behandlungen in der Honorarabrechnung nicht berücksichtigt worden seien. Gegen die Honorarabrechnung
legte der Kläger am 02. November 2001 Widerspruch ein, mit dem er sich dagegen wandte, dass für belegärztlich
behandelte Patienten alle Laborziffern gestrichen worden seien, wobei es sich neben der Blutgruppen- und der
Kreuzprobenbestimmung um mikrobiologische Untersuchungen nach dem EBM-Abschnitt O III handele. Die Beklagte
wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2002 zurück. Leistungen der Anhänge zu Abschnitt O
I/II und O III seien nach Anlage 2 zu ihrem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) nicht abrechnungsfähig.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16. April 2002 Klage erhoben, die am 18. April 2002 bei dem
Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Zur Begründung hat er im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass er die
Leistungen nach den Anhängen zu Abschnitt O I/II und O III tatsächlich erbringe; diese könnten deshalb nicht als
allgemeine Krankenhausleistungen mit dem Pflegesatz abgegolten sein. Wenn Anlage 2 des HVM der Beklagten
entsprechende Leistungen aus der Berechnungsfähigkeit ausnehme, verletze dies § 121 Abs. 3 Satz 1
Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Allein sachgerecht und rechtmäßig sei es, demjenigen Leistungserbringer
die Sachkosten zu erstatten, der sie verauslagt habe. Im Übrigen hat er sich auf Bestandsschutz berufen, weil die
Beklagte die umstrittenen Leistungen bis zum Quartal II/99 abgerechnet habe.
Mit Urteil vom 08. September 2004 hat das SG Hannover die Klage abgewiesen. Der im HVM der Beklagten
enthaltene Abrechnungsausschluss für Leistungen der Anhänge zu den EBM-Abschnitten O I/II und O III sei
sachgerecht, weil er die Doppelgleisigkeit der Vergütung der Leistungen des Belegarztes als Besonderheit gemäß §
121 Abs. 3 Satz 2 SGB V berücksichtige. Dabei sei die Zuordnung der Laborkosten zu den allgemeinen
Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) nicht zu beanstanden. Der
besondere Vortrag des Klägers könne hieran nichts ändern, weil es zulässig und sachgerecht sei, sich an der
typischen Ausgestaltung des Belegarztverhältnisses auszurichten. Zwar bestünden Zweifel, ob auch die einzelne
Kassenärztliche Vereinigung (KV) derartige Abweichungen vom EBM beschließen könne, weil die Abgrenzung der
Leistungszuständigkeit von Krankenhäusern und niedergelassenen Vertragsärzten Aufgabe der gemeinsamen
Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen sei. Aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung schließe
sich die Kammer jedoch der anders lautenden Rechtsprechung des erkennenden Senats an.
Gegen das ihm am 16. September 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2004
Berufung eingelegt, die am 15. Oktober 2004 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingegangen ist. Zur Begründung
seiner Berufung vertritt der Kläger weiterhin seine Auffassung, ein Abrechnungsausschluss für die umstrittenen
Leistungen könne nur durch eine gesamtvertragliche Regelung im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung
erfolgen. Hierfür spreche auch Ziffer VII der Anlage 2 zum HVM der Beklagten. Durch den Abrechnungsausschluss
werde er auch in seinen Rechten aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt, weil er schlechter gestellt werde als
Laborärzte, die einen entsprechenden Auftrag vom Belegkrankenhaus oder einen Belegarzt bekommen. Die
umstrittenen Laborleistungen seien auch nicht mit dem Pflegesatz für die belegärztliche Tätigkeit abgegolten. Denn
der Krankenhausträger und die Krankenkassen seien bei ihren Pflegesatzverhandlungen für 2001 vom damaligen
Status ausgegangen, wonach die im Zusammenhang mit einer belegärztlichen Behandlung erforderlichen
mikrobiologischen Laborleistungen niedergelassener Vertragsärzte von der Beklagten aus der Gesamtvergütung
vergütet worden seien. Weitere Grundlage der Pflegesatzverhandlungen sei der Umstand gewesen, dass die
genannten Leistungen im Krankenhaus überhaupt nicht erbracht werden konnten; diese könnten deshalb auch keine
allgemeinen Krankenhausleistungen sein. Im Übrigen habe das Laborzentrum im Auftrag von Belegärzten erbrachte
Leistungen einschließlich der Sachkosten gegenüber der Beklagten abgerechnet und von dieser vergütet bekommen.
Schließlich habe er darauf vertrauen können, dass die Beklagte die von ihm erbrachten belegärztlichen
Laborleistungen vollständig vergütet.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 08. September 2004 aufzuheben,
2. den Honorarbescheid für das Quartal II/2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2002 insoweit
aufzuheben, als dort Positionen der Anhänge zu den EBM-Abschnitten O I/II und O III berichtigt worden sind, die im
Rahmen belegärztlicher Leistungen erbracht und abgerechnet worden sind, sowie
3. die Beklagte zu verpflichten, die entsprechenden Leistungen zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Laborleistungen seien dem stationären Bereich zuzuordnen und deshalb mit dem Pflegesatz abgegolten. Dies
gelte nicht nur für Laborleistungen, die Belegärzte selbst erbringen, sondern auch für von Belegärzten veranlasste
Laborleistungen. Im Zweifel könne die Benehmensherstellung der Kassen zu den entsprechenden HVM-Regelungen
als übereinstimmende Willenserklärung und damit als Gesamtvertrag angesehen werden. Soweit das Krankenhaus
mikrobiologische Leistungen an externe Leistungserbringer vergebe, seien diese nicht gesondert durch die
Krankenkassen zu vergüten, sondern bereits im Pflegesatz enthalten. Nichts anderes könne im Rahmen der
belegärztlichen Behandlung gelten, sodass in derartigen Fällen der Vergütungsausgleich zwischen Krankenhaus und
Belegarzt zu erfolgen habe. Aufgrund der Tatsache, dass die mikrobiologischen Leistungen keine explizite Erwähnung
in den Pflegesatzverhandlungen gefunden hätten, sei im Umkehrschluss davon auszugehen, dass die umstrittenen
Laborleistungen grundsätzlich Bestandteil des kleinen Pflegesatzes seien.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Im Rahmen des Erörterungstermins am 15. Juni 2005 hat sie durch ihren
Vertreter erklärt, es bestehe ihres Wissens keine Vereinbarung darüber, dass bestimmte Leistungen in den
Belegabteilungspflegesätzen nicht enthalten seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen – insbesondere zur
Leistungs- und Kalkulationsaufstellung für den Pflegesatzzeitraum 2001 und die Vereinbarung zwischen dem
Krankenhaus und dem Laborzentrum – verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG Hannover hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Klagegegenstand (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist der Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/01 – in
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2002 -, soweit dieser in seiner Anlage 5 sachlich-rechnerische
Berichtigungen von Laborleistungen enthält und die entsprechenden Positionen bei der Honorarfestsetzung nicht
berücksichtigt hat. Dabei ist dem Antrag des Klägers – ebenso wie dem in der mündlichen Verhandlung vor dem SG
am 08. September 2004 gestellten Antrag – zu entnehmen, dass er sich gegen die Berichtigung aller EBM-Ziffern
wendet, die Kosten für allgemeine und spezielle Laboratoriumsuntersuchungen gemäß den Anhängen zu den
Abschnitten O I/II und III betreffen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass er in seinem Widerspruchsschreiben (nur)
Blutgruppen- und Kreuzprobenbestimmungen sowie mikrobiologische Untersuchungen hervorgehoben und in der
Klageschrift nur Leistungen nach den Abschnitten O III (im Antrag) oder O II (in der Begründung) angeführt hat. Denn
eine Einschränkung des Widerspruchs bzw. der Klage auf lediglich einen Teil der genannten Laborziffern kann hierin
mit der notwendigen Eindeutigkeit (vgl. BSG SozR 4-1500 § 92 Nr. 2) nicht gesehen werden. Die so verstandene
Klage ist als (Teil-)Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen
zulässig.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommenen sachlich-rechnerischen
Berichtigungen sind nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage hierfür sind die auf der gesetzlichen Grundlage des § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V ergangenen
Vorschriften des § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 Satz 2
Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä). Danach berichtigt die KV die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern
hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Hierzu gehören nicht nur Fälle des fehlerhaften Ansatzes von
EBM-Ziffern, sondern alle Fallgestaltungen, in denen vertragsärztliche Abrechnungen gegen gesetzliche oder
untergesetzliche Vorschriften verstoßen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 22; SozR 4-5520 § 33 Nr. 6).
Zu Recht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Ansatz der hier umstrittenen EBM-Ziffern, die Bestandteil
des Anhangs zu Abschnitt O I/II (Ziffern 3500 bis 3884) bzw. zu Abschnitt O III (4480 bis 4734) sind, rechtswidrig ist.
Denn dieser widerspricht Ziffer I Nr. 2 Satz 2 der Anlage 2 ihres HVM vom 31. Mai 1997 (NdsÄBl 1997, Heft 6, Seite
29) in der Fassung des 6. Nachtrags vom 08. Mai 1999 (NdsÄBl 1999, 12. Sonderheft, Seite 37). Danach sind die
Leistungen der Anhänge zu Abschnitt O I/II und O III BMÄ bzw. EGO bei stationärer Behandlung durch hierzu
berechtigte Ärzte (Belegärzte) nicht abrechenbar. Ein derartiger Fall lag hier vor, weil der Kläger im Krankenhaus der
Beigeladenen als Belegarzt tätig ist und die umstrittenen Laborleistungen im Rahmen der stationären Behandlung
seiner Belegpatienten im Quartal II/01 erbracht worden sind.
Gesetzliche Grundlage für diese Ausschlussregelung ist § 85 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V. Danach verteilt die KV die
Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte und wendet dabei (gemäß § 85 Abs. 4 Satz 2 in der bis zum 31. Dezember
2003 geltenden Fassung) den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten
Verteilungsmaßstab an. Bei der ihr damit obliegenden (satzungsrechtlichen) Rechtsetzung steht ihr grundsätzlich eine
weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die von der Rechtsprechung zu respektieren ist und nur in Ausnahmefällen
korrigiert werden darf. Insbesondere sind die Gerichte nicht dazu berufen, die wertenden Entscheidungen der den
HVM beschließenden Vertreterversammlung auch darauf zu überprüfen, ob diese die zweckmäßigste, vernünftigste
und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. – bezogen auf den Bewertungsausschuss – etwa BSG SozR 3-5533 Nr.
763 Nr. 1; Urteil vom 08. März 2000 – B 6 KA 8/99 R).
Dass die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums mit der angegriffenen HVM-Vorschrift überschritten worden sind, ist
nicht ersichtlich.
Die darin liegende Sonderregelung der Vergütung belegärztlicher Leistungen wird durch § 121 Abs. 3 SGB V nicht nur
gerechtfertigt, sondern zwingend vorgeschrieben. Nach dessen Satz 1 werden die belegärztlichen Leistungen aus der
vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet; die Vergütung hat nach Satz 2 die Besonderheiten der belegärztlichen
Tätigkeit zu berücksichtigen. Hierzu gehört auch die besondere Vergütungsstruktur dieser Leistungen, die dadurch
gekennzeichnet ist, dass der nicht auf die persönlichen Leistungen des Belegarztes entfallende Kostenanteil – z.B.
für Räumlichkeiten, nichtärztliches Personal, Geräte und Materialien – bereits mit dem von den Krankenkassen an
das Krankenhaus entrichteten (verminderten bzw. "kleinen") Pflegesatz abgegolten ist. Dies folgt für den hier
maßgeblichen Zeitraum aus § 7 Abs. 1 Satz 1 iVm § 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV (in der bis zum 31. Dezember 2003
geltenden Fassung; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 09. Mai 1990 – 6 RKa 1/89 – Juris); dagegen sind die
persönlichen Leistungen des Belegarztes gemäß § 23 Abs. 1 BPflV nicht Bestandteil des Pflegesatzes. Da die
genannten Kosten im Wesentlichen auch schon in die Punktzahlansätze des EBM eingeflossen sind (vgl. dort Ziffer 2
im Teil A der Allgemeinen Bestimmungen), der Grundlage auch der Vergütung belegärztlicher Leistungen ist, sind im
Rahmen des § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V besondere Vorschriften erforderlich, die gewährleisten, dass es insoweit
nicht zu Doppelleistungen der Krankenkassen kommt, nämlich zum einen über die an die Krankenhäuser gezahlten
Vergütungen (insbesondere Pflegesätze) und zum anderen über die an die KV ausgezahlte Gesamtvergütung gemäß
§ 85 Abs. 1 SGB V (vgl. hierzu grundlegend: BSG SozR 3-2500 § 121 Nr. 1). Diese Vorschriften können einen
Abschlag von der im EBM vorgesehenen Punktzahl vorsehen oder – wie vorliegend – die Abrechenbarkeit von
Leistungen ganz ausschließen (vgl. BSG aaO sowie die Senatsurteile vom 17. Juli 2002 – L 3 KA 42/01 –, vom 30.
Juni 2004 – L 3 KA 54/04 – und vom 27. April 2005 – L 3 KA 177/03).
Der durch Ziffer I Nr. 2 Satz 2 der Anlage 2 zum HVM der Beklagten geregelte völlige Ausschluss der
streitbefangenen Laborziffern ist vor diesem Hintergrund sachlich gerechtfertigt. Er ist die Konsequenz der zum 01.
Juli 1999 in Kraft getretenen Reform der Vergütung von Laborleistungen im EBM. Hierdurch ist eine Differenzierung
zwischen Gebührenpositionen, die die ärztliche Leistung als solche honorieren (zB klinische Bewertung und
Plausibilitätskontrolle des Ergebnisses; Ziffern 3450 bis 3456), und den Positionen eingeführt worden, durch die die
Laborsachkosten abgegolten werden und die deshalb nicht nach Punkten, sondern nach DM- bzw. EUR-Beträgen
bemessen werden (vgl. Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, E-GO und GOÄ, Stand 01.01.2002, Seite 0 – 2). Da die
mit der Erbringung von Laboruntersuchungen verbundenen Sachkosten im Rahmen belegärztlicher Behandlung – wie
ausgeführt – regelmäßig bereits mit dem kleinen Pflegesatz abgegolten sind, können die entsprechenden Kosten und
damit die diese regelnden EBM-Ziffern in den Anhängen zu den Abschnitten O I/II und O III von den Belegärzten nicht
nochmals geltend gemacht werden.
Der völlige Ausschluss der Abrechenbarkeit einzelner EBM-Ziffern durch die Regelungen des HVM einer einzelnen KV
verletzt auch nicht § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V, wonach der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und
ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander bestimmt, und zwar – gemäß § 87 Abs. 1 SGB V –
auf der Grundlage einer von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen
mit bundesweiter Geltung getroffenen Vereinbarung. Denn die KVen können im Rahmen ihrer Satzungsautonomie
neben den Gebührenansätzen des EBM auch andere Gesichtspunkte zur Erreichung einer sachgerechten
Honorarverteilung berücksichtigen, selbst wenn hierdurch im Ergebnis von den Bewertungen des EBM abgewichen
wird; hierzu zählt insbesondere die Beschränkung der belegärztlichen Vergütung auf Grund der Vorgabe des § 121
Abs. 3 Satz 2 SGB V (BSG SozR 3-2500 § 121 Nr. 1).
Soweit das SG – und ihm folgend der Kläger – Zweifel daran geäußert hat, dass die Vertreterversammlung der
Beklagten die Vorschrift des § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V in ihrem HVM umsetzen könne, weil die Anwendung der
Norm allein in die Kompetenz der Gesamtvertragsparteien falle, kann der Senat dem nicht beitreten. § 121 Abs. 3
SGB V enthält schon seinem Wortlaut nach keine derartige Beschränkung und richtet sich deshalb grundsätzlich an
alle mit der Vergütung belegärztlicher Leistungen befasste Körperschaften, die die Regelung im Rahmen ihrer
jeweiligen Zuständigkeit zu beachten haben. Die Parteien der Gesamtverträge haben sie daher vor allem bei der
Bemessung der Gesamtvergütung zu berücksichtigen (und ab 01. Juli 2004 im Rahmen des nunmehr als Vertrag zu
vereinbarenden HVM). Darüber hinaus enthalten zwar die Bundesmantelverträge (vgl. § 41 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 33
Abs. 2 EKV-Ä) Vorschriften, wonach die Partner des Gesamtvertrags nähere Bestimmungen (auch) über die
Abrechnung und Vergütung belegärztlicher Leistungen treffen. Dies kann u.U. noch als Ausprägung einer sich ggf. aus
§ 83 Satz 1 SGB V ergebenden Befugnis der Gesamtvertragsparteien angesehen werden, die Honoraransprüche
belegärztlich tätig werdender Vertragsärzte vertraglich zu regeln, wodurch die (im hier vorliegenden Zeitraum noch
bestehende) satzungsrechtliche Befugnis der KVen für einen Teilbereich der vertragsärztlichen Versorgung
eingeschränkt wäre. Liegen derartige Gesamtverträge – wie hier – aber nicht vor, verbleibt es bei der o.a. Kompetenz
der KV, die Vergütung auch der belegärztlichen Tätigkeit ihrer Mitglieder durch Satzung zu regeln und hierbei den
Anforderungen des § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V Genüge zu tun. Von diesem Vorrang ggf. vereinbarter
gesamtvertraglicher Regelungen geht ersichtlich Ziffer VII der Anlage 2 zum HVM der Beklagten aus. Denn dort ist
geregelt, dass die stationäre Behandlung abweichend von den Bestimmungen der Anlage 2 gemäß den
gesamtvertraglichen Regelungen zwischen der Beklagten und den Landesverbänden der niedersächsischen
Krankenkassen geregelt wird, sobald solche gesamtvertraglichen Regelungen für einen Zeitpunkt ab dem 01. Januar
1996 vorliegen. Für den hier gegebenen Fall, dass derartige gesamtvertragliche Regelungen nicht vorliegen, kann der
Kläger aus dieser Vorschrift deshalb nichts für sich herleiten.
Schließlich beruft sich der Kläger zu Unrecht auch auf das bereits in der erstinstanzlichen Entscheidung angeführte
Urteil des BSG (SozR 3-2500 § 121 Nr. 1). Dort war die Rechtmäßigkeit gesamtvertraglicher Regelungen im
Zusammenhang mit der Vergütung eines einzelnen Belegarztes zu prüfen, weil diese für den damals streitbefangenen
Zeitraum vorlagen und der maßgebliche HVM hierauf verwies. Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor.
Der Anwendung von Nr. I 2 Satz 2 der Anlage 2 zum HVM steht weiterhin nicht entgegen, dass der Kläger die
umstrittenen Laborleistungen gar nicht im Krankenhaus der Beigeladenen, sondern in seiner eigenen Praxis erbracht
hat, sodass ihm tatsächlich Sachkosten entstanden sind. Denn ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte könnte
ihm hieraus allenfalls dann erwachsen, wenn die betreffenden Sachkosten (ausnahmsweise) nicht mit dem kleinen
Pflegesatz nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BPflV abgegolten wären. Dies folgt aus dem bereits o.a. Grundsatz, dass eine
ärztliche Tätigkeit, die im Schnittbereich von ambulanter und stationärer Versorgung ausgeübt wird, nicht zu einer
Kumulation von Vergütungsansprüchen aus der ambulanten wie aus der stationären Versorgung führen darf (ständige
BSG-Rechtsprechung: SozR 7323 § 3 Nr. 4; Urteil vom 20. Juni 1989 – 6 RKa 15/88 - Juris; SozR 3-2500 § 121 Nr.
3). Ein Belegarzt, der Leistungen selbst erbringt, die Bestandteil des von den Krankenkassen an das Krankenhaus
gezahlten Pflegesatzes sind, kann daher allenfalls auf Erstattungsansprüche gegen den Krankenhausträger verwiesen
werden (BSG, Urteil vom 20. Juni 1989 aaO).
Im vorliegenden Fall haben die Vertragspartner der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2001 für die Belegabteilung
Urologie im Krankenhaus der Beigeladenen einen durchschnittlichen Pflegesatz von 355,23 DM vereinbart. In der
Vereinbarung ist nichts dafür ersichtlich, dass Kosten für mikrobiologische Untersuchungen hiervon ausgeschlossen
worden sind, wie der Kläger behauptet. Auch der Vertreter der Beigeladenen (als Vertragspartner) hat im
Erörterungstermin vom 15. Juni 2005 mitgeteilt, eine Vereinbarung darüber, dass bestimmte Leistungen in den
Belegabteilungspflegesätzen nicht enthalten seien, bestehe seines Wissens nicht. Ohne entsprechende Vereinbarung
muss aber davon ausgegangen werden, dass mit dem Pflegesatz alle (pflegesatzfähigen) allgemeinen
Krankenhausleistungen vergütet werden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BPflV). Dies sind alle Krankenhausleistungen, die unter
Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die
medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV); im
Rahmen urologischer Behandlungen gehören auch Labor- und insbesondere mi-krobiologische Leistungen hierzu.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass mikrobiologische Leistungen
im Zentrallabor des Krankenhauses der Beigeladenen seit jeher nicht erbracht werden. Dies schränkt die
Leistungsfähigkeit des Krankenhauses iSd § 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV – und damit den Abgeltungsumfang der
Pflegesätze – nicht ein, weil diese vom Versorgungsauftrag (§ 4 BPflV) vorgegeben wird (Tuschen/Quaas,
Bundespflegesatzverordnung, 5. Auflage, Erläuterung zu § 2, Seite 177). Leistungen, die zum Versorgungsumfang
gehören, aber vom Krankenhaus nicht mit Eigenmitteln erbracht werden können, hat es an Dritte zu delegieren, ohne
dass die Leistungen damit ihren Charakter als allgemeine Krankenhausleistungen verlieren (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr.
2 BPflV). In dieser Weise ist das Krankenhaus der Beigeladenen auch vorgegangen, indem es das Laborzentrum mit
der Ausführung mikrobiologischer und anderer spezieller Laborleistungen beauftragt hat. Wenn das Krankenhaus
hierfür ein pauschales Jahreshonorar an das Laborzentrum gezahlt hat – vgl. § 3 der zwischen ihm und dem
Krankenhaus G. getroffenen Vereinbarung – und in der Leistungs- und Kalkulationsaufstellung, die Grundlage der
Budgets ist (§ 6 Abs. 1 Satz 3 der Pflegesatzvereinbarung für 2001), ein Betrag von 272.660,- DM für
"Untersuchungen in fremden Instituten" angesetzt ist, zeigt dies nachdrücklich, dass auch diese (mikrobiologischen
u.a.) Laborleistungen aus den von den Krankenkassen gezahlten Pflegesätzen finanziert worden sind.
Unbegründet ist schließlich die Annahme des Klägers, die Parteien der Pflegesatzvereinbarung (oder der genannten
Vereinbarung zwischen Krankenhaus und Laborzentrum) seien (auch für 2001) davon ausgegangen, dass die im
Zusammenhang mit einer belegärztlichen Behandlung erforderlichen mikrobiologischen Leistungen niedergelassener
Vertragsärzte weiterhin aus der Gesamtvergütung bezahlt werden. Denn in Wirklichkeit ist zu keiner Zeit eine
vollständige Vergütung von Laborleistungen aus der Gesamtvergütung erfolgt. Die Anlage 2 zum HVM der Beklagten
sah vielmehr vor dem Inkrafttreten der Laborreform zum 01. Juli 1999 – unter Nr. II 3 – vor, dass alle Leistungen des
EBM-Kapitels O (Laboratoriumsuntersuchungen) nur mit 60 % der im EBM vorgesehenen Punktzahlen vergütet
werden. Anders als im vorliegenden Fall drückte sich die Verminderung von Zahlungen aus der Gesamtvergütung bei
belegärztlicher Behandlung damit nicht in der vollständigen Streichung einzelner EBM-Ziffern, sondern in der
Abrechnung der Leistungen nach einer reduzierten Punktzahl aus, weil die im EBM angeführten Punkte sowohl die
Arztleistung als auch die Sachkosten umfasst haben. Erfolgte mit der Laborreform eine Aufspaltung der Laborziffern
in solche, die allein die ärztliche Leistung, und solche, die den Kostenanteil abbilden, war es für die Ausge-staltung
des HVM nur konsequent, die Leistungsziffern 3450 bis 3456 voll und die Sachkosten nicht mehr zu vergüten. Dass
diese Rechtslage den Verhandlungspartnern der Pflegesatzvereinbarung unbekannt gewesen sein sollte und diese
stattdessen von einem ungekürzten Vergütungsanspruch der Belegärzte ausgegangen sein sollten, erscheint fern
liegend. An diese Rechtslage wären im Übrigen auch Laborärzte gebunden, die zur belegärztlichen Behandlung
hinzugezogen werden, so dass der Einwand des Klägers, er werde diesen gegenüber unter Verletzung von Artikel 3
GG benachteiligt, ins Leere geht. Dies gilt auch für den Fall, dass das Laborzentrum zu belegärztlichen
Untersuchungen hinzugezogen wird; wenn diesbezüglich in § 1 Ziff. 9 der Vereinbarung vom 21. April 1999 auf die
"gültige Abrechenmethodik" verwiesen wird, ist damit die angeführte Rechtslage gemeint. Auf eine hiervon
gegebenenfalls abweichende Praxis der Beklagten (u.U. auch im Verhältnis zum Laborzentrum) kann sich der Kläger
nicht berufen, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
Zu Unrecht beruft sich der Kläger schließlich auf die Schutzwürdigkeit seines Vertrauens darauf, dass die
streitbefangenen Laborziffern weiter in Ansatz gebracht werden können. Dies gilt auch dann, wenn sein – von der
Beklagten bestrittener – Vortrag richtig sein sollte, die streitgegenständlichen Leistungen seien ursprünglich in vollem
Umfang vergütet worden, so dass ein "Gutglaubenstatbestand" geschaffen worden sei. Es entspricht ständiger BSG-
Rechtsprechung, dass der Vertragsarzt stets mit Veränderungen hinsichtlich der Abrechenbarkeit von Leistungen
rechnen muss und daher aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum
kein Recht erwächst, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 mwN).
Ausnahmen hiervon sind in den Fällen zu machen, in denen die KV in Vorquartalen dem Vertragsarzt gegenüber die
ausdrückliche Entscheidung mitgeteilt hatte, dass eine bestimmte sachlich-rechnerische Richtigstellung nicht erfolgen
soll (BSGE 89, 90, 98 ff) oder in denen es zu sachlich-rechnerischen Berichtigungen von fachfremden Leistungen
gekommen ist, die vorher über längere Zeit ohne Beanstandungen abgerechnet worden waren (BSG SozR 3-2500 § 45
Nr. 9; SozR 3-2500 § 95 Nr. 21). Derartige Fälle liegen hier jedoch nicht vor.
Die Kostentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154 Abs. 1 und 2 und 162 Abs. 3 iVm 154 Abs. 3
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1
Gerichtskostengesetz (GKG).
In Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die
Revision zugelassen.