Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.09.2002

LSG Nsb: politische verfolgung, avg, berufliche erfahrung, ddr, rentenerhöhung, rentner, vertrauensschutz, niedersachsen, begünstigung, anwendungsbereich

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 26.09.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Aurich S 6 RA 83/97
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 RA 22/99
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte im Rahmen des Altersruhegeld-Neufeststellungsverfahrens die Zeit
vom 1. Juli 1971 bis zum 28. November 1988 mit der Leistungsgruppe I nach dem Fremdrentengesetz (FRG; Fassung
bis zum 31. Dezember 2001) bewerten musste oder aber die Tabellenentgelte nach den Anlagen 13/14 zum
Sozialgesetzbuch (SGB) VI anzuwenden hatte.
Der 1929 geborene Kläger lebte und arbeitete bis November 1988 im Gebiet der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik (DDR). Er war bei der Deutschen Post der DDR beschäftigt und zwar zuletzt als
Abteilungsleiter für das Postwesen in H ... Am 28. November 1988 siedelte der Kläger in das Gebiet der alten
Bundesländer (nach I.) über. Einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem gehörte er nicht an.
Mit ihrem Bescheid vom 26. Januar 1990 zahlte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Januar 1990
vorgezogenes Altersruhegeld (ARG) wegen Arbeitslosigkeit. Dabei ordnete sie die Zeit vom 1. Juli 1971 bis zum 22.
April 1974 der Leistungsgruppe 3, die Zeit vom 23. April 1974 bis zum 28. November 1988 der Leistungsgruppe 2
nach dem FRG zu. Im Hinblick auf den Nachweis bisher lediglich glaubhaft gemachter Beitragszeiten in den Jahren
1946 bis 1949 berechnete die Beklagte das ARG mit Bescheid vom 18. Oktober 1993 neu. Dabei ergaben sich
insgesamt 64,2133 Entgeltpunkte (Zahlbetrag ab 1. Dezember 1993 2.665,44 DM).
Nachdem das vorgezogene ARG zwischenzeitlich ab dem 1. Mai 1994 in ARG wegen Vollendung des 65.
Lebensjahres umgewandelt worden war, bescheinigte das Regierungspräsidium J. als Rehabilitierungsbehörde am 3.
Juli 1996 eine Verfolgungszeit nach § 2 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) vom 1. Juli 1971 bis zum 28.
November 1988 (ab 1. Juli 1971 Qualifikationsgruppe 2, ab 23. Januar 1975 Qualifikationsgruppe 1:
Berufsbezeichnung jeweils "Leiter des Hauptpostamtes").
Auf Antrag des Klägers berechnete die Beklagte, die den Kläger zuvor bereits davon in Kenntnis gesetzt hatte, es sei
fraglich, ob die Rehabilitierung zu einer Rentenerhöhung führen werde, das ARG mit Bescheid vom 10. Februar 1997
für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 neu. Sie legte nunmehr – anstelle der FRG-Entgelte – für die Verfolgungszeit die
bescheinigten Qualifikationsgruppen 2 und 1 zu Grunde und entnahm die Entgelte den – im Vergleich zu den FRG-
Leistungsgruppen ungünstigeren – Tabellen der Anlagen 13 und 14 zum SGB VI. Es ergaben sich dadurch lediglich
noch 58,1815 Entgeltpunkte. Aus Vertrauensschutzgesichtspunkten beließ es die Beklagte bei den bisherigen
Zahlbeträgen. Ohne Aussparung bei den folgenden Rentenanpassungen gewährte sie das ARG weiter (so wie es ohne
den Nachteilsausgleich wegen Verfolgung gewesen wäre). Der Kläger widersprach und trug vor, das für ihn positiv
ausgegangene Rehabilitierungsverfahren müsse sich in einer Rentenerhöhung niederschlagen. Die Beklagte wies den
Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1997 zurück. Der Gesetzgeber habe mit dem BerRehaG
lediglich bestimmte, im beruflichen Fortkommen erlittene Nachteile ausgleichen wollen. Das könne jedoch ins Leere
gehen, wenn die betroffene Zeit bereits günstig bewertet worden sei.
Dagegen hat der Kläger am 10. Juli 1997 Klage zum Sozialgericht (SG) Aurich erhoben. Zur Begründung hat er
vorgetragen, in einer vom BerRehaG nicht beabsichtigten Weise von den umfassend gewollten Wirkungen der
beruflichen Wiedergutmachung ausgeschlossen zu werden. Der Gesetzgeber habe sich widersprüchlich verhalten,
wenn er zunächst mit dem Rentenreformgesetz (RRG) 1992 die der tatsächlichen Tätigkeit zugeordneten
Bruttoentgelte abgesenkt, dann aber mit dem am 1. Juli 1994 in Kraft getretenen BerRehaG ermöglicht habe, die ohne
politische Verfolgung wahrscheinlich erreichte berufliche Position rentenrechtlich zu honorieren.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 8. Dezember 1998 abgewiesen. Es hat keine verfassungsrechtlichen
Bedenken gegen die Auswirkung der SGB VI –Vergleichsberechnung auf Renten nach dem
Angestelltenversicherungsgesetz (AVG in Kraft bis zum 31. Dezember 1991) erhoben. Das Urteil wurde am 9. Januar
1999 zugestellt.
Dagegen richtet sich die am 1. Februar 1999 eingegangene Berufung. Zu deren Begründung wiederholt der Kläger sein
bisheriges Vorbringen und betont, eine Ungleichbehandlung liege vor allem darin, dass er schlechter gestellt sei als
die nach ihm in Rente gegangenen SGB VI-Versicherten.
Mit ihrem Bescheid vom 6. August 2001 überprüfte die Beklagte, ob sich unter Beachtung des § 11 Satz 2 BerRehaG
idF d. Zweiten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung
in der ehemaligen DDR (vom 17. Dezember 1999, Bundesgesetzblatt I, S. 2662) eine höhere Rentenleistung ergab.
Da dies nicht der Fall war, zahlte die Beklagte das ARG so fort, wie es mit dem Bescheid vom 18. Oktober 1993
errechnet worden war.
Mit dem Bescheid vom 26. Juni 2002 nahm die Beklagte eine weitere Überprüfung vor, dieses Mal nach der
Neufassung des § 13 Abs. 1 a BerRehaG idF d. Zweiten Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (v. 27.
Juli 2001, Bundesgesetzblatt I, S. 1939, 1943). Eine Änderung zu Gunsten des Klägers ergab sich wiederum nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß nach seinem Vorbringen im schriftlichen Verfahren,
das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 8. Dezember 1998 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.
Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 1997 und der weiteren Bescheide vom 6.
August 2001 und vom 26. Juni 2002 zu ändern,
die Beklagte zu verurteilen, das ihm gewährte Altersruhegeld rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 neu zu
berechnen und dabei die vom 1. Juli 1971 bis zum 28. November 1988 dauernde Beitragszeit spätestens ab dem 23.
April 1974 mit der Leistungsgruppe 1 (ggf. davor mit der Leistungsgruppe 2) nach dem Fremdrentengesetz zu
bewerten, nicht jedoch – im Rahmen der Vergleichsberechnung - nach den Tabellenentgelten der Anlagen 13/14 zum
Sozialgesetzbuch VI und hilfsweise, das Verfahren nach Art 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen und dem
Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob es gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt, dass bei
vor dem 1. Januar 1992 geleisteten Bestandsrenten die unter Einbeziehung von Verfolgungszeiten anzustellende
Vergleichsberechnung, §§ 2, 10, 16 Berufliches Rehabilitierungsgesetz, stets nach dem Recht des Sozialgesetzbuchs
VI stattzufinden hat und sich unter Umständen keine Rentenerhöhung ergibt, während es bei Sozialgesetzbuch VI –
Neurentnern bei Berücksichtigung rehabilitierter Verfolgungszeiten stets zu einer Rentenerhöhung kommt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Entstehungsgeschichte sowohl der
Rechtsanwendungsvorschrift des § 300 Abs 3 SGB VI (idF des Art 1 Nr 52 a des Erwerbsminderungsrenten-Reform-
Gesetzes vom 20. Dezember 2000) als auch des § 16 BerRehaG zeige, dass Vergleichsberechnungen auch für AVG-
Bestandsrentner stets nach dem SGB VI durchzuführen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten sowie die Rentenakten der
Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung
und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß den § 143 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig.
Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Weder das Urteil des SG noch die angefochtenen Bescheide
der Beklagten sind zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, die Vorschriften des BerRehaG (insbesondere die §§ 1
Abs 1 Nr 4, 13 Abs 2, 22) auf seine AVG-Rente anzuwenden und so zu einem höheren Zahlbetrag des ARG zu
gelangen. Das BerRehaG bzw. die darin vorgesehene Vergleichsberechnung ist auf nach dem AVG berechnete
"Altrenten" gar nicht anwendbar, vielmehr setzt es eine SGB VI-Rente voraus. Hintergrund dafür ist zunächst der mit
dem RRG 1992 (vom 18. Dezember 1989, Bundesgesetzblatt I, S. 2261, in Kraft ab dem 1. Januar 1992) eingeführte
Grundsatz, neue Vorschriften auch auf Sachverhalte und Ansprüche anzuwenden, die bereits vorher vorgelegen
haben. Für die Rechtsanwendung sollte es nicht mehr darauf ankommen, wann der Versicherungs- bzw. Leistungsfall
eingetreten war (Versicherungsfallprinzip), vielmehr hat sich der Gesetzgeber dem so genannten Rentenbeginnprinzip
zugewandt, § 300 Abs. 1 SGB VI. Das zum 1. Juli 1994 in Kraft getretene BerRehaG übernimmt diesen Grundsatz, in
dem es in § 10 anordnet, die Rehabilitierungsnormen ergänzten lediglich das allgemein anzuwendende Rentenrecht.
Vor allem aber bezieht sich das BerRehaG ausdrücklich auf das SGB VI. So lautet die Überschrift des zweiten
Unterabschnitts "Renten nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch". Darüber hinaus findet sich
insbesondere in den §§ 11 – 15 BerRehaG eine Bezugnahme auf erstmals mit dem SGB VI eingeführte
rentenrechtliche Zeiten und Rentenberechnungselemente, die es dem Rechtsanwender unmöglich macht, das
BerRehaG den früheren Tatbeständen, Berechnungselementen und Begriffen des AVG zuzuordnen (vgl. beispielhaft §
11 Satz 2 aE BerRehaG: beitragsgeminderte Zeiten, Summe aller Entgeltpunkte).
Wenn man gegen die vorstehende Argumentation allgemein noch einwenden kann, nach § 307 SGB VI finde ohnehin
eine zur Harmonisierung erforderliche Umwertung von AVG-Renten in persönliche Entgeltpunkte statt, so dass dies
auch für die rentenrechtlichen Zeiten und Begriffe gelten könne, so ist die Anwendung des BerRehaG bzw. der
Vergleichsberechnung auf das AVG im Besonderen aber deshalb ausgeschlossen, weil der Rehabilitierung die seit
1992 eingeführten fremdrentenrechtlichen Qualifikationsgruppen zu Grunde liegen und nicht mehr die
Leistungsgruppeneinstufungen nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Der Regelungsgegenstand der
Rehabilitierung macht es also unmöglich, im Sinne des Klägers durch die von ihm erwartete Vergleichsberechnung die
AVG/FRG-Rente zu erhöhen.
Der Gesetzgeber hatte sachliche Gründe, gleichzeitig mit der Rentenreform, die 1992 zum Übergang vom AVG zum
SGB VI führte, die Einstufung nach Leistungsgruppen gemäß dem FRG aufzugeben und zum System der
Qualifikationsgruppen (Anlagen 13 und 14 zum SGB VI) überzugehen. Mit den neuen Qualifikationsgruppen sollte vor
allem eine Besserstellung der (bisherigen) FRG-Berechtigten gegenüber Bürgern der ehemaligen DDR vermieden
werden. Die DDR-Bürger hatten nämlich regelmäßig vorgeschriebene berufliche Qualifikationen zu durchlaufen, um
bestimmte berufliche Positionen und das damit verbundene höhere Einkommen zu erreichen. Vergleichbare
Positionen und Einkünfte waren in den übrigen FRG-Herkunftsländern häufig ohne entsprechende Qualifizierungen zu
erlangen (vgl. Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen – Bewertung fremder Zeiten mit der Anlage 13 zum SGB
VI in: Die Angestelltenversicherung 1995, S. 354). Die Neuregelung trägt dem so beschriebenen Tatbestand
Rechnung, indem die Qualifikationsgruppen in erster Linie an die durchlaufene Ausbildung (angelernt bzw. ungelernt in
Qualifikationsgruppe 5 bis Hochschulabsolvent in Qualifikationsgruppe 1, die Qualifikationsgruppe bleibt somit häufig
während des gesamten Berufslebens gleich) anknüpfen. Eine langjährige Berufserfahrung kann lediglich als Korrektiv
dienen. Dem gegenüber kam es bei der Leistungsgruppeneinstufung nach dem FRG zuvörderst auf eine langjährige
Berufstätigkeit und berufliche Erfahrung an, mit der nach entsprechender Zeitdauer eine höhere Gruppe erreicht
werden konnte (vgl. Soßala, Die Leistungsgruppeneinstufung nach dem Fremdrentengesetz in der
Angestelltenversicherung in: Die Angestelltenversicherung 1981, S. 4 ff).
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen kann, gegenüber
einem Versicherten mit ursprünglicher SGB VI-Rente schlechter behandelt zu werden. Zwar ist es richtig, dass sich
bei diesem Vergleichsrentner eine berufliche Rehabilitierung wie diejenige des Klägers regelmäßig in einem höheren
Rentenzahlbetrag auswirken würde. Die insoweit ungleiche Behandlung ist jedoch schon deshalb gerechtfertigt, weil
ungleiche Sachverhalte zu Grunde liegen. Wäre nämlich der Kläger Angehöriger der Vergleichsgruppe, also erst unter
der Geltung des SGB VI in Rente gegangen, so wäre auch ihm die nunmehr begehrte Rentenerhöhung zuteil
geworden. Sie ist es nur deshalb nicht, weil er bereits zuvor, nämlich mit Beginn des ARG am 1. Januar 1990, in einer
– nach der vorstehenden Erörterung der Qualifikations- und Leistungsgruppen – nicht mehr gebotenen Weise
begünstigt worden war. Bereits dem AVG-Gesetzgeber wäre es nicht verwehrt gewesen – nicht zuletzt auch wegen
des ihm schon grundsätzlich zuzubilligenden großen Gestaltungsspielraumes -, von vornherein stärker an die
erworbene Qualifikation als an die im Berufsleben gesammelte Erfahrung anzuknüpfen.
Ebenso ins Leere geht der Vortrag des Klägers insoweit, als er sich auf den in § 259 a SGB VI geregelten
Vertrauensschutz für Bürger der ehemaligen DDR beruft, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind und ihren
gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 bereits in den alten Bundesländern hatten. Zwar zählt der Kläger mit
seinem Geburtsjahr 1929 und der Übersiedlung im Jahre 1988 zu dem in § 259 a SGB VI angesprochenen
Personenkreis. Für die dort genannten Versicherten sollen die Entgeltpunkte nicht nach den §§ 256 a, 256 b und 256
c SGB VI gebildet werden, vielmehr nach dem bis zum 18. Mai 1990 (Tag der Unterzeichnung des Vertrages über die
Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) in Kraft gewesenen
Recht, also nach den Anlagen 1 bis 16 zum FRG in der damaligen Fassung. Der genannte Vertrauensschutz ist dem
Kläger aber mit seiner AVG/FRG-Rente tatsächlich zuteil geworden; auf erst später in Kraft getretenes Recht, hier das
des BerRehaG, kann sich der Vertrauensschutz aber von vornherein nicht beziehen. Wie bereits gezeigt wurde, hätte
die nach § 22 BerRehaG an die in der Rehabilitierungsbescheinigung enthaltenen Feststellungen gebundene Beklagte
lediglich bei einem SGB VI-Rentner in der Vergleichsberechnung die von der Rehabilitierungsbehörde vorbezeichnete
Verbesserung in den Qualifikationsgruppen vornehmen dürfen (so auch ohne weiteres Landessozialgericht Baden-
Württemberg, Urt. v. 14. März 2001, Az. L 2 RJ 3296/98).
Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus den Vorschriften der §§ 300 ff SGG VI, die regeln, welches Recht jeweils
anwendbar ist. Es ist zwar insoweit auf den Rechtszustand zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (vgl.
beispielhaft für den Anspruch auf Vormerkung von Versicherungszeiten BSG-Urt. v. 31. August 2000, Az. B 4 RA
28/00 R mwN), und die seit dem 1. Januar 2001 gültige Fassung des § 300 Abs. 3 SGB VI sieht vor, die Vorschriften,
die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren, dann heranzuziehen, wenn eine bereits vorher
geleistete Rente neu festzustellen ist und dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln sind. Der Senat sieht
insoweit jedoch das BerRehaG als Spezialgesetz an, das es von seinem Anwendungsbereich her ausschließt, die
Regelungen auf die für die Zeit ab 1990 bewilligte FRG-Rente zu beziehen. Der Senat verkennt dabei die scheinbar
eindeutige Formulierung des § 300 Abs. 3 SGB VI nF nicht, verweist jedoch wiederum zunächst auf die
Unmöglichkeit, die Regelungen des BerRehaG auf den FRG-Rentner anzuwenden.
Da sich der Anwendungsbereich des BerRehaG auf den Kläger als FRG-Rentner nicht auswirkt, liegt tatsächlich gar
kein Neufeststellungsfall i.S.d. § 300 Abs. 3 SGB VI nF vor. Ebenso wenig hilft dem Kläger § 309 SGB VI (in der ab
dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), wo es in Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 1a heißt, nach Anerkennung von
Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG sei eine "nach den Vorschriften dieses Buches berechnete" Rente auf Antrag
vom Beginn an (in der Variante des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) nach dem am 1. Januar 1996 geltenden Recht) neu
festzustellen. Letzteres würde wiederum die Anwendung der Rehabilitierungsbescheinigung auf die SGB VI-Rente
bedeuten, dem Kläger aber nicht zur Anwendung auf seine FRG-Rente verhelfen (vgl. zum nach § 300 SGB VI jeweils
anzuwendenden Recht die BSG-Urteile des 4., 5. und 13. Senats in: SozR 3-2600 § 300 SGB VI Nrn. 10 – 12).
Die vom Kläger nach seiner Auffassung nicht nachvollziehbare Rechtsanwendung, die trotz beruflicher Rehabilitierung
zu keinem höheren Rentenzahlbetrag führt, steht mit den Zielen des BerRehaG im Einklang. Denn die berufliche
Rehabilitierung folgt nicht dem Entschädigungsprinzip, vielmehr dem Prinzip des sozialen Ausgleichs. Aus diesem
Grunde waren nicht allen beruflich Betroffenen höhere Rentenleistungen zu gewähren. Vielmehr genügte es, wenn die
Begünstigung auf diejenigen beschränkt blieb, bei denen sich die politische Verfolgung dauerhaft in einer
ungerechtfertigt zu niedrigen Rentenleistung auswirkte. Das war beim Kläger nicht der Fall. Er war – wie erläutert –
zunächst erheblich begünstigt worden, so dass eine weitere Begünstigung nunmehr begrenzt werden durfte (vgl. zu
weiteren Fallkonstellationen, beispielsweise einem verfolgungsbedingt aus unterwertiger Tätigkeit erzielten, jedoch
höheren Verdienst als nach den Qualifikationsgruppen: Recht, Wiedergutmachung in der Rentenversicherung in:
Kompass 1993, S. 185 ff).
Die Ergebnisse der von der Beklagten durchgeführten diversen Vergleichsberechnungen, insbesondere auch in den
letzten Bescheiden vom 6. August 2001 und vom 26. Juni 2002, sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Insoweit
sind auch keine Rechtsfehler offenbar geworden, die den Senat zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidungen
hätten veranlassen müssen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG insbesondere im Hinblick auf die bisher höchstrichterlich
nicht geklärte Frage zugelassen, welches Recht auf AVG-Bestandsrentner nach beruflicher Rehabilitierung
anzuwenden ist.