Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.06.2003

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 26.06.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 16 KR 109/95
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 16 KR 19/00
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 18. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nunmehr streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Kläge-rin die Kosten für eine
zahnärztliche Versorgung mit Cerekteilkronen bzw. Einlagefüllun-gen zu erstatten.
Die im Juli 1936 geborene Klägerin legte der Beklagten mit Schreiben vom 16. Februar 1995 einen Heil- und
Kostenplan ihrer behandelnden Zahnärzte Dres. I./J. vom 24. Januar 1995 vor, der die Versorgung von insgesamt 6
Backenzähnen mit Cerek-teilkronen vorsah. Sie bat um Übernahme der Gesamtkosten dieser Zahn-behandlung. Zur
Begründung wies sie darauf hin, sie sei seit längerer Zeit an einer Hyperprolaktinä-mie (pathologisch erhöhte
Konzentrationen des Hormons Prolaktin im Serum) erkrankt. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sei
diese durch die bei ihr einge-brachten Zahnmetalle verursacht, die deshalb entfernt und durch Keramik ersetzt werden
müssten. Beigefügt war eine Bescheinigung ihres Frauenarztes Dr. K. vom 6. Februar 1995, in der dieser ausführte,
es bestehe die Möglichkeit, dass die Hyperprolaktinämie der Klägerin mit einer Amalgambelastung durch ihre Zähne
zusammenhänge. Er befür-worte deswegen eine Gebisssanierung. Weiterhin lag dem Antrag das Attest der HNO-
Ärztin Dr. L. vom 27. Januar 1995 bei, in dem diese über das rezidivierende Auftreten von Nasenpolypen bei der
Klägerin und eine Abnahme des Riechvermögens berichtete.
Mit Schreiben vom 20. März 1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Versorgung der Zähne mit Materialien, die
nicht Gegenstand der vertragszahnärztlichen Behandlung seien, komme dann in Betracht, wenn sich feststellen ließe,
dass sie an einer Allergie gegen die herkömmlichen Zahnfüllungen leide. Der Medizinische Dienst der Krankenver-
sicherung (MDK) benötige für die anzustellende Überprüfung ärztliche Unterlagen, die die Notwendigkeit des
Entfernens der Amalgamfüllungen und den Ersatz durch Zahner-satz rechtfertige. Zu diesem Zweck könne der
behandelnde Hautarzt einen Blut- oder Urintest durchführen.
Die Klägerin legte daraufhin zwei Befundberichte der Laborärzte Prof. Dr. M./ Dr. N./Dr. O. vom 24. und 31. Mai 1995
sowie ein Attest des Hautarztes Dr. P. vom 10. Juni 1995 vor. Letzterer führte aus, sowohl der Blut- als auch der
Urinwert für Queck-silber hätten im Normbereich gelegen. Der Epikutantest mit Metallen und Zahnprothe-senstoffen,
darunter Amalgam und Legierungsmetalle, sei ohne Befund gewesen. Mit den zur Verfügung stehenden Testmethoden
seien daher keine Allergien bzw. erhöhte Quecksilberbelastungen feststellbar. Mit dem Epikutantest ließen sich
allerdings nur Kontaktallergien, nicht jedoch Belastungen des Organismus feststellen. Dieser Test stelle insoweit ein
unzureichendes Instrument zum Nachweis einer möglichen Intoxikati-on durch Schwermetalle dar. In seiner hierzu
eingeholten Stellungnahme vom 3. Juli 1995 führte der MDK aus, es ergebe sich keine medizinische Notwendigkeit
für Kera-mikfüllungen.
Sodann lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Juli 1995 eine Kostenbeteiligung an der im Heil- und Kostenplan
vom 24. Januar 1995 vorgesehenen Behandlung ab. Zur Begründung bezog sie sich auf die Stellungnahme des MDK.
Den hiergegen von der Klägerin am 31. Juli 1995 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 5. September 1995 zurück. Bei der geplanten prothetischen Versorgung sollten die
Goldgusskronen der Klägerin gegen Cerekteilkro-nen ausgetauscht werden. Letztere stellten gemäß den
Zahnarztrichtlinien des Bundes-ausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen nicht die Regelversorgung bei
vertrags-zahnärztlicher Behandlung dar. Die am Wirtschaftlichkeitsgebot ausgerichteten vertrag-lichen Bestimmungen
sähen als Material für Kronen Palladium-Basis- oder Nichtedel-metall-Legierungen vor. Eine Versorgung z. B. mit
Keramik komme nur in Betracht, wenn Versicherte an einer Allergie gegen die vorgenannten Materialien litten. Nach
Auffassung ihrer ärztlichen Berater ergäbe sich aus den von der Klägerin eingereichten medizini-schen Unterlagen
keine medizinische Notwendigkeit für den Austausch der Goldguss-kronen.
Mit ihrer am 4. Oktober 1995 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe über ca. 30 Jahre hinweg 6
Amalgamfüllungen im Mund gehabt, welche dann im Jahre 1992 bzw. im April 1993 entfernt worden seien. Schon vor
dieser Sanierung habe sie an diversen Gesundheitsbeeinträchtigungen gelitten, die sich dann nach der Sanie-rung
kurzfristig gebessert hätten, in der Folgezeit aber sehr viel schlimmer geworden seien. Die drei Füllungen im
Oberkiefer seien gegen hochgoldhaltigen Zahnersatz, die drei Füllungen im Unterkiefer leider gegen Zahnersatz mit
ca. 20 % Palladiumgehalt ausgetauscht worden. Bei der Behandlung einer Krone im Unterkiefer habe sich heraus-
gestellt, dass der behandelnde Zahnarzt unter dem neuen Zahnersatz noch Amalgam belassen habe. Es sei zu
befürchten, dass unter den anderen Kronen ebenfalls noch Amalgam vorhanden sei. Nach dem Einsetzen des
palladiumhaltigen Zahnersatzes sei es bei ihr zu einer starken Gewichtszunahme, zu starken Hormonstörungen, zu
einer Schädigung des Geruchssinnes, einer starken Beeinträchtigung der Geschmacksnerven, einer ständigen
starken Müdigkeit sowie einem nicht therapierbaren Bluthochdruck ge-kommen. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon
aus, dass eine ausreichende medizini-sche Versorgung gewährleistet sei, wenn Legierungen ohne Edelmetalle
(insbesondere Nickel-, Chrom-, Molybdän- und Palladium-Legierungen) verwendet würden. Diese Nichtedelmetalle
seien als starke Allergieauslöser bekannt und ihre Eingliederung stelle eine bewusste Inkaufnahme weiterer
Gesundheitsschädigungen dar. Ergänzend verweist sie auf ein Gutachten des Arztes Dr. Q. vom 30. Juni 1998, das
nach ihren Angaben in einem Parallelverfahren eingeholt wurde. Des Weiteren hat die Klägerin darauf hinge-wiesen,
dass sie die begehrte Zahnsanierung zwischen Januar 1996 und Oktober 1997 habe durchführen lassen.
Demgegenüber hat die Beklagte ihre Entscheidung verteidigt. Ergänzend hat sie sich auf ein MDK-Gutachten der
Ärztin für Anästhesie - Sozialmedizin - Frau Dr. R. vom 22. Februar 1999 bezogen.
Das Sozialgericht (SG) Bremen hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialge-richtsgesetzes (SGG) Beweis
erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Dr. med. S. – Privates Institut für Naturheilverfahren e.V. – vom 20.
Juli 1997 mit ergänzender Stellungnahme vom 4. Oktober 1998. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird
auf Bl. 52 ff., 102 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 18. Juli 2000 hat das SG Bremen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der es sich anschließe, habe die Klägerin keinen
Anspruch darauf, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung intakte Amalgamfüllungen gegen einen anderen
Füllstoff oder – wie hier – gegen Cerekteilkronen austauschen zu lassen, wenn nicht mehr als eine lediglich
hypothetische Möglichkeit bestehe, dass sich dadurch die – auf-grund ungesicherter Annahmen – auf das Amalgam
zurückgeführten Krankheitsbe-schwerden besserten. Auch dann, wenn die Entfernung von Amalgamfüllungen medizi-
nisch notwendig sei, könne ein Versicherter für einen dadurch erforderlich werdenden Zahnersatz nicht von dem im
Gesetz vorgesehenen Eigenanteil befreit werden. Nach Auffassung des BSG gebe es keine ausreichenden
wissenschaftlichen Belege dafür, dass das aus Amalgamfüllungen umstritten freigesetzte Quecksilber geeignet sei,
im konkreten Fall gesundheitliche Beeinträchtigungen herbeizuführen. Die gegensätzlichen Standpunkte der sich
hiermit beschäftigenden Wissenschaftler erlaubten es weder, einen Zusammenhang zwischen Amalgamfüllungen und
Krankheitsbeschwerden auszuschlie-ßen, noch einen derartigen Zusammenhang aufgrund von Beobachtungen in
einer sta-tistisch relevanten Zahl von Fällen zu belegen. Dass Amalgam Beschwerden in der be-haupteten Art
verursachen könnte, sei danach nicht mehr als eine ungesicherte Annah-me.
Gegen das ihr am 19. September 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. September 2000 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, das SG habe verkannt, dass es in ihrem Fall um den Austausch von palladiumhaltigen Goldinlays gegen
Cerekteilkronen gehe. Sämtliche Ausführungen zum Austausch von Amalgamfüllungen im Tatbestand und in den
Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils seien vollkommen irrele-vant. Auch sei das SG nicht auf das
Gutachten des Dr. S. vom 20. Juli 1997 eingegan-gen. Hierin sei darauf hingewiesen worden, dass unter den
Palladium-Iridium-Goldkronen Amalgam implantiert gewesen sei, was er als kunstfehlerhaft eingeordnet habe. Des
Weiteren habe er auf ihre Palladium-Unverträglichkeit hingewiesen. Mit seinen Ausführungen allein zur Notwendigkeit
und Erstattungsfähigkeit von Amalgamsanierun-gen habe das SG an der hier maßgeblichen Problematik
vorbeientschieden.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 18. Juli 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 1995 in der
Fassung des Widerspruchs-bescheids vom 5. September 1995 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Neuversorgung mit Cerekteilkronen und Einlagefüllungen
in Höhe DM 6.056,92 (EUR 3.096,85) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, obwohl das SG auf die
Amalgamproblematik beispielhaft eingegangen sei, gälten diese Aussa-gen gleichermaßen für Unverträglichkeiten
gegenüber Nichtedelmetallen, insbesondere Nickel-, Chrom-, Molybdän- und Palladium-Legierungen, die ebenfalls
nachzuweisen seien. Eine Kostenübernahme des Austauschs der palladiumhaltigen Goldinlays gegen Cerekteil-
kronen sei deshalb ebenso ausgeschlossen, als wenn es sich um einen Aus-tausch von Amalgamfüllungen gehandelt
hätte.
Dem Senat haben außer der Prozessakte die die Klägerin betreffenden Verwaltungs-unterlagen der Beklagten
vorgelegen. Alle Akten sind Gegenstand der mündlichen Ver-handlung und der Entscheidungsfindung gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 f des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist
zulässig. Das Rechtsmittel hat indessen keinen Erfolg.
Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den
Austausch ihres bisherigen palladiumhaltigen Zahnersat-zes gegen Cerekteilkronen bzw. Einlagefüllungen hat.
Gemäß § 13 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversi-cherung – (SGB V) hat die
Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu
Unrecht abgelehnt hat, dem Versi-cherten die für ihre Beschaffung aufgewendeten Kosten zu erstatten.
Die Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs liegen hier nicht vor. Nach § 2 Abs. 1, 2 i. V. m.
§ 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten unter anderem Leistungen der
Krankenbehandlung als Sach- und Dienst-leistungen zur Verfügung. Der in § 13 Abs. 3 SGB V geregelte
Kostenerstattungsan-spruch tritt an die Stelle des an sich gegebenen Sachleistungsanspruchs, sofern die Kasse
diesen infolge eines Versagens des Beschaffungssystems nicht erfüllt hat.
Ein solches Versagen ist hier nicht anzunehmen. Die Beklagte hat den von der Klägerin begehrten Austausch des im
Bereich der Zähne 17, 16, 26, 47, 46 und 36 eingeglieder-ten palladiumhaltigen Zahnersatzes gegen Cerekteilkronen
bzw. Einlagefüllungen nicht zu Unrecht abgelehnt.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin ursprünglich geltend gemachten Sachleis-tungsanspruch ist § 27 Abs. 1 Nr.
2 SGB V. Danach haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung unter anderem in der Form der
zahnärztlichen Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V umfasst
die zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früher-kennung und Behandlung von
Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist.
Ergänzend ergibt sich für den Zahnersatz aus § 30 Abs. 1, 2 SGB V, dass der Anspruch auf einen Zuschuss von 50
v. H. oder 60 v. H. der Kosten einer notwendigen Versorgung begrenzt ist.
Zwar scheitert der Anspruch der Klägerin nicht schon daran, dass bei ihr keine Zahn-, Mund- oder Kieferkrankheit im
eigentlichen Sinne besteht. So hat sie ihren Antrag auf Neuversorgung insbesondere mit einer starken
Gewichtszunahme, starken Hormonstö-rungen, Schädigungen des Geruchs- und des Geschmackssinnes, einer
ständigen Mü-digkeit und einem nicht therapierbaren Bluthochdruck begründet, die sie als Folge der früheren
jahrzehntelangen Versorgung mit Amalgamfüllungen im Bereich der Zähne 17, 16, 26, 47, 46 und 36 und deren
anschließende Ersetzung durch palladiumhaltigen Zahnersatz ansieht, wobei nach ihren Angaben hierbei das
Amalgam nicht vollständig entfernt worden ist. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht eine Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung auch in den Fällen, in denen die Versorgung von aus zahnmedizinischer Sicht
nicht behandlungsbedürftigen Zähnen der Behebung einer anderen, allgemeinmedizinischen Erkrankung dient (vgl.
BSG SozR 3 – 2500 § 28 Nr. 4, Seite 17/18 sowie SozR 3 – 2500 § 30 Nr. 3, Seite 8).
Allerdings scheitert das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin daran, dass sich die nach § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V
erforderliche Zweckmäßigkeit der Behandlung, hier des Austausches des palladiumhaltigen Zahnersatzes gegen
Cerekteilkronen bzw. Einlage-füllungen nicht nachweisen lässt. Für diese Feststellung des Senats ist nicht entschei-
dend, ob die von der Klägerin zur Begründung der Erforderlichkeit ihrer Zahnbehandlung angegebenen Leiden sämtlich
tatsächlich vorliegen. Hinreichend belegt sind lediglich die Neigung zur wiederkehrenden Neubildung von
Nasenpolypen, die Abnahme des Riech-vermögens sowie die Hyperprolaktinämie, bei der es sich um eine
Hormonstörung han-delt (vgl. die Atteste der Ärztin für HNO-Heilkunde Fr. Dr. L. vom 27. Januar 1995 und des
Frauenarztes Dr. K. vom 6. Februar 1995). Die Zweckmäßigkeit der von der Klägerin beantragten und durchgeführten
zahnärztlichen Behandlung ist schon deswegen nicht nachgewiesen, weil sich nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die bei ihr festgestellten oder jedenfalls von ihr geltend gemachten Leiden
auf eine Un-verträglichkeit gegen die bei ihr anlässlich einer vorangegangenen Zahnersatzbehand-lung eingegliederten
palladiumhaltigen Kronen oder gegen die hierunter verbliebenen Reste nicht vollständig entfernter Amalgamfüllungen
zurückzuführen sind.
Der von dem Hautarzt Dr. P. mit Metallen und Zahnprothesenstoffen, darunter Amalgam und Legierungsmetallen,
durchgeführte Epikutantest ist ohne Befund geblieben. Eine Allergie gegen die verwendeten Nichtedelmetalllegierung
bzw. das im Amalgam enthal-tene Quecksilber war demgemäß nicht feststellbar (vgl. das Attest des Dr. P. vom 10.
Juni 1995). Des Weiteren lässt sich auch nicht nachweisen, dass es zu sonstigen möglicherweise krankmachenden
Belastungen des Organismus der Klägerin durch die genannten Stoffe gekommen ist. Die von den Laborärzten Prof.
Dr. M./Dr. N./Dr. O. durchgeführten Untersuchungen von Blut und Urin der Klägerin auf Quecksilber sind nach den
glaubhaften Aussagen des Dr. P. unauffällig gewesen. Dies hat auch die MDK-Ärztin Frau Dr. R. in ihrem Gutachten
vom 22. Februar 1999 bestätigt. Zwar steht dieser Bewertung die Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen Dr.
S. in seinem für das SG erstatteten Gutachten vom 20. Juli 1997 entgegen. Seine Ausführungen, bei der Klägerin
bestehe eine erhebliche Amalgamrestbelastung am Allergiesystem, Lymphsys-tem, Nerven- und Hormonsystem
sowie an den Gelenkknorpeln mit der Folge einer Nasennebenhöhlenbelastung mit Streptokokken-Toxinen sowie eine
Metallunverträglich-keit gegen Silber, Palladium, Indium, Nickel und Kronen-Legierungsmetall ORO 41, wobei das
Ausmaß dieser Belastungen durch das Aufeinanderliegen der verschiedenen Metalle in den betroffenen Zähnen
verstärkt werde, können indessen nicht der gerichtli-chen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Nach den eigenen
Ausführungen des ge-nannten Sachverständigen beruhen die Untersuchungsergebnisse insbesondere auf einer
Untersuchung der Klägerin mittels der Elektroakupunktur nach VOLL (EAV). Zu-treffend hat die von der Beklagten
gehörte MDK-Ärztin Frau Dr. R. in ihrem Gutachten vom 24. Februar 1999 auf die fehlende wissenschaftliche
Anerkennung dieser Diagnos-tik- und Therapiemethode hingewiesen. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die
EAV in der Anlage 2 der neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffenden NUB-Richtlinie bzw. nunmehr
seit dem Jahre 2000 in der Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) als Methode aufgeführt war bzw. ist, die nicht
als ver-tragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Zwar geht es in diesem
Verfahren nicht darum, ob die Beklagte für die Kosten der im Rahmen der Gutachtenerstattung zur Anwendung
gekommenen Therapie- und Behandlungsmethode aufzukommen hat. Gleichwohl hat ihre Aufnahme in die o. a.
Anlagen der einschlägigen Richtlinien für dieses Verfahren insoweit Bedeutung, als sich hieraus ergibt, dass dem
Gutachten des Dr. S. kein entscheidender Beweiswert beigemessen werden kann. Auch der Senat kann seine
Überzeugung, soweit es um Tatsachenfeststellungen zu medizini-schen Fragen geht, nur auf solche
Diagnoseverfahren stützen, die in der medizinischen Wissenschaft allgemein anerkannt sind. Soweit der
Sachverständige in seiner ergänzen-den Stellungnahme vom 4. Oktober 1998 ausgeführt hat, die Auffassung des
Bundes-ausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur EAV beruhe auf einer völlig veralteten Datenlage, vermag ihm
der Senat nicht zu folgen. Den Anmerkungen zur Anlage B der BUB-Richtlinien ist zu entnehmen, dass der letzte
Beschluss des Bundesausschusses zur EAV erst am 10. Dezember 1999, also zu einem noch nicht weit in der
Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, ergangen ist.
Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedarf es in diesem Verfahren nicht. Soweit der Sachverständige Dr. S. zu der
von ihm bei der Klägerin angenommenen Amalgamver-giftung ausgeführt hat, die einzige Möglichkeit zur Erlangung
eines chemischen Nach-weises wäre die Durchführung des sogenannten DMPS-Testes, braucht sich der Senat nicht
veranlasst zu sehen, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) eine entsprechende Testung durchführen
zu lassen. Beim DMPS-Test werden mit Hilfe soge-nannter Chelatbildner (vgl. hierzu Pschyrembel: Klinisches
Wörterbuch, 259. Auflage 2002, Seite 276) im Körper eines Menschen angereicherte Schwermetalle aktiviert und
ausgeschieden. Es handelt sich hierbei um eine Methode der Schwermetallentgiftung. Abgesehen davon, dass es der
Klägerin eigenen Angaben zufolge nach den in den Jahren 1996/97 durchgeführten Sanierungen des Gebisses
deutlich besser geht, was die nachträgliche Durchführung einer entsprechenden Testuntersuchung schon deswegen
als problematisch erscheinen lässt, könnte die evtl. Feststellung einer Schwermetallbe-lastung ohnehin nicht den
geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch begründen. Wie das BSG in dem bereits zitierten Urteil vom 6.
Oktober 1999 – B 1 KR 13/97 R – (SozR 3 – 2500 § 28 Nr. 4) im Einzelnen ausgeführt hat, reicht es seit Inkrafttreten
des SGB V am 1. Januar 1989 für die Frage der Zweckmäßigkeit einer Behandlung – im vorliegenden Fall den
Austausch des palladiumhaltigen Zahnersatzes (einschließlich der Entfernung darunter befindlicher Amalgamreste)
gegen Cerekteilkronen bzw. Einlagefül-lungen – nicht mehr aus, dass ihr Erfolg nach dem Stand der medizinischen
Wissen-schaft möglich ist. Vielmehr setzt der Begriff der Zweckmäßigkeit nunmehr das Vorliegen zuverlässiger,
wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen über die Qualität und Wirksam-keit einer Behandlung voraus. Derartige
generelle Aussagen zur Schädlichkeit von A-malgam lassen sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht treffen.
Die Frage, in welchem Umfang das von Amalgamfüllungen freigesetzte Quecksilber vom Körper auf-genommen wird
und wie es auf den Organismus wirkt, ist in der medizinischen Wissen-schaft bisher umstritten. Darüber hinaus
konnte bisher keine Einigkeit darüber hergestellt werden, von welchen Grenzwerten an die tägliche Aufnahme von
Quecksilber als schäd-lich angesehen werden muss. So lange aber über die gesundheitliche Gefährdung durch
Amalgam in der medizinischen Wissenschaft noch keine weitgehende Einigung erzielt worden ist, ist es nicht Aufgabe
der Gerichte, durch die Auswahl von Sachverständigen oder die juristische Bewertung naturwissenschaftlicher
Lehrmeinungen für die eine oder andere Position Partei zu ergreifen (vgl. BSG a. a. O., Seite 19/20 und 22 – 24).
Schließlich ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch auch nicht aus der Aussage des
Sachverständigen Dr. S., der Austausch des Zahnersatzes rechtfertige sich auch durch die aus dem
Aufeinanderliegen der Palladium-Iridium-Goldkronen und der Amalgamreste verursachten starken Batteriewirkung.
Beschwerden, die auf den Auswirkungen der von Dr. S. angenommenen Stromquellen beruhen könn-ten, hat die
Klägerin nicht angegeben. Dieser Gesichtspunkt hat somit bei dem Wunsch der Klägerin nach einem neuen
Zahnersatz überhaupt keine Rolle gespielt.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Es hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen.