Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.12.2008

LSG Nsb: gemeinschaftspraxis, genehmigung, freie mitarbeit, verfassungskonforme auslegung, aufschiebende wirkung, angestellter, gesellschaftsvertrag, vertragsarzt, abrechnung, versorgung

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 17.12.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 16 KA 262/02
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3 KA 316/04
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. Oktober 2004 aufgehoben. Die
Klage wird abgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger. Die Kosten des zweiten Rechtszuges
tragen der Kläger und die Beigeladenen als Gesamtschuldner. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf
880.578,27 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung vertragsärztlichen Honorars für die Quartale IV/1996 bis I/2001 im
Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung wegen vermeintlich falscher Angaben über die
gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis.
Der Kläger war bis zum 30. Juni 2004 als Radiologe zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Der dortige
Planungsbereich Soltau-Fallingbostel war für Radiologen wegen Überversorgung gesperrt. Bis zum 30. September
1996 führte der Kläger eine Gemeinschaftspraxis mit Dr. I., der seine Zulassung zum 30. September 1996 zurückgab.
Unter dem 17. Juli 1996 schloss der Kläger mit den Fachärzten für Radiologie Dres. J. und K. einen
"Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis". In Ziffer 1 b der Präambel dieses
Vertrages war geregelt, dass Dr. L. nach seinem Ausscheiden aus der mit dem Kläger geführten Gemeinschaftspraxis
gemäß einem separaten Vertrag seine Geschäftsanteile zu je 1/2 an Dres. J. und K. verkauft, die an seiner Stelle in
die Gemeinschaftspraxis eintreten. Gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. a aa verbanden sich die Partner des Vertrags zu
inhaltlich und wirtschaftlich gemeinsamer Ausübung vertrags- und privatärztlicher Tätigkeit, "(unabhängig vom
Erscheinungsbild nach außen)". Zum Hauptsitz der Gemeinschaftspraxis wurde H. bestimmt; weitere Praxisteile
sollten in M. und im Krankenhaus N. betrieben werden (Präambel Ziffer 2 a, § 12). An Gewinn und Verlust sowie am
Anlagevermögen war der Kläger zu 50 %, die anderen beiden Ärzte zu jeweils 25 % beteiligt, wobei für die eigentliche
Tätigkeitsvergütung gesonderte Regelungen vorgesehen waren (§§ 13, 25). Zum geschäftsführenden Gesellschafter
wurde der Kläger bestimmt (§ 38 Abs. 5 Buchst. e). Im Gesellschafterbeschluss vom 17. Juli 1996 wurde die
Aufnahme eines weiteren Partners – voraussichtlich der (zu 2 beigeladene) Radiologe Dr. O., vgl. Ziffer 16 a des
Beschlusses – vereinbart. Der vierte Partner sollte sich "KV-rechtlich im Außenverhältnis ab 01.10. niederlassen, und
zwar offiziell in Gemeinschaftspraxis mit Dr. P." (Ziffer 18 a); mit ihm sollte ein "Probejahr (freie Mitarbeit) vereinbart
werden" (Ziffer 18 b).
Unter dem 30. Juli 1996 schlossen die Gemeinschaftspraxis Dres. P., J. und K. sowie der Beigeladene zu 2. einen
sog. Kooperationsvertrag.
In der Präambel des Vertrages heißt es u. a.:
"(1) a) aa) Die Praxisinhaber und der freie Mitarbeiter wollen aufgrund dieses Vertrages als frei praktizierende
Vertragsärzte kollegial zusammen arbeiten ...
bb) Gem. §§ 705 ff BGB liegt faktisch eine BGB-Gesellschaft vor. Der Mitarbeiter ist jedoch nicht Mitunternehmer an
der Betriebsstätte (Anlagevermögen und ideeller Praxiswert) der Praxisinhaber, die nach dem Steuerrecht für das
Finanzamt eine Einzelpraxis bleibt.
b) Es wird auch kein Anstellungsverhältnis begründet. Eine medizinische Weisung seitens der Praxisinhaber, eine
Weiterbildung bzw. eine vertragsärztliche Unterweisung findet nicht statt. Eine Knebelung, wirtschaftliche
Abhängigkeit oder Ausnutzung des freien Mitarbeiters ist ebenso ausgeschlossen.
c) Die Vertragspartner gehen davon aus, dass dieser Mitarbeitervertrag weder der zuständigen Ärztekammer (da kein
Anstellungsvertrag), noch der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (da keine Dauervertretung) zur Genehmigung
vorzulegen ist, da weder Berufsrecht ... noch das Vertragsrecht verletzt ist.
(2) a) Der freie Mitarbeiter erklärt, zumindest zunächst (Probezeit) kein wirtschaftliches Risiko tragen zu wollen,
obwohl er einen Vertragsarztsitz mit Unterstützung der Praxisinhaber anstrebt, den die Praxisinhaber sich für die
Gemeinschaftspraxis noch notwendigerweise durch andere Kollegen gesichert hätten. Deswegen erkennt der freie
Mitarbeiter ... ausdrücklich die Verpflichtung an, für den Fall des Nichteintritts in die Gemeinschaftspraxis bei
Beendigung der freien Mitarbeit alles zu tun, um der Gemeinschaftspraxis der Praxisinhaber den ihm durch diese
vermittelten Vertragsarztsitz zu erhalten (Mitwirkung bei der Ausschreibung usw.).
b) Die Praxisinhaber erklären sich bereit, das wirtschaftliche (unternehmerische) Risiko ... alleine zu tragen. c) Nach
erfolgter Kassenzulassung des freien Mitarbeiters beabsichtigen die Parteien beim Zulassungsausschuss den Antrag
auf Gründung einer Gemeinschaftspraxis (Dr. Q. mit dem freien Mitarbeiter am Praxisteil R.) zu stellen. Ein ggfs. dem
Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag entfaltet zwischen den Vertragsparteien keine eigene Rechtswirkung. Es
gelten vielmehr ausschließlich die Vorschriften dieses Vertrages. (6) a) Das freie Mitarbeiterverhältnis ist als
Probezeit gedacht. Nach beidseits befriedigendem Ablauf der Probezeit soll der freie Mitarbeiter am 01.10.1997
partnerschaftlich eingebunden werden, und zwar bei Herstellung paritätischer Gesellschaftsanteile ... b) Der freie
Mitarbeiter ”erwirbt” im Außenverhältnis den Gemeinschaftspraxis-Anteil des ausscheidenden Partners Dr. I ...
Hieraus kann er keine Rechte herleiten. Er erwirbt dadurch weder Gesellschaftsanteile noch Rechte oder
Anwartschaften. Der Vertragsarztsitz gehört der Praxis und ist bei Ausscheiden ohne Gemeinschaftspraxis-Eintritt
nach der Probezeit vom freien Mitarbeiter der Gemeinschaftspraxis auf Antrag dieser (ggfs. einem von ihr zu
benennenden ”Käufer”) unentgeltlich (formal) zu übertragen ...” In § 2 - "Allgemeine Pflichten der Vertragsparteien" -
war bestimmt: "(1) Die Ausübung des organisatorischen Weisungsrechts durch die Praxisinhaber erfolgt unter
Beachtung der Berufsordnung und des Vertragsarztrechtes sowie der Gebote der Kollegialität. (3) Der Mitarbeiter ist
verpflichtet, den organisatorischen Anordnungen der Praxisinhaber oder ihres Vertreters nachzukommen. Im Übrigen
ist der Mitarbeiter frei in der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit; " In § 4 sah der Vertrag vor, dass der Beigeladene
zu 2) eine regelmäßige Vergütung pro Arbeitswoche in Höhe von 2.347,83 DM zuzüglich einer so genannten
Karenzentschädigung von anfänglich 1.304,35 DM je Woche und ab 01. Februar 1997 bis zum Eintritt in die
Gemeinschaftspraxis von 1.565,22 DM je Woche erhalten sollte. Die so genannte Karenzentschädigung sollte
rückwirkend für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren erstattet werden, falls der Beigeladene zu 2) sich nach
Beendigung des Mitarbeiterverhältnisses in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren in einem Radius von 5 km Luftlinie
um den Sitz der Praxis in freier Praxis niederlassen oder wenn er nicht an der Übertragung des Vertragsarztsitzes an
einen von den Praxisinhabern zu benennenden Nachfolger mitwirken würde (§ 9 des Vertrages). Als Jahresurlaub
waren für Dr. S. sechs Wochen vorgesehen (§ 8 des Vertrages). Vereinbart war eine Tätigkeit, die einer ganztägigen
Tätigkeit der Praxisinhaber entsprach, die regelmäßig an fünf Arbeitstagen abzuleisten war, wobei sich der
Arbeitszeitaufwand nach den Erfordernissen der Praxis richten und auch das Ableisten von Not- und
Bereitschaftsdiensten umfassen sollte (§ 3 des Vertrages). Nach § 5 Abs. 1 des Vertrages oblag die Abrechnung von
Privat- und Kassenpatienten allein den Praxisinhabern. Der Beigeladene zu 2) bewarb sich auf den zur
Nachbesetzung ausgeschriebenen Vertragsarztsitz von Dr. L. und wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses
Verden als Facharzt für Diagnostische Radiologie für den Vertragsarztsitz H. zum 1. Oktober zugelassen. Mit
Beschluss vom selben Tag genehmigte der Zulassungsausschuss auch den Antrag des Klägers und des
Beigeladenen zu 2) auf Führung einer Gemeinschaftspraxis ab 1. Oktober 1996. Die Dres. J. und K. erhielten die
Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis in T ... Im Außenverhältnis gegenüber der Beklagten und bei der
Berechnung privat- ärztlicher Leistungen traten jeweils die Gemeinschaftspraxis Dres. U. /K. und eine aus dem Kläger
und dem Beigeladenen zu 2) bestehende Gemeinschaftspraxis (vorliegend beigeladen unter 1) für sich auf. Die
Beigeladene zu 1) rechnete mit Sammelerklärungen als "Gemeinschaftspraxis Dr. V.P. /Dr. W.O. " Leistungen ab, die
in der Praxis in H. (X.) und in einem ausgelagerten, mit einem CT-Gerät ausgerüsteten Praxisteil im Kreiskrankenhaus
H. erbracht worden waren. Dres. J. und K. erbrachten Leistungen in T ... Außerdem waren beide genehmigte
Gemeinschaftspraxen an der kooperativen Nutzung eines MRT-Gerätes im Krankenhaus N. beteiligt. Zu der im
Kooperationsvertrag vorgesehenen partnerschaftlichen Einbindung des Beigeladenen zu 2) in die
Gemeinschaftspraxis Dres. P. /U. /K. ist es in der Folgezeit nicht gekommen. Ausweislich von der beklagten
Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugänglich gemachter Gesellschafterbeschlüsse und vorliegenden Schriftverkehrs
der Gesellschafter Dres. P. /U. /K. nahm der Beigeladene zu 2) im streitgegenständlichen Zeitraum an
Gesellschafterversammlungen nicht teil. In einem an den Kläger gerichteten Schreiben von Dr. J. vom 8. November
1998 wurde außerdem mitgeteilt, dass Dres. J. und K. die Teilnahme des Beigeladenen zu 2) an einem Arbeitsessen
der Y. Bank nicht für sinnvoll hielten, da dort über geschäftliche Dinge zu reden sein werde, die allein Sache der
Gesellschafter seien. Darüber hinaus wurde - wie auch schon in einem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom
21. Oktober 1998 - ausgeführt, dass der Beigeladene zu 2) nicht zu massiv in eine Beteiligung getrieben werde sollte,
jedenfalls solange er dies selbst noch nicht wolle. Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Ärzten führten dazu,
dass zum 31. März 2001 die Beigeladene zu 1) und die zwischen dem Kläger und Dres. U. /K. bestehende
Gesellschaft beendet wurden. In der Zeit vom 4. Quartal 1996 bis zum 1. Quartal 2001 erhielt die aus dem Kläger und
dem Beigeladenen zu 2) bestehende "Gemeinschaftspraxis" Honorarzahlungen in einer Gesamthöhe von 4.145.507,66
DM. Mit an den Kläger adressierten Rückforderungsbescheid vom 30. November 2001 hob die Beklagte die
Honorarbescheide für die Quartale IV/1996 bis I/2001 auf und forderte die in diesen Quartalen zu Unrecht vergüteten
Honorare in Höhe von insgesamt 1.785.135,03 DM (= 880.578,27 EUR) zurück. Ein Rückforderungsbescheid
des¬selben Inhalts erging auch an den Beigeladenen zu 2). Zur Begründung ihrer Rückforderung führte die Beklagte
aus, dass die Honorarbescheide insoweit rechtswidrig seien, als der Kläger und der Beigeladene zu 2) die
Genehmigung zur gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch bewusst unwahre, d.h.
vorsätzlich falsche Angaben über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an und freiberufliche Tätigkeit in der
Gemeinschaftspraxis rechtswidrig erlangt hätten. So hätten sie in den Sammelerklärungen die ordnungsgemäße
Abrechnung bestätigt, obwohl sie gewusst hätten, dass deren Voraussetzungen nicht vorlägen.
Dagegen legte der Kläger am 27. Dezember 2001 Widerspruch ein, mit dem er einwandte, dass die Beklagte im
Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht berechtigt sei, die Rechtmäßigkeit der Genehmigung der
Gemeinschaftspraxis zu überprüfen. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe er mit dem Beigeladenen zu 2. seine
vertragsärztliche Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis ausgeübt. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) komme es für die öffentlich-rechtliche Beurteilung, ob eine Gemeinschaftspraxis
ausgeübt werde, nicht auf die zivilrechtlichen Vereinbarungen an, die der gemeinsamen Tätigkeit der an einer
Gemeinschaftspraxis beteiligten Ärzte zu Grunde liegen (Urteil v. 19. August 1992 - 6 RKa 36/90 – SozR 3-2200 §
368c Nr. 1). Als Voraussetzung genüge, dass tatsächlich eine gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit
vorliege, die beteiligten Ärzte Vertragsärzte seien und die gemeinschaftliche Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit vom Zulassungsausschuss genehmigt worden sei. All diese Voraussetzungen lägen hier vor.
Am 28. März 2002 beantragte der Kläger beim Sozialgericht (SG) Hannover außerdem die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Mit Beschluss vom 10. April 2002 ordnete das SG die Aussetzung der
Vollziehung des Rückforderungsbescheides insoweit an, als die Vollstreckung bzw. Verrechnung hinsichtlich der
Person des Klägers auf 10.000,- EUR pro Quartal zu beschränken sei. Zudem wurde dem Kläger die Abwendung der
Vollstreckung durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft eingeräumt. Mit Widerspruchsbescheid vom
25. Juni 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, da der Beigeladene zu 2) seine
vertragsärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxis ausgeübt habe, sondern als verdeckter Angestellter des Klägers. Aus
diesem Grunde seien auch die Sammelerklärungen falsch. Am 15. Juli 2002 hat der Kläger Klage vor dem SG
Hannover erhoben. Mit Beschluss vom 13. August 2002 (AZ: L 3 KA 161/02 ER) hat der erkennende Senat des
Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen auf die Beschwerde des Klägers im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insgesamt angeordnet. Die Beschwerde der Beklagten
ist zurückgewiesen worden. In seiner Klagebegründung hat der Kläger an seiner Auffassung festgehalten, dass dem
streitbefangenen Rückforderungsbescheid faktisch die Wirkung eines rückwirkenden Widerrufs der
Gemeinschaftspraxis zukomme. Ein Widerruf der Genehmigung – für den der Beklagten die Zuständigkeit fehle - sei
aber nur mit Wirkung für die Zukunft möglich, so dass der Rückforderungsbescheid schon aus diesem Grunde
rechtswidrig sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten enthalte die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) keine konkreten Vorgaben für die Tätigkeitsausübung in freier
Praxis. Insbesondere könne der Norm keine zwingende Beteiligung der Praxispartner an Gewinn und Verlust der
Praxis entnommen werden. Dies habe der erkennende Senat auch in seinem Beschluss im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren ausgeführt. Zudem sei eine Beteiligung des Beigeladenen zu 2) nach einer Übergangszeit im
Kooperationsvertrag vorgesehen gewesen. Die von der Beklagten zur Steuerungsfunktion der
Vergütungsbestimmungen und damit zu den Sammelerklärungen zitierte Rechtsprechung des BSG knüpfe an die
formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung an und sei deshalb nicht einschlägig. Denn die
vertragsärztliche Tätigkeit sei vom Kläger und dem Beigeladenen zu 2) tatsächlich gemeinschaftlich ausgeübt
worden, entsprechend der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die selbstständige und eigenverantwortliche
Tätigkeit des Beigeladenen zu 2) ergebe sich bereits aus der Struktur der Gemeinschaftspraxis, die ihre Leistungen
an zwei Standorten erbracht habe, nämlich am Hauptsitz in der Z. und in dem ausgelagerten Praxisteil am
Kreiskrankenhaus in R ... Auf Grund interner Arbeitsteilung habe der Beigeladene zu 2) vorwiegend die
computertomographischen Untersuchungen im ausgelagerten Praxisteil durchgeführt und eigenverantwortlich geleitet,
während der Kläger am Hauptsitz der Praxis tätig gewesen sei. Zudem habe der Kläger keine vorsätzlich falschen
Angaben gemacht, da er auf die Rechtmäßigkeit der von einem seinerzeit renommierten Fachanwalt erstellten
Gesellschaftsverträge vertraut habe. Mit Urteil vom 13. Oktober 2004 – der Beklagten zugestellt am 22. Oktober 2004
- hat das SG den streitbefangenen Rückforderungsbescheid der Beklagten in Ge-stalt des Widerspruchsbescheides
aufgehoben, da dieser rechtswidrig sei. Für die Rechtmäßigkeit der Honorarrückforderung komme es auf die
Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses letztlich nicht an. Maßgeblich sei
allein auf die eingereichten Sammelerklärungen abzustellen, die jedenfalls im Hinblick auf die Leistungserbringung
nicht "falsch" seien. Eine Rückforderung von Honorar sei wegen des Grundsatzes der Rechtssicherheit und der
Verhältnismäßigkeit beschränkt auf die Fälle, in denen das Fehlverhalten unmittelbar das Abrechnungsverhalten
betreffe oder der abrechnende Arzt die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfülle. Ein Rechtsgrundsatz, wonach
jegliche Missachtung der von einem Vertragsarzt zu beachtenden Vorgaben zu einem vollständigen Verlust seines
Honoraranspruchs führe, existiere nicht.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 8. November 2004 eingelegten Berufung. Dort hält sie an ihrer
Auffassung fest, dass die eingereichten Sammelerklärungen unrichtig seien, da der Beigeladene zu 2) nur im
Angestelltenverhältnis – also nicht freiberuflich - an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen habe. Ein im
Innenverhältnis angestellter Arzt sei weder zulassungsfähig noch sei eine Gemeinschaftspraxis mit ihm
genehmigungsfähig. Denn in § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV werde bestimmt, dass der Vertragsarzt seine Berufstätigkeit
persönlich in freier Praxis auszuüben habe. Dagegen gehe der Verweis des Senats im Eilbeschluss auf die Regelung
in § 85 Abs. 4 b Satz 2 bis 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die für die vertragsärztliche Tätigkeit keine
gleichberechtigte Partnerschaft fordere, fehl, weil auch aus der Degressionsregelung nicht folge, dass ein nicht
gleichberechtigter Praxispartner auch ein Angestellter sein könne. Die vom BSG für die Annahme einer
selbstständigen Tätigkeit in anderen Bereichen herausgearbeiteten Kriterien seien auf die selbständige Tätigkeit eines
Vertragsarztes übertragbar. Danach sei der Kooperationsvertrag mit dem Beigeladenen zu 2) als Arbeitsvertrag
einzustufen, da jegliche Beteiligung am Unternehmerrisiko fehle. Bei Diensten höherer Art könne das Weisungsrecht
bei angestellter Tätigkeit erheblich eingeschränkt sein. Verfassungsrechtlich sei die Beteiligung am Unternehmerrisiko
als Berufsausübungsregelung und nicht als Berufswahlregelung zu beurteilen. Die Überprüfung der Freiberuflichkeit
knüpfe an die Ausübung des ärztlichen Berufs an, was keine subjektive oder gar objektiven Berufszugangsregelung
darstelle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. Oktober 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass die Beklagte an die vom Zulassungsausschuss erteilte Genehmigung
zur Führung einer Gemeinschaftspraxis des Klägers mit dem Beigeladenen zu 2) gebunden sei. Diese Genehmigung
sei ein statusbegründender Akt, der alle am Vertragsarztsystem Beteiligten binde (Drittbindungswirkung). Die
Kompetenz der Zulassungsgremien in Zulassungssachen sei abschließend und lückenlos (BSG, Urt. v. 25. November
1998 – B 6 KA 4/98 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 18). Auf Grund dieser Drittbindungswirkung hätte es zur
Honorarrückforderung aufgrund einer sachlich-rechnerischen Berichtigung zunächst der Feststellung des
Zulassungsausschusses bedurft, dass eine Gemeinschaftspraxis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2)
nicht oder nicht mehr ausgeübt werde. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf das Urteil des LSG
Nordrhein-Westfalen vom 13. September 2006 – L 11 KA 30/06 -. Abgesehen davon könne eine generelle
Berechtigung zur Rücknahme von Honorarbescheiden nicht auf die Garantiefunktion der Sammelerklärungen gestützt
werden. Die Beklagte übersteigere den Erklärungsinhalt der Sammelerklärungen. Nach ihrem Wortlaut könne ihnen
nicht die Erklärung des Vertragsarztes entnommen werden, sämtliche vertragsärztliche Pflichten eingehalten zu
haben. Insbesondere enthalte die Sammelerklärung keinen Passus, dass die vertragsärztliche Tätigkeit in freier
Praxis ausgeübt worden sei. Aus § 35 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) folge, dass die Sammelerklärung allein
der verwaltungstechnischen Erleichterung diene. Nach der Rechtsprechung des BSG entfalle der ärztliche
Honoraranspruch bei Verstoß gegen Vergütungsbestimmungen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß
erbracht worden seien, erst dann, wenn der Vergütungsanspruch nach den normativen Vorgaben von der Befolgung
der Norm abhängig gemacht werde. Dies sei bei § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV bezogen auf die Ausübung der Tätigkeit
in freier Praxis jedenfalls nicht der Fall. Diese Vorschrift bringe den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung
als wesentlich prägendes Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zum Ausdruck. Ein über die weisungsfreie Ausübung
der ärztlichen Tätigkeit hinausgehender Bedeutungsinhalt sei § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV nicht beizumessen. Das
überdehnte Normverständnis der Beklagten führe zu einer (verfassungsrechtlich) unzulässigen
Zulassungsbeschränkung. Insoweit müsse auch das veränderte Berufsbild der Freiberuflichkeit von Ärzten durch
Budgetierung und hohe Investitionen im Bereich der Gerätemedizin berücksichtigt werden. Insbesondere komme es
für die Auslegung des Begriffs "in freier Praxis" nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Die Beteiligung einzelner
Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen könne unterschiedlich geregelt und auch gänzlich ausgeschlossen werden.
Insoweit verweist der Kläger u.a. auf das Arbeitspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 15.
Januar 2003 (sog. Schirmer-Papier). Auch das BSG fordere keine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, auf die
Eigentumsverhältnisse in einer Praxis komme es nicht an (BSGE 35, 247 ff). Das gleiche gelte für eine Beteiligung
am immateriellen Vermögen der Gesellschaft, insbesondere bei überweisungsabhängigen Gemeinschaftspraxen im
Bereich der Gerätemedizin. Der immaterielle Wert einer Praxis, der im Wesentlichen durch das persönliche
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient geprägt werde, trete bei radiologischen Praxen völlig in den
Hintergrund. Ebenso wenig habe die Beteiligung am Gewinn und Verlust einer Gemeinschaftspraxis Einfluss auf die
Ausübung der ärztlichen Tätigkeit. Insofern verkenne die Beklagte Inhalt und Wirkung des streitgegenständlichen
Kooperationsvertrages vom 30. Juli 1996. Bei der Kooperationsgemeinschaft zwischen dem Kläger und Dres. U. /K.
habe es sich um eine Betriebsgesellschaft, nicht dagegen um eine Gemeinschaftspraxis im Sinne der Ärzte-ZV
gehandelt. Zudem müsse sich die Beklagte vorhalten lassen, nichts unternommen zu haben, um die ihrer Meinung
nach gesetzeswidrige Tätigkeit des Beigeladenen zu 2) zu unterbinden. Sie hätte einen auf Beendigung der
Gemeinschaftspraxis oder auf Zulassungsentziehung gerichteten Antrag an den Zulassungsausschuss richten
können.
Der Beigeladene 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2008 hat der Senat den Beigeladenen zu 2) zu den näheren
Umständen seiner Mitwirkung im Rahmen der Gemeinschaftspraxis bzw. der Gesellschaft Dres. P. /U. /K. befragt.
Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tag verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den
Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der angefochtene Rückforderungsbescheid der Beklagten ist – entgegen der
Auffassung des SG - nicht zu beanstanden.
Die gegen den Rückforderungsbescheid vom 30. November 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni
2002 gerichtete Anfechtungsklage ist gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch zulässig.
Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene sachlich-
rechnerische Berichtigung und im Anschluss daran geltend gemachte Rückforderung ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Berichtigungs- und Rückforderungsbescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Dem steht insbesondere nicht der
Umstand entgegen, dass der Bescheid an den Kläger und den Beigeladenen zu 2) und nicht an die zu 1) beigeladene
ehemalige, zumindest nach außen als solche in Erscheinung getretene "Gemeinschaftspraxis" gerichtet ist. Zwar wird
die Gemeinschaftspraxis in vertragsarztrechtlicher Hinsicht als fortbestehend angesehen, solange sie noch Pflichten
aus ihrem Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen, da nur dies der erforderlichen Klarheit und
Transparenz bei der Abwicklung vertragsarztrechtlicher Massenverfahren gerecht wird (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr.
31). Daraus folgt aber nicht, dass etwaige aus dem Abrechnungsverhalten der Gemeinschaftspraxis resultierende
Honorarrückforderungen nur gegenüber dieser geltend gemacht werden können. Denn für Verbindlichkeiten der
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) besteht auch schon vor deren Liquidation eine Haftung der Gesellschafter als
Gesamtschuldner, ohne dass der Gläubiger auf die vorrangige Inanspruchnahme des Gesellschaftsvermögens
verwiesen werden kann (Westermann in: Erman, BGB, 12. Aufl., § 705 Rdnr. 61). Für die Gesellschafterhaftung
bedarf es keines zusätzlichen Verpflichtungstatbestandes mehr; sie folgt automatisch aus der
Gesellschaftsverbindlichkeit nach Maßgabe von deren Umfang (Akzessorietätsprinzip). Dies hat der
Bundesgerichtshof (BGH) aus dem allgemeinen Rechtsprinzip hergeleitet, wonach die mit anderen Geschäfte
Treibenden mit ihrem persönlichen Vermögen zu haften haben (BGHZ 142, 315 (319)), was im Ergebnis auf eine
Analogie zu § 128 Handelsgesetzbuch (HGB) hinausläuft (Westermann a.a.O., § 714 Rdnr. 11 m.w.N.). Von einer
Haftung der Partner einer Gemeinschaftspraxis für Honorarforderungen der KV als Gesamtschuldner im Sinne der §§
421 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist auch das BSG in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2001 (SozR 3-
2500 § 82 Nr.3) ausgegangen. Dort wird ausgeführt, dass Rechtsmittelbefugnis und Aktivlegitimation des Klägers
auch insoweit keinen Bedenken unterliegen, als die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide Quartale betreffen, in
denen er seine Praxis zusammen mit einem Partner als Gemeinschaftspraxis (§ 33 Abs. 2 Ärzte-ZV) führte. Damit
stand es der Beklagten offen, die Honorarrückforderung entweder gegen die frühere "Gemeinschaftspraxis" zu richten,
die insoweit fortbestand, oder einen oder beide Gesellschafter aus ihrem persönlichen Vermögen in ihrer Eigenschaft
als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hat sich für letztere Möglichkeit entscheiden. Als
Gesamtschuldner ist der Kläger berechtigt, eine Forderung, die - allein oder auch – ihm gegenüber geltend gemacht
wird, allein abzuwehren.
Eine eventuell vor Erlass des Bescheids unterbliebene Anhörung des Klägers gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch
Zehntes Buch (SGB X) ist unschädlich, weil die Anhörung gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X bis zum
Abschluss der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz nachgeholt werden kann und im vorliegenden Widerspruchs-
bzw. Klageverfahren auch nachgeholt worden ist.
Der angefochtene Berichtigungs- und Rückforderungsbescheid erweist sich auch materiell als rechtmäßig. Die
Beklagte hat die Honorarbescheide für die Quartale IV/1996 bis I/2001 zu Recht (teilweise) aufgehoben, das Honorar
neu festgesetzt und die Differenz zu dem gezahlten Honorar zurückgefordert.
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarforderung sind die auf der gesetzlichen
Grundlage des § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V ergangenen Vorschriften des § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4
Satz 1 und 2 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). Nach diesen im Wesentlichen gleich lautenden
Vorschriften hat die Beklagte die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und
gebührenordnungsmäßig auf ihre Richtigkeit zu prüfen, insbesondere auch darauf, ob die abgerechneten Leistungen
ordnungsgemäß, also ohne Verstoß gegen gesetzliche und/oder vertragliche Bestimmungen - mit Ausnahme des
Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr. 6).
Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die abgerechneten Leistungen vom Kläger und dem Beigeladenen zu 2)
entsprechend den Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) erbracht
worden sind. Doch ist eine Abrechnung nicht nur dann falsch, wenn Leistungen zur Abrechnung kommen, die in einer
nicht der Gebührenordnung entsprechenden Weise oder überhaupt nicht erbracht wurden, sondern auch dann, wenn
die vertragsärztliche Tätigkeit, in deren Rahmen die Leistungen erbracht wurden, nicht in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeübt wurde. Das BSG hat ausdrücklich klargestellt, dass die
sachlich-rechnerische Berichtigung auch Fallgestaltungen erfasst, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß
gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und
abgerechnet hat. Hierzu hat es wiederholt auch Fälle gezählt, in denen gegen statusrechtliche Vorgaben verstoßen
worden ist, z.B. bei Leistungen nicht genehmigter Assistenten (SozR 2200 § 368 f Nr. 1; SozR 3-5525 § 32 Nr. 1) oder
bei Ausnutzung einer rechtswidrig erwirkten Zulassung (SozR 3-2500 § 95 Nr. 5). Zu Recht hat deshalb das
Bayerische LSG (Urteil vom 10. Mai 2006 - L 12 KA 10/03 u.a. - juris - unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 39 Nr.
3) die Möglichkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung auch bejaht, wenn – wie darzulegen sein wird: auch hier -
Leistungen einer nur formal bestehenden Gemeinschaftspraxis erbracht worden sind.
Zwar ist die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2) formal bestehende Gemeinschaftspraxis vom
Zulassungsausschuss Verden gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV genehmigt worden. Doch ist die Beklagte an diese
Statusentscheidung nur in der Weise gebunden, dass sie sie nicht abändern (entziehen) kann. Sie musste dagegen
bei der Abrechnung der geltend gemachten ärztlichen Leistungen nicht zwingend davon ausgehen, dass es sich um
Leistungen einer Gemeinschaftspraxis handelt (a.A.: Spoerr/Fenner, Rückforderungsrecht der Kassenärztlichen
Vereinigungen bei "missglücktem" Gemeinschaftspraxisvertrag?, MedR 2002, 109 ff). Denn das BSG hat bereits
wiederholt entschieden, dass eine Gemeinschaftspraxis nur besteht, wenn die konstitutiv und statusbegründend
wirkende Genehmigung nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV vorliegt und sich zusätzlich die Vertragsärzte, denen die
Führung einer Gemeinschaftspraxis genehmigt worden ist, tatsächlich zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen
Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verpflichtet haben und diese auch tatsächlich gemeinsam ausüben (SozR 4-5520 §
33 Nr. 2 unter Hinweis auf SozR 3-2500 § 103 Nr. 3 und SozR 3-2500 § 103 Nr. 3). Dies gilt insbesondere auch für die
rechtliche Anerkennung von Honorarforderungen.
Das BSG hat insoweit in anderem Zusammenhang entschieden, dass es für die Rechtmäßigkeit der
Honorargewährung nicht nur auf die formelle Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ankommt, der Vertragsarzt
vielmehr auch materiell berechtigt sein muss, Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen (BSGE
76, 153 (155)). Daher ist die KV berechtigt, im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs der Rechtsformen beruflicher
Kooperation die Honorarabrechnung der beteiligten Ärzte im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung
nachträglich zu korrigieren und überzahltes Honorar zurückzufordern. Auf dieser rechtlichen Grundlage sind auch die
Fälle zu lösen, in denen nach außen hin eine Gemeinschaftspraxis mit der entsprechenden Genehmigung des
Zulassungsausschusses betrieben worden ist, die aber nicht hätte erteilt werden dürfen oder auf der Grundlage der §
45 bzw. § 48 SGB X hätte widerrufen werden müssen, weil eine gemeinsame Berufsausübung im Sinne einer
Gemeinschaftspraxis nie gewollt war oder später nicht mehr realisiert worden ist (Wenner, Vertragsarztrecht nach der
Gesundheitsreform, § 20 Rdnr. 46, 47).
Dieser Fall liegt hier vor; die Beigeladene zu 1) ist ungeachtet ihrer formellen Genehmigung keine
Gemeinschaftspraxis gewesen. Vielmehr war der Beigeladene zu 2) in H. tatsächlich als angestellter Arzt tätig.
Nach § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV (hier noch anwendbar in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung) ist die
gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur zulässig unter Vertragsärzten. Dies setzt in formaler Hinsicht
zunächst voraus, dass jedes Mitglied einer Gemeinschaftspraxis die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit haben
muss. In der Sache bedeutet dies, dass alle Mitglieder ihre Tätigkeit selbstständig und nicht in abhängiger
Beschäftigung ausüben müssen (Engelmann, Die Gemeinschaftspraxis im Vertragsarztrecht, ZMGR 2004, S. 3, 10);
denn die vertragsärztliche Tätigkeit ist nur in freier Praxis möglich, wie § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V und § 32 Abs. 1 S.
1 Ärzte-ZV ausdrücklich regeln. Damit ist in Fällen der vorliegenden Art zu untersuchen, ob der jeweilige Arzt einer
Gemeinschaftspraxis als selbstständiger Mitgesellschafter oder als angestellter Arzt tätig ist. Hierfür ist in erster Linie
die vertragliche Ausgestaltung der Beziehungen zwischen den beteiligten Ärzten (vgl. hierzu auch BSG SozR 3-5520
§ 33 Nr. 2) maßgeblich, bei Diskrepanzen zwischen den Vereinbarungen und den tatsächlichen Verhältnissen ist auf
die tatsächlichen Umstände abzustellen (Engelmann a.a.O. S. 10f unter Hinweis auf die ständige BSG-
Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)).
Für die inhaltliche Abgrenzung ist eine Gesamtschau aller relevanten Umstände anzustellen (Wenner a.a.O., Rdnr.
44). Dabei sind die Kriterien heranzuziehen, die von der Rechtsprechung zur Abgrenzung von (nichtselbstständiger)
Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV und selbstständiger Tätigkeit entwickelt worden sind. Zusätzlich sind
die besonderen Erfordernisse der persönlichen Leistungserbringung "in freier Praxis" zu berücksichtigen, die vom
BSG (BSGE 80, 130 (132f) m.w.N.) in der Weise umschrieben worden sind, dass der Arzt ge-genüber seinen
Patienten sowohl im Bereich der eigentlichen Behandlungstätigkeit als auch im tatsächlichen und rechtlichen Umfeld
dieser Behandlung in vollem Umfang unmittelbar verantwortlich sein muss; das setzt zwingend voraus, dass er Inhalt
und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen
Mittel selbst bestimmt und insoweit keiner maßgeblichen Einflussnahme durch andere unterliegt. Diese im
Vertragsarztrecht wurzelnden Besonderheiten übersieht der Kläger, wenn er sich auf Rechtsprechung des BGH (NJW
1987, 3124 (3125)) und des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1993, 2458 (2460)) beruft, wonach die Gesellschafterstellung
auch unabhängig davon angenommen werden könne, ob der Betroffene z.B. an Gewinn oder Vermögen der
Gesellschaft beteiligt ist oder sein Stimmrecht vertraglich eingeschränkt worden ist.
Zu den maßgeblichen Kriterien zählen im Wesentlichen: Die Beteiligung am materiellen Vermögen und am
immateriellen Wert der Praxis, die Beteiligung an Gewinn und Verlust, das Tragen eines Unternehmerrisikos bzw. die
Art der Vergütung, die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten und die Ausübungsbefugnis des
Direktionsrechts gegenüber den sonstigen Beschäftigten (Engelmann a.a.O. S. 11). Streit besteht insoweit vor allem
über die Frage, welche Bedeutung der Beteiligung am materiellen Vermögen der Gesellschaft zukommt. Während
einerseits vertreten wird, ohne derartige Beteiligung könne eine Gesellschafterposition nicht bejaht werden (in diesem
Sinne möglicherweise Wenner a.a.O., Rdnr. 44), wird andererseits angenommen, eine "Nullbeteiligung" am
Gesellschaftsvermögen stehe dieser Stellung nicht entgegen (Gummert/Meier, Nullbeteiligungsgesellschaften, MedR
2007, 1, 8) oder könne zumindest für die Dauer von drei Jahren nach Eintritt des Arztes in die Gesellschaft
verzichtbar sein (Engelmann a.a.O., S. 12). Auch nach der Auffassung, nach der eine "Nullbeteiligung" möglich ist,
bleibt es allerdings dabei, dass die Frage der Vermögensbeteiligung nur eines von mehreren Indizien für die Frage der
Selbstständigkeit des Arztes ist. Zu Recht betonen Gummert/Meier a.a.O., dass insoweit von übergeordneter
Bedeutung ist, ob dem Gesellschafter Mitgliedschaftsrechte in Form von Mitwirkungsrechten, insbesondere
Stimmrechten, durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumt werden. Dies ist nach Ansicht des Senats schon deshalb
unverzichtbar, weil ansonsten nicht angenommen werden könnte, dass der Arzt den Einsatz der der Praxis
zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmt und insoweit keiner maßgeblichen Einflussnahme
durch andere unterliegt.
Dem Beigeladenen zu 2) waren schon nach Vertragslage keine Mitwirkungsmöglichkeiten an den zentralen, die
Struktur der Praxis in H. bestimmenden Entscheidungen eingeräumt. Hierüber befanden lediglich der Kläger und die
Dres. J. und K. in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der mit Vertrag vom 17. Juli 1996 gegründeten GbR, die
wirkliche Trägerin der Praxen in H. und M. war. Der Beigeladene zu 2) ist zu keiner Zeit in diese Gesellschaft
aufgenommen worden. Seine Aufnahme war zwar eine Option, wie sich aus dem Gesellschafterbeschluss vom 17.
Juli 1996 ergibt; eine irgendwie geartete Partizipation an der Willensbildung der GbR war ihm in Hinblick hierauf aber
nicht eingeräumt worden. Auch aus dem Kooperationsvertrag vom 30. Juli 1996 folgt nichts anderes. Entgegen der
Ziffer 1 a bb der dortigen Präambel ("Gem. §§ 705 ff BGB liegt faktisch eine BGB-Gesellschaft vor") begründete
dieser Vertrag keine eigenständige gesellschaftsrechtliche Grundlage für die Praxis in R.; insbesondere sind dort
keine Partizipationsmöglichkeiten des Beigeladenen zu 2) vorgesehen. Stattdessen regelt § 2 Abs. 3 S. 2 die
Verpflichtung des Beigeladenen zu 2), den organisatorischen Anordnungen der Praxisinhaber – d.h. des Klägers und
der Dres. J. und K.– nachzukommen.
Diese Regelungen werden durch die praktische Umsetzung bestätigt. Aus den in der Verwaltungsakte der Beklagten
vorliegenden Protokollen ergibt sich, dass der Beigeladene zu 2) bei keiner der dort dokumentierten
Gesellschafterversammlungen der anderen drei Ärzte (vom 20. Januar 1997, 26. November 1997, 25. Juni 1998, 21.
Oktober 1998, 7. April 1999 und 17. Juli 1999) anwesend war. Ob er an (sonstigen) Gesellschafterversammlungen
dieser Ärzte teilgenommen hat, konnte der Beigeladene zu 2) bei seiner Befragung am 17. Dezember 2008 nicht
angeben. Zwar hat er von – nur anfangs – regelmäßigen Treffen aller vier Ärzte berichtet, die dortigen
Gesprächspunkte aber nur vage mit "medizinischen Themen und anderen praxisrelevanten Angelegenheiten" benannt.
Die beispielhaft genannten Modernisierungsmaßnahmen, Maßnahmen der Materialbeschaffung und Einführung einer
eigenen Mitarbeiterin in die Praxis betreffen nur Punkte, die eng mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit
zusammenhängen. Die fehlende Einflussmöglichkeit des Beigeladenen zu 2) auf die grundsätzlichen, das Schicksal,
die Struktur und die Führung der Praxis betreffenden Fragen wird dagegen exemplarisch durch das Schreiben Dr. AA.
vom 8. November 1998 (in der Verwaltungsakte der Beklagten) beleuchtet, in dem die Teilnahme des Beigeladenen zu
2) bei einem vorgesehenen Gespräch mit der Y. Bank abgelehnt worden ist, weil dort über geschäftliche Dinge zu
reden sein werde, die allein Sache der Bank und "der Gesellschafter der Praxis" seien.
Soweit der Beigeladene zu 2) bei der Anhörung betont hat, dass er insbesondere bei seiner Arbeit in der CT-
Außenstelle selbstständig arbeiten konnte, ändert dies an der genannten Wertung nichts. Denn wie allen höheren
Dienstleistungen ist auch der ärztlichen Tätigkeit eigen, dass sie mit erheblichen Entscheidungs- und
Handlungsspielräumen im Berufsleben verbunden ist. Nicht entscheidend ist deshalb auch, dass unter Ziffer 1 b der
Präambel des Kooperationsvertrags angeführt wird, eine medizinische Weisung seitens der Praxisinhaber finde nicht
statt. Selbst eine weitgehende Steuerung der Praxisvorgänge in der CT-Stelle spräche nicht gegen die
Angestellteneigenschaft, weil auch ansonsten anerkannt ist, dass Abteilungsleiter od. sog. Leitende Angestellte
unselbstständig beschäftigt sind. Schließlich ändert das vom Beigeladenen zu 2) geäußerte "Gefühl", alle
maßgeblichen Entscheidungen selbst getroffen zu haben und vom Personal neben dem Kläger als Chef angesehen
worden zu sein, nichts daran, dass die GbR P. /U. /K. auf Grund von § 2 Abs. 3 Satz 2 des Kooperationsvertrags
über die Rechtsmacht verfügt hat, sich im Konfliktfall gegen den Beigeladenen durchzusetzen.
Daraus, dass der Beigeladene zu 2) keine Möglichkeiten hatte, als Gesellschafter an der Willensbildung der für die
Praxis in H. verantwortlichen GbR teilzunehmen, folgt auch der Ausschluss von jeglicher Maßnahme der
Geschäftsführung. Denn über den Geschäftsführer bzw. über einzelne Maßnahmen der Geschäftsführung konnte
gemäß dem Gesellschaftsvertrag vom 17. Juli 1996 (§§ 10, 38 Abs. 5) nur die Gesellschafterversammlung
bestimmen.
Weiterhin war dem Beigeladenen zu 2) durch den Kooperationsvertrag vom 30. Juli 1996 keine Gewinnbeteiligung an
den Erträgnissen der Praxis in H. eingeräumt, und zwar weder in Form eines festen Anteils an erwirtschafteten
Gewinnen noch als prozentuale Gewinnbeteiligung (zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums vgl. Gummert/Meier a.a.O.,
S. 4, auch unter Hinweis auf das Schirmer-Papier der KBV, S. 10). Auch eine Verlustbeteiligung ist durch die Ziffern 2
a und b der Präambel des Kooperationsvertrags ausgeschlossen worden; der Kläger und die Ärzte Dres. J. und K.
haben dort ausdrücklich erklärt, das wirtschaftliche Risiko allein zu tragen. Vielmehr bezog der Beigeladene zu 2) ein
festes Gehalt, das sich gemäß § 4 Kooperationsvertrag in einer regelmäßigen Vergütung pro Arbeitswoche von
2.347,83 DM belief zuzüglich einer festen "Karenzentschädigung" von 1.304,35 DM bzw. (ab 1. Februar 1997)
1.565,22 DM wöchentlich. Hieran hat sich bis zum Ausscheiden des Beigeladenen zu 2) nichts geändert, wie er in der
mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2008 bestätigt hat. Ein derartiges Festgehalt, dass auch bei Verlusten
der GbR zu zahlen war und den Beigeladenen deshalb von unternehmerischen Risiken freistellte, spricht aber
entscheidend für eine Angestelltentätigkeit (Gummert/Meier a.a.O.; Engelmann a.a.O., S. 11).
Auch eine Beteiligung des Beigeladenen zu 2) am Vermögen der Gemeinschaftspraxis hat zu keiner Zeit vorgelegen.
Dies ergibt sich sowohl aus dem Gesellschaftsvertrag vom 17. Juli 1996 - in dessen § 13 Abs. 1 Buchst. a lediglich
der Kläger und die Ärzte Dres. J. und K. als am Anlagevermögen Beteiligte aufgeführt werden - als auch aus dem
Kooperationsvertrag, der unter Ziffer 1 a bb der Präambel klarstellt, dass der Beigeladene zu 2) "nicht Mitinhaber an
der Betriebsstätte (Anlagevermögen und ideeller Praxiswert) der Praxisinhaber" ist. In Ziffer 6 b der Präambel ist
außerdem ausgeführt, der Beigeladene zu 2) "erwerbe" im Außenverhältnis den Gemeinschaftspraxis-Anteil des
ausscheidenden Partners Dr. I., könne hieraus aber keine Rechte, insbesondere keine Gesellschaftsanteile herleiten;
damit ist vereinbart worden, dass nach außen nur der Schein einer Beteiligung erweckt werden soll, ohne dies
tatsächlich umsetzen zu wollen. Die tatsächlichen Umstände weichen hiervon nicht ab; zu einer - ursprünglich
vorgesehenen - Beteiligung des Beigeladenen ist es nicht gekommen. Unter welchen Voraussetzungen in ähnlichen
Fällen wenigstens für eine Übergangszeit auf das Kriterium der Vermögensbeteiligung verzichtet und stattdessen
ersatzweise auf die Erbringung von Dienstleistungen abgestellt werden kann (vgl. hierzu Engelmann a.a.O., S. 12),
kann hier offen bleiben. Denn angesichts des Fehlens von gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten, einer
Gewinnbeteiligung und unternehmerischen Risikos überwiegen bei der anzustellenden Gesamtschau die für eine bloße
Angestelltentätigkeit sprechenden Gesichtspunkte so eindeutig, dass auch das zeitweise Tolerieren einer
"Nullbeteiligung" nichts an dem hier gefundenen Ergebnis ändern würde.
Nach eingehender Prüfung im Hauptsacheverfahren hält der Senat damit an seiner im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren L 3 KA 161/02 ER (Beschluss vom 13. August 2002) vertretenen anders lautenden
Auffassung nicht mehr fest. Dies gilt auch, soweit dort vertreten worden ist, die verfassungskonforme Auslegung von
§ 32 Abs. 1 Ärzte-ZV erfordere es, dass eine sog. Nullbeteiligungsgesellschaft durch diese Norm nicht untersagt wird.
Abgesehen davon, dass - wie dargelegt - der Umstand der Nullbeteiligung für sich genommen nicht entscheidend sein
kann, kann eine in diesem Sinne steuernde Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz nicht angenommen werden. §
32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV regelt, dass der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis zu
erbringen hat. Ebenso wie in der entsprechenden berufsrechtlichen Regelung des § 1 Abs. 2 Bundesärzteordnung hat
der Gesetzgeber damit an ein von ihm vorgefundenes Berufsbild des niedergelassenen Arztes angeknüpft (zu den
Unterschieden zum angestellten Krankenhausarzt vgl. BVerfGE 16, 286 (294)). In der Rechtsprechung ist anerkannt,
dass eine derartige Anknüpfung zulässig ist (BVerfGE 75, 246 (265); BayVerfGH NJW 2000, 3418 (3419); OVG
Nordrhein-Westfalen MedR 2001, 150 (152f)). Damit ist es auch zulässig, die den Typusbegriff (Wigge in:
Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 9) des freien Berufs bzw. der freien Praxis
konstituierenden Merkmale den jeweiligen Gegebenheiten der Berufswirklichkeit zu entnehmen. Eine allgemeine
Anerkennung von sog. Nullbeteiligungsgesellschaften im ärztlichen Bereich kann im hier fraglichen Zeitraum aber
schon deshalb nicht festgestellt werden, weil deren Möglichkeit - wie bereits dargelegt - auch heute noch umstritten
ist.
Nach alledem haben der Kläger und der Beigeladene zu 2) in den Quartalen IV/96 bis I/01 nicht als Partner einer
Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet. Vielmehr ist der Beigeladene zu 2) als angestellter Arzt tätig geworden,
was im damaligen Zeitraum nur möglich gewesen wäre, wenn ihm die hierfür erforderliche Assistentengenehmigung
nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV erteilt worden wäre. Da dies nicht der Fall war, sind die von ihm erbrachten Leistungen
nicht innerhalb des vertragsärztlichen Systems erbracht worden und können deshalb nicht vergütet werden (Wenner
a.a.O., Rdnr. 48).
Wenn die Beklagte die demzufolge vorzunehmenden sachlich-rechnerischen Berichtigungen in Anknüpfung an die in
den strittigen Quartalen unrichtigen Sammelerklärungen durchgeführt hat, ist dies rechtmäßig (vgl. hierzu auch
BayLSG, Urteil vom 10. Mai 2006 - L 12 KA 10/03 u.a. - juris). Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 17.
September 1997 (SozR 3-5550 § 35 Nr. 1) im Einzelnen dargelegt, dass der Vertragsarzt mit der von ihm
unterschriebenen Sammelerklärung garantiert, dass die Angaben auf den eingereichten Behandlungsausweisen bzw.
Datenträgern zutreffen. Diese Funktion entfällt, wenn sich die Sammelerklärung als falsch erweist; damit fehlt eine
Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruchs des Arztes, so dass der entsprechende Honorarbescheid
rechtswidrig ist. Die KV ist berechtigt, den Honorarbescheid aufzuheben und das Honorar insgesamt neu
festzusetzen, wenn die fehlerhaften Angaben vom betroffenen Arzt im Sinne von (zumindest) grober Fahrlässigkeit
verschuldet sind. Dabei ist es in aller Regel nicht zu beanstanden, wenn die KV sich im Wege pauschalierender
Schätzung damit begnügt, ihm ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzuerkennen (BSG a.a.O.)
Die Sammelerklärungen der Beigeladenen zu 1) für die Quartale IV/1996 bis I/2001 sind dem Kläger zuzurechnen.
Dies gilt auch, soweit die Erklärungen nicht von ihm persönlich, sondern - in Hinblick auf die in den Verwaltungsakten
vorliegenden Erklärungen für die Quartale III/97, I/98, II/99, III/99 und II/00 - nur vom Beigeladenen zu 2)
unterschrieben worden sein sollten. Denn auch für diese, mit dem Stempel der Beigeladenen zu 1) versehenen
Erklärungen hat der Kläger zumindest nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht (vgl. hierzu BGH NJW 2002,
2325 (2327); Heinrichs in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 172 Rdnr. 8) einzustehen, nachdem er zusammen mit dem
Beigeladenen zu 2) die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis beantragt und erhalten hat und seitdem nach außen
als Gesellschafter einer solchen Gemeinschaftspraxis aufgetreten ist. Die Sammelerklärungen waren unrichtig, weil
sie vom Kläger und dem Beigeladenen zu 2) als "Gemeinschaftspraxis Dr. V.P. / Dr. W.O. " abgegeben worden sind,
so dass der falsche Eindruck erweckt worden ist, die abgerechneten Leistungen seien von den beiden Ärzten (jeweils)
in freier Praxis erbracht worden. Der Umstand, dass ein Teil der Leistungen stattdessen dem Beigeladenen zu 2) als
nicht genehmigten Assistenten zuzuordnen ist, ist damit verschwiegen worden.
Dem Kläger ist insoweit auch ein Verschulden zur Last zu legen, zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit. Auch
wenn diskutiert werden mag, dass eine Nullbeteiligung am Praxisvermögen übergangsweise der Annahme einer von
einer GbR gehaltenen Gemeinschaftspraxis nicht entgegensteht, musste er auf Grund der Verträge vom 17. bzw. vom
30. Juli 1996 und der dort getroffenen - oben im Einzelnen dargelegten - Vereinbarungen wissen, dass der
Beigeladene zu 2) in Wirklichkeit nur die Stellung eines unselbstständig tätigen Assistenten innehatte. Dafür, dass
ihm dies sogar bewusst war, sprechen namentlich die Klauseln in Ziffer 2 c und 6 b der Präambel zum
Kooperationsvertrag. Wenn dort verabredet worden ist, dass "ein ggf. dem Zulassungsausschuss vorzulegender
Vertrag" zwischen den Vertragsparteien "keine eigene Rechtswirkung" entfalte bzw. der freie Mitarbeiter im
Außenverhältnis den Gemeinschaftspraxis-Anteil des ausscheidenden Partners Dr. L. "erwerbe", hieraus aber "keine
Rechte herleiten könne", spricht dies nachdrücklich für eine mit dem Ziel der Irreführung des Zulassungsausschusses
bzw. der Beklagten erfolgte Vertragsgestaltung.
Bei der Neufestsetzung des nunmehr noch zu beanspruchenden Honorars ist die Beklagte in nicht zu beanstandender
Weise davon ausgegangen, dass die vom Beigeladenen zu 2) erarbeiteten Honorare zu Unrecht ausgezahlt worden
sind. Wenn die neue Honorarhöhe als Folge hiervon nach den durchschnittlichen Einnahmen einer radiologischen
Einzelpraxis bemessen worden ist, bewegt sich diese Schätzung im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung
zur grob fahrlässig oder vorsätzlich unrichtig abgegebenen Sammelerklärung (BSG a.a.O.). Denkbar war zwar auch,
die Schätzung näher danach auszurichten, welche Honorarbeträge auf die CT-Außenstelle entfielen, in der der
Beigeladene zu 2) zum größten Teil allein gearbeitet hat. Dies dürfte allerdings auf Schwierigkeiten stoßen, weil der
Kläger und der Beigeladene zu 2) einmal wöchentlich für einen Tag den Einsatzort tauschten, was eine
bereichsscharfe Unterscheidung zwischen der CT-Stelle und der Praxis in der AB. erschwerte.
Dem ist vorliegend aber schon deshalb nicht näher nachzugehen, weil die Beklagte die Honorare des Klägers sogar
noch weitergehend hätte reduzieren können, als sie es in den angefochtenen Bescheiden getan hat. Denn der Kläger
hat auch dadurch gegen vertragsärztliche Vorschriften verstoßen, dass er in Wirklichkeit mit den Dres. J. und K. in
einer nicht genehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen, sich auf T., N. und H. erstreckenden überörtlichen
Gemeinschaftspraxis tätig war, wie sich aus dem Gesellschaftsvertrag vom 17. Juli 1996 ergibt. Danach bestimmten
diese drei Gesellschafter insgesamt über die Geschicke einer Praxiseinheit, die gemäß § 12 des Vertrags drei an
diesen Orten angesiedelte Praxisteile umfasste. Dies hat zutreffend das schiedsvertraglich beauftragte (vgl. § 43 des
Gesellschaftsvertrags) Schiedsgericht in seinem - in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen - Schiedsspruch
vom 30. Oktober 2001 dargelegt, in dem es festgestellt hat, dass der vorliegende Gesellschaftsvertrag
berufsrechtliche Bestimmungen verletzte, nämlich § 22 in Verbindung mit Kapitel D Nr. 8 Abs. 2 S. 1 der (im hier
strittigen Zeitraum geltenden) Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, wonach das Betreiben einer
Gemeinschaftspraxis an verschiedenen Praxisorten nur solchen Ärzten erlaubt ist, die ihrem typischen
Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen ärztlich tätig sind. Eine solche Verletzung
berufsrechtlicher Regelungen stand auch der Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis entgegen, § 33 Abs. 2 Satz 4
Ärzte-ZV (in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung). Eine Ausnahme hiervon hat auch das BSG (SozR
4-5520 § 33 Nr. 2) - in Übereinstimmung mit der berufsrechtlichen Lage in Niedersachsen - nur für solche Praxen
anerkannt, in denen Ärzte nicht unmittelbar patientenbezogen tätig werden. Dies ist bei Radiologen jedoch der Fall. Da
die Tätigkeit des Klägers somit insgesamt im Widerspruch zum Vertragsarztrecht stand, hätte die Beklagte auch die
streitbefangenen Honorarabrechnungen im Übrigen sachlich-rechnerisch berichtigen können.
Nach alledem konnte die Beklagte schließlich auch die Rückzahlung der zuviel gezahlten Honorare auf der Grundlage
des § 50 Abs. 1 SGB X verlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und Abs. 3
Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da der Senat der Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung beimisst.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1
Gerichtskostengesetz und entspricht der Höhe des Rückforderungsbetrages.