Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.04.2003

LSG Nsb: student, arbeitslosenversicherung, arbeitsentgelt, rückerstattung, abrechnung, nebensache, datum, niedersachsen, abgeltung, versicherungspflicht

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 30.04.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Braunschweig S 6 KR 130/97
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 219/00
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Rückerstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.
Der im März 1959 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1977 an der Technischen Universität Braunschweig
immatrikuliert. Nach seinen Angaben im Erörterungstermin am 29. Juni 2001 hat er zunächst Mathematik, dann
Politikwissenschaften und ab ca. 1990 wieder Mathematik studiert. Den bei den Akten befindlichen
Immatrikulationsbescheinigungen für das Wintersemester 1995/96 (Beginn 1.10.1995, Ende 31.3.1996) und das
Sommersemester 1996 (Beginn 1.4.1996, Ende 30.9.1996) lässt sich entnehmen, dass der Kläger den Diplom-
Abschluss anstrebte. Die vorlesungsfreie Zeit dauerte im Frühjahr 1996 vom 13. Februar bis zum 8. April an.
In der Zeit vom 13. Februar bis zum 31. Mai 1996 war der Kläger bei der Fa. Volkswagen AG (VW-AG) abhängig
beschäftigt. Nach seinen Angaben belief sich die wöchentliche Arbeitszeit regelmäßig auf 35 Stunden plus 5
Überstunden. Im Februar 1997 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Rückerstattung der für den
Zeitraum vom 13. April 1996 bis 31. Mai 1996 von seinem Lohn abgeführten Arbeitnehmeranteile zur
Sozialversicherung in Höhe von 1.708,18 DM. Er sei als eingeschriebener Student versicherungsfrei. Er habe in der
fraglichen Zeit überwiegend in Abend- und Nachtschichten sowie am Samstag gearbeitet, so dass er nach wie vor
ausreichend Zeit gehabt habe, seinem Studium nachzugehen.
Die Beklagte lehnte die Beitragserstattung mit Bescheid vom 6. Februar 1997 ab und wies darauf hin, dass von einer
durchgehenden Beschäftigung des Klägers ausgegangen werden müsse. Als Werkstudent sei er lediglich in der
vorlesungsfreien Zeit versicherungsfrei; soweit während des laufenden Semesters eine Vollzeitbeschäftigung
ausgeübt werde, entfalle dieses Privileg, und es seien bei vollschichtiger Beschäftigung die
Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er durch die vollschichtige Beschäftigung nicht daran
gehindert gewesen sei, seinem Studium nachzukommen. Von den 16 Beschäftigungswochen habe er 6 in der
Abendschicht, 6 in der Nachtschicht und lediglich 4 in der Frühschicht abgeleistet. Ferner sei zu bedenken, dass in
der sogenannten Exkursionswoche vom 25. Mai bis zum 2. Juni 1996 keine Vorlesungen stattgefunden hätten.
Ihren Widerspruchsbescheid vom 28. November 1997 begründete die Beklagte damit, dass bei der Beurteilung der
Versicherungspflicht darauf abgestellt werden müsse, dass der Kläger auch während der Vorlesungszeit einer
vollschichtigen Beschäftigung nachgegangen sei. Unter diesen Umständen könne nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtes (BSG) nicht mehr von einer versicherungsfreien Beschäftigung ausgegangen werden.
Mit seiner am 4. Dezember 1997 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Bedeutsam sei, dass
er zunächst nur einen Vertrag vom 13. Februar bis 8. März 1996 gehabt habe, der Anfang März bis zum 4. April, am
3. April bis zum 3. Mai und am 19. April bis zum 31. Mai 1996 verlängert worden sei.
Während der Semesterferien sei die Beschäftigung versicherungsfrei gewesen, und erst für die Zeit ab
Semesterbeginn sei von einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Erst von diesem
Zeitpunkt an sei die sogenannte Zwei-Monats-Frist zu berechnen, die für die Annahme geringfügiger Beschäftigungen
maßgeblich sei. Sei demnach nicht schon von einer versicherungsfreien Beschäftigung auszugehen, sei für die Zeit
vom 13. April bis 31. Mai 1996 wenigstens eine beitragsfreie geringfügige Beschäftigung gegeben.
Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die Klage durch Urteil vom 27. Juni 2000 abgewiesen. Zu Recht seien für
den Kläger für die Zeit vom 13. April bis 31. Mai 1996 Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden, denn
Werkstudenten, die während des Semesters vollschichtig arbeiteten, seien nach der Rechtsprechung des BSG
versicherungspflichtig. Eine geringfügige Beschäftigung könne für den fraglichen Zeitraum ebenfalls nicht
angenommen werden, weil die entsprechenden Fristen überschritten seien. Dabei sei der Zeitraum insgesamt zu
betrachten und eine Aufgliederung in unterschiedliche Phasen nicht gerechtfertigt. Auch sei nicht von Bedeutung, ob
zunächst eine kurzfristigere Beschäftigung geplant gewesen sei.
Gegen dieses am 30. August 2000 per Einschreiben an den Kläger abgesandte Urteil hat dieser am 28. September
2000 Berufung eingelegt und über sein bisheriges Begehren hinaus einen weiteren Betrag von 231,14 DM geltend
gemacht, bei dem es sich um Beiträge auf einmalig gezahltes Entgelt handele, deren Erhebung nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) verfassungswidrig sei. Er sei auch während des
laufenden Sommersemesters 1996 seinem Erscheinungsbild nach Student gewesen, weil er von drei Vorlesungen
allenfalls eine habe ausfallen lassen müssen und im übrigen in den Jahren 1995 und 1996 in keinem anderen
Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Ferner seien in seinem Fall nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes zu Unrecht Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhoben worden, weil den entrichteten
Beiträgen kein Anspruch auf Leistungen gegenüberstehe. Seine Hilfsanträge begründet der Kläger damit, dass über
den 4. April 1996 hinaus bis zum 19. April 1996 zwischen ihm und der VW-AG kein wirksames Arbeitsverhältnis
zustande gekommen sei. Da deshalb auch kein Direktionsrecht der VW-AG bestanden habe, sei er nicht
sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und habe deshalb auch keine Beiträge zu entrichten. Der
anschließende Zeitraum bis zum 3. Mai 1996 bewege sich noch im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung, so
dass die Beitragsfreiheit aus diesem Grunde gegeben sei. Soweit im Juni 1996 von der VW-AG die Abrechnung der
Urlaubsabgeltung unter Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen erfolgt sei, sei dies ebenfalls zu Unrecht geschehen,
weil er im Juni gar nicht mehr beschäftigt gewesen sei. Die Pflicht der Beklagten zur Rückerstattung der entrichteten
Sozialversicherungsbeiträge ergebe sich darüber hinaus hilfsweise für verschiedene Zeiträume unter folgenden
Aspekten:
Für die Zeit vom 13. bis 15. April 1996 ergebe sich unter Berücksichtigung der Regelungen im bürgerlichen Recht über
die Berechnung von Fristen, dass unter Annahme der Aufnahme der Beschäftigung am 13. Februar 1996 die Zwei-
Monats-Frist für geringfügige Beschäftigungen am 13. April 1996 abgelaufen sei. Da es sich dabei um einen
Sonnabend gehandelt habe, sei die Frist erst am 15. April 1996 abgelaufen gewesen. Für den Zeitraum vom 13. bis
15. April 1996 ergebe sich ein Anspruch auf Rückzahlung von Beiträgen in Höhe von 188,98 DM. Bei Anwendung der
50-Tage-Frist habe er bis zum 12. April 1996 lediglich 44 Tage gearbeitet, so dass er bis 22. April 1996
versicherungsfrei geblieben sei. Daraus resultiere ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 260,67 DM. Unter
Berücksichtigung dessen, dass er vom 5. bis 18. April 1996 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe,
ergebe sich unter Anwendung der 50-Tage-Frist, dass er bis zum 4. April 1996 erst 38 Tage gearbeitet habe, so dass
unter Hinzurechnung von weiteren 12 Tagen auch bis 6. Mai 1996 von einer geringfügigen Beschäftigung
ausgegangen werden müsse, daraus resultiere ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 714,66 DM.
Der Kläger beantragt nach seinem ausdrücklichen Vortrag,
1. das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 27. Juni 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar
1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. November 1997 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 13. April bis 31. Mai 1996 in Höhe
von 1.708,18 DM zuzüglich 4 % Zinsen zurückzuzahlen,
3. hilfsweise, ihm für Einmalzahlungen in 1996 entrichtete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 231,14 DM
zuzüglich 4% Zinsen zu erstatten;
4. hilfsweise, ihm auf Grundlohn und Überstunden in der Zeit vom 13. bis 18. April 1996 entrichtete
Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 188,98 DM zuzüglich 4 % Zinsen zu erstatten;
5. hilfsweise, ihm auf restliches Urlaubsgeld entrichtete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 66,18 DM zuzüglich
4 % Zinsen zu erstatten;
6. hilfsweise, ihm die noch fehlende Differenz von 25,78 DM zuzüglich 4 % Zinsen auf zu Unrecht gezahlte Beiträge
für laufendes Arbeitsentgelt zu erstatten;
7. hilfsweise, ihm zu Unrecht entrichtete Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,70 DM zuzüglich 4 %
Zinsen zu erstatten;
8. hilfsweise, ihm zu Unrecht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 25. Mai bis 2. Juni 1996 in
Höhe von 198,75 DM zuzüglich 4 % Zinsen zu erstatten;
9. hilfsweise, ihm für die Zeit vom 19. April bis 3. Mai 1996 entrichtete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von
394,30 DM zuzüglich 4 % Zinsen zu erstatten;
10. hilfsweise, ihm für die Zeit vom 12. April bis 22. April 1996 entrichtete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von
260,67 DM zuzüglich 4 % Zinsen zu erstatten;
11. hilfsweise, ihm für die Zeit vom 19. April bis 6. Mai entrichtete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 714,66
DM zuzüglich 4 % Zinsen zu erstatten;
12. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Kosten in Höhe von 50,- DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil für rechtmäßig. Soweit sich der Kläger auf die
Rechtsprechung des BVerfG zur Beitragspflicht auf Einmalzahlungen berufe, seien die Entscheidungen nicht
einschlägig, weil sie zum einen die für unrechtmäßig gehaltene Rechtslage noch bis Ablauf 1996 weiterhin für
anwendungsfähig erklärt habe, zum anderen über die Rechtslage ab 1. Januar 1997 entschieden worden sei, die hier
nicht einschlägig sei. Der Kläger habe im übrigen mit der VW-AG am 19. April 1996 eine Verlängerung seines
laufenden Beschäftigungsverhältnisses bis 31. Mai 1996 vereinbart, so dass von einem einheitlichen
Beschäftigungsverhältnis in der Zeit vom 13. Februar bis zum 31. Mai 1996 ausgegangen werden müsse. Vor diesem
Hintergrund seien die Fristberechnungen des Klägers nicht einschlägig. Im Hinblick auf die Abgeltung des Tarifurlaubs
sei zu bedenken, dass die VW-AG diese versehentlich im Juli 1996 ohne den notwendigen Abzug von Steuern und
Sozialabgaben ausgezahlt habe.
Der Senat hat den Kläger durch seine Berichterstatterin in einem Erörterungstermin vom 29. Juni 2001 angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 und § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- und
fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig.
Sie ist indessen unbegründet.
Das SG und die Beklagte haben zutreffend entschieden, dass dem Kläger die begehrte Beitragserstattung nicht
zusteht.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch – (SGB IV). Danach
sind zu Unrecht gezahlte Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung
des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet
worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat.
Die vom Kläger von seinen Lohnbezügen für die Zeit vom 13. April bis 31. Mai 1996 entrichteten Beiträge zur
Sozialversicherung sind nicht zu Unrecht gezahlt worden, denn der Kläger war gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 1
Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – (SGB V) als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter in der gesetzlichen
Krankenversicherung versicherungs- und damit auch beitragspflichtig. Für die gesetzliche Rentenversicherung folgt
dies aus § 1 Abs. 1 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – (SGB VI), für die Arbeitslosenversicherung
seinerzeit aus § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und für die Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Ziffer 1
Sozialgesetzbuch – Elftes Buch – (SGB XI).
Der Kläger kann sich nicht auf die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Ziffer 3 SGB V berufen, wonach Personen, die während
der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung
dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungsfrei sind. Nach der Rechtsprechung des BSG
für die gleichlautende Vorgänger-Vorschrift des § 172 Abs. 1 Ziffer 5 Reichsversicherungsordnung hat diese Vorschrift
vor allem sogenannte Werkstudenten im Auge, das heißt Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche
Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres
Lebensunterhaltes erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Beschäftigung – so das BSG - sei demgemäss
versicherungsfrei, wenn und solange sie "neben” dem Studium, das heißt ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet,
ausgeübt werde, das Studium also die Haupt-, die Beschäftigung die Nebensache sei. Umgekehrt werde derjenige, der
seinem "Erscheinungsbild” nach zum Kreis der Beschäftigten gehöre, durch ein gleichzeitiges Studium nicht
versicherungsfrei; Versicherungsfreiheit bestehe vielmehr nur für solche Personen, deren Zeit und Arbeitskraft
überwiegend durch ihr Studium beansprucht werde (vgl. BSGE 50, 25/26).
Bei der Beurteilung der Sachlage – so führt das BSG weiter aus - komme dem Umstand, dass die Beschäftigung
mehr als 20 Stunden wöchentlich umfasse, die Bedeutung eines wesentlichen Beweisanzeichens zu. In der Regel
werde eine Beschäftigung von mehr als 20 Wochenstunden die Arbeitskraft des Einzelnen so stark beanspruchen,
dass die Tätigkeit als Arbeitnehmer das Erscheinungsbild präge. Indessen könne die Dauer der wöchentlichen
Arbeitsbelastung nicht allein über die Frage der Versicherungspflicht entscheiden. Das wäre vor allem dann nicht
gerechtfertigt, wenn die Arbeitszeit im Einzelfall so liege, dass sie sich den Erfordernissen des Studiums anpasse
und unterordne, insbesondere an die Wochenenden, in die Abend- oder Nachtstunden oder in sonstige vorlesungsfreie
Zeiten verlegt sei. Die Arbeitnehmertätigkeit könne dann selbst bei einer verhältnismäßig langen Dauer deutlich hinter
dem Studium zurücktreten, das Erscheinungsbild nicht prägen. Je mehr allerdings die 20-Stundengrenze überschritten
werde, desto schwieriger werde es sein, diesen Nachweis zu führen; bei vollschichtiger Tätigkeit könne er als
ausgeschlossen gelten (vgl. BSG a.a.O., Seite 27).
Wenn das Studium trotz einer gleichzeitig ausgeübten Tätigkeit als Arbeitnehmer seine das Erscheinungsbild
prägende Bedeutung beihalten solle, müsse es nicht nur bei der Verteilung der jeweiligen Arbeitszeiten der
bestimmende Faktor sein. Es müsse darüber hinaus auch seinem Umfang nach ein solches Gewicht haben, dass es
im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit nicht zur "Nebensache”, diese also zur Hauptsache werde. Dabei komme es nicht
darauf an, wie sehr der einzelne Student tatsächlich durch sein Studium zeitlich belastet werde (vgl. BSG, a.a.O.).
Von wesentlicher Bedeutung sei dabei, ob der Werkstudent die Möglichkeit habe, nicht nur über die Verteilung der
Beschäftigungszeit, sondern auch über die Gesamtdauer frei zu entscheiden, oder aber, wenn darüber feste
Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber getroffen worden seien, ob diese sich an den Lehrveranstaltungen orientierten,
an denen der Student teilnehme oder teilnehmen solle (BSG a.a.O., Seite 28).
Zusammenfassend hat das BSG erläutert, dass eine Beschäftigung im Umfang von mehr als 20 Wochenstunden ein
so gewichtiges Indiz für die Zuordnung zum Kreise der Arbeitnehmer darstelle, dass zunächst davon ausgegangen
werden müsse, dass diese Beschäftigung das Erscheinungsbild des einzelnen maßgeblich bestimme. Nur wenn nach
den besonderen Umständen der Arbeitnehmertätigkeit festgestellt werden könne, dass das Studium gleichwohl die
prägende Bedeutung behalten habe, könne bei einer über 20-stündigen Beschäftigung Versicherungsfreiheit
angenommen werden (vgl. BSG a.a.O.).
Der Kläger ist im fraglichen Zeitraum vom 13. April bis 31. Mai 1996 bei der Fa. Volkswagen AG nach der
vorliegenden Lohnabrechnung für Mai 1996 und nach seinen eigenen Angaben nicht nur einer normalen vollschichtigen
Tätigkeit von 35 Wochenstunden in Wechselschicht nachgegangen, sondern hat darüber hinaus auch wöchentlich 5
Überstunden abgeleistet. Daraus folgt unter Berücksichtigung der oben dargelegten Rechtsprechung des BSG, dass
die Arbeitnehmertätigkeit des Klägers in diesem Zeitraum sein Erscheinungsbild prägte und nicht sein Studium.
Soweit der Kläger eingewandt hat, von drei Vorlesungen sei lediglich eine ausgefallen, vermag dies an der Bewertung
dieses Zeitraums nichts zu ändern, weil damit für sich gesehen nicht deutlich wird, dass das Studium in dieser Zeit
noch die Hauptsache für den Kläger war. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Arbeitszeit nicht
individuell mit seiner Arbeitgeberin abgestimmt hatte, sondern in normaler Wechselschicht gearbeitet hat. Vor diesem
Hintergrund kann der Senat offen lassen, ob nicht bereits deshalb Zweifel an dem Erscheinungsbild des Klägers als
Student bestehen, weil er bereits seit dem 1. Oktober 1977 als Student eingeschrieben ist und das 37. Lebensjahr
vollendet hatte.
Der Senat geht ferner davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers in der VW-AG in der Zeit vom 13.
Februar bis 31. Mai 1996 um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Der Kläger hat selbst
dargelegt, dass er – bis auf arbeitsfreie Sonn- und Feiertage - durchgehend bis zum 31. Mai 1996 bei der VW-AG
gearbeitet hat. Er hatte mit Datum vom 9. Februar 1996 mit der VW-AG einen zunächst bis zum 8. März 1996
befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen, der sodann nach den Angaben des Klägers bis 4. April 1996 verlängert
wurde. Der Akte des Arbeitsgerichts Braunschweig (7 Ca 121/98) lässt sich entnehmen, dass der Kläger am 19. April
1996 eine von der VW-AG mit Datum vom 28. Februar 1996 versehene Verlängerungsvereinbarung bis zum 31. Mai
unterschrieben hat, in der auf den Vertrag vom 9. Februar 1996 Bezug genommen wird. Derartig befristete
Arbeitsverträge konnten seinerzeit nach §§ 611 und 620 Abs. 1 BGB auch ohne sachlichen Grund geschlossen
werden, wenn durch sie der Kündigungsschutz nicht umgangen wurde. Demzufolge durften erstmalige
Zeitarbeitsverträge bis zur Dauer von 6 Monaten – wie hier vorliegend - ohne sachlichen Grund geschlossen werden,
weil es nicht zur objektiven Umgehung des Kündigungsschutzes kommen konnte (vgl. Erfurter Kommentar/Müller
Glöge, 1998 § 1 BeschFG Rdnr. 12; zur ab 30. September 1996 geltenden Rechtslage vgl. Erfurter Kommentar aaO,
Rdnr. 1 ff). Unter der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages ist die einvernehmliche Abänderung des
Endtermins zu verstehen. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis wird über den zunächst vereinbarten Endtermin
fortgesetzt. Diese allein die Befristungsdauer regelnde Vereinbarung lässt den sonstigen Vertragsinhalt unberührt (vgl.
Erfurter Kommentar, aaO Rdnr. 35). Vor diesem Hintergrund ist die Tätigkeit des Klägers bei der VW-AG vom 13.
Februar bis 31. Mai 1996 als einheitliche Beschäftigung anzusehen, die wegen ihrer Intensität in der ab 13. April 1996
beginnenden Vorlesungszeit als sozialversicherungspflichtig zu betrachten ist. Danach sind die vom Kläger gestellten
Hauptanträge zu Ziffern 1) und 2) unbegründet, weil die von seinem Entgelt abgeführten Sozialversicherungsbeiträge
nicht zu Unrecht entrichtet wurden.
Ist demnach davon auszugehen, dass durch die einvernehmliche Verlängerung des Zeitarbeitsvertrages vom 9. April
1996 ein einheitliches Arbeitsverhältnis fortgeführt wurde, kann der Sichtweise des Klägers, er habe in der Zeit vom
13. bis 18. April 1996 ohne Arbeitsverhältnis gearbeitet, nicht gefolgt werden. Damit ist auch sein Hilfsantrag zu 4),
ihm die auf diesen Zeitraum entfallenden Beiträge zu erstatten, unbegründet.
Ein Erstattungsanspruch des Klägers in Bezug auf die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge auf die
Sonderzuwendung (Urlaubsgeld) ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zur Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung auf Einmalzahlungen nicht
gegeben. Für die hier relevante, vor dem 1. Januar 1997 geltende Rechtslage hat das BVerfG entschieden, dass im
Interesse der Rechtssicherheit die weitere Anwendung der betreffenden Normen bis zu einer gesetzlichen
Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 1996 zuzulassen sei (BVerfGE 102, 53/74). Auf diesen Zeitraum
entfällt die Beschäftigung des Klägers. Der Hilfsantrag zu 3) ist demnach ebenfalls unbegründet.
Gleichfalls unbegründet ist der Hilfsantrag zu 5), mit dem er begehrt, Beiträge in Höhe von 66,18 DM, die die VW-AG
im Juli 1996 für die Abgeltung zustehenden Tarifurlaubs (314,47 DM) abgeführt hat, zu erstatten. Der Kläger macht
insoweit geltend, dass dieses Entgelt erst im Monat Juni 1996 abgerechnet worden sei, zu einem Zeitpunkt, in dem er
nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Nach
dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden § 227 Abs. 2 SGB V ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das nach
Beendigung oder bei Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird, dem letzten Entgeltzeitraum des laufenden
Kalenderjahres zuzuordnen, auch wenn dieser nicht mit Arbeitsentgelt belegt ist.
Der Hilfsantrag zu 6), mit dem der Kläger erstmals im Berufungsverfahren von der Beklagten einen Betrag von 25,78
DM herausverlangt und über den der Senat im Wege der Klage zu entscheiden hat, ist nicht nachvollziehbar. Dem
liegt eine Lohnabrechnung der VW-AG vom November 1996 zugrunde, mit der dem Kläger nach einer Korrektur der
zustehenden Lohnzahlungen Sozialversicherungsbeiträge auf einen Betrag von 1.506,60 DM erstattet wurden. Nach
der Lohnabrechnung handelte es sich um einen Betrag von 263,01 DM, von dem eine Nachzahlungsverpflichtung von
54,41 DM abzuziehen war. Dies ergibt den von der VW-AG korrekt errechneten Betrag von 213,60 DM. Der vom
Kläger genannte Korrekturbetrag von 1.227,60 DM lässt sich dieser Abrechnung nicht entnehmen.
Der Kläger hat ferner geltend gemacht, dass die von ihm entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
zurückzuerstatten seien, weil ihnen kein Anspruch auf Leistungen gegenübersteht. Hierbei ist aber zu
berücksichtigen, dass ein Anspruch des Klägers lediglich deshalb entfällt, weil er mit seiner Beschäftigung bei der
VW-AG die notwendige Anwartschaft nicht erreicht. Zur gesetzlichen Rentenversicherung hat das BVerfG
entschieden, dass die Versicherungsrente so wesentlich durch die Beitragsleistung bestimmt sei, dass die
Voraussetzungen ihrer Gewährung von den Versicherungsgedanken maßgeblich geprägt werden. Dem allgemeinen
Versicherungsprinzip entspreche es, einen materiellrechtlichen Leistungsanspruch davon abhängig zu machen, dass
die Beitragsleistung einen bestimmten Umfang erreicht hat. Vorschriften über die Wartezeit gehörten demgemäss seit
jeher zu den Anspruchsvoraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (BVerfGE 67, 237). Diese
Gesichtpunkte sind auch für die Arbeitslosenversicherung maßgeblich, so dass auch der Hilfsantrag zu 7)
unbegründet ist.
Zu Recht hat das SG ferner entschieden, dass auch keine Versicherungsfreiheit auf Grund geringfügiger
Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB V in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SGB IV besteht. Insbesondere ist nicht von
einer zeitlich geringfügigen Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Ziffer 2 SGB IV auszugehen. Danach liegt eine
geringfügige Beschäftigung unter anderem vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf
längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich
begrenzt ist. Die Beschäftigung des Klägers ist weder nach ihrer Eigenart noch vertraglich von vornherein auf 2
Monate begrenzt gewesen, sondern es handelte sich – wie oben bereits dargelegt wurde - um einen Zeitarbeitsvertrag,
der mit der Verlängerung insgesamt einen Zeitraum von 3 ½ Monaten umfasste. Da es sich um einen
zusammenhängenden Zeitraum handelte, kann auch der Sichtweise des Klägers nicht gefolgt werden, wonach die 2-
Monatsfrist erst ab Beginn der Vorlesungszeit am 13. April oder ab 5. April 1996 (Karfreitag), dem Zeitpunkt, da nach
seiner Ansicht sein Arbeitsverhältnis zur VW-AG beendet war, begonnen habe. Gleiches gilt für seine Erwägungen zur
50-Tage-Frist. Damit erweisen sich seine Hilfsanträge zu 8) bis 11), mit denen er für unterschiedliche Zeiträume die
Erstattung von Beiträgen wegen geringfügiger Beschäftigung erstrebt, als unbegründet.
Vor diesem Hintergrund konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Antrag zu 12) ist daher erfolglos.
Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen.