Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 12.03.2003

LSG Nsb: firma, schutzfrist, krankengeld, arbeitsentgelt, meinung, begriff, schwangerschaft, auflage, geschäftsführer, gesellschafterversammlung

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 12.03.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 9 KR 26/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 255/00
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin im Berufungs-verfahren. Die Revision
wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten höheres Mutterschaftsgeld als die bislang pro Tag gezahlten DM 25,00.
Die 1964 geborene Klägerin war ab dem 1. März 1997 bei der Firma INTUS Han-seatische Vermögensverwaltung
GmbH beschäftigt. § 1 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
Die Mitarbeiterin tritt am 1. März 1997 bei INTUS als Geschäftsführerin für die in der Unternehmensgruppe geführten
Hotelbetriebe ein. Regelmäßige Arbeitsstätte ist Timmendorfer Strand. Die Mitarbeiterin wird hier für INTUS ein Büro
in ihren noch einzurichtenden Räumen unterhalten, welches sie an INTUS vermietet. Ein entsprechender Mietvertrag
wird zu gegebener Zeit geschlossen.
Die Mitarbeiterin verpflichtet sich, ihre Arbeitskraft voll und ganz dem Un-ternehmen der INTUS zur Verfügung zu
stellen, die ihr übertragenen Ar-beiten nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen und dabei die Weisungen der
INTUS zu befolgen.
Die Tätigkeiten können nicht im einzelnen aufgezählt werden, jedoch gilt als vereinbart, daß die Geschäftsführerin
alles zu tun hat, um einen erfolg-reichen Geschäftsablauf zu gewährleisten und die Betriebsergebnisse zu optimieren.
Personaleinstellungen sind von INTUS zu genehmigen; Anstellungsverträ-ge mit weiteren Mitarbeitern sind mit INTUS
abzuschließen.
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich mindestens 48 Stunden. Die Einteilung der Arbeitszeit erfolgt durch
die Mitarbeiterin unter Beach-tung der Erfordernisse des Betriebes. Ansprüche aus der Leistung von Mehrstunden sind
mit der vereinbarten Vergütung abgegolten.
Die Vergütung der Klägerin betrug gemäß § 2 des Arbeitsvertrages monatlich DM 6.500,-. Die Dauer des
Arbeitsverhältnisses ist in § 5 des Arbeitsvertrages festgelegt. Dort heißt es ua wie folgt:
Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Ende eines Kalenderhalbjah-res. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
Eine verspätete Kündigung gilt als Kündigung für den nächstzulässigen Zeitpunkt.
Die ersten sechs Monate des Anstellungsvertrages gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das
Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit ei-ner Frist von vier Wochen gekündigt werden.
Nach Ablauf der Probezeit wird die Mitarbeiterin zur Geschäftsführerin be-stellt – nachfolgend als Geschäftsführerin
bezeichnet. Im Rahmen der ge-setzlichen Vorschriften ist sie an die Weisungen gebunden, die ihr von der
Gesellschafterversammlung erteilt werden.
Alle Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hi-nausgehen, bedürfen der vorherigen
Zustimmung der Gesellschafterver-sammlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag der Klägerin auf Bl 8 ff der Gerichtsakte verwiesen.
Die Bestellung zur Geschäftsführerin erfolgte durch Gesellschafterbeschluss am 22. April 1997. Daraufhin wurde die
Klägerin als Geschäftsführerin mit Alleinver-tretungsbefugnis am 18. Juni 1997 ins Handelsregister eingetragen.
Im September 1997 zeigte die Klägerin der Firma INTUS eine Schwangerschaft an. Der berechnete
Entbindungstermin sei der 10. April 1998. Tatsächlich hat die Klägerin am 31. März 1998 entbunden.
Ende September 1997 sprach die Firma INTUS eine ordentliche fristgemäße Kündigung des Anstellungsverhältnisses
zum 31. Dezember 1997 aus. Gleichzei-tig teilte sie der Klägerin mit, dass gemäß Gesellschafterbeschluss vom 29.
September 1997 keine Alleinvertretungsberechtigung, sondern nur noch Ver-tretungsbefugnis in Gemeinschaft mit
einem weiteren Geschäftsführer oder Pro-kuristen bestehe. Durch den Gesellschafterbeschluss vom 29. September
1997 wurde die Klägerin mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 als Geschäftsführerin abberufen. Dagegen erhob die
Klägerin Klage beim Arbeitsgericht (ArbG) Lübeck. Nachdem das ArbG sich mit Beschluss vom 7. Januar 1998 für
unzuständig er-klärt und den Rechtsstreit an das Landgericht (LG) Lübeck verwiesen hatte, er-ging auf die
Beschwerde der Klägerin der Beschluss des Landesarbeitsgerichtes (LArbG) Schleswig-Holstein vom 12. Mai 1998.
Darin wurde der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Das LArbG führte aus: "Das ArbG
wird in der Sache zu prüfen haben, ob zwischen den Parteien ein Arbeits-verhältnis bestand. Ist das zu verneinen,
wofür einiges sprechen dürfte, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.”
Das ArbG wies mit Urteil vom 17. Juni 1998 die Klage ab. Die Klägerin sei nach der überwiegenden Meinung in
Rechtsprechung und Literatur als Geschäftsführe-rin einer GmbH nicht als Arbeitnehmerin anzusehen. Im
Berufungsverfahren vor dem LArbG schlossen die Klägerin und die Firma INTUS folgenden Vergleich:
"Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihre vertraglichen Beziehungen fristgerecht und zulässiger Weise durch
Kündigung der Beklagten vom 31. Dezember 1997 beendet worden sind.”
Vom 31. Dezember 1997 bis zum 24. Februar 1998 war die Klägerin arbeitsunfä-hig und erhielt Krankengeld von der
Beklagten. Die Klägerin hatte bei Beginn ih-rer Tätigkeit eine freiwillige Mitgliedschaft zur Beklagten mit
Krankengeldanspruch begründet. Anfang März 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Mut-terschaftsgeld.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin vom 17. Februar bis 26. Mai 1998 Mutterschaftsgeld in Höhe von DM
25,00 täglich, mithin DM 2.475,00. Den Antrag auf höheres Mutterschaftsgeld wies die Beklagte mit Bescheid vom
18. August 1998 zurück. Die Beklagte führte darin aus, dass sie sich der Entscheidung des ArbG Lübeck und der
Firma INTUS nicht anschließen könne. Es liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Dieses sei unzu-lässig
aufgelöst worden. Den Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid
vom 4. Februar 1999). Die Beklagte führte darin weiter aus, dass die Zahlung eines höheren Mutterschaftsgeldes ab-
zulehnen sei. Gemäß § 200 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) werde für Mitglieder, die bei Beginn der
Schutzfrist nach § 3 Abs 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) in einem Arbeitsverhältnis stünden oder in Heimarbeit
beschäftigt sei-en oder deren Arbeitsverhältnis während ihrer Schwangerschaft vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst
worden sei, als Mutterschaftsgeld das um die gesetzliche Ab-züge verminderte durchschnittliche kalendertägliche
Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs 2 MuSchG
gezahlt. Es betrage höchstens DM 25,- für den Kalendertag. Übersteige das Arbeitsentgelt DM 25,- kalendertäglich,
werde der übersteigende Betrag vom Arbeitgeber oder vom Bund nach den Vorschriften des MuSchG gezahlt. Nach
den Feststellungen der Beklagten sei die Klägerin bei der Firma INTUS nach § 6 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch –
Fünftes Buch – (SGB V) als Angestellte versiche-rungsfrei beschäftigt. Sie sei Arbeitnehmerin, so dass ihr Anspruch
auf Mutter-schaftsgeld gegenüber der Krankenkasse auf DM 25,- täglich begrenzt sei.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 22. Februar 1999, eingegangen beim Sozialgericht (SG) Lüneburg am 1.
März 1999, Klage erhoben. Sie hat die Gewährung von Mutterschaftsgeld in Höhe der Differenz zwischen dem um die
gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeits-entgelt der letzten drei
Kalendermonate und den geleisteten DM 25,-, hilfsweise in Höhe des Krankengeldes beantragt. Das SG hat mit Urteil
vom 30. Oktober 2000 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 17. Februar 1998 bis 26. Mai 1998
Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes abzüglich der kalen-dertäglich geleisteten DM 25,- zu zahlen. Im
Übrigen hat es die Klage abgewie-sen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Klägerin infolge des Urteils
des ArbG in Verbindung mit dem Beschluss des LArbG über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht zum Kreis der
Arbeitnehmer gehöre. Daraufhin sei das MuSchG für sie nicht anwendbar. Dies habe zur Folge, dass nach § 200 Abs
2 Satz 6 RVO der Klägerin Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes zu ge-währen sei. Da die Beklagte bereits
kalendertäglich DM 25,- an Mutterschafts-geld gezahlt habe, sei das Krankengeld um diese DM 25,- kalendertäglich
zu reduzieren.
Gegen das der Beklagten am 13. November 2000 zugestellte Urteil hat diese Be-rufung eingelegt, die am 7.
Dezember 2000 beim Landessozialgericht (LSG) Nie-dersachen eingegangen ist. Sie ist der Auffassung, dass das
sozialgerichtliche Urteil unzutreffend sei. Zwischen der Klägerin und der Firma INTUS habe ein ab-hängiges
Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. Aus diesem Grunde könne eine höhere Zahlung von Mutterschaftsgeld als DM
25,- kalendertäglich nicht in Be-tracht kommen. Es sei nicht auf die Auffassung des ArbG abzustellen, sondern auf
die sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 30. Oktober 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakten der Beklagten
verwiesen, die Gegenstand der Entschei-dungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem § 124 Abs 2 Sozialge-richtsgesetz (SGG) ohne mündliche
Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung der Beklagen ist nicht begründet. Das Urteil des SG Lü-neburg vom 30. Oktober 2000 ist
zutreffend. Die Klägerin hat gegenüber der Be-klagten einen Anspruch auf Zahlung von Mutterschaftsgeld in Höhe des
Kranken-geldes gemäß § 200 Abs 2 Satz 6 RVO abzüglich der bereits gezahlten DM 25,- kalendertäglich für den
Zeitraum vom 17. Februar bis 26. Mai 1998.
Gemäß § 200 Abs 1 RVO idF vom 20. Dezember 1996 (vgl Art 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 1996,
Bundesgesetzblatt I - BGBl I - Seite 2110) haben weib-liche Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf
Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfrist nach § 3 Abs 2 und § 6 Abs 1 des MuSchG kein Arbeitsentgelt
gezahlt wird, Anspruch auf Mutterschaftsgeld, wenn sie vom Be-ginn des zehnten bis zum Ende des vierten Monats
vor der Entbindung mindes-tens zwölf Wochen Mitglieder waren oder in einem Arbeitsverhältnis standen.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin als freiwilliges Mitglied der Beklagten Anspruch auf
Krankengeld hatte und die Voraussetzungen des § 200 Abs 1 RVO erfüllt. Lediglich die Höhe des Mutterschaftsgeldes
ist im Streit. Rechtsgrundlage für die Höhe des Mutterschaftsgeldes ist § 200 Abs 2 RVO. Nach § 200 Abs 2 S 6
RVO steht der Klägerin Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes zu. § 200 Abs 2 S 1 RVO findet auf sie keine
Anwendung.
Gemäß § 200 Abs 2 S 1 RVO wird als Mutterschaftsgeld das um die gesetzlichen Abzüge verminderte
durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der
Schutzfrist nach § 3 Abs 2 des MuSchG für Mitglieder, die bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs 2 des MuSchG in
einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit beschäftigt sind oder deren Arbeitsverhältnis während ihrer
Schwangerschaft vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst worden ist, gezahlt. Unter einem "Arbeitsverhältnis” iSv § 200
Abs 2 S 1 RVO ist genauso wie in § 1 Nr 1 MuSchG ein auf einem Arbeitsvertrag beruhendes privatrechtliches
Beschäftigungsverhältnis zu verstehen. Bei § 200 Abs 2 Satz 1 RVO handelt es sich insoweit nicht um eine
Rechtsfolgen-, sondern um eine Rechtsgrundverweisung. Es müssen deshalb die Voraussetzungen des MuSchG
vorliegen. Auch vom Wortlaut her wird deutlich, dass es sich um ein Ar-beitsverhältnis (nicht
Beschäftigungsverhältnis) handeln muss. In einem Arbeits-verhältnis nach dem MuSchG stehen alle
Arbeitnehmerinnen im Sinne des Ar-beitsrechts. Dies sind nach der herkömmlichen Unterteilung Arbeiterinnen, Ange-
stellte und die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Frauen (vgl Gey-er/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung,
Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Stand März 2002, § 200 RVO Rnr 44). Mithin ist von einem einheitlichen Begriff des
"Arbeitsverhältnisses” in § 200 Abs 2 RVO und § 1 Nr 1 MuSchG im Sinne des Arbeitsrechts auszugehen. Diese
Auffassung wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Denn im Ausschuss für Sozialpolitik des Bundestages war
zunächst zur Bezeichnung des persönlichen Geltungsbereiches des MuSchG der Ausdruck
"Beschäftigungsverhältnis” erwogen worden. Er wurde durch "Arbeitsverhältnis” ersetzt mit der Begründung, dass
dieser Ausdruck eindeutiger sei. In den Bera-tungen war darauf hingewiesen worden, dass man bei der Bezeichnung
"Be-schäftigungsverhältnis” an das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsver-hältnis im Sinne von § 7
Sozialgesetzbuch – Viertes Buch – (SGB IV) denke. Mit dem MuSchG sollte nicht an diesen Begriff anknüpft werden,
der sich zwar in ei-nem weiten Bereich mit dem Begriff des Arbeitsverhältnisses deckt, jedoch sei-nerseits in seiner
Abgrenzung strittig ist und unter sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten bestimmt werden muss (vgl
Buchner/Becker, MuSchG/Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG), 6. Auflage 1998 § 1 MuSchG RdNr 10 f).
Mithin ist für die Bemessung der Höhe des Mutterschaftsgeldes im Sinne von § 200 Abs 2 Satz 1 RVO entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht auf die sozialrechtliche Bedeutung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern auf das
Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne abzustellen. Dieses lag bei der Klägerin bei Beginn
der Schutzfrist nach § 3 Abs 2 des MuSchG nicht vor.
Nach herrschender Meinung im Arbeitsrecht sind die Organmitglieder der juristi-schen Personen keine Arbeitnehmer
und sie stehen nicht in einem Arbeitsver-hältnis im Sinne des § 1 MuSchG. Ihnen obliegt die Willensbildung im
Verband und die Wahrnehmung der Arbeitgeberfunktion. Ihre Tätigkeit stellt sich, auch wenn ein gesonderter
Anstellungsvertrag abgeschlossen wird, nicht als abhängi-ge Arbeitsleistung dar. Selbst wenn sich aber die Stellung
eines Organmitgliedes im Einzelfall einem Arbeitnehmer annähert, scheidet trotzdem eine Anwendung der
Vorschriften des MuSchG aus. Dem Organmitglied obliegt es selbst, sich durch vertragliche Vereinbarung gegenüber
der Anstellungsgesellschaft für den Fall der Mutterschaft abzusichern. Dies gilt auch für Geschäftsführer der GmbH.
Auch bei diesen besteht ungeachtet einer zum Teil aufgrund der Weisungsge-bundenheit gegenüber der
Gesellschafterversammlung vertretenen Doppelstel-lung weitgehend Einigkeit darüber, dass die arbeitsrechtlichen
Normen nicht zur Anwendung kommen. Das Schutzbedürfnis kann, von Einzelfällen abgesehen, auch dem des
Arbeitnehmers nicht gleichgestellt werden. Das MuSchG ist dem-entsprechend nicht anzuwenden (vgl
Buchner/Becker, aaO RdNr 84 f mwN). Nach der herrschenden Auffassung im Arbeitsrecht wird somit fingiert, dass
Or-ganmitglieder einer GmbH nicht als Arbeitnehmer gelten (vgl Schaub, Arbeits-rechtshandbuch, 9. Auflage 1999, §
14 RdNr 4 ff). Der Senat schließt sich bei Auslegung des § 200 Abs 2 S 1 RVO dieser herrschenden
arbeitsrechtlichen Meinung an und folgt nicht der Mindermeinung, die eine individuelle Betrachtung befürwortet (vgl
Schaub aaO).
Grund hierfür ist die Wahrung der Rechtseinheitlichkeit und das Schutzbedürfnis der betroffenen Organmitglieder.
Beide Kriterien werden im Falle der Klägerin besonders deutlich. Denn sie hat alles ihr Mögliche getan, um ihre
vermeintlichen Rechte als Arbeitnehmerin gegenüber der Firma INTUS zu wahren. Ihre Bemü-hungen sind jedoch
erfolglos geblieben. Denn weder das zuständige ArbG Lü-beck noch das LArbG Schleswig-Holstein sind von dem
Bestehen eines Arbeits-verhältnisses zur Firma INTUS ausgegangen. Die Arbeitsgerichte haben sich un-ter Bezug auf
die herrschende Ansicht vielmehr auf den Standpunkt gestellt, dass Organmitglieder einer GmbH grundsätzlich keine
Arbeitnehmer im Sinne des Ar-beitsrechts sind. Die Ansicht der Beklagten, wonach der Klägerin ein höheres
Mutterschaftsgeld gegenüber der Firma INTUS zustehe, ist daher rein theore-tisch. Arbeitsgerichtlich könnte die
Klägerin einen solchen Anspruch nicht durch-setzen. Ein Anspruch der Klägerin gem § 200 Abs 2 S 1 RVO, wie von
der Be-klagten angenommen, besteht deshalb nicht.
Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Höhe des Kran-kengeldes gem § 200 Abs 2 Satz 6
RVO. Nach dieser Vorschrift wird für "andere Mitglieder” das Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes gezahlt.
Da die Klägerin nicht unter den Personenkreis des § 200 Abs 2 S 1 RVO fällt, ist sie ein "anderes Mitglied” im Sinne
des § 200 Abs 2 S 6 RVO. Die genaue Höhe des Mutterschaftsgeldes ergibt sich aus dem zwischen der Klägerin und
der Beklag-ten geschlossenen Vertrag in Verbindung mit § 21 der Satzung der Beklagten vom 1. Januar 1989 idF d
26. Nachtrags (Stand 1. Juli 1997). Hiervon abzuziehen sind die von der Beklagten bereits gewährten DM 25,-
kalendertäglich. Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich um den Zeitraum vom 17. Februar bis 26. Mai 1998
handelt. Dieser Leistungszeitraum ergibt sich aus der Bescheini-gung der Beklagten an die Klägerin zur Vorlage beim
Finanzamt. Insoweit ist die in der Berufungsschrift angeführte Zahlung von Mutterschaftsgeld vom 27. Februar (nicht
17. Februar) bis 26. Mai 1998 nicht zutreffend.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen notwendigen Kosten der Klägerin zu tra-gen (§ 193 Sozialgerichtsgesetz –
SGG -).
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche
Bedeutung hat.