Urteil des LSG Hessen vom 30.11.1994
LSG Hes: abrechnung, feststellungsklage, abstrakte normenkontrolle, vertragsarzt, versorgung, rka, obsiegen, hauptsache, anteil, rechtsschutz
Hessisches Landessozialgericht
Beschluss vom 30.11.1994 (rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 5 Ka 1071/94 A
Hessisches Landessozialgericht L 7 Ka 597/94 A
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Mai 1994
aufgehoben. Es wird festgestellt, daß der Antragsteller ab dem ersten Quartal 1995 bis zur Entscheidung in der
Hauptsache durch das Sozialgericht Frankfurt am Main in dem Verfahren S-5/Ka-2587/94 laborärztliche Leistungen
des Abschnitts O I des EBM höchstens bis zu einem Umfang von 2.200 Behandlungsfällen pro Quartal auf
Überweisung von hessischen Vertragsärzten erbringen und diese Leistungen bei der Antragsgegnerin abrechnen kann.
II. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im übrigen haben die
Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
I.
Der Antragsteller begehrt die Erlaubnis, vertragsärztliche Laborleistungen nach Abschnitt O I des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) auch zukünftig auf Überweisung erbringen und gegenüber der
Beklagten abrechnen zu können.
Der Antragsteller ist Laborarzt. Er ist mit Sitz in D. als Vertragsarzt zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen. Als
Laborarzt wird er ausschließlich auf Überweisung durch andere Ärzte tätig. Bis zum Ablauf des Quartals I/94 konnte
der Antragsteller auch sog. Basisuntersuchungen nach Abschnitt O I des EBM auf Überweisung erbringen und
gegenüber der Beklagten abrechnen.
Mit Wirkung zum 1. April 1994 erfolgte eine "Neustrukturierung” der Abschnitte O I und O II des EBM durch den
Bewertungsausschuß nach § 87 Sozialgesetzbuch V (SGB V). Danach sind die Leistungen des Abschnitts O I wie
bisher einzeln abzurechnen, werden insgesamt aber je Einzel- oder Gemeinschaftspraxis nur bis zu einer begrenzten
Gesamtpunktzahl vergütet. Diese Gesamtpunktzahl ergibt sich durch Multiplikation der im Abschnitt O I festgesetzten
arztgruppenbezogenen Fallpunktzahl und der Zahl kurativ-ambulanter Fälle der Arztpraxis.
Mit der Punktzahlbegrenzung verbunden wurde der Ausschluß des vertragsärztlichen Überweisungsverfahrens durch
die am 16. Februar 1994 verabschiedete "Übergangsvereinbarung” der Partner der Bundesmantelverträge. Ziff. 2
dieser Übergangsvereinbarung lautet wie folgt:
"Überweisungen zur Erbringung von Leistungen des in der Anlage neu gefaßten Abschnitts O I an andere
Vertragsärzte sind unzulässig. Die Abrechnung dieser Leistungen erfolgt durch den behandelnden Vertragsarzt.
Soweit Vertragsärzte zur Erbringung von Laborleistungen nach diesem Abschnitt Laboranalysen in
Laborgemeinschaften, von Laborärzten oder anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten oder
ärztlich geleiteten Einrichtungen erbringen lassen, ist der Kostenausgleich im Innenverhältnis durch den jeweiligen
Vertragsarzt mit dem Erbringer dieser Analysen zu regeln.”
Die Änderung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes und damit einhergehend des Bewertungsmaßstabes für
ärztliche Leistungen (BMÄ) und der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) wurde im Deutschen Ärzteblatt (DA), das
nach § 12 der Satzung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung deren offizielles Bekanntmachungsorgan darstellt,
Heft 11 vom 18. März 1994 S. A-767 ff. veröffentlicht. Die Veröffentlichung der "Übergangsvereinbarung” erfolgte in
Heft 14 der DA vom 8. April 1994, S. A-988.
Nach dem Vortrag des Antragstellers führte dieser im Quartal IV/93 2.346 Untersuchungen aus dem Abschnitt O I auf
Überweisung für Primär- und Ersatzkassenpatienten durch. Dies ergab ein Honorarvolumen von ca. 9.970,00 DM. Im
Quartal I/94 erfolgten 2.916 Untersuchungen mit einem Honorarvolumen von 12.193,00 DM, Der prozentuale Anteil am
Gesamthonorarvolumen des Antragstellers betrug nach dessen Vortrag im IV. Quartal 1993 1,5 % und im I. Quartal
1994 1,8 %.
Trotz des in der Übergangsvereinbarung enthaltenen "Überweisungsverbots” wurden an den Antragsteller im Quartal
II/94 nach dessen Vortrag noch 1.354 Überweisungen von O I-Leistungen vorgenommen. Der Antragsteller errechnet
daraus eine Honoraranforderung von ca. 4.000,00 DM, die jedoch nur teilweise zur Abrechnung gegenüber der
Antragsgegnerin vorgelegt wurde. Die bescheidmäßige Abrechnung dieser Leistungen ist bisher noch nicht erfolgt. Die
Antragsgegnerin hat jedoch bereits vorab erklärt, daß sie die entsprechende Honoraranforderung nicht erfüllen werde.
Für das Quartal III/94 wurden gegenüber dem Antragsteller für Leistungen nach O I EBM keine Überweisungsaufträge
erteilt. Dies gilt bisher auch für das Quartal IV/94.
Am 5. April 1994 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf Erlaß einer
einstweiligen Anordnung, mit dem er das Ziel verfolgte, vorläufig auch weiterhin auf Überweisung Laborleistungen des
Abschnitts O I des EBM erbringen und gegenüber der Antragsgegnerin abrechnen zu können.
Durch Beschluss vom 6. Mai 1994 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag abgewiesen. Das
Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(Hinweis auf BVerfGE 46, S. 166) sei als Rechtsgrundlage für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung § 123 Abs. 1
Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) entsprechend heranzuziehen. Eine einstweilige Anordnung sei
danach zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn die
Regelung notwendig erscheine, wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus
anderen Gründen. Die Voraussetzungen zum Anordnungsanspruch seien glaubhaft zu machen.
Ein Anordnungsanspruch sei jedoch nicht gegeben.
Allerdings sei dem Antragsteller nach der im Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung zuzugestehen,
daß wenigstens Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Übergangsvereinbarung zum Bundesmantelvertrag/Ärzte bzw.
Arzt/Ersatzkassenvertrag bestünden. Diese Übergangsvereinbarung greife ohne hinreichende gesetzliche Grundlage
in den vertragsärztlichen Status des Antragstellers als Arzt für Labormedizin ein. Denn für den Bereich der Leistungen
nach O I würden Ärzte für Labormedizin wie Nicht-Vertragsärzte behandelt. Laborärzte könnten diese Leistungen
ausschließlich aufgrund privatvertraglicher Vereinbarungen mit den behandelnden Ärzten als Auftraggeber erbringen.
Für den Bereich der Leistungen nach O I würden sie rechtlich jedoch aus der vertragsärztlichen Tätigkeit
ausgeschlossen, obgleich diese Leistungen insgesamt weiterhin Teil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums
blieben. Im Gegensatz zu den behandelnden Ärzten, den Nicht-Labormedizinern, die diese Leistungen weiterhin
erbringen dürften, seien aber die Laborärzte diejenigen Ärzte, die eigentlich für die Erbringung dieser Leistungen
eigens ausgebildet würden. Im Gegensatz zu Überweisungsgeboten oder dem Verbot zur Erbringung fachfremder
Leistungen sei das hier strittige Überweisungsverbot nicht von fachlichen, sondern ausschließlich von
abrechnungstechnischen Überlegungen getragen. Damit werde in den vertragsärztlichen Status der Ärzte für
Labormedizin eingegriffen.
Dies könne nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) jedoch nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes
geschehen. Nach dem sog. Facharztbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 (1 BvR 518/62 und 1
BvR 308/64 = NJW 1972, S. 1504, 1507) bedürften "statusbildende” Normen in den Grundzügen der Festlegung durch
ein förmliches Gesetz. Aber auch Bestimmungen über Berufspflichten, die sich von den statusbildenden Normen
unterschieden, jedoch in mehr oder minder starkem Maße die freie Berufsausübung einschränkten, bedürften einer
gesetzlichen Grundlage, auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Ermächtigung zum
Abschluß der Bundesmanteltarifverträge bedeute, daß sich die vertraglichen Bestimmungen auf den
Zulassungsstatus auswirken könnten. Dies betreffe insbesondere die nähere Ausgestaltung der durch die Zulassung
erworbenen Rechtsstellung.
Das Verbot der Erbringung radiologischer Leistungen ohne Überweisungsschein durch den Gesamtvertrag werde von
der Rechtsprechung dadurch gerechtfertigt, daß dieses Verbot lediglich eine sich aus der Fachgebietsbeschränkung
des Radiologen ergebende Begrenzung vom allgemeinen Berufsrecht in das Kassenarztrecht transformiere (BSG
Urteil vom 19. Dezember 1984 – 6 RKa 27/83 = BSGE 58, S. 18). Indes stelle der ärztliche Beruf unbeschadet der
Spezialisierung auf einzelne Fachgebiete, eine Einheit dar (Hinweis auf BSG Urteil vom 13. März 1991 – 6 RKa
20/89). Eine Einschränkung der freien Berufsausübung durch Fachgebietsbeschränkungen sei daher nur möglich,
soweit durch die damit verbundene Spezialisierung eine zweckmäßige ärztliche Versorgung verbessert werde. Eine
Einschränkung sei dem Arzt deshalb dann zuzumuten, wenn die Facharztbereiche vom fachlich-medizinischen
Standpunkt aus sachgerecht abgegrenzt seien. Andererseits bedeute dies, daß jede die Einheit des Arztberufes
beeinträchtigende Restriktion nicht nur durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zu rechtfertigen sei, sondern
auch jede hierauf basierende Eingriffsregelung eng ausgelegt werden müsse.
Übertrage man dies auf die Leistungserbringung nach O I EBM, so müsse festgestellt werden, daß der Antragsteller
als Arzt für Labormedizin für diese Leistungen ausgebildet sei und diese Leistungen seit Jahren zu seinem Fachgebiet
gehörten. Jedenfalls gehörten sie nicht ausschließlich als Randbereich zu einem anderen Fachgebiet als dem der
Labormedizin.
Die Neuregelung sei auch nicht lediglich eine Änderung bezüglich der Art des Tätigwerdens der Laborärzte. Rechtlich
seien sie von einer Abrechnung gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung auch hinsichtlich der in O I erfaßten
Leistungen nämlich ausgeschlossen. Mit seiner Zulassung sei der Vertragsarzt aber zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V berechtigt und verpflichtet.
Es sei zumindest zweifelhaft, ob § 87 Abs. 2 b SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes als
gesetzliche Grundlage für den Ausschluß der Laborärzte von der Erbringung bestimmter Laborleistungen ausreiche.
Mit dieser Bestimmung hätten die Vertragsparteien zwar eine Ermächtigung zur Begrenzung der Laborleistungen etwa
durch Punktebudgets erhalten, nicht jedoch zum vertragsrechtlichen Ausschluß der Laborärzte selbst. Hinzu komme,
daß nicht ersichtlich sei, weshalb nicht von der die Antragsteller geringer belastenden Möglichkeit Gebrauch gemacht
worden sei, Überweisungen weiterhin zuzulassen, aber die veranlaßten Leistungen beim überweisenden Arzt, also in
der Regel dem Hausarzt, zu erfassen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb dies der Antragsgegnerin nicht möglich sein
sollte, da sowohl die veranlaßten Kosten im Arzneimittelbereich, als auch bei den pysikalisch-therapeutischen
Leistungen sowie der Sprechstundenbedarf gesondert erfaßt werde.
Soweit solche Vorkehrungen wegen der erst spät herbeigeführten Einigung – nach § 87 Abs. 2 b SGB V habe die
Neubewertung der Laborleistungen bis zum 31. Dezember 1993 erfolgen sollen – für die Antragsgegnerin nicht mehr
möglich gewesen sein sollte, so sei fraglich, ob die Folgen ihres Vorgehens vor allem dem Antragsteller als Laborarzt
aufzuerlegen seien. Letztlich sei es Sache der Beigeladenen, sich innerhalb der gesetzlichen Rahmenfristen zu
einigen und entsprechende Übergangsfristen für die betroffenen Vertragsärzte vorzusehen. Soweit darauf hingewiesen
werde, daß mit Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes und der Veröffentlichung über die in Aussicht
genommenen Maßnahmen zur Neustrukturierung des O I – bis II – Bereichs in DA Heft 51/52 vom 27. Dezember
1993 eine Neuregelung zu erwarten gewesen sei, so sei jedenfalls nicht absehbar gewesen, daß diese Neuregelung
ein Überweisungsverbot beinhalten könnte. Dies führe dazu, daß die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil
vom 29. September 1993 (6 RKa 1/93, S. 8) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sein dürften. Letztlich könnten
diese Fragen jedoch dahingestellt bleiben, da durch die Neuregelung nicht unmittelbar in die Rechte des Antragstellers
eingegriffen werde. Eine abstrakte Normenkontrolle sehe das Sozialgerichtsgesetz aber nicht vor. Deshalb sei eine
abstrakte Überprüfung der Übergangsvereinbarungen nicht möglich und zwar auch nicht im Rahmen einer
Feststellungsklage. Mit einer Feststellungsklage könne nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens
eines Rechtsverhältnisses begehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Kein Rechtsverhältnis betreffe die Klage auf
Feststellung der Gültigkeit einer Norm. Gerichte könnten aber grundsätzlich die Gültigkeit einer Norm nur prüfen, wenn
es auf die Verbindlichkeit der Norm für einen konkreten Anspruch ankomme. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (Hinweis auf Urteil vom 1. Juli 1992 – 14 a/6 RKa 1/90) schließe es das verfassungsrechtliche.
Gebot eines fairen und wirksamen Rechtschutzes nicht aus, daß den Betroffenen bei gesetzlichen und auch bei
untergesetzlichen Normen in der Regel Rechtschutz nicht schon gegen den Erlaß der Norm, sondern erst gegen den
Vollzugsakt eingeräumt werde, er also verpflichtet werde, den Vollzugsakt abzuwarten. Vorliegend sei nicht
ersichtlich, weshalb ein Abwarten auf einen Vollzugsakt unzumutbar sein sollte. Bei Abrechnung einer Leistung auf
Überweisungen nach dem Abschnitt O I werde die Antragsgegnerin zu gegebener Zeit einen entsprechenden
Verwaltungsakt erlassen, gegen den der Antragsteller nach Erlaß eines Widerspruchsbescheides den Klageweg
beschreiten könne, soweit er weiterhin beschwert sei. Das allgemeine Prozeßrisiko, ggf. erst nach Ausschöpfung
eines Instanzenzuges Recht zu bekommen, hätten alle Antragsteller bzw. Kläger zu tragen. Dies allein könne nicht
eine Unzumutbarkeit begründen. Auch vom Antragsteller werde nicht vorgetragen, daß die Neuregelung, insbesondere
daß Überweisungsverbote, zu wirtschaftlich bedenklichen, d.h. existenzgefährdenden Einbußen führen werde. Soweit
vorgetragen werde, durch dieses Überweisungsverbot werde möglicherweise eine Veränderung auf dem Laborsektor
herbeigeführt, die nicht rückgängig zu machen sei, sei dies nicht nachvollziehbar. Zum einen seien die
wirtschaftlichen Auswirkungen gegenwärtig noch nicht vollständig absehbar. Im übrigen bestehe weiterhin die
Möglichkeit der Erbringung der Laborleistungen nach O I, wenn auch nicht im Verhältnis zur Antragsgegnerin, sondern
ausschließlich im Verhältnis zum beauftragenden Arzt.
Allerdings könne auch diese Frage letztlich dahingestellt bleiben, da jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht gegeben
sei. Der Umfang der umstrittenen Leistungen nach Abschnitt O I sei hinsichtlich des Umsatzvolumens
vergleichsweise gering. Der Umsatz bleibe auch zukünftig erzielbar, nach Auffassung der Kammer möglicherweise
sogar in gleicher Höhe, jedoch auf nunmehr veränderter Grundlage. Die Veränderung der rechtlichen Grundlage sei
jedoch im Hinblick auf den Anordnungsgrund unerheblich, da es hierbei im wesentlichen auf die zu erwartenden
tatsächlichen Beeinträchtigungen ankomme. Bei der gebotenen summarischen Prüfung sei insbesondere nicht
ersichtlich, weshalb die Neuregelung Vertragsärzte, die bisher vom Beitritt zu einer Laborgemeinschaft abgesehen
haben, nunmehr dazu bewegen sollte, einen solchen Schritt zu tun, und nicht mehr wie bisher, die erforderlichen
Laborleistungen bei einem Laborarzt abzufragen. Allein in der vagen unbestimmten Möglichkeit, daß Veränderungen
im Laborbereich eintreten könnten, könne kein Anordnungsgrund gesehen werden. Wesentliche Änderungen könnten
von der Neustrukturierung des gesamten Laborbereichs ausgehen, streitgegenständlich sei jedoch allein das
Überweisungsverbot.
Gegen diesen dem Antragsteller am 13. Mai 1994 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Juni 1994
eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Der Antragsteller vertritt weiterhin die Auffassung, der Ausschluß der Ärzte für Laboratoriumsmedizin von den O I-
Leistungen durch die Kombination von Überweisungsverbot und Beschränkung auf Überweisungsleistungen (§ 12
BMV) sei rechtswidrig. Den diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts könne insoweit gefolgt werden.
Das Überweisungsverbot für O I Leistungen führe teilweise zu Situationen, die mit einer zweckmäßigen
Patientenbehandlung nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden könnten. Am Beispielsfall der Überweisung
durch einen Gynäkologen könne dies verdeutlicht werden. Nach einer Brustoperation habe der Gynäkologe
beispielsweise auf dem Überweisungsschein an den Laborarzt folgende Anforderungen gerichtet: CEA, CA 15–3,
GOT, GPT und AP. Bei den letzten drei Anforderungen handele es sich um klinisch-chemische Untersuchungen aus
dem O I-Bereich. Das Spektrum dieser angeforderten Untersuchungen zeige, daß der Gynäkologe ein Krankheitsbild
beurteilt haben wolle und nicht lediglich Einzelparameter. Aufgrund der "Übergangsvereinbarung” könnten gegenüber
der Antragsgegnerin als vertragsärztliche Leistungen jedoch lediglich die beiden ersten Anforderungen erfüllt und
abgerechnet werden. Und dies, obgleich es sich hierbei um ein relativ typisches Spektrum zur Beurteilung des
Krankheitsverlaufes nach einer Brustoperation handele und die Untersuchungen aus dem O I-Bereich genauso in die
Beurteilung des Krankheitsbildes mit einbezogen werden müßten, wie die erstgenannten Untersuchungen. Die
Anwendung der Übergangsvereinbarung lasse – als kassenärztliche Tätigkeit – eine sinnvolle Beurteilung des
Krankheitsbildes nicht mehr zu.
Zu Unrecht habe jedoch das Sozialgericht das Bestehen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes
abgelehnt.
Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 1. Juli 1992 (14 a/6 RKa 1/90) ergebe sich, daß im vorliegenden Fall
eine vorbeugende Feststellungsklage zulässig sei. Soweit die Zulässigkeit der Feststellungsklage vom Sozialgericht
verneint worden sei, weil das streitig gewordene öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zunächst im
Verwaltungsverfahren und in einer Anfechtungsklage gegen Honorarbescheide geklärt werden könne, könne dem nicht
gefolgt werden. Denn eine Feststellungsklage sei jedenfalls dann zulässig, wenn der Kläger in zumutbarer Weise nicht
auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden könne, weil Rechtsnachteile drohten, die durch spätere
Anfechtungs- oder Unterlassungsklagen nicht ausgeräumt werden könnten. So sei dies auch hier. Der
Überweisungsausschluß habe die rechtliche Wirkung eines Verbots. Dies folge schon aus dem Wortlaut der
getroffenen Regelung. Folgerichtig habe die Kassenärztliche Bundesvereinigung das Überweisungsverbot nicht im
einheitlichen Bewertungsmaßstab, sondern im Bundesmantelvertrag geregelt. Das Überweisungsverbot gehöre damit
zu den berufsrechtlichen Verhaltenspflichten des Vertragsarztes.
Das Überweisungsverbot wende sich primär an Dritte, nämlich die behandelnden Ärzte. Solange die Ungewißheit über
die Wirksamkeit des Überweisungsverbotes bestehe, könnten diese keine O I-Leistungen überweisen, weil sie sich an
das bestehende Verbot gebunden fühlen müßten. Anfechtungsklagen gegen Honorarbescheide seien deshalb
ungeeignet, die Rechtsbeeinträchtigung zu beseitigen. Das Überweisungsverbot wirke auch insoweit ganz anders als
Regelungen der Bewertung ärztlicher Leistungen. Eine Klärung im Wege von Anfechtungsklagen gegen
Honorarbescheide sei wegen dieser rechtlichen Wirkung des Überweisungsverbotes sinnlos.
Die Rechtsnachteile, die ihm drohten, seien irreparabel. Zu Behandlungen auf Überweisungsschein werde es
zumindest grundsätzlich nicht kommen, solange die Berechtigung zur Erbringung dieser Leistungen nicht festgestellt
sei. Mangels Leistungen seien Klagen auf zukünftige Honorierung sinnlos. Es bleibe allenfalls der Weg, auf
Schadensersatz zu klagen. Gegenüber dieser Möglichkeit sei die Feststellungsklage, die er bereits erhoben habe
(Sozialgericht Frankfurt am Main, S-5/Ka-2587/94), jedoch nicht subsidiär. Im übrigen sei zweifelhaft, ob eine
Schadensersatzklage Aussicht auf Erfolg haben könne.
Schließlich sei ihm auch die Ungewißheit der Rechtslage bis zu einer Klärung in Anfechtungsprozessen schon wegen
des möglichen Zeitablaufs nicht zuzumuten. Selbst bei weiteren Überweisungen bleibe so über längere Zeit ungewiß,
ob die Leistungen schließlich vergütet würden.
Auch wenn der Umsatzanteil der O I-Leistungen lediglich knapp unter 2 % des Gesamthonorarvolumens liege,
bestehe dennoch ein Anordnungsgrund. Einstweiliger Rechtsschutz sei nicht erst bei existenzgefährdenden
Nachteilen zu gewähren, sondern allgemein bei irreparablen rechtswidrigen Nachteilen. Der Rechtsschutz dürfe nicht
dadurch um seine Wirksamkeit gebracht werden, daß im Verlauf des Verfahrens in der Hauptsache vollendete
Tatsachen geschaffen werden oder sonstige irreparable Schäden eintreten (Hinweis auf Schmidt-Aßmann in
Maunz/Dürig, GG, Art. 19 IV Rn. 273). Durch die Neuordnung der Vergütung laboratoriumsmedizinischer Leistungen
trete bei den anfordernden Ärzten eine Umorientierung ein. Der Druck, einer Laborgemeinschaft beizutreten, nehme
zu. Überdies sei bei den Ärzten insgesamt eine große Verunsicherung eingetreten. Weil über den Inhalt der
Neuregelung unter den behandelnden Ärzten große Unsicherheit bestehe, reagierten viele Betroffene überdies
überzogen. Dies beruhe zu einem erheblichen Teil auf Informationsdefiziten, die ihrerseits darauf zurückzuführen
seien, daß eine gründliche und ausreichende Information der behandelnden Ärzte nicht rechtzeitig möglich gewesen
sei. Dies liege auch an der fehlenden Übergangsfrist. Wie das Landessozialgericht Niedersachsen (Beschluss vom
15. Juli 1994 L-5/Ka-61/94 e.A.) zutreffend festgestellt habe, müßten derartige Strukturänderungen – anders als
Änderungen nur der Vertragshöhe – rechtzeitig erlassen werden. Dies sei nicht nur ein Stück Rechtskultur, sondern
zwingendes rechtsstaatliches Gebot. Zumindest müsse für ihn deshalb eine längere Übergangsfrist gelten.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Mai 1994 aufzuheben und
anzuordnen, daß er bis zur Entscheidung in der Hauptsache berechtigt sei, laborärztliche Leistungen des Abschnitts
O I des EBM auf Überweisung von anderen Vertragsärzten zu erbringen und diese Leistungen bei der Antragsgegnerin
abzurechnen.
Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 7) beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 1) hält den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung für unzulässig. Dem Beschwerdeführer
sei es zuzumuten, den Honorarbescheid abzuwarten und diesen einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Entgegen
dem Vortrag des Beschwerdeführers handele es sich bei der Überweisungsregelung des Laborkapitels ohnehin nicht
um ein Leistungserbringungsverbot, sondern allein um eine vergütungsrechtliche Regelung.
Der Beigeladene zu 2) geht davon aus, die getroffenen Regelungen seien weder berufsgestaltend noch werde der auf
den Beruf bezogene Zulassungsstatus durch diese Regelungen geschmälert. Zwar könnten die O I-Leistungen unter
berufsrechtlichen Aspekten zum Fachgebiet des Antragstellers gehören. Die Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung knüpfe auch weitgehend an die vorgegebenen beruflichen Qualifikationen des Arztes an. Indes könne
nicht automatisch davon ausgegangen werden, daß alles, was dem Arzt berufsrechtlich gestattet sei, auch
Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sein müsse. Insbesondere unter dem Zweckmäßigkeits- und
Wirtschaftlichkeitsgebot müsse das Spektrum der beruflich und sozialversicherungsrechtlich bereitgestellten
Leistungen nicht voll identisch sein. Mit dem Ausschluß der Überweisungen im O I-Bereich werde dem Antragsteller
jedoch das Recht zur Erbringung dieser Leistungen nicht genommen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen zu 1), 2) und 3) sind im übrigen der Auffassung, ein Anordnungsgrund sei
vom Beschwerdeführer nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der Antragsteller sei in der Lage, über vertragliche
Gestaltungen die sich aus dem Überweisungsverbot ergebenden Veränderungen zu kompensieren.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren
Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz – SGG –) und in dem
im Beschlusstenor zum Ausdruck gekommenen Umfang auch begründet.
Der Antragsteller ist berechtigt, auch weiterhin laborärztliche Leistungen des Abschnitts O I des EBM auf
Überweisung von hessischen Vertragsärzten zu erbringen und gegenüber der Antragsgegnerin abzurechnen.
Jedenfalls vorläufig braucht sich der Antragsteller insoweit nicht an den in Ziff. 2 der Übergangsvereinbarung zum
BMV vom 16. Februar 1994 geregelten Ausschluß eines solchen Tätigwerdens zu halten.
1. Über den nach dem Sozialgerichtsgesetz gebotenen Rechtschutz hinaus wird aus der Rechtschutzgarantie des Art.
19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) abgeleitet, daß einstweiliger Rechtschutz auch im sozialgerichtlichen Verfahren immer
dann zu gewähren ist, wenn durch seine Versagung schwere, unzumutbare und anders nicht abwendbare Nachteile
entstehen, die nachträglich auch durch eine günstige Hauptsacheentscheidung nicht mehr oder nur noch teilweise
behoben werden können (BVerfGE 46, S. 166). Nach allgemeiner Meinung wird dabei ein Rückgriff auf § 123
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für zulässig und geboten erachtet (Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl., § 97 Anm. 22
ff., m.w.N.).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung u.a. zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung notwendig ist, um – vor allem bei
dauernden Rechtsverhältnissen – wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder eine
Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach §§ 123 Abs. 3
VwGO, 920 Abs. 2 Zivilprozeßordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.
Ein solchermaßen einzuordnendes Rechtsverhältnis liegt auch dem vorliegenden Begehren des Antragstellers
zugrunde. Er will – jedenfalls vorläufig – weiterhin Laborleistungen nach O I auf Überweisung vornehmen und
gegenüber der Antragsgegnerin abrechnen. Er verfolgt dieses Begehren im Rahmen einer vor dem Sozialgericht
Frankfurt am Main geführten Feststellungsklage. Im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses und der beantragten
Feststellung kann auch eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ergehen (Redeker/v. Oertzen,
Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl. 1994, § 123 Anm. 9 m.w.N.).
Sowohl der darauf gerichtete Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund zur Durchsetzung dieses
Begehrens sind hinreichend glaubhaft gemacht.
a) Nach Auffassung des Senats besteht nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen
Prüfung keine hinreichende Rechtsgrundlage dafür, dem Antragsteller die Durchführung und Abrechnung
vertragsärztlicher Tätigkeiten nach Abschnitt O I des EBM auf Überweisung durch andere Vertragsärzte zu
untersagen. Daraus leitet sich ein Anordnungsanspruch des Antragstellers ab.
aa) Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Sozialgerichts, wonach die getroffene Übergangsvereinbarung in
unzulässiger Weise in den vertragsärztlichen Status des Antragstellers als Arzt für Laboratoriumsmedizin eingreift.
Denn für den Bereich der Leistungen nach O I werden Ärzte für Laboratoriumsmedizin in der Tat wie Nicht-
Vertragsärzte behandelt: Während O I-Leistungen grundsätzlich weiterhin zur ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit
gehören, zu deren Teilnahme der Antragsteller nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V mit seiner Zulassung berechtigt und
verpflichtet ist, werden diese Leistungen bei einem Vertragsarzt, der – wie der Antragsteller – von der Natur der Sache
her nur auf Überweisung tätig wird, von der vertragsärztlichen Abrechnung – als einem unabdingbaren Merkmal für
Vertragsleistungen im Rahmen des Systems der vertragsärztlichen Behandlung (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 6. Mai
1975 – 6 RKa 22/74 = SozR 5536 § 2 Nr. 2) – ausgeschlossen. Der Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-
Westfalen (Beschluss vom 30. August 1994 – L 11 S 24/94), die Vertragsärzte würden insoweit lediglich auf einen
"anderen Weg”, nämlich der "Direktabrechnung” verwiesen, kann insoweit nicht gefolgt werden.
Auf die weitergehenden Ausführungen hierzu im Beschluss des Sozialgerichts kann insoweit nach § 153 SGG Bezug
genommen werden.
Für die Übergangsvereinbarung zum BMV fehlt es – auch hier nach summarischer Prüfung – an der nach Art. 12 Abs.
1 GG erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Durch die in der Übergangsvereinbarung getroffene Regelung konnte der
Ausschluß von solchen vertragsärztlichen Leistungen, die in geradezu typischer Weise das Tätigkeitsfeld eines
Arztes für Laboratoriumsmedizin ausmachen, nicht vorgenommen werden. Die §§ 82, 87 SGB V stellen hierzu keine
ausreichende Rechtsgrundlage dar. Auch insoweit kann auf die Ausführungen des Sozialgerichts auf Seite 11 unten
bis Seite 14 oben des Beschlusses vom 6. Mai 1994 gemäß § 153 SGG Bezug genommen werden.
bb) Der Ausschluß erscheint überdies bei summarischer Prüfung im übrigen auch als Berufsausübungsregelung
sachfremd und nicht an vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 10. Mai
1988 – 1 BvR 111/77 = SozR 2200 § 368 Nr. 11 m.w.N.) orientiert. Auch deshalb bestehen erhebliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der umstrittenen Regelung.
Das vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderte Beispiel macht dies nur allzu
deutlich. Wenn ein überweisender Arzt Laboruntersuchungen anfordert, die auch Untersuchungen aus dem O I-Bereich
mit beinhalten, weil nur so ein Krankheitsbild abschließend beurteilt werden kann, dann wird durch einen Ausschluß
von O I-Leistungen nach Maßgabe der Übergangsvereinbarung, die vom Arzt für Laboratoriumsmedizin erwartete
Beurteilung, die zum Kernbereich der Tätigkeit eines Arztes für Laboratoriumsmedizin gehört (vgl. Platten, "Labor-
Richtlinien der KBV – Warum und Wie” in DA 1982, Ausg. A/B S. 19 ff.) als vertragsärztliche Leistung unmöglich
gemacht.
Ob die getroffene Regelung tatsächlich in der Lage ist, die Menge der O I-Leistungen auf das notwendige und
wirtschaftliche Maß zu beschränken, wie dies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) meint, kann unter
diesen Umständen ebenso dahingestellt bleiben, wie die Beantwortung der Frage, mit welchen anderen Maßnahmen
das vom Gesetzgeber mit der Neufassung des § 87 SGB V verfolgte Ziel einer Begrenzung der Mengenentwicklung
von O I-Leistungen ggf. in einer Weise erreicht werden könnte (vgl. dazu insbesondere LSG Niedersachsen,
Beschluss vom 15. Juli 1994 – L 5 Ka 61/94 eA), ohne insoweit in den vertragsärztlichen Status der Ärzte für
Laboratoriumsmedizin einzugreifen.
cc) Entgegen der Annahme des Sozialgerichts stellt die Übergangsvereinbarung zum BMV einen unmittelbaren
Eingriff in die Rechte des Antragstellers dar.
Der Antragsteller wendet sich insoweit nicht abstrakt gegen die erlassene Norm, sondern gegen die durch diese Norm
erfolgte direkte Beeinträchtigung in der Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit. Auch ohne einen weiteren
Vollzugsakt, dessen Abwarten das Sozialgericht insoweit für erforderlich hält, führt die Neuregelung dazu, daß bereits
jetzt die Überweisung von O I-Leistungen gegenüber, dem Antragsteller praktisch zum erliegen gekommen ist. Die
überweisenden Ärzte nehmen, wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht hat, Abstand
davon, O I-Leistungen auf Überweisung vom Antragsteller vornehmen zu lassen, solange der Antragsteller nicht in die
Lage versetzt ist, diese Leistungen als vertragsärztliche Leistungen wieder zu erbringen und abzurechnen.
Solange dies nicht geschieht, gibt es auch keinerlei Vollzugsakt, dessen Abwarten dem Antragsteller zugemutet
werden und gegen den er das Hauptsacheverfahren betreiben könnte.
Insbesondere ist auch das Verfahren um die Abrechnung der in den Quartalen II/94 und III/94 erbrachten Leistungen
nicht dasjenige Verfahren, das als Hauptsacheverfahren dem vorliegend geltend gemachten Begehren entsprechen
würde. Der Streit um die mögliche Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Honorierung der in diesen Quartalen (noch)
erbrachten O I-Leistungen, für den die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die insoweit zu
erwartenden Verwaltungsakte die richtige Klageart darstellen wurde, hat schon aufgrund der nur beschränkten
Rechtskraft einer ergehenden Entscheidung keine unmittelbaren Auswirkungen auf nachfolgende Zeiträume.
Da die in der Übergangsvereinbarung getroffene Regelung auch kein gesondertes Verwaltungsverfahren voraussetzt,
ist die richtige Klageart für ein Hauptsacheverfahren insoweit vielmehr die Feststellungsklage, zumal sich die
Rechtsbeziehungen zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin bereits jetzt in einer Weise konkretisiert
haben, daß dem Antragsteller durch die Übergangsvereinbarung bereits gegenwärtig der Zugang zu vertragsärztlichen
O I-Leistungen verwehrt wird, ohne daß es insoweit noch eines Vollzugsaktes durch die Antragsgegnerin bedürfte.
Auch der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl., Anm. 19 zu § 55)
wird insoweit nicht tangiert.
b) Auch ein Anordnungsgrund liegt nach Meinung des Senats vor. Die besondere Eilbedürftigkeit ist gegeben.
Diese Eilbedürftigkeit liegt allerdings nicht allein in den wirtschaftlichen Auswirkungen begründet, sondern in der
dauerhaften Strukturveränderung, die in Bezug auf die Tätigkeit des Antragstellers eintreten würde, wenn ihm die
Erbringung und Abrechnung von O I-Leistungen als vertragsärztliche Leistung auch weiterhin verschlossen bliebe.
Bei einer länger andauernden Phase der Unsicherheit darüber, wie in diesem Bereich weiter zu verfahren sein wird, ist
aus der Sicht des Senats zu erwarten, daß auch bei einem Obsiegen in der Hauptsache sich die durch die
Übergangsvereinbarung angestrebte Umstrukturierung bereits in einem Maße verfestigt hat, die ein solches Obsiegen
letztlich wertlos machen würde. Dazu gehört insbesondere der in der mündlichen Verhandlung angesprochene Druck
auf die Vertragsärzte, sich verstärkt Laborgemeinschaften anzuschließen, der unmittelbar durch die
Übergangsvereinbarung ausgelöst worden ist. Daß ein solcher Druck durch die Übergangsvereinbarung entstanden ist,
wird auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt und war letztlich auch eines der Ziele, das mit der
getroffenen Neuregelung verfolgt werden sollte. Auch die Begünstigung von Großlaboren sowie anderer Kooperations-
und Konzentrationsformen (vgl. dazu Partsch. Die Zukunft des Labors nach dem Konzept der Krankenkassen, in
MedR 1994, S. 1 ff.) gehört zu den Strukturveränderungen, die durch die getroffene Übergangsvereinbarung eintreten
können.
Aus Sicht des Senats erscheint es nicht gerechtfertigt, dem Antragsteller zuzumuten, diese zu erwartenden
Veränderungen hinzunehmen und auf einen positiven Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden.
Zwar mag der Anteil der O I-Leistungen beim Antragsteller im Verhältnis zum gesamten Honorarvolumen nur gering
sein. Der Antragsteller geht insoweit von einem Anteil von etwa 2 % aus. Dies steht jedoch der besonderen
Eilbedürftigkeit nicht entgegen. Denn insoweit besteht für den Antragsteller die Gefahr, daß dieser Anteil, falls nicht
bereits jetzt zumindest eine vorläufige anderweitige Regelung getroffen wird, auf Dauer in Wegfall kommt und der
dadurch eingetretene Schaden einen erheblichen und im voraus nicht kalkulierbaren Umfang annimmt. Hinzu kommt,
daß dieser Schaden bei einem späteren Obsiegen in der Hauptsache auch auf andere Weise nicht wieder
gutzumachen sein wird. Die Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gegen die
Antragsgegnerin, auf die das Landessozialgericht Niedersachsen (a.a.O.) verweist, erscheint angesichts der hohen
Hürden zur Durchsetzung von Amtshaftungsansprüchen nicht realistisch.
Da das Hauptsacheverfahren nach Einschätzung des Senats mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Obsiegen des
Antragstellers führen wird, konnte auch nicht deshalb ein Anordnungsgrund verneint werden, weil eine entsprechende
Anordnung im Verhältnis zum Antragsteller aus der Sicht der Antragsgegnerin zu erheblichen Schwierigkeiten bei der
technischen Abwicklung von Abrechnungen von zukünftigen auf Überweisung durchgeführten O I-Leistungen führen
kann. Gesichtspunkte dieser Art müssen zurücktreten gegenüber dem Schutz des Status des Klägers als
Vertragsarzt, in den mit der vorliegend umstrittenen Regelung – wie ausgeführt – in unzulässiger Weise eingegriffen
worden ist.
Im Hinblick darauf und zur Durchsetzung eines effektiven Rechtschutzes auf das – bei summarischer Prüfung – mit
hoher Wahrscheinlichkeit erwartende Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren, erscheint ein weiteres
Zuwarten auf den Abschluß des Hauptsacheverfahrens nach alledem für den Antragsteller nicht zumutbar.
c) Die vom Senat getroffene Feststellung, wonach der Antragsteller auch weiterhin berechtigt ist, O I-Leistungen auf
Überweisung durchzuführen und gegenüber der Antragsgegnerin abzurechnen, wurde vom Senat insoweit
eingeschränkt, als sie – nicht zuletzt im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin beschriebenen technischen
Abrechnungsprobleme – allein das Tätigwerden aufgrund von Überweisungen hessischer Vertragsärzte ermöglichte.
Zugleich wurde der Umfang zahlenmäßig eingegrenzt. Mit dieser zahlenmäßigen Begrenzung auf 2.200
Untersuchungen pro Quartal blieb der Senat leicht unterhalb derjenigen Zahl von Untersuchungen nach O I, die der
Kläger im Quartal IV/93 durchgeführt hat. Ziel dieser im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens vom
Senat in Anspruch genommenen Befugnis, nach eigenem Ermessen den Anordnungsumfang zu bestimmen, ist es,
zu verhindern, daß der Antragsteller im Verhältnis zu anderen Ärzten für Laboratoriumsmedizin einseitig einen
Wettbewerbsvorteil für den Fall erlangt, daß seitens der Antragsgegnerin nicht allgemein – im Hinblick auf die
vorliegende Entscheidung – auch gegenüber den anderen im Bundesland Hessen zugelassenen Vertragsärzten für
Laboratoriumsmedizin, vorübergehend die Leistungserbringung und Abrechnung von O I-Leistungen auf Überweisung
ermöglicht wird.
Zeitlich begrenzt wurde der Umfang der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens S-
5/Ka-2587/94 durch das Sozialgericht Frankfurt am Main.
2. Die getroffene Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
3. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).