Urteil des LSG Hessen vom 22.10.2003

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Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 22.10.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 27 KA 662/01
Hessisches Landessozialgericht L 7 KA 44/02
Bundessozialgericht B 6 KA 1/04 R
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 31. Oktober 2001 wird
zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für die Berufungsinstanz zu erstatten Im Übrigen
haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um Arzneikostenregresse für die Quartale III/97, IV/97 und II/98 in Höhe von ca. DM
19.500,-. Der Kläger ist in G. als Facharzt für Allgemeinmedizin niedergelassen und als Vertragsarzt zugelassen. In
den streitbefangenen Quartalen entwickelten sich die Praxis des Klägers und die von ihm veranlassten Arzneikosten
im Vergleich zur Fachgruppe wie folgt:
Quartal III/97 IV/97 II/98
Patienten 1132 1286 1229 lt. VO-Statistik 1111 1262 1199 (Fachgruppe) (1048) (1061) (1046)
Rentneranteil 41 % 39 % 38 % (Fachgruppe) (30 %) (29 %) (30 %)
Honorar (je Fall -) DM 93,76 DM 92,94 DM 97,19 (Fachgruppe) (DM 102,05) (DM 102,85) (DM 102,92)
Arzneikosten M DM 92,52 DM 90,73 DM 98,70 (Fachgruppe) (DM 65,87) (DM 73,48) (DM 75,81)
Arzneikosten F DM 61,68 DM 78.- DM 73.- (Fachgruppe) (DM 45,01) (DM 52,64) (DM 51,24)
Arzneikosten R DM 338,28 DM 351,65 DM 366,57 (Fachgruppe) (DM 192,97) (DM 222,59) (DM 219,81)
Arzneikosten (je Fall -) DM 159,62 DM 164,51 DM 173,47 (Fachgruppe) (DM 99,46) (DM 112,57) (DM 113,54)
Überschreitung DM 60,16 (60,49 %) DM 51,94 (46,14 %) DM 59,93 (52,78 %) - nach Kürzung 53,45 % 44,01 % 43,54
%
- = gesamt gewichtet
Die Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten am 9. September 1998 hinsichtlich des Quartals III/97 die
Prüfung der Arzneiverordnungsweise nach Durchschnittswerten unter Hinweis auf das Vorliegen eines offensichtlichen
Missverhältnisses. Der Kläger wies vorsorglich auf die Betreuung von 3 Altersheimen und eines Behinderten-
Wohnheimes hin. Durch seine Bereitschaft zu Hausbesuchen komme es zu einer Häufung von zu Hause gepflegten
schwerkranken Patienten. Mit Beschluss vom 3. Februar 1999 (ausgefertigt am 10. Februar 1999) setzte der
Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Regress fest in Höhe von DM 10.- je Fall (M+F+R),
abzüglich 13 % = DM 9.604,80. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Durchsicht der Verordnungsblätter i.V.
mit den Behandlungsscheinen Unwirtschaftlichkeiten und Einsparungsmöglichkeiten gezeigt hätten. Eine Vielzahl von
Beispielsfällen hätten in seiner Anwesenheit direkt durchgesprochen werden können. Hiergegen hat der Kläger am 10.
März 1999 Widerspruch eingelegt und u.a. damit begründet, die statistischen Daten seien unglaubhaft und für ihn
nicht nachprüfbar. Bei Einsicht in die 2665 beanstandeten Rezepte hätten am 2.12.1998 nur 1487 Rezepte
vorgelegen. Die Rezepterfassung weise gravierende Fehler auf. Bei den 1487 überprüften Rezepten hätten sich für
DM 2.084,83 Hilfsmittel befunden. Bei ihm bestehe ein überdurchschnittlicher Anteil an Patienten, die von der
Zuzahlung befreit seien. Die Einsparungen hinsichtlich Arbeitsunfähigkeitszeiten und Krankenhauseinweisungen seien
zu berücksichtigen.
Die Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten am 22. Dezember 1998 hinsichtlich des Quartals IV/97 die
Prüfung der Arzneiverordnungsweise nach Durchschnittswerten unter Hinweis auf das Vorliegen eines offensichtlichen
Missverhältnisses. Mit Beschluss vom 12. Mai 1999 (ausgefertigt am 1. Juni 1999) setzte der Prüfungsausschuss der
Ärzte und Krankenkassen einen Regress fest in Höhe von DM 5.- je Fall (M+F+R), abzüglich 13 % = DM 5.454,90. In
der Begründung wurde ausgeführt, dass die Durchsicht der Verordnungsblätter i.V. mit den Behandlungsscheinen
Unwirtschaftlichkeiten und Einsparungsmöglichkeiten gezeigt hätten. Zu erwähnen seien Mittel mit umstrittener
Wirksamkeit wie z.B. Ginkgopräparate, Vitaminpräparate oder auch Vertigoheel. Bei der Verordnung von teuren
Externa und Psychopharmaka könnten Einsparungen erzielt werden. Der Prüfungsausschuss hat 11 namentliche
Beispielsfälle für Einsparungen angeführt (allerdings ohne weitere Angaben). Hiergegen hat der Kläger am 1. Juli 1999
Widerspruch eingelegt und u.a. damit begründet, die statistischen Daten seien unglaubhaft und für ihn nicht
nachprüfbar, da bei Einsicht der 3.275 beanstandeten Rezepte am 5.5.99 nur 2.230 Rezepte vorgelegen hätten.
Darunter seien für DM 1.577,03 Hilfsmittel enthalten gewesen. Wie viele Hilfsmittel bei den fehlenden Rezepten in die
Medikamentenverordnungsstatistik eingingen, sei nicht kalkulierbar. Von den 2230 überprüfbaren Rezepten trügen 876
den Befreiungsvermerk (39 %). Der Kläger hat 3 der genannten Beispielsfälle als unsinnig bezeichnet und hierzu
genauere Angaben gemacht. Er lehne es ab, auf Kosten der Gesundheit seiner Patienten zu sparen.
Die Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten am 30. Juni 1999 hinsichtlich des Quartals II/98 die Prüfung
der Arzneiverordnungsweise nach Durchschnittswerten, da die Abweichungen die Vermutung zuließen, dass
Unwirtschaftlichkeit vorliege. Mit Beschluss vom 9. Februar 2000 (ausgefertigt am 12. Mai 2000) setzte der
Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Regress fest in Höhe von DM 11,50 je Fall (M+F+R),
abzüglich 16 % = 11.524,38. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Durchsicht der Verordnungsblätter i.V. mit
den Behandlungsscheinen Unwirtschaftlichkeiten und Einsparungsmöglichkeiten gezeigt hätten. Es fielen die teuren
Originalpräparate auf, welche durch preisgünstigere Alternativen ersetzt werden könnten. Zu erwähnen seien auch die
durchblutungsfördernden Mittel, Schlafmittel und Magnesium. Auf den Einsatz von Bagatellarzneimitteln sei zu
verzichten. Es fänden sich auch Hilfsmittel in den Verordnungen wie z.B. Krankenunterlagen. Hier solle eine
eigenständige Verordnung mit der Kennzeichnung in dem Feld 7 erfolgen. Es wurden 6 Beispielsfälle namentlich
genannt.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Juni 2000 Widerspruch eingelegt und u.a. damit begründet, im streitbefangenen
Quartal habe er nach Möglichkeit Originalpräparate durch Generika ersetzt. Die von ihm eingesetzten
durchblutungsfördernden Mittel seien wirksam gewesen. Das verordnete Schlafmittel Oxazepam AL 10 mg sei nur 13
mal verordnet worden. Die Wirkung von Magnesium bei Membraninstabilität i.V. mit Herzrhythmusstörungen sei
fachlich fundiert. Die Einstufung von Magnesium als Bagatellarzneimittel weise damit auf eine fachliche Inkompetenz
hin. Mit keinem Wort gehe der Prüfungsausschuss auf die Diskrepanz hinsichtlich der statistischen Daten ein.
Zur Vorbereitung der Entscheidung des Beklagten wurde der Allgemeinarzt Dr. W. mit einer repräsentativen
Einzelfallprüfung der Verordnungsweise des Klägers beauftragt. Er erhielt 10 % der Verordnungen der Gesamtfälle in
fortlaufender Reihenfolge der AOK Hessen und der BEK jeweils M-F-R, und zwar 113 Fälle für III/97, 129 Fälle für
IV/97 und 123 Fälle für II/98. Zusammenfassend kam Dr. W. zu dem Ergebnis, auffallend sei die regelmäßige
Missachtung der Arzneimittelrichtlinien (AMR). So würden Mund- und Rachentherapeutika für Erwachsene,
systemisch wirkende Venentherapeutika, Enzympräparate und Vitaminzubereitungen neben Mineralstoffpräparaten
dazu Immunstimulantien, Leberschutzpräparate, sowie Kreislaufmittel (Korodin, Miroton) und aus dem Bereich der
Negativliste noch Abführmittel verordnet. Zusätzlich hätten sich noch einige Präparate gefunden, deren
Verordnungsnotwendigkeit durch die Diagnoseangabe nicht erklärbar gewesen seien. Einen Großteil davon habe er
jedoch anerkannt, weil z.B. ein Antidiabeticum oder Antihypertensivum sicher nicht anzuzweifeln sein dürfte. Ebenso
seien notwendige Verordnungen aus dem fachärztlichen Segment regelmäßig unbeanstandet geblieben, da es sich
um eine Praxisregion handele, die eine entsprechende Versorgungstiefe erforderlich mache. Aufgefallen seien jedoch
Verordnungen bei Fettstoffwechselstörungen, die nahezu immer mittels höchstpreisiger CSE-Hemmer erfolgt seien.
Dies erscheine nicht indikationsentsprechend. Die Fettstoffwechselstörung hätte näher bezeichnet werden sollen. Ab
und zu seien Verordnungsmengen auffallend hoch gewesen, z.B. habe ein Patient bis zu 400 Tabletten Tavor
erhalten. Insoweit müsse auf das Missbrauchspotential hingewiesen werden. Jeglicher Lebenserfahrung widerspreche
auch die Diagnose "Refluxösophagitis", die regelmäßig zur Rechtfertigung der Protonenpumpenblocker Verwendung
gefunden habe. Bei oral eingestellten Diabetikern oder bei Patienten mit subklinischem Diabetes seien Teststreifen
zur Glucoseselbstbestimmung entgegen den Rahmenvereinbarungen verordnet worden. Dagegen habe der Kläger fast
alle insulinpflichtigen Diabetiker mit oralen Antidiabetika versorgt, was in dieser Verdichtung nicht schlüssig sei. Bei
der Hypertoniebehandlung erfreuten sich Kombinationen mit ACE-Hemmern, Alphablockern, Saluretika und
Calciumantagonisten besonderer Beliebtheit, und zwar für jeden einzelnen Patienten. Empfehlenswert sei die
Überlegung, ob nicht zunächst eine Substanz von der Dosisseite her voll ausgeschöpft werden solle, bevor ein neuer
Wirkstoff dazugegeben werde. Gelegentlich sei aufgrund der Fülle der verschiedenen Arzneimittelgruppen und der
Begleittherapie ein klares therapeutisches Konzept nicht mehr erkennbar gewesen. Es gebe sicher einige schwere
Fälle. Die weitaus größere Zahl zeichne sich allerdings nur durch einen hohen Arzneimittelbedarf aus. Dies werde in
etlichen Fällen durch die Tatsache belegt, dass kein Arzt-Patientenkontakt stattgefunden habe.
Mit Beschluss vom 16. September 2000 (ausgefertigt 29.1.2001) hat der Beklagte eine Teilabhilfe vorgenommen. Die
Arzneikostenregresse wurden herabgesetzt für das Quartal III/97 auf DM 7.- je Fall (1.104 M/F/R-Fälle), für das
Quartal IV/97 auf DM 2,40 je Fall (1.254 M/F/R-Fälle) und für das Quartal II/98 auf DM 10,50 je Fall (1.193 M/F/R-
Fälle) jeweils abzüglich 16 % für Pauschalausgleich. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die
Gesamtverordnungskosten für Arzneimittel in allen drei Quartalen seien dem Bereich des offensichtlichen
Missverhältnisses zuzuordnen, da eine Fallwertüberschreitung des Fachgruppendurchschnittes von ca. 50 % oder
mehr vorliege. Da die Überschreitung jedoch im Randbereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege, sei eine
ergänzende repräsentative Einzelfallprüfung von 10 % der Fälle, entsprechend 113 Fälle in III/97, 129 Fälle in IV/97
und 123 Fälle in II/98 vorgenommen worden. Der erhöhte Rentneranteil in der Praxis des Klägers sei keine zu
berücksichtigende Ursache für die hohen Überschreitungswerte, wie sich anhand der repräsentativen
Einzelfallprüfungen ergeben habe. Die Verordnungskostenwerte stellten den sog. gewichteten Wert dar, wie er sich bei
einem Rentneranteil in Höhe des durchschnittlichen Rentneranteils der Fachgruppe ergebe. Den Ausführungen des
Fachreferenten schließe sich der Beklagte in vollem Umfang an (der Prüfbericht wird inhaltlich wiederholt). Daraus
ergebe sich die Unwirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Klägers. Die möglichen Einsparungen ergäben sich
aus der beigefügten Auflistung, die Bestanteil des Bescheides sei. Ein weitergehendes Eingehen auf die Bedenken
des Klägers hinsichtlich der statistischen Werte erübrige sich, da eine repräsentative Einzelfallprüfung vorgenommen
worden sei. Dabei sei auch sichergestellt worden, dass Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln nicht in die
repräsentative Einzelfallprüfung eingeflossen seien. Gerade auch in der vom Kläger als Besonderheit reklamierten
Gruppe der Rentner seien Einsparungsmöglichkeiten zu erkennen. Dies gelte auch bei den vom Kläger vorsorglich
gemeldeten Fällen. Unter dem Gesichtspunkt, dass dem Kläger ausgehend vom bereinigten Fallwert ein Mehrbetrag
zur Vergleichsgruppe von 20 %, der Grenze zur sog. Streubreite, habe verbleiben sollen, sei eine Reduzierung der
festgestellten Regresse vorgenommen worden.
Hiergegen hat der Kläger am 26. Februar 2001 Klage erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und
ergänzend vorgetragen, die fehlende Vorlage sämtlicher Verordnungsblätter werde unabhängig von der durchgeführten
Prüfmethode gerügt. Würden die Verordnungskosten tatsächlich niedriger liegen als vom Beklagten angenommen,
wäre es keineswegs ausgeschlossen, dass sich die Überschreitung im Bereich der allgemeinen Streubreite (bis ca. 20
%) bewege und somit keine Prüfmaßnahme erfolgen dürfe. Die Rezeptauswahl für die Prüfung könne keinen
repräsentativen Grundsätzen entsprechen, wenn sie aus 55 % bzw. 68 % aller Rezepte erfolgt sei, zumal nach dem
Prüfbericht nicht sämtliche Kassen, sondern lediglich AOK und BEK in die Rezeptauswahl einbezogen worden seien.
Der Kläger hat ferner fachlich zur Auslegung der AMR und den beanstandeten Verordnungen in genereller Art Stellung
genommen und daraus den Schluss gezogen, dass er in vielen der beanstandeten Einzelfälle wirtschaftlich verordnet
habe. Nach Abzug der fehlerhaft angerechneten Beträge müsse der Regress erheblich nach unten korrigiert werden.
Es sei sogar anzunehmen, dass die Aufgreifkriterien erheblich unterschritten würden und ein Regress für die drei
Quartale nicht möglich sei.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2001 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen. In der Begründung
hat es u.a. ausgeführt, einen generellen Anspruch auf Einblick in alle Verordnungsblätter in jedem Fall gebe es nicht.
Die Arzneiverordnungskosten beruhten ausschließlich auf den vom Kläger vorgenommenen Verordnungen. Ein
Anspruch auf eine Überprüfung der statistischen Grundlage komme nur anlassbezogen in Betracht. Die bloße
Behauptung der Fehlerhaftigkeit durch den Kläger reiche hierzu nicht aus. Es bedürfe vielmehr eines substanziierten
Vortrages, der hier nicht vorliege. Die durchgeführte Prüfung nach Durchschnittswerten halte sich im Rahmen der
höchstrichterlichen Rechtsprechung und sei von einer zutreffenden statistischen Vergleichsgrundlage ausgegangen.
Die repräsentative Einzelfallprüfung sei nicht zu beanstanden. Bei den allgemein gehaltenen Beanstandungen des
Klägers fehle der Bezug zum Einzelfall. Die vom Beklagten angenommene Streubreite von 20 % sei nicht zu
beanstanden. Dabei seien bei dem Kläger alle Fälle mit Verordnungskosten über DM 1.000.- herausgenommen
worden, nicht jedoch bei der Vergleichsgruppe. Die statistische Vergleichsgrundlage der Beklagten sei zutreffend. Die
mündliche Verhandlung habe ergeben, dass die Verordnung von Hilfsmitteln nicht bei der Berechnung der
statistischen Werte der Arzneiverordnungen berücksichtigt worden seien. Soweit eine Aufbewahrung bei den
Arzneimittelverordnungen erfolgt sei, liege hier nur eine entsprechende Sortierung der Krankenkassen vor.
Grundsätzlich könnten auch alle Verordnungsblätter herangezogen werden. Soweit der Kläger auf seine selbst
geführte Arzneikostenstatistik verweise, sei dies keine substanziierte Behauptung hinsichtlich der Unrichtigkeit der
statistischen Grundlagen. Auch bei Verwendung von Computerprogrammen in der Praxis würden in der Regel
Verordnungen außerhalb der Praxis und handschriftliche Verordnungen nicht erfasst. Dies gelte insbesondere bei den
vom Kläger betreuten drei Altersheimen.
Gegen das am 14. Dezember 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Januar 2002 Berufung eingelegt. Der Kläger
trägt vor, das Sozialgericht habe seine Entscheidung in wesentlicher Hinsicht aufgrund von Mutmaßungen getroffen,
statt seiner Amtsermittlungspflicht nachzukommen. Die von ihm handschriftlich ausgestellten Rezepte würden
nachträglich in den Computer eingegeben. Die von ihm selbst ermittelten Zahlen hinsichtlich der gesamten von ihm
verursachten Verordnungskosten wichen ganz erheblich nach unten von den Beträgen ab, von denen der Beklagte
ausgegangen sei (wird näher zahlenmäßig belegt). Das Sozialgericht habe deshalb nicht ohne weitere Prüfung davon
ausgehen dürfen, dass die vom Beklagten vorgelegte Statistik stimme. Seine Stellungnahme vom 27.10.2001 ließe
sich durchaus auch mit den einzelnen Fällen in Verbindung bringen, da sie sich auf wiederkehrende Anmerkungen in
den Beispielsfällen sowie auf die Erläuterungen im Widerspruchsbescheid bezögen.
Der Kläger trägt weiter vor unter Vorlage entsprechend markierter Rezeptkopien, bei Einsicht in die vorliegenden
Verordnungen fänden sich in großer Zahl sog. Hilfsmittelrezepte, die teilweise mit der Kennzeichnung Nr. 7
(Hilfsmittel) versehen seien, teilweise aber auch ohne diese Kennzeichnung seien, teilweise handele es sich um sog.
Mischrezepte mit der Verordnung sowohl von Arzneimitteln als auch von Hilfsmitteln. Die durch diese Hilfsmittel
verursachten Kosten müssten aus der Statistik des Arzneimittelregresses herausgerechnet werden. Der Kläger hat
hierzu eine Aufstellung abgegeben unter Hinweis auf die entsprechend markierten Rezeptkopien. Offenbar würden die
Krankenkassen - jedenfalls die AOK (wie von Dr. Wx. bestätigt) - bei ihrer Statistik nur die gekennzeichneten
Hilfsmittelrezepte herausnehmen. Die übrigen Hilfsmittel würden in die Statistik eingehen. Es müsse ferner
festgestellt werden, dass offensichtlich in einer erheblichen Zahl von Fällen nicht die vom Kläger verordneten
Medikamente an den Patienten herausgegeben worden seien, sondern Medikamente in einer anderen Packungsgröße,
mit anderer Wirkungsweise, von einem anderen Hersteller, mit anderer Galenik oder gar gänzlich andere
Medikamente. Der Kläger hat hierzu entsprechende Einzelfälle angeführt und auf die markierten Rezepte verwiesen.
Immer wieder fänden sich Rezepte, die mit Tipp-Ex verändert worden seien, ohne dass diese Veränderungen eine
Begründung oder auch nur das Namenskürzel desjenigen enthielten, der diese Veränderung vorgenommen habe. Auf
vier Beispielsfälle werde verwiesen. Eine weitere Fehlerquelle finde sich bei der Angabe von Mengenfaktoren, die
oftmals falsch interpretiert würden. Auf drei Beispielsfälle werde verwiesen. Es fänden sich Differenzen in der Zahl der
verordneten Medikamente zu der Zahl der herausgegebenen Medikamente, und zwar sowohl mehr als verordnet, als
auch weniger als verordnet. Auf vier Beispielsfälle werde verwiesen. Es finde sich eine Vielzahl sog. Nullrezepte.
Diese entstünden, wenn der Apothekenverkaufspreis unter der entsprechenden Zuzahlung liege. Bei den Apotheken
habe ein unterschiedlicher Umgang mit sog. Nullrezepten bestanden. Mancher Apotheker werfe die Nullrezepte
einfach weg, andere fügten sie der Abrechnung bei. Wenn es keine einheitliche Regelung zur Weitergabe von
Nullrezepten gebe, sei die Statistik fehlerhaft. In seinem Fall gebe eine der drei Apotheken die Nullrezepte nicht
weiter. Dadurch entstehe ihm ein Schaden, da der Effekt der sog. Scheinverdünnung nicht eintrete. Da die Apotheken
hier unterschiedlich handelten, könne sich dies auch nicht statistisch ausgleichen (wird noch näher ausgeführt und mit
einem Rechenbeispiel verdeutlicht). Herr Dr. H. habe angegeben, dass der Apotheker den Betrag Null einsetze. Die
Frage nach der Möglichkeit des Abgreifens über die PZN hielt er zwar für erheblich, dennoch werde nach seinen
Erkundigungen der Arzt durch ein solches Rezept nicht belastet. Der Beklagte und die Beigeladenen sollten deshalb
erklären, ob Rezepte - und insbesondere Null-Rezepte - • anhand des Betragsfeldes oder • anhand der PZN in die
Verordnungskostenstatistik einfließen.
Doch selbst, wenn Null-Rezepte den Arzt nicht belasteten, würden sie doch die statistische Vergleichbarkeit in Frage
stellen und rechtswidrig Brutto- und Nettoberechnung vermischen. Bei korrekter Vergleichbarkeit müssten alle
Verordnungswerte mit ihrem Bruttowert in die Statistik eingehen und dann die Zuzahlungen abgezogen werden. Die
Honorarstatistik weise unterschiedliche Daten im Vergleich zur Verordnungsstatistik auf. Wenn die Patienten ohne
Verordnung bei dem Arzneikostenregress nicht mitgezählt würden, führe dies dazu, dass wirtschaftliches Verhalten
(relativ viele Patienten ohne Verordnungen) sich nicht positiv, sondern negativ auswirke. Die ebenso kühne wie
unwissenschaftliche Aussage des Dr. Wx., die statistischen Daten seien zu 99 % zutreffend, sei jedoch mit den von
ihm (dem Kläger) im Schriftsatz vom 29. Juni 2002 aufgezeigten Fehlern und Ungereimtheiten widerlegt. Allerdings sei
Dr. Wx. so klug gewesen, sich hinsichtlich der Fehlerwahrscheinlichkeit für die streitgegenständlichen Quartale nicht
festzulegen. Es seien zwar im Verlauf des Rechtsstreites einige Fragen des Abrechnungsweges zwischen den
Apotheken/Apothekenrechenzentrum und den Krankenkassen beantwortet worden, es gebe jedoch keine
Informationen über die Abläufe im Apothekenrechenzentrum (ARZ). Deshalb solle zur mündlichen Verhandlung ein
Vertreter des ARZ zwecks weiterer Erläuterung geladen werden. Es sei auch höchst unklar, wie die Verarbeitung der
Daten bei den Krankenkassen erfolgten, nachdem die Abrechnungsdaten durch das ARZ zugeleitet worden seien,
insbesondere ob etwa die Daten übernommen oder ein zweites mal erhoben würden. Nach einer Studie des
Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) aus dem Jahr 1998 seien bis zu 20 % der im
Image-Processing bearbeiteten Rezepte fehlerhaft eingelesen worden. Vergleichslesungen zwischen dem ARZ
Darmstadt, der Rechenstelle des BKK-Landesverbandes NRW sowie der Firma I. hätten unterschiedliche
Leseergebnisse erbracht. Eine Untersuchung des Bundesversicherungsamtes aus dem gleichen Jahr spreche gar von
einer Fehlerquote von 80 %. Diese Unterlagen seien ihm trotz Bemühung nicht zugänglich. Deswegen sollten diese
Studien beigezogen werden. Es sollten das ARZ Darmstadt, die Firma I., das BKK-Rechenzentrum, das
Bundesversicherungsamt und der MDS hierzu gehört werden. Es werde beantragt, den beigeladenen Krankenkassen
im Hinblick auf den Verfahrensabschnitt zwischen Zugang der Apothekenabrechnung und Absendung des
Prüfantrages aufzugeben, • Auskunft zu erteilen, welche Arbeitsschritte sie selbst ausführen und welche
Arbeitsaufträge sie an welche Firmen/Einrichtungen vergeben; • die bei ihnen gebräuchlichen Verfahrensweise näher
zu erläutern und einschlägige Organisations- und Arbeitsanweisungen vorzulegen; • Auskunft zu geben, ob und
inwieweit die Richtigkeit der zur Wirtschaftlichkeitsprüfung verwendeten Daten einer (Stichproben)Kontrolle unterliegt;
• darzulegen, welche Software bei ihnen und/oder Fremdfirmen Verwendung findet und ob diese Software genormt
oder zertifiziert ist; • mitzuteilen, ob sie die Original-Rezepte und/oder Images an das ARZ oder andere
Recheneinrichtungen (ggf. welche) herausgeben und ggf. nach Rückgabe auf Vollständigkeit prüfen; ob, wie, warum
und anhand welcher Kriterien eine erneute Datenerfassung erfolgt und warum ggf. die vom ARZ erfassten Daten keine
Verwendung finden; • welche Daten der Regredierung zugrunde liegen und worin sich die ARZ-Daten von den durch
die Beigeladenen erhobenen Daten unterscheiden.
Es könne nicht ausreichen, wenn Beklagter und Beigeladene lediglich von Prüfungen und Kontrollen sprächen und
Ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Fehlerquote gering sei.
Aus dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2002 (S 71 KA 76/02 ER) ergebe sich, dass die Kassen selbst
Zweifel an der Datenlage äußerten. Auch in dem Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss M. vom 12.9.2001
(anonymisiert beigefügt) seien Differenzen zwischen der beim Prüfungsverfahren verwendeten Statistik, den
Zahlenangaben der AOK und den Zahlenangaben des Arzneimittelberatungsdienstes der AOK aufgetreten, die zur
Stattgabe des Widerspruchs des Arztes geführt hätten.
Der Vortrag der Beigeladenen sei widersprüchlich und unsubstanziiert und werfe neue Fragen auf. Nach Angaben der
Beigeladenen sei die Identifizierung von Arzneimitteln, Verbandmitteln und Hilfsmitteln in nahezu allen Fällen anhand
der eingedruckten PZN bzw. Hilfsmittelnummer möglich. Im Gegensatz dazu stehe die Aussage des Dr. Wx. am
30.10.2002, wonach das Heil- und Hilfsmittel - gleich einem Arzneimittel - in die Gesamtlast eingehen, wenn weder der
Arzt das entsprechende Feld ankreuze, noch der Apotheker dies nachhole.
Der Beklagte und die Beigeladenen sollten auch die folgenden Fragen beantworten: • welches Kriterium für die
Erfassung der leistungspflichtigen Krankenkasse sei maßgeblich - der Eindruck oder das Ankreuzen eines
Kästchens; • Sei auch eine andere Sortierungsweise der Sonderstatusfelder (z.B. 8 - Impfstoff oder 9 -
Sprechstundenbedarf) möglich? • Welchen Sortierungsweisen unterlägen diese Rezepte.
Der Beklagte und die Beigeladenen sollten die entsprechenden Gesetze, Verordnungen und Verträge vorlegen, aus
denen sich ergebe, dass der Apotheker Änderungen auf den Rezeptformularen vornehmen könne und müsse.
Die Tipp-Ex-Korrekturen seien auf Rezepten angebracht worden, die keine Beschädigungen enthalten hätten, sondern
sich in ordnungsgemäßem und einwandfreiem Zustand befunden hätten. Mit Tipp-Ex sei nur rechts auf dem Formular
(sog. Apothekenfelder) gearbeitet worden, offenbar nachdem Fehler festgestellt worden seien. Dies sei ein Hinweis
darauf, dass relativ häufig Fehler vorkämen. Wieviel Rezepte möge es geben, bei denen die Fehler nicht aufgefallen
seien? Wann und wo trete der Fehler auf? Welche Daten würden von dem ARZ und später von der Krankenkasse
erfasst? Es gebe dann noch Rezepte, bei denen auf der Rückseite ein Klebestreifen aufgebracht sei mit Angabe von
Selbstbehalt, Versichertenstatus, Brutto-Gesamtpreis, die sonst üblicherweise direkt auf der Rückseite aufgedruckt
würden. Der Klebestreifen sei ein Indiz dafür, dass das ARZ bei der Erfassung einen Fehler festgestellt und deshalb
das Rezept an die Apotheke zurückgegeben habe. Laut ARZ finde dort aber keine Rezeptprüfung statt. • Wie könne
dann ein Fehler festgestellt werden? • Warum gebe das ARZ das Rezept an die Apotheke zur Korrektur zurück anstatt
die Korrektur selbst vorzunehmen? • Zu welchem Zeitpunkt werde die Korrektur vorgenommen, vor oder nach der
Datenerfassung? • Gebe es seitens des ARZ einen Korrekturlauf?
Hierzu solle das ARZ befragt werden.
Änderungen der Mengen, Packungsgrößen und Zuzahlungen seien von ihm im Wesentlichen an einer "falschen"
Zuzahlung feststellbar. In den streitbefangenen Quartalen seien die Zuzahlungen folgende gewesen, bei N1 = DM 9,-,
bei N2 = DM 11,- und bei N 3 = DM 13,-. Bei falscher Mengenabgabe erscheine dann eine Zuzahlung, die nicht zur
verordneten Menge passe. Bei der Verordnung einer Dauermedikation entstehe zu Lasten des Arztes auch dann eine
zu teure Verordnung, wenn der Apotheker die kleinere Packungsgröße herausgebe, da z.B. drei Packungen N 1
deutlich teurer seien als eine N 3. Der Kläger nimmt dann noch im Einzelnen Stellung zu kontrovers diskutierten
Einzelfällen, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob dem Arzt insoweit ein Schaden oder ein Vorteil entstanden sei.
Der Kläger trägt ferner vor, anhand der nachgewiesenen Fehler, statistischen Ungereimtheiten und einer Vielzahl
offener Fragen sei völlig unklar, ob er sich tatsächlich im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses bewege und
damit die Beweislast zu tragen habe. Wenn hinsichtlich der Statistik der Bereich der ungefähren Richtigkeit noch
ausreichend sein möge, so müsse spätestens für die Begründetheit des Arzneikostenregresses als Schadensersatz
das Bestehen eines Schadens feststehen, der höchstens in der Höhe festgesetzt werden könne, in der er den
Krankenkassen durch unwirtschaftlichen Mehraufwand entstanden sei (so BSG 6 RKa 5/96). Soweit die vom Arzt
veranlassten Verordnungen zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sein müssten, dürfe dies nur unter
medizinischen Gesichtspunkten und damit allein vom behandelnden Arzt entschieden werden. Ökonomische
Vorgaben dürften lediglich als Mittel zum eigentlichen Zweck des Gesundheitswesens gemacht werden, der in der
Bekämpfung von Krankheiten im Einzelfall und der Gewährleistung des chancengleichen Zugangs aller Menschen zu
medizinischen Behandlungsmöglichkeiten liege. Zu den vom Arzneikostenregress betroffenen Grundrechten zählten
die Grundrechte nach Artikel 2 Abs. 1 (allgemeine Handlungsfreiheit - Zwang für die Pflichtversicherten -), Artikel 2
Abs. 2 GG (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit - Gefahr der Rationierung), Artikel 3 GG
(Gleichheitsgrundsatz - Benachteiligung der Pflichtversicherten gegenüber den Privatversicherten), Artikel 12 Abs. 1
(Berufsausübungsfreiheit - Einschränkung durch die Wirtschaftlichkeitsvorgaben), Artikel 14 Abs. 1 GG (Schutz des
Privateigentums - Haftung für medizinisch notwendige Verordnungen mit dem Privatvermögen).
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 31. Oktober 2001 sowie den
Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 16. September 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die
Widersprüche gegen die Arzneikostenregresse für die Quartale III/97, IV/97 und II/98 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 6) beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, das Argument des Klägers, der Bescheid sei allein deshalb aufzuheben, weil nicht sämtliche
Verordnungsblätter für die streitbefangenen Quartale vorgelegt werden könnten, liege neben der Sache. Es habe sich
um eine ergänzende repräsentative Einzelfallprüfung und keine statistische Vergleichsprüfung gehandelt. Es würden
vom Kläger keine Ausführungen gemacht, warum die statistischen Daten fehlerhaft sein sollten. Anhaltspunkte hierfür
habe der Kläger nicht vorgetragen. Demgegenüber habe die ergänzende repräsentative Einzelfallprüfung deutliche
unwirtschaftliche Mehraufwendungen gezeigt.
Die Beigeladene zu 2) trägt vor, soweit der Kläger 77 Verordnungspositionen anführe, welche exemplarisch belegen
sollten, dass die Zuordnung zwischen Hilfsmitteln einerseits und Arznei/Verbandmitteln andererseits nicht
sachgerecht erfolgt sei, vermöge dies nicht den entsprechenden Nachweis zu erbringen. Von den 77 Positionen seien
nur 42 tatsächlich Hilfsmittel, hiervon seien 38 nicht als Rezept vorgelegt worden. 4 Positionen enthielten Hilfsmittel
mit einer identifizierenden Hilfsmittelnummer, die zur richtigen Identifikation ohne Rabattierung führe. Die restlichen 2
Hilfsmittel enthielten keine Hilfsmittelnummer, seien aber korrekt im Feld 7 gekennzeichnet und damit als Hilfsmittel
identifiziert und nicht rabattiert. Die körperliche Mischung dieser Dokumente stehe einer getrennten Erfassung nicht
entgegen. Nachträgliche Änderungen auf den Rezepten müsse der Apotheker vertragsgemäß, verordnungsgemäß und
gesetzesgemäß vornehmen, insbesondere in den sog. Apothekenfeldern. Änderungen mit Tipp-Ex seien
vertragsgemäß korrekt durchgeführt worden. Das Beweismaterial sei nicht geeignet, die klageseitig vorgebrachten
Behauptungen zu stützen. Bei beschädigten Rezepten sei ein Einsatz von Tipp-Ex notwendig, manchmal sogar das
händische Ausfüllen. Änderungen mit und ohne Tipp-Ex seien notwendig im Zuzahlungsfeld, wenn der Arzt
fälschlicherweise eine Kennzeichnung angebracht habe und der Apotheker nach Angaben und Vorlage des Patienten
diese richtigstelle. Änderungen im Hilfsmittelfeld seien ebenfalls notwendig, wenn der Arzt dort Kennzeichnungen
vorgenommen habe, die offensichtlich falsch seien. Der Arzt verordne häufig Packungsgrößen unter Angabe von
Normgrößen (N1 ...N3) mit oder ohne gleichzeitige Angabe von Stückzahlen (z.B. 100 Tabletten), wobei Fehler
unterliefen, dass solche Packungsgrößen entweder gar nicht im Handel existierten oder in dieser Größe nicht
verordnungsfähig seien. Der Apotheker müsse dann je nach Fall entweder mehrere kleinere Packungen oder nur eine,
nämlich die nächstkleinere Packung abgeben. Die Prüfung habe ergeben, dass der Kläger diese Rezepte mit
mangelnder Sorgfalt gekennzeichnet habe.
Änderungen im Feld Zuzahlung müsse der Apotheker vornehmen, wenn das Rezept falsch ausgestellt sei.
Änderungen bei der Abgabemenge könnten aus verschiedenen Gründen erforderlich sein (wird näher ausgeführt). Der
Kläger habe hier unwirtschaftlich und mit mangelnder Sorgfalt verordnet.
Eine Stellungnahme zu den weitergehenden Änderungen und Fehlbedruckungen sei teilweise nur mit einem nicht
vertretbaren unwirtschaftlichen Arbeitsumfang zu erbringen. Es werde deshalb exemplarisch darauf eingegangen.
Rezepte würden aufgrund von Störungen während des Druckvorganges an der Kasse öfters falsch bedruckt, nämlich
mit den Daten des Vorgängerrezeptes oder Nachfolgerezeptes. Bleibe der Fehler unentdeckt, entstehe ein
Rezeptpaar, das zusammengenommen die korrekten Verordnungswerte wiedergebe. Ein Schaden für den Arzt
entstehe nicht. Rezepte würden falsch beliefert, weil die Verordnung des Arztes irreführend und nicht eindeutig sei.
Den eingetretenen Schaden habe der Arzt zu erheblichen Teilen selbst zu verantworten. Rezepte würden falsch
beliefert, weil das verordnete Medikament nicht lieferbar sei z.B. bei Marktneueinführung. Der Apotheker habe in
dieser Zeit die nächstkleinere Packung abgegeben. Ein Schaden sei dadurch nicht entstanden. Rezepte würden nicht
beliefert, weil in der Apotheke versäumt worden sei, das Rezept nach vollständiger Belieferung auch vollständig zu
bedrucken. Dies sei zum Schaden der Apotheke. Für den Arzt entstehe ein Vorteil.
Für den Arzt entstehe in den überprüften Fällen auch bei völlig falsch bedruckten Rezepten kein Schaden. Diese
Systemmängel entstünden überall und glichen evtl. Schäden statistisch aus. Ein einzelner Arzt werde, falls er
überhaupt geschädigt werde, nicht mehr geschädigt als seine Kollegen.
Nullrezepte würden nie vollständig von allen Apotheken geliefert. Im statistischen Durchschnitt würden alle Ärzte
jedoch gleichgestellt. Eine Belastung durch fehlende Nullrezepte finde schon deshalb nicht statt, weil die darin
enthaltenen Verordnungskosten die Gesamtverordnungskosten des Arztes nicht erhöhten, sondern senkten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten
ergänzend Bezug genommen.
Der Beklagte hat vier Kartons Verordnungsblätter und Behandlungsscheine übersandt, die dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Einsicht übersandt wurden.
Der Senat hat aus dem Verfahren L 7 KA 814/01 (u.a.) das Protokoll vom 30. Oktober 2002 beigezogen und im
vorliegenden Verfahren zum Gegenstand des Rechtsstreites gemacht. Darin enthalten sind Angaben über
Einzelheiten des Abrechnungsverfahrens von Arzneiverordnungen zwischen Apotheken und Krankenkassen. Im Wege
des Parteivortrages wurden dort Herr K. H. (seit 1990 bei der KV H., Bezirk D., Leiter der Abteilung P.) und Herr Dr. C.
Wx. (seit April 2002 bei der AOK, Abteilung Arzneimittel) gehört. Der Senat hat ein Vernehmungsprotokoll des Herrn
Dr. Wx. bei der Polizeidirektion H. vom 3.4.2003 (ST XXX) beigezogen. Es handelt sich dabei um ein mit dem o.a.
Parallelverfahren L 7 KA 814/01 zusammenhängendes Ermittlungsverfahren hinsichtlich behaupteter
Rezeptfälschung, Rezeptvernichtung und falschen Abrechnungen. Der Kläger bezieht sich auf zwei Entscheidungen
des Sozialgerichts Berlin (S 71 KA 76/02 ER, S 71 KA 226/01 vom 8. Mai 2002).
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der erkennende Senat konnte im Termin am 22. Oktober 2003 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen
zu 7) und 8) nicht vertreten waren. Diese waren rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin geladen und dabei darauf
hingewiesen worden, dass auch im Falle ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden könne.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 31. Oktober 2001 ist nicht rechtswidrig und war
deshalb nicht aufzuheben. Die Berufung war zurückzuweisen.
Der Beschluss des Beklagten vom 16. September 2000 ist zu Recht ergangen. Der Beklagte hat ohne Rechtsfehler in
den streitbefangenen Quartalen Arzneikostenregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise gegenüber dem
Kläger festgesetzt, gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB 5 in der Fassung des
Gesundheitsstrukturgesetzes - GSG - vom 21.12.1992 - BGBl. I S. 2266) i.V.m. der Prüfvereinbarung der
Beigeladenen vom 21.12.1992. Der Beklagte hat die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise durch den Kläger in den
streitbefangenen Quartalen nach Durchschnittswerten geprüft, § 12 der Prüfvereinbarung. Dabei handelt es sich um
diejenige Prüfmethode, die gegenüber anderen Prüfmethoden (Einzelfallprüfung, repräsentative Einzelfallprüfung) den
Vorzug hat, dass sie die wichtigen Informationen über das statistisch erkennbare durchschnittliche Behandlungs- und
Verordnungsverhalten der Fachgruppe einbezieht und nach den Ursachen von erheblichen Abweichungen des
geprüften Arztes gezielt fragt (vgl. Urteil BSG 15.11.1995 - 6 RKa 43/94 = BSGE 77, 53-60). Im Rahmen der
intellektuellen Prüfung hat der Beklagte eine ergänzende repräsentative Einzelfallprüfung mit anschließender
Hochrechnung durchgeführt. Das gewählte Prüfverfahren - statistischer Vergleich mit ergänzender repräsentativer
Einzelfallprüfung mit Hochrechnung - ist in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden (vgl. Urteil des BSG vom
6.9.2000 - B 6 KA 24/99 R = SozR 3-2500 § 106 Nr. 50, vorhergehend Urteil HLSG vom 3.2.1999 - L 7 KA 226/98).
Dabei ist auch unbeanstandet geblieben, dass bei dieser Prüfmethode eine ergänzende repräsentative
Einzelfallprüfung mit Hochrechnung auf einer Basis von 10 % der Verordnungen (mit Behandlungsscheinen) rechtens
ist. Die dabei repräsentativ festgestellten Unwirtschaftlichkeiten hat der Beklagte zum Ausgangspunkt seiner
Regressforderung gemacht. Allerdings hat er eine weitere Einschränkung dadurch vorgenommen, dass er die
hochgerechnete Regresssumme so gekürzt hat, dass dem Kläger noch mindestens ein Mehrbetrag von 20 % zur
Vergleichsgruppe (Grenze zum sog. Streubereich) verblieb, ausgehend von dem bereinigten Fallwert (die vom
Beklagten als schwere Fälle anerkannten Fälle wurden bei dieser Zwischenrechnung von der
Gesamtverordnungssumme des Klägers abgesetzt, während bei der Vergleichsgruppe keine entsprechenden
Absetzungen erfolgten). Im Ergebnis wirkte sich dies für den Kläger so aus, dass seinen gewichteten
Verordnungskosten gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt jeweils eine Überschreitung von über 40 % verblieb, und
zwar im Quartal III/97 = 53,45 %, im Quartal IV/97 = 44,01 % und im Quartal II/98 = 43,54 %. Bei der ergänzenden
Einzelfallprüfung wurden Heil- und Hilfsmittel nicht in die Hochrechnung einbezogen. Die diesbezüglichen
Einwendungen des Klägers, bei den im Verfahren beigezogenen und von ihm geprüften Verordnungen seien auch Heil-
und Hilfsmittel enthalten gewesen, die deshalb in seine Gesamtverordnungskosten eingegangen seien, sind wegen
der durchgeführten ergänzenden Einzelfallprüfung unbeachtlich.
Der Beklagte hat den Kläger ohne Ermessensfehler mit seiner Fachgruppe der Allgemeinärzte verglichen. In dem
angefochtenen Bescheid i.V.m. den vorliegenden Anzahl- und Summenstatistiken ist für den erkennenden Senat
nachvollziehbar, dass der Kläger über ein unter-durchschnittliches Leistungsspektrum verfügt, z.B. ohne Leistungen
der Gastroenterologie, der Dermatologie, der kleinen Chirurgie, der Chirotherapie, der ambulanten Operationen, der
Punktionen, der Proktologie sowie der phys.-med. Leistungen. Eine Vergleichbarkeit mit der Fachgruppe kann sich
daher nicht zum Nachteil des Klägers auswirken.
Unterschiedliche Ausgestaltungen der Praxen im Übrigen bzw. die unterschiedliche Zusammensetzung des
Patientenklientels und unterschiedliche Behandlungsangebote der Ärzte dieser Fachgruppe im Übrigen sind (wenn
dazu Anlass besteht) im Rahmen der Prüfung von Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen. Solche
Praxisbesonderheiten können bei dem Kläger jedenfalls für die streitbefangenen Quartale nicht festgestellt werden.
Soweit der Kläger auf die Betreuung von mehreren Altersheimen hinweist, kann darin keine Praxisbesonderheit
gesehen werden. Der erhöhte Rentneranteil in der Praxis des Klägers gegenüber der Fachgruppe wird durch den
"gewichteten" Vergleich berücksichtigt. Die Bewohner eines Altersheims können gegenüber den in eigener Wohnung
lebenden oder von der Familie betreuten alten Menschen nicht generell als behandlungsbedürftiger oder höhere
Verordnungskosten verursachend angesehen werden. Gesunde Versicherte begeben sich meist nicht in die
Behandlung eines Arztes, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder in einem Altersheim leben. Soweit durch die
Prüfgremien auch schwere und verordnungsintensive Fälle festgestellt wurden, bedeutet dies nicht, dass alle teuren
Fälle deshalb auch schon schwere Fälle sind. Der Prüfarzt Dr. W. hat bei der ergänzenden repräsentativen
Einzelfallprüfung hierzu ausgeführt, dass es sicher einige wenige, von der Krankheit her, schwere Fälle gebe. Die
weitaus größere Zahl zeichne sich nur durch einen hohen Arzneimittelbedarf aus. Dass es sich bei diesen nicht um
schwere Fälle handeln könne, belege hier in etlichen Fällen die Tatsache, dass kein Arzt-Patientenkontakt
stattgefunden habe. Eine zusätzliche Berücksichtigung haben die sog. teuren Fälle dadurch erfahren, dass zwar die
jeweiligen Einzelbeanstandungen zur Grundlage des Regresses gemacht wurden, eine Hochrechnung jedoch
unterblieb (vgl. Anmerkung zu den Einzelbeanstandungen in roter Schrift). Gänzlich unberücksichtigt bei der
Regressfestsetzung blieben diejenigen (als unwirtschaftlich bezeichneten) Arzneimittel, die vom Patienten selbst
bezahlt wurden (vgl. Anmerkung zu den Einzelbeanstandungen in schwarzer Schrift).
Der Kläger hat gegenüber dem erkennenden Senat die aufgestellte Behauptung der überproportional vorhandenen
teuren Fälle nicht näher begründet. Dabei ist davon auszugehen, dass auch die Praxen der Fachgruppe schwere und
verordnungsintensive Fälle zu betreuen haben. Als Praxisbesonderheit kann damit nur eine überdurchschnittliche
Häufung von Patienten anerkannt werden, die einer besonders teuren Medikamentenversorgung notwendig bedürfen.
Es reicht also nicht aus, dass festgestellt wird, dass überdurchschnittlich viel Patienten mit einer sehr teuren
Medikation versorgt würden. Zusätzlich ist zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit die Feststellung erforderlich,
dass die jeweilige Medikation auch notwendig ist, denn Versicherte haben nur Anspruch auf ausreichende,
zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen, die das Maß des Notwendigen nicht übersteigen dürfen. Leistungen, die
nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen Leistungserbringer nicht
bewirken und die Krankenkassen nicht bewirken, § 12 Abs. 1 SGB 5. Unter Berücksichtigung der Feststellungen des
Beklagten im Rahmen der ergänzend erforderlichen intellektuellen Prüfung (vgl. BSG 9.3.1994 - 6 RKa 17/92 = ArztR
1995, 157) sowie der ergänzenden repräsentativen Einzelfallprüfung geht auch der erkennende Senat davon aus, dass
keine Praxisbesonderheit - überdurchschnittlich viele schwere und verordnungsaufwändige Fälle - bei dem Kläger in
den streitbefangenen Quartalen feststellbar ist. Demgegenüber haben die Einzelbeanstandungen des Prüfarztes im
Rahmen der ergänzenden repräsentativen Einzelfallprüfung auch zur Überzeugung des erkennenden Senates die
Bestätigung der statistisch vermuteten Unwirtschaftlichkeit erbracht. Insoweit wird auf den zusammenfassenden
Prüfbericht des Dr. W., die Niederschrift des Beklagten vom 16. September 2000 und die Gründe des angefochtenen
Beschlusses vom 16. September 2000 Bezug genommen. Die Stellungnahme des Klägers vom 27. Oktober 2001 zu
den Einzelbeanstandungen war nicht geeignet, die getroffenen Feststellungen zu widerlegen. Der Kläger hat lediglich
in allgemeiner Form dargelegt, dass er hinsichtlich der Einzelbeanstandungen nicht unwirtschaftlich verordnet oder
gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen habe, anstatt in jedem Einzelfall unter Vorlage des Krankenblattes den
Nachweis zu erbringen, dass und aus welchen Gründen in diesem speziellen Fall die vom Prüfarzt als unwirtschaftlich
belegte Verordnung dennoch ausnahmsweise wirtschaftlich bzw. dort eine Ausnahme von den Arzneimittelrichtlinien
zu machen gewesen sei. Der Kläger hat dies auch im Berufungsverfahren nicht deutlicher gemacht. Dabei wurde dem
Kläger bei der Verhandlung vor dem Beklagten etwa am Beispiel der Diagnose Refluxösophagitis deutlich gemacht,
dass sich die Beanstandung nicht generell gegen die vom Kläger vorgenommene Therapie wende, sondern dass die
Häufigkeit der Diagnose auf den Behandlungsscheinen stark in Zweifel gezogen werde. Es hätte nunmehr am Kläger
gelegen, die allgemeine Behauptung, die Diagnose sei von dem Internisten am Ort gestellt worden, in jedem
entsprechenden Einzelfall zu belegen und ggf. noch darzulegen, dass er in geeigneten Fällen die Diagnose auch
hinterfragt habe. Die Beklagte hat in den streitbefangenen Quartalen auch zu Recht und ohne Ermessensfehler
festgestellt, dass die Arzneiverordnungen des Klägers sich im Vergleich zur Fachgruppe im Bereich des
offensichtlichen Missverhältnisses befinden und sich damit die Vermutung der unwirtschaftlichen Verordnungsweise
ergibt (vgl. Urteil BSG 6.9.2000 - B 6 KA 46/99 R = SozR 3-2500 § 106 Nr. 51). Dabei beginnt nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG die Grenze zum Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses bei einer
Überschreitung zwischen 40 % und 50 %, die aber auch bei einem großen Leistungsspektrum bei 60 % beginnen
könne (vgl. BSG 2.6.1987 - 6 RKa 23/86 = BSGE 62, 24). Die Verordnungskosten des Klägers überschritten die
statistischen Durchschnittswerte der Fachgruppe um 60,49 % in III/97, um 46,14 % in IV/97 und um 52,78 % in II/98.
Unter Berücksichtigung des geringen Leistungsspektrums der Praxis des Klägers erscheint es dem erkennenden
Senat nicht ermessensmissbräuchlich, dass der Beklagte das Bestehen eines offensichtlichen Missverhältnisses
bereits bei den vorliegenden Überschreitungen angenommen hat. Auch unter Berücksichtigung des
Arzneikostenregresses befand sich der Kläger weiterhin im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses (s.o.),
ungeachtet der vom Beklagten angestellten Hilfsüberlegung (hinsichtlich eines bereinigten Fallwertes), dass dem
Kläger unter Berücksichtigung des Regresses noch ein Mehrbetrag von 20 % (außerhalb des Streubereichs)
verbleiben solle.
Soweit der Kläger beanstandet, dass er nicht Einblick in alle seine Verordnungen erhalten hat, ändert dies nichts am
Ergebnis und der Rechtmäßigkeit des Regressverfahrens. Das eigentliche Prüfverfahren ist von der Beanstandung
nicht betroffen, da die dem Prüfarzt vorgelegten Verordnungsscheine und damit insbesondere die von ihm
beanstandeten Verordnungen vom Kläger eingesehen und zur Grundlage seiner Stellungnahmen gemacht werden
konnten. Rechtliches Gehör hinsichtlich der Einzelbeanstandungen hat der Kläger damit gehabt. Dass es den
Beigeladenen zu 2) bis 8) auch im Berufungsverfahren nicht gelungen ist, sämtliche Verordnungsblätter des Klägers
aus den streitbefangenen Quartalen dem Gericht vorzulegen und damit dem Kläger entsprechende Einsicht zu
ermöglichen, ändert ebenfalls nichts an der Rechtmäßigkeit des Regressverfahrens. Bei der Vielzahl der beteiligten
Krankenkassen mit zum Teil nur wenigen im Quartal abgerechneten Fällen (bezogen auf den einzelnen Arzt) und der
dezentralen Lagerung der Verordnungsscheine bei den Krankenkassen würde es sowohl das Verfahren bei den
Prüfgremien als auch bei den Gerichten unzumutbar belasten bzw. unmöglich machen, wenn die Forderung erhoben
würde, dass sämtliche Verordnungsscheine vorliegen müssen (vgl. hierzu BSG 6.9.2000 - B 6 KA 46/99 R = SozR 3-
2500 § 106 Nr. 51).
Selbst, wenn davon auszugehen wäre, dass die statistischen Größen im Falle des Klägers zweifelhaft sein sollten,
ändert dies nichts an der Richtigkeit des von dem Beklagten festgestellten Regress, da dieser seine Begründung
findet in den vom Prüfarzt festgestellten, im Ausschuss diskutierten und sodann in den Beschluss einzeln
aufgenommenen Beanstandungen, wie oben gezeigt. Dabei ist der Ausgangspunkt eines Regressverfahrens auf der
Grundlage der statistischen Auffälligkeiten selbst dann nach Überzeugung des erkennenden Senates unbeachtlich,
wenn sich später herausstellen sollte, dass bei richtiger statistischer Bewertung die Aufgreifkriterien für ein
Prüfungsverfahren nicht gegeben sein sollten. Denn § 106 Abs. 2 SGB 5 sah auch vor den streitbefangenen Quartalen
bereits Stichprobenprüfungen vor. Das bedeutet, dass die Durchführung einer Prüfung auch dann rechtmäßig ist, wenn
keine statistischen Auffälligkeiten des zu prüfenden Arztes vorliegen.
Der erkennende Senat geht nach der Anhörung von Herrn H. und Dr. Wx. im Parallelverfahren am 30. Oktober 2002
davon aus, dass bei Eintragung der richtigen Arztnummer und der PZN auf dem Rezept die zutreffenden Beträge dem
jeweils richtigen Arzt zugeordnet werden und damit die überwiegende Mehrheit der in der Statistik verarbeiteten Daten
richtig sind. Die möglichen Fehler bei der Ausfüllung der Rezepte bzw. bei der späteren Abgabe der Medikamente und
der damit verbundenen Erfassung der Daten werden teilweise erkannt und damit eliminiert; hinsichtlich der
verbleibenden Fehler ist nicht erkennbar, auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers, dass sie
die Statistik zur Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung unverwertbar machen - im vorliegenden Fall auch unter
Berücksichtigung, dass eine ergänzende Einzelfallprüfung mit Hochrechnung durchgeführt wurde.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Einwendungen des Klägers hinsichtlich der Verwertbarkeit der
Arzneikostenstatistik auch im Einzelnen den erkennenden Senat nicht zu überzeugen vermochten. Soweit der Kläger
dezidiert auf verschiedene Fehlerquellen bei der Ermittlung seiner Verordnungskosten sowie der Errechnung der
Verordnungskosten der Vergleichsgruppe hinweist und ausführlich anhand seiner eigenen Verordnungen an Beispielen
belegt, konnte nicht festgestellt werden, dass diese sich im Falle des Klägers überwiegend zu seinem Nachteil
ausgewirkt haben bzw. zu einer Unverwertbarkeit der statistischen Größen führen. Dabei geht der erkennende Senat
von der allgemeinen Erkenntnis aus, dass Fehler an jeder Stelle auftreten können, angefangen bei der Verschreibung,
bei der Einlösung in der Apotheke oder bei der Erfassung im ARZ (oder einer anderen Abrechnungsstelle). Soweit der
Kläger hierzu die Einzelbeispiele aufführt, belegt dies zunächst die allgemeine Erkenntnis der Fehleranfälligkeit eines
jeden Systems, lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, dass die Aussagen der Statistik für das Prüfverfahren nicht
mehr verwertbar sind, wobei auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen ist, dass die Errechnung des Regresses im
vorliegenden Fall nicht auf den statistischen Werten beruht, sondern auf den Einzelbeanstandungen. Soweit der
Beklagte unter Hinweis auf die statistischen Werte den Regress nicht in voller Höhe entsprechend den vom Prüfarzt
festgestellten Einsparmöglichkeiten festgesetzt hat, ist der Kläger nicht beschwert. Wenn es zutreffen sollte, wie der
Kläger versucht hat nachzuweisen, dass bei seinen Null-Rezepten (Zuzahlung des Patienten ist mindestens so hoch
wie der Abgabepreis des Medikamentes) überdurchschnittlich viele nicht zum ARZ gelangen, würde dies nicht zu
einer statistischen Schlechterstellung des Klägers führen, da bei einer Bruttoberücksichtigung (der
Medikamentenpreis geht in die Gesamtverordnungskosten ein) der Kläger relativ entlastet würde, während bei
Übernahme des Null-Betrages keine Beträge in die Statistik eingingen. Es brauchte deshalb dieser Behauptung des
Klägers nicht näher nachgegangen zu werden. Soweit Herr H. im beigezogenen Protokoll des Parallelverfahrens
angegeben hat, dass Verordnungen zu Lasten einer Primärkasse außerhalb des jeweiligen Bundeslandes nicht in die
Gesamtverordnungskosten eingingen, hat dies ebenfalls keine Auswirkungen auf die Aussagekraft der statistischen
Werte, da auch die dazugehörigen Patienten aus der Statistik herausgenommen werden, im Falle des Klägers im
Quartal zwischen 21 und 30 (ablesbar an der Zahl laut Verordnungsstatistik). Soweit Heil- und Hilfsmittel auf
separaten Rezepten verordnet und korrekt gekennzeichnet werden, gehen diese in die Arzneikostenstatistik nicht ein,
wie Dr. Wx. im Parallelverfahren (s. beigezogenes Protokoll) angegeben hat. Dass bei nicht korrekt gekennzeichneten
Rezepten oder auch sog. Mischrezepten (Arzneien und Heil- und Hilfsmittel werden auf einem Rezept verordnet) und
fehlender Ausgrenzung durch die Pharmazentralnummer (PZN) die Möglichkeit besteht, dass die Beträge in die
Gesamtverordnungskosten sowohl des einzelnen Arztes als auch der Vergleichsgruppe eingehen, wirkt sich nicht
einseitig zum Nachteil des Klägers aus. Soweit der Kläger eine Veränderung seiner Verordnungswerte durch die
Abgabepraxis der Apotheker (andere Packungsgröße, andere Wirkungsweise, von einem anderen Hersteller, mit
anderer Galenik oder gänzlich andere Medikamente) verursacht sieht (teilweise zu seinen Gunsten teilweise zu seinen
Ungunsten), lassen sich daraus weder die Vermutung noch der Nachweis ableiten, dass die Verordnungsstatistik des
Klägers hiervon durchschnittlich stärker betroffen ist als die Vergleichsgruppe insgesamt. Ob eine Verordnung
versehentlich der falschen Krankenkasse in Rechnung gestellt werde, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne
Belang, da dies auf die Verordnungskosten des Arztes keinen Einfluss hat. Es war deshalb auch den vom Kläger
insoweit aufgeworfenen Fragen nicht nachzugehen. Der Hinweis auf Tipp-Ex-Korrekturen durch den Apotheker ist
nach Auffassung des erkennenden Senates nicht entscheidungserheblich, da vom Kläger nicht die Behauptung
aufgestellt wurde, dass die Verordnung nach der Verwendung mit Tipp-Ex fehlerhaft bearbeitet wurde. Soweit die
Anwendung von Tipp-Ex einen Hinweis darauf liefert, dass ein zuvor unrichtig bearbeitetes Rezept nunmehr berichtigt
wurde, kann die Statistik dadurch nicht verfälscht worden sein. Gleiches gilt für die vom Kläger beanstandete
Verwendung eines Klebestreifens auf der Rückseite des Rezeptes. Der erkennende Senat sieht darin ebenfalls den
Hinweis auf eine (zu begrüßende) Fehlerberichtigung.
Aus den oben genannten Gründen war den Anregungen des Klägers zur weiteren Ermittlung des Sachverhaltes
insbesondere hinsichtlich des Abrechnungsverfahrens, der Kontrollen, der Fehlerquellen, der Abläufe im ARZ
einschließlich evtl. Korrekturläufe, der Verarbeitung der Daten bei den Krankenkassen und deren Vergabe von
Arbeitsschritten an andere Stellen, der Verwendung bestimmter Software, der tatsächlichen und der möglichen
Sortierungsweise der Rezepte, der Gründe für Tipp-Ex-Gebrauch im Apothekenfeld sowie der Verwendung von
Klebestreifen auf der Rückseite, nicht zu folgen.
Soweit der Kläger auf ein Urteil des Sozialgerichts Berlin, 71. Kammer, hinweist, ist dieses nicht geeignet, zu einer
Änderung der getroffenen Feststellungen des erkennenden Senates zu führen, und zwar schon deshalb nicht, da es
sich im dortigen Fall um eine Arzneimittelprüfung nach Richtgrößen handelt (SG Berlin 8.5.2002 - S 71 KA 244/01 =
Juris Nr. KSRE090020518). Auch das vom Kläger vorgelegte (anonymisierte) Protokoll vom 19.12.2001
(Beschwerdeausschuss – M.) vermag das getroffene Ergebnis nicht zu verändern. Es ist nicht zu erkennen, dass die
dortigen Verhältnisse auf die Verhältnisse in Hessen übertragbar sind.
Soweit der Kläger beanstandet, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot zunehmend missverstanden werde und zu
Rationierungen und Gesundheitsgefährdung der Patienten führe, fehlt es am konkreten Bezug zum vorliegenden Fall.
Die Einzelbeanstandungen des Prüfarztes im vorliegenden Fall lassen solche Tendenzen nicht erkennen.
Eine Beeinträchtigung der Grundrechte des Klägers ist für den erkennenden Senat nicht erkennbar. Der Hinweis des
Klägers auf eine Beeinträchtigung der Versicherten unter Verletzung von Art. 2 Abs. 1 Art. 2 Abs. 2 sowie Art. 3 GG
geht hier schon deshalb fehl, weil der Kläger als behandelnder Arzt von der angefochtenen Entscheidung betroffen ist.
Soweit der Kläger in Bezug auf das Aufgreifkriterium des Überschreitens von Durchschnittswerten Art. 3 GG verletzt
sieht, bleibt dabei unberücksichtigt, dass es auch die Stichprobenprüfung (ohne statistische Auffälligkeit) gibt.
Ebenfalls ist keine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG zu erkennen. Die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ist nicht
dadurch in verfassungswidriger Weise eingeschränkt, dass er dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegt. Die Verordnung
unwirtschaftlicher Medikamente zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Ergebnis der zusätzlichen
Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge ist nicht durch die Freiheit der Berufsausübung des Arztes geschützt.
Der Arzneikostenregress im Allgemeinen und der streitbefangene im Besonderen stellen keinen Verstoß gegen Art. 14
Abs. 1 GG dar. Soweit der Kläger Medikamente verordnet hat, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich waren, liegt
ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 SGB 5 vor. Dadurch ist den betroffenen Krankenkassen ein Schaden entstanden, der
durch die streitbefangenen Regresse ersetzt wird (vgl. BSG 29.1.1997 - 6 RKa 5/96 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 38). Die
Verpflichtung zum Ersatz im Rahmen der Berufsausübung selbst verursachten Schadens trifft nicht nur Vertragsärzte.
Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst, § 160 Abs. 2 Nr.
1 SGG.