Urteil des LSG Hessen vom 20.10.2010

LSG Hes: ermächtigung, versorgung, stadt, widersprüchliches verhalten, psychische störung, unbestimmter rechtsbegriff, beurteilungsspielraum, behandlung, icd, verfügung

Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 20.10.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 225/09
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 68/09
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Juli 2009 abgeändert. Der Beschluss
des Beklagten vom 21. Januar 2009 wird aufgehoben, soweit darin unter Punkt 2. eine Ermächtigung für maximal 300
Fälle im Quartal aus den übrigen Planungsbereichen erteilt worden ist und unter Punkt 3. beschlossen worden ist,
dass dem Beigeladenen zu 1) 80 % der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen
Kosten zu erstatten sind.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin, der Beklagte und der Beigeladene zu 1) tragen die Gerichtskosten jeweils zu 1/3. Von den
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) trägt die Klägerin die Hälfte. Ansonsten sind außergerichtliche
Kosten nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 26.600,00 Euro festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Umfang der Ermächtigung des Beigeladenen zu 1).
Der 1953 geborene Beigeladene zu 1) ist Arzt für Radiologische Diagnostik mit Teilgebietsbezeichnung
Neuroradiologie und Nervenarzt. Er ist Direktor der Abteilung Neuroradiologe des Zentrums für Nervenheilkunde im
Fachbereich Humanmedizin am Universitätsklinikum D-Stadt und A-Stadt GmbH. Als ermächtigter Arzt nimmt er seit
Juni 2003 an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Mit Beschluss vom 26. September 2006 ermächtigte der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen
Vereinigung den Beigeladenen zu 1) befristet bis 30. September 2008 für folgende Leistungen:
Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant
vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien,
ausschließlich auf Überweisung durch Radiologen, Neuroradiologen, Neurologen, Neurochirurgen und Kinderradiologen
abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310,
34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322, 34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351,
34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442, 34450, 34451, 34460 und 34500 EBM 2005 – die Zahl der
abrechnungsfähigen Fälle wird auf maximal 500 je Quartal begrenzt; Notfälle fallen nicht unter die Fallobergrenze –.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Beschluss vom 26. September 2007
zurück. Zur Begründung führte er aus, der Beigeladene zu 1) habe überzeugend dargetan, dass eine überregionale und
bundesweite Nachfrage nach den von ihm erbrachten Leistungen bestehe, welche die von der Kassenärztlichen
Vereinigung angestrebte Fallzahl von 350 Fällen pro Quartal übersteige.
Am 28. April 2008 beantragte der Beigeladene zu 1) die Verlängerung seiner Ermächtigung und zusätzlich den Wegfall
des Facharztfilters sowie der Fallzahlbegrenzung auf 500 Fälle. Er führte aus, er grenze sich von den im
Planungsbereich niedergelassenen Fachärzten für Radiologie insoweit ab, als er den Bedarf an spezieller
neuroradiologischer Diagnostik abdecke. Im Planungsbezirk A-Stadt sei kein Facharzt für Radiologie mit der
Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie niedergelassen. Er stehe am Ende einer fachärztlichen Diagnostikkette. Sein
Tätigkeitsspektrum beziehe sich auf neuroradiologische-diagnostische Untersuchungen bei schwierigen Diagnosen im
Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Bestimmte Untersuchungen, insbesondere im Rahmen der
pränatalen Diagnostik von Föten sowie bei Neugeborenen, könnten nur von ihm oder bei einem Fachkollegen in E
Stadt durchgeführt werden. Aufgrund seiner Spezialisierung werde er überregional in Anspruch genommen. Die
Fallzahl von 2.043 Fällen im Jahr 2004 sei im Jahr 2006 bereits auf 2.587 Fälle und im Jahr 2007 noch weiter
angestiegen. Der Anstieg resultiere auch aus der Möglichkeit der aktiveren Diagnostik und Therapie bei der
Frühversorgung von Schlaganfallpatienten. Auch von dem in A-Stadt im Rahmen eines Medizinischen
Versorgungszentrums tätigen Neuroradiologen erhalte er Überweisungen. Er greife in deren Tätigkeitsfeld nicht ein.
Das Kompetenzzentrum "Bedarfsprüfung und Sicherstellung" der Klägerin erklärte dazu in einer Stellungnahme vom
9. September 2008, es lehne eine weitere Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) ab. Ein im Rahmen der
Bedarfsprüfung befragtes radiologisch-nuklearmedizinisches Versorgungszentrum in A-Stadt habe sich ausdrücklich
gegen die Fortführung der Ermächtigung ausgesprochen. Dort sei neben konventionell tätigen Radiologen und
Nuklearmedizinern seit dem 1. Juli 2007 auch eine Neuroradiologin niedergelassen, die alle Tätigkeitsbereiche
abdecke, die der Beigeladene zu 1) ambulant erbringen könne. Das Medizinische Versorgungszentrum sei hinsichtlich
der personellen und apparativen Voraussetzungen auf dem neuesten Stand der Medizin. Das Tätigkeitsspektrum der
Ärzte des Medizinischen Versorgungszentrums beziehe sich ausdrücklich auch auf Untersuchungen bei schwierigen
Diagnosen im Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Durch die langjährige universitäre Erfahrung der
Ärzte auf verschiedenen radiologischen Gebieten stehe darüber hinaus eine universelle radiologisch-
neuroradiologische Kompetenz zur Verfügung, die von einem Neuroradiologen allein nicht gewährleistet werde. Falls
medizinisch notwendig, würden die Patienten in die neurologische oder neuroradiologische Klinik des
Universitätsklinikums A-Stadt überwiesen werden. Die dann evtl. notwendige Behandlung sei in aller Regel stationär
und bedürfe keiner Ermächtigung. Das Medizinische Versorgungszentrum teile mit, über ausreichend freie
Kapazitäten zu verfügen. Es bestehe weder ein quantitativer noch ein qualitativer Bedarf für eine Ermächtigung. Die
überregionale Versorgungssituation und überregionale Zuweisungen seien im Rahmen der Bedarfsprüfung nicht zu
berücksichtigen. Im Quartal II/08 seien von 297 Überweisungen an den Beigeladenen zu 1) 23 außerhessische
Zuweisungen erfolgt.
Der Beigeladene zu 1) erwiderte, die Niederlassung einer Fachärztin für Radiologie mit Teilgebietsbezeichnung
Neuroradiologie stehe seiner Ermächtigung nicht entgegen, da diese in keiner Weise den speziellen
Versorgungsbedarf im Bereich der schwierigen Diagnosen bei vaskulären und tumorösen Erkrankungen abdecken
könne. Auf dem Gebiet der pränatalen Diagnostik bei Föten und der Frühdiagnostik bei Neugeborenen sei er
europaweit führend. Er sei ferner spezialisiert auf die Diagnostik vaskulärer Erkrankungen des Gehirns, des
Rückenmarkes sowie der Höhlstrukturen sowie der Schädelbasis und des Gesichts sowie von hypervaskulärisierten
Tumoren. Im Jahre 2007 habe er 2.018 Fälle, die ihm von Ärzten innerhalb des Planungsbezirks zugewiesen worden
seien, und 1.603 Fälle, die ihm von Ärzten außerhalb des Planungsbezirks zugewiesen worden seien, behandelt.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen lehnte mit Beschluss vom 16.
September 2008 den Antrag des Beigeladenen zu 1) auf Erteilung einer neuerlichen Ermächtigung unter Hinweis auf
die Stellungnahme des Kompetenzzentrums Bedarfssicherung und Sicherstellung ab, wogegen der Beigeladene zu 1)
am 22. Oktober 2008 Widerspruch einlegte. Im Rahmen eines gleichzeitig gestellten Antrags auf einstweiligen
Rechtsschutz erließ das Sozialgericht Marburg am 14. November 2008 eine einstweilige Anordnung, wonach der
Beigeladene zu 1) bis zur Entscheidung im Widerspruchsverfahren für bestimmte neuroradiologische Leistungen zu
ermächtigen sei. Dem trug der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 10. Dezember 2008 Rechnung und erteilte
dem Beigeladenen zu 1) eine vorläufige Ermächtigung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens führte die Klägerin aus, die neuroradiologische Versorgung im
Planungsbereich A-Stadt sei durch die niedergelassenen Fachärzte für Radiologie und eine Fachärztin für Radiologie
mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie sichergestellt. Eine Überprüfung der Abrechnungen der Quartale III/07
II/08 habe ergeben, dass die streitgegenständlichen GO-Nummern des EBM durch die niedergelassenen Radiologen
und die niedergelassene Fachärztin für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie erbracht und
abgerechnet würden. Hierzu fügte sie eine anonymisierte Abrechnungsübersicht der streitgegenständlichen Leistungen
der Quartale III/07 - II/08 bei. Eine Auswertung der ICD-Angaben der Abrechnung III/08 der niedergelassenen
Radiologen und der Abrechnung des Beigeladenen zu 1) habe ergeben, dass die folgenden Codierungen lediglich von
dem Beigeladenen zu 1) angesetzt worden seien:
ICD Legende C00.1 Bösartige Neubildung des Zungengrundes C71.9 Bösartige Neubildung des nicht näher
bezeichneten Gehirns E23.7 Störung der Hypophyse, nicht näher bezeichnet F09 Nicht näher bezeichnete organische
oder symptomatische psychische Störung G11.9 Hereditäre Ataxie, nicht näher bezeichnet G21.2 Parkinson-Syndrom
durch sonstige exogene Agenzien G44.0 Cluster-Kopfschmerzen G47.39 Schlafapnoe, nicht näher bezeichnet G50.0
Trigeminusneuralgie G50.1 Atypischer Gesichtsschmerz G81.1 Spastische Hemiparese und Hemiplegie G81.9
Hemiparese und Hemiplegie, nicht näher bezeichnet G83.1 Monoparese und Monoplegie der unteren Extremitäten
G90.2 Horner-Syndrom H47.2 Stauungspapille, nicht näher bezeichnet I69.0 Folgen einer Subarachnoidalblutung I69.1
Folgen einer intrazerebralen Blutung I69.3 Folgen eines Hirninfarktes Q03.9 Angeborener Hydrozephalus, nicht näher
bezeichnet Q28.10 Angeborenes Aneurysma der präzerebralen Gefäße Q28.28 Sonstige angeborene arteriovenöse
Fehlbildung der zerebralen Gefäße Q28.30 Angeborenes Aneurysma der zerebralen Gefäße R25.1 Tremor, nicht näher
bezeichnet R47.0 Dysphasie und Aphasie R47.1 Dysartherie und Anathrie R47.8 Sonstige nicht näher bezeichnete
Sprech- und Sprachstörungen T09.3 Verletzungen des Rückenmarks, nicht näher bezeichnet T90.5 Folgen einer
intrakraniellen Verletzung
Das Medizinische Versorgungszentrum im Planungsbereich A-Stadt-F-Stadt habe erklärt, dass dort die Leistungen der
gesamten vorgenannten ICD-Codierungen erbracht werden könnten. Das MVZ verfüge über mehrere
Computertomographen und Kernspintomographen an verschiedenen Standorten im Planungsbereich mit ausreichend
freien Kapazitäten.
Das MVZ Diagnostikzentrum A-Stadt teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 17. Januar 2009 mit, es halte eine
Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) nicht für notwendig. Der Entscheidung des Sozialgerichts Marburg im
Beschluss vom 14. November 2008, welches die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle auf 300 je Quartal begrenzt habe,
könne man sich jedoch anschließen, wenn sich dies ausschließlich auf Überweisungen durch Radiologen,
Neuroradiologen und Kinderradiologen beschränke.
Nach persönlicher Anhörung des Beigeladenen zu 1) gab der Beklagte dem Widerspruch mit Beschluss vom 21.
Januar 2009 teilweise statt und ermächtigte unter Abänderung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom
16. September 2008 den Beigeladenen zu 1) auch weiterhin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die
Ermächtigung befristete er bis 31. Dezember 2010 und erstreckte sie auf folgende Leistungen:
"Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant
vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien,
ausschließlich auf Überweisung durch Radiologen, Neuroradiologen, Neurologen, Neurochirurgen, Kinderradiologen
und HNO-Ärzte sowie nach entsprechender Vordiagnostik durch vorgenannte Fachärzte auch auf Überweisung durch
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340,
02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310, 34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322,
34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351, 34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442, 34450, 34451,
34460 und 34500 EBM.
Die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle wird wie folgt begrenzt: - maximal 200 Fälle im Quartal aus dem
Planungsbereich A-Stadt-F-Stadt sowie den unmittelbar angrenzenden Planungsbereichen - maximal 300 Fälle im
Quartal aus den übrigen Planungsbereichen. Notfälle fallen nicht unter die Fallzahlobergrenze".
Zur Begründung führte der Beklagte aus, ein Abgleich der vom konkurrierenden MVZ Diagnostikzentrum A-Stadt
erbrachten EBM-Ziffern mit denjenigen, die bislang vom Beigeladenen zu 1) erbracht worden seien, erscheine nicht
zielführend, da naturgemäß diese Abrechnungsziffern jeweils einen umfangreichen Leistungsbereich abdeckten, so
dass allein aufgrund der Abrechnungsziffer nicht festgestellt werden könne, ob und gegebenenfalls welche
hochspezielle Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Auch ein Vergleich der ICD-Angaben sei nur beschränkt
aussagekräftig. Andererseits müsse beachtet werden, dass der Beigeladene zu 1) bereits seit längerem gerade wegen
seiner speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten ermächtigt sei und unstrittig eine überregionale Versorgungsfunktion
besitze. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) hochspezialisierte Leistungen erbringen könne, die im
niedergelassenen Bereich in dieser Weise nicht vorgehalten würden, ergebe sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass
das konkurrierende MVZ Diagnostikzentrum im Schreiben vom 17. Januar 2009 eine Ermächtigung mit einer
Fallzahlbegrenzung von 300 Fällen pro Quartal als akzeptabel angesehen habe. Allerdings müsse im Hinblick auf den
Nachrang der Ermächtigung und die Privilegierung der niedergelassenen Ärzteschaft bei der Neuerteilung der
Ermächtigung der Tatsache Rechnung getragen werden, dass nunmehr die neuroradiologische Versorgung im
Planungsbereich seit zwei Jahren auch von einer niedergelassenen Ärztin wahrgenommen werde. Demgemäß sei
durch die Einfügung entsprechender Nebenbestimmungen zu gewährleisten, dass die Ermächtigung durch den
Beigeladenen zu 1) nur in den Fällen ausgeübt werde, in denen die Kenntnisse und Fähigkeiten der niedergelassenen
Radiologin nicht ausreichend erschienen. Da im Hinblick auf die vor weniger als zwei Jahren erfolgte Niederlassung
dieser Neuroradiologin davon ausgegangen werden müsse, dass deren Einzugsbereich regional begrenzt sei, nehme
er im Hinblick auf den bundesweiten Einzugsbereich des Beigeladenen zu 1) eine Differenzierung nach dem
Herkunftsorten der Patienten vor. Angesichts der Tatsache, dass sich das MVZ Diagnostikzentrum mit einer Fallzahl
von 300 Fällen pro Quartal einverstanden erklärt und der Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung bekundet
habe, eine Fallzahl von 200 bis 300 Fällen aus dem engeren Einzugsbereich erscheine ihm ausreichend, sei eine
Fallzahlbegrenzung von 200 Fällen pro Quartal für den Einzugsbereich des eigenen Planungsbereiches und der
unmittelbar angrenzenden Planungsbereiche als zum Schutze der niedergelassenen Vertragsärzte notwendig, aber
auch ausreichend. Für den darüber hinausgehenden bundesweiten - Einzugsbereich erscheine die Fallzahlbegrenzung
auf 300 Fälle pro Quartal im Hinblick auf den eigenen Vortrag des Beigeladenen zu 1) in der möglichen Verhandlung
angemessen.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. April 2009 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Beklagte den Satz in der Ermächtigung "Notfälle fallen
nicht unter die Fallzahlobergrenze" gestrichen. Ferner hat er die unter Punkt 2 des Ermächtigungsbeschlusses
genannten Leistungen nach Nrn. 16210 bis 16212 (neurologische Grundpauschale) sowie die Leistungen nach Nrn.
01310 bis 01312 EBM 2008 gestrichen und stattdessen die Nrn. 01320 und 01321 EBM 2009 in den Beschluss
aufgenommen. Hierauf hat die Klägerin noch beantragt, den Beschluss des Beklagten vom 21. Januar 2009 insoweit
aufzuheben, als 1.) der Facharztfilter unter Punkt 2. des Ermächtigungsbeschlusses auf die Überweisungsmöglichkeit
durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen erweitert worden sei, 2.) unter Punkt 2. des Beschlusses eine Ermächtigung für
maximal 300 Fälle im Quartal aus den übrigen Planungsbereichen erteilt worden sei, 3.) unter Punkt 3. beschlossen
worden sei, dass dem Beigeladenen zu 1) 80% der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen
notwendigen Auslagen zu erstatten seien, und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Mit Urteil vom 1. Juli 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beschluss des Beklagten vom 21. Januar
2009 sei, soweit er noch angefochten werde, rechtmäßig. Nach § 116 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V), §
31a Abs. 1 Ärzte-ZV könne der Zulassungsausschuss mit Zustimmung des Krankenhausträgers einen
Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der
Versicherten ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht
sichergestellt werde. Vorliegend habe der Beklagte wegen der hoch spezialisierten Leistungen des Beigeladenen zu 1)
eine überregionale Versorgungsfunktion festgestellt. Die Klägerin habe in der mündlichen Behandlung eingeräumt,
dass auch sie davon ausgehe, dass es sich bei dem Beigeladenen zu 1) um einen Spezialisten handele, der für
seinen Bereich Leistungen erbringe, die im Planungsbereich selbst nicht erbracht würden und dass es auch
bundesweit nur sehr wenige solcher Spezialisten für dieses Leistungsspektrum gebe. Auch die Kammer habe keine
Zweifel, von der Richtigkeit dieser Aussage auszugehen. Insofern bestehe für diese Versicherten ein weiterer
Versorgungsbedarf, der durch eine Ermächtigung zu schließen sei. Ansonsten seien diese Versicherten aufgrund
einer Versorgungslücke auf das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 SGB V verwiesen, was gerade durch
die Erteilung von Ermächtigungen vermieden werden solle. Insofern könne in solch seltenen Ausnahmefällen die
Ermächtigung nicht ausschließlich auf eine Bedarfsanalyse des Planungsbereichs und der angrenzenden
Planungsbereiche bzw. auf die zumutbaren Entfernungen erstreckt werden und sei der Bedarf auch nicht auf den
Bezirk der Klägerin beschränkt. Der fachkundig besetzten Kammer sei bekannt, dass gerade bei seltenen bis sehr
seltenen Krankheiten sich auch zwischen den Universitäten Spezialisierungen herausbilden könnten, da ansonsten
keine hinreichend großen Fallzahlen bei dem einzelnen Behandler vorhanden seien, worunter dessen Erfahrung und
damit auch Behandlungsqualität leiden würde. Gerade solche Behandler, die im Regelfall nicht in Konkurrenz zu den
niedergelassenen Ärzten stünden, müssten auch den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zur
Verfügung stehen. Der Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen gelte bundesweit und könne für den ambulanten
Versorgungsbereich nicht auf Planbereichs- oder Bezirksgrenzen reduziert werden. Soweit Ärzte in einem
Zulassungsbezirk tätig seien, die einen auch außerhalb des Zulassungsbezirks auftretenden (qualitativen)
Versorgungsbedarf aufgrund ihrer hohen Spezialisierung abdeckten, gehöre es zur Zuständigkeit der
Zulassungsgremien, diese Ärzte zu ermächtigen, da überregionale Instanzen vom Gesetzgeber hierfür nicht eigens
geschaffen worden seien. Die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung des Bedarfs in einen lokal-regionalen und
einen überregionalen Bedarf sei dabei geeignet, dem in § 116 SGB V zum Ausdruck kommenden Vorrang der
niedergelassenen Ärzte hinreichend Rechnung zu tragen. Aufgrund des sog. Fremdkassenausgleichs könnten
hierdurch Verwerfungen der an die Kassenärztlichen Vereinigungen zu zahlenden Gesamtvergütungen nicht auftreten.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf einen geringen Anteil auswärtiger Überweiser hinweise, sei dieser
Hinweis nicht geeignet, eine Fehlerhaftigkeit bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums durch den Beklagten
nachzuweisen. Die Ermächtigung sei eindeutig bestimmt und Patienten mit Wohnsitz im Planungsbereich des
Beigeladenen zu 1) und den angrenzenden Planungsbereichen könnten hierüber nicht behandelt werden. Nicht zu
beanstanden sei auch, dass der Beklagte von dem Behandlungsumfang auswärtiger Patienten in der Vergangenheit
ausgegangen sei, um den Umfang des Bedarfs zu ermitteln. Die Ausweitung der Ermächtigung auf Überweisungen
durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin darauf verweise, dies
werde von den niedergelassenen Ärzten abgelehnt, fehlt es zum Einem an einem nachprüfbaren Nachweis. Zum
anderen könne ein Bedarf nicht allein aufgrund der Aussagen niedergelassener Ärzte, die letztlich in einem
Konkurrenzverhältnis zum ermächtigten Arzt stünden, verneint werden. Sachlich-medizinische Einwände würden von
der Klägerin aber nicht vorgetragen und habe auch die fachkundig besetzte Kammer nicht entdeckt. Schließlich sei
auch die Kostenentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 13. Juli 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. August 2009 Berufung eingelegt.
Im Rahmen eines von dem Beigeladenen zu 1) angestrengten einstweiligen Anordnungsverfahrens hat der Senat mit
Beschluss vom 26. November 2009 (L 4 KA 92/09 ER) die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Beklagten vom
21. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2010 angeordnet. Auf weiteren Antrag des Beigeladenen zu 1) hat der Senat mit
Beschluss vom 21. Juni 2010 (L 4 KA 29/10 ER) diese Anordnung für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 wiederholt.
Die Klägerin meint, das Sozialgericht verkenne, dass es hinsichtlich der angegriffenen Teile der Ermächtigung keine
Rechtsgrundlage für die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) gebe. Hinsichtlich der durch den Beklagten
vorgenommenen Erweiterung des Facharztfilters habe eine nochmalige Befragung zur Ermächtigung des
Beigeladenen zu 1) ergeben, dass alle radiologischen und neuroradiologischen Untersuchungen im HNO-Bereich und
MKG-Chirurgen-Bereich von den niedergelassenen Radiologen und Neuroradiologen abgedeckt würden, die im
Vergleich zu dem Beigeladenen zu 1) ihre Kompetenz in diesem Bereich als mindestens gleichwertig einschätzten
und deshalb eine Erweiterung des Facharztfilters ablehnten. Sie – die Klägerin – habe wiederholt vorgetragen, dass
die Erweiterung des Facharztfilters aus Sicherstellungsgründen nicht erforderlich sei, da diese Leistungen von den
niedergelassenen Ärzten sichergestellt würden. Aus dem angegriffenen Beschluss sei eine Begründung für die
Erweiterung des Überweiserkreises an keiner Stelle zu entnehmen. Offensichtlich sei eine Prüfung der
Sicherstellungsfrage durch den Beklagten gar nicht erfolgt, womit dieser seinen Beurteilungsspielraum überschritten
habe. Rechtsirrig habe das Sozialgericht auch die Rechtmäßigkeit der bundesweiten Ermächtigung des Beigeladenen
zu 1) bejaht. Der Beklagte habe nicht geprüft, aus welchen Planungsbereichen bzw. Bundesländern die Patienten im
Einzelnen stammten und wie sich die Versorgungssituation in den Herkunftsgebieten darstelle. Eine Prüfung der
Versorgungssituation in Bezug auf die zu behandelnden Patienten aus dem übrigen Bundesgebiet fehle damit völlig.
Das Bundessozialgericht habe zudem die Einbeziehung der in anderen Planungsbereichen bestehenden
Versorgungsangebote oder –defizite nur in Ausnahmefällen in die Betrachtung einbezogen, wenn es um atypisch
geschnittene Planungsbereiche gegangen sei; hierbei sei es auch immer nur um angrenzende Planungsbereiche
gegangen. Eine Einbeziehung des gesamten Bundesgebiets sei mit dem im Bereich der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten geltenden System der Bedarfsplanung unvereinbar. Das Teilanerkenntnis des Beklagten
sei im Verhältnis zu dem übrigen strittigen Teil der Ermächtigung auch nicht von untergeordneter Bedeutung und
müsse daher bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Juli 2009 aufzuheben und den Beschluss des
Beklagten vom 21. Januar 2009 insoweit aufzuheben, als 1. der Facharztfilter unter Punkt 2. des
Ermächtigungsbeschlusses auf die Überweisungsmöglichkeit durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen erweitert worden
ist, 2. unter Punkt 2. des Beschlusses eine Ermächtigung für maximal 300 Fälle im Quartal aus den übrigen
Planungsbereichen erteilt wurde, 3. unter Punkt 3. beschlossen wurde, dass dem Beigeladenen zu 1) 80 % der zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten sind, und den Beklagten
zu verpflichten, den Widerspruch insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung führt der Beklagte aus, die Streichung der Formulierung "Notfälle fallen nicht
unter die Fallobergrenze" sei ein rein deklaratorischer Akt gewesen, da zwischen den Beteiligten Einigkeit bestehe,
dass die Behandlung von Notfällen nicht in die Fallzahlbegrenzung einbezogen sei. Eine inhaltliche Änderung des
Beschlusses habe lediglich hinsichtlich der Streichung der Gebührenziffern 16210 bis 16212 EBM stattgefunden,
deren honorarmäßige Auswirkungen marginal seien. Die Frage der Erweiterung der Ermächtigung hinsichtlich des
Facharztfilters auf HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen sei durchaus Gegenstand der Ermessenserwägungen im
angegriffenen Bescheid gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe anhand von Einzelfällen in der mündlichen Verhandlung
vor dem Beklagten seine Ausführungen belegt, dass diagnostische Bemühungen durch andere Ärzte ohne Ergebnis
geblieben seien und erst seine Einschaltung zu einer zutreffenden Diagnose geführt habe. Hierbei habe er
ausdrücklich den Bereich der HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen mit einbezogen und auf eine Einzelfallschilderung im
Bereich eines HNO-Falles verwiesen. Demgegenüber übernehme die Klägerin einfach die Behauptung der
niedergelassenen Ärzte, sie sähen sich zu einer entsprechenden gleichwertigen Leistungserbringung in der Lage, was
angesichts der Konkurrenzsituation mit dem Beigeladenen zu 1) unter Berücksichtigung dessen substantiierten
Vorbringens jedoch nicht ausreichend sei. Aus seiner Sicht sei es daher abgezeigt gewesen, auch HNO-Ärzten und
MKG-Chirurgen ein Überweisungsrecht einzuräumen. In Bezug auf die Rüge der Klägerin, es seien keine Erhebungen
zur bundesweiten Bedarfssituation vorgenommen worden, sei darauf hinzuweisen, dass der Berufungsausschuss
selbst keine administrativen Möglichkeiten für solche Erhebungen habe, sondern solche von der Klägerin geleistet
werden müssten. Die Klägerin habe jedoch im Verfahren vor dem Berufungsausschuss ausdrücklich mitgeteilt, dass
im Rahmen der Bedarfsprüfung die überregionale Versorgungssituation und überregionale Zuweisungen nicht zu
berücksichtigen seien, und dementsprechend auch keine entsprechenden Untersuchungen vorgelegt. Dann stelle es
aber ein zutiefst widersprüchliches Verhalten der Klägerin dar, wenn sie im Rahmen des Berufungsverfahrens ihm –
dem Beklagten – zum Vorwurf mache, solche Bedarfsanalysen nicht vorgenommen zu haben. Zudem habe der
Beigeladene zu 1) während des gesamten Verfahrens ausdrücklich auf sein hoch spezialisiertes, bundesweit
nachgefragtes Leistungsangebot hingewiesen und dieses durch Einzelfallschilderungen und die Vorlage
entsprechender Einzugsstatistiken untermauert. Dem sei die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten.
Der Beigeladene zu 1) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und führt ergänzend aus, auch bei Patienten, die von HNO-
Ärzten und MKG-Chirurgen überwiesen würden, handele es sich um die Therapie und Diagnostik bei Patienten mit
unspezifischen Symptomen, bei denen eine radiologische bzw. neuroradiologische Abklärung im niedergelassenen
Bereich keinen weiteren Aufschluss gegeben habe. Es gehe nicht um Routinefälle, sondern um spezielle
Fragestellungen bei vor- und ausdiagnostizierten Patienten. Für den HNO-Bereich habe er das dem
Berufungsausschuss anhand eines Patientenberichts deutlich gemacht. Die Klägerin sei dem zu keiner Zeit
substantiiert entgegen getreten. Ihm würden, wie er bereits im Verfahren vor dem Zulassungs- und
Berufungsausschuss umfänglich dargelegt habe, Patienten aus nahezu allen Planungsbereichen des Bundesgebiets
zugewiesen. Insoweit verweist der Beigeladene zu 1) auf von ihm erstellte Statistiken und führt aus, im Quartal I/2009
seien 386 Behandlungen, II/2009: 361 Behandlungen und III/09: 339 Behandlungen an Patienten von außerhalb des
Planungsgebiets erfolgt. Die entsprechenden Überweisungsscheine lägen der Klägerin vor, die eine entsprechende
Auswertung aber unterlassen habe.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge und haben sich zur Sache nicht geäußert.
Der Senat hat den Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin vom 10. März 2010 persönlich gehört. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstands wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den weiteren Inhalt
der Gerichts- und Verwaltungsakten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben
sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann nicht in
vollem Umfang aufrechterhalten bleiben. Der Beschluss des Beklagten vom 21. Januar 2009 ist, soweit der Beklagte
dem Beigeladenen zu 1) eine Ermächtigung für 300 Fälle im Quartal aus den "übrigen Planungsgebieten" erteilt hat,
rechtswidrig und aufzuheben. Demzufolge kann auch die als Annex zur Hauptsacheentscheidung zu treffende
Kostenentscheidung keinen Bestand haben. Hingegen ist die Berufung unbegründet, soweit mit ihr die Aufhebung des
Ermächtigungsbeschlusses hinsichtlich der Erweiterung des Facharztfilters unter Punkt 2. (Überweisungsmöglichkeit
durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen) begehrt wird. Das Urteil des Sozialgerichts ist in diesem Punkt nicht zu
beanstanden.
Die Klage der Klägerin gegen den Beschluss des Beklagten vom 21. Januar 2009 ist als Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; denn die Klägerin erstrebt die Beseitigung einer des Beigeladenen zu
1) begünstigenden Entscheidung des Beklagten. Ein zusätzlicher Neubescheidungsausspruch kommt nicht in
Betracht, weil die – teilweise – Aufhebung der angegriffenen Entscheidung durch den Senat das Verfahren in das
Stadium des Widerspruchsverfahrens zurückversetzt und den Beklagten von Amts wegen verpflichtet, erneut über
den Widerspruch des Beigeladenen zu 1) gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses zu entscheiden (vgl.
zur ähnlichen Konstellation bei § 106 SGB V Clemens in JurisPK, § 106 Rdnr. 284 ff.; im Sinne der Anfechtungsklage
auch BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007, B 6 KA 42/06 R, Juris).
Der Beklagte hat im angegriffenen Beschluss die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermächtigung, soweit es um
Patienten aus den "übrigen Planungsbereichen" geht, zu Unrecht bejaht. Zwar ist eine solche, im Ergebnis bundesweit
wirkende Ermächtigung rechtlich möglich. Die Beklagte hat aber den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend
ermittelt. Nach § 116 Satz 2 SGB V (wortgleich mit § 31a Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV) ist eine Ermächtigung zu erteilen,
soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Diese
Regelung entspricht dem Vorrang der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch die niedergelassenen
Vertragsärzte und Medizinischen Versorgungszentren. Ermächtigungen kommen nur dann in Betracht, wenn die
ambulante Versorgung von den niedergelassenen Ärzten und den Medizinischen Versorgungszentren nicht
gewährleistet ist (vgl. z. B. BSGE 70, 167, 173 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2 S. 15; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 23 S.
102; SozR 3-5520 § 20 Nr. 4 S. 42; BVerfG (Kammer) SozR 4-1500 § 54 Nr. 4 Rdnr. 4, jeweils m. w. N.). Die
Ermächtigung eines Krankenhausarztes gemäß § 116 SGB V und § 31a Abs 1 Ärzte-ZV erfordert nach der
Rechtsprechung des BSG entweder einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf
(st. Rspr: z. B. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 11 S. 59; BSGE 73, 25, 29 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 S. 29; BSG SozR
3-2500 § 116 Nr. 24 S. 111 f.). Die Erteilung oder Versagung einer Ermächtigung ist dabei nicht nur insgesamt (als
Gesamtakt) überprüfbar, sondern auch hinsichtlich abgrenzbarer Teile, so dass ein Streitverfahren auf einzelne
Leistungen, auf die sich die Ermächtigung erstreckt bzw. zusätzlich erstrecken soll, beschränkt sein kann (vgl. BSGE
73, 25, 28 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 S. 28; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 12 S. 63).
Vorliegend hat der Beklagte den ihm bei solchen Entscheidungen zustehenden Beurteilungsspielraum nicht gewahrt,
als er dem Beigeladenen zu 1) neben der (unangegriffenen) Ermächtigung, 200 Fälle im Quartal aus dem
Planungsbereich A Stadt-F-Stadt sowie den unmittelbar angrenzenden Planungsbereichen zu behandeln, eine weitere
Ermächtigung dahin erteilt hat, bei maximal 300 Patienten im Quartal aus den übrigen Planungsbereichen – also dem
restlichen Bundesgebiet – besondere Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant
vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien
durchzuführen.
Den Zulassungsinstanzen steht bei der Prüfung der Frage, ob die Beteiligung eines Krankenhausarztes notwendig ist,
um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, ein Beurteilungsspielraum zu. Der
Begriff der Notwendigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der zwar durch gesetzliche Bestimmungen weitgehend
inhaltlich ausgefüllt ist. Ob das Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte ausreicht, die Beteiligung eines
Krankenhausarztes also nicht notwendig ist, hängt aber von mehreren Faktoren ab (z.B. Anzahl der Ärzte,
Krankenhausversorgung, Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsstruktur, Art und Umfang der Nachfrage, räumliche
Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen), die wiederum nicht nur als Einzelfaktoren, sondern auch in ihrer
Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung
der Versicherten durch die niedergelassenen Kassenärzte gewährleistet ist, werden deshalb auch die fachkundigen
und ortsnahen Zulassungsinstanzen oft nur ungefähr sagen können. Es müssen daher alle Entscheidungen der
Zulassungsinstanzen, die sich im Rahmen der "ungefähren Richtigkeit" halten, als rechtmäßig angesehen werden. Die
Kontrolle des Gerichts beschränkt sich deshalb darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig
ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs
ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlich und begründet hat, dass
im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist
(so bereits BSG, Urteil vom 23. Mai 1984, 6 RKa 2/83, Juris; BSG SozR 3-2500 § 116 Nrn. 1 und 4; MedR 2007, 127
f. m. w. N.).
Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten nicht bereits daraus,
dass dieser mit seinem Beschluss dem Beigeladenen zu 1) eine bundesweit geltende Ermächtigung erteilt hat. Diese
räumliche Erstreckung ist auf der Grundlage von § 31a Abs. 3 i. V. m. § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV zulässig. Danach ist die
Ermächtigung u. a. "räumlich zu bestimmen". Diese Regelung steht trotz ihrer Bezeichnung als Rechtsverordnung im
Range eines formellen Gesetzes, weil sie als Teil des Gesundheitsreformgesetzes im formellen
Gesetzgebungsverfahren erlassen worden ist (BSG, Urteil vom 27. Februar 1992, 6 RKa 15/91, Juris). Die Vorschrift
soll der subsidiären Funktion der Ermächtigung der Krankenhausärzte Rechnung tragen. Sie wird im Regelfall dazu
dienen, die Ermächtigung an einen bestimmten regionalen Bereich zu binden, für den die Zulassungsgremien eine
Versorgungslücke festgestellt haben, um eine Ausweitung der Tätigkeit des Krankenhausarztes auf einen darüber
hinausgehenden Bereich zu verhindern. Bereits der Wortlaut der Norm schließt aber nicht aus, eine Ermächtigung in
der Weise räumlich zu bestimmen, dass sie für das gesamte Bundesgebiet gilt.
Eine derartige räumliche Erstreckung auf das gesamte Bundesgebiet ist auch mit dem Sinn und Zweck der
Ermächtigung von Krankenhausärzten vereinbar. Diese soll es den Zulassungsgremien und der Kassenärztlichen
Vereinigung ermöglichen, den Sicherstellungsauftrag (§ 75 Abs. 1 SGB V) auch dort zu erfüllen, wo niedergelassene
Vertragsärzte generell oder solche mit speziellen Qualifikationen nicht oder nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung
stehen. Eine solche Versorgungslücke kann jedoch nicht nur regional, sondern in besonderen Fällen auch bundesweit
bestehen, etwa wenn bestimmte Krankheitsbilder in der Bundesrepublik nur von wenigen hoch spezialisierten Ärzten
behandelt werden. Dem Sozialgericht ist in seinen Ausführungen zu folgen, dass der Sicherstellungsauftrag sich
insoweit nicht auf Planbereichsgrenzen reduziert. Die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung haben –
unabhängig vom ihrem Wohnort – im Rahmen der Dienst- oder Sachleistung Anspruch auf alle medizinisch
notwendigen Leistungen (§§ 2 Abs. 1 und 2, 27 Abs. 1 SGB V). Zulassungen und Ermächtigungen haben in diesem
System vorrangig die Funktion, den Behandlungsanspruch der Versicherten zu erfüllen. Die Zulassungsgremien und
die Kassenärztliche Vereinigung sind deshalb – da der Gesetzgeber insoweit keine überregionalen Gremien
geschaffen hat, welche zur Schließung derartiger Versorgungslücken zuständig sind – auch verpflichtet, den
Versorgungsbedarf außerhalb des Planungsgebiets in den Blick zu nehmen, wenn sich im Rahmen eines
Ermächtigungsantrags ein Mangel im Leistungssystem zeigt. In dem Ausnahmefall, dass ein Krankenhausarzt hoch
spezialisierte ärztliche Leistungen erbringt, welche in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen fallen und
welche ansonsten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht vorgehalten werden, sind die
Zulassungsgremien daher gehalten, durch eine entsprechende räumliche Ausweitung der Ermächtigung den
Versicherten Zugang zu diesen Leistungen zu verschaffen (dahingehend auch Kruschinsky in Hauck/Nofz,
Kommentar zum SGB V, § 116 Rdnr. 19). Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts nimmt der Senat
ausdrücklich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Ermächtigung von Krankenhausärzten ergibt sich nichts
anderes. Soweit dort für die Ermittlung des Bedarfs auf den Planungsbereich abgestellt wird, ist dies auf die hier
vorliegende Situation nicht übertragbar. Denn die Rechtsprechung hatte bisher nur über Fälle zu entscheiden, in denen
sich die Frage eines Versorgungsdefizits allein bezogen auf den Planungsbereich stellte, wobei in besonderen Fällen
außer auf die Versorgungslage im Planungsbereich auch auf die Situation in benachbarten Planungsbereichen
abzustellen war (z. B. bei besonders guter Erreichbarkeit des nächsten Planungsbereichs, vgl. BSG SozR 4-2500 §
116 Nr. 3). Weshalb – wie die Beklagte meint – die Erteilung einer überregionalen Ermächtigung, welche der
Sicherstellung des Behandlungsanspruchs der Versicherten in Fällen dient, in denen bestimmte Leistungen nur von
einem einzelnen Krankenhausarzt angeboten werden, mit den Grundsätzen der Bedarfsplanung "unvereinbar" sein
soll, erschließt sich dem Senat nicht. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte den ihm eingeräumten
Beurteilungsspielraum jedoch dadurch verletzt, dass er zu der Frage, ob es für die speziellen Leistungen des
Beigeladenen zu 1) einen bundesweiten Bedarf gibt, keine ausreichenden Ermittlungen angestellt und infolge dessen
auf einer nicht ausreichenden Tatsachengrundlage entschieden hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reichen die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eines
Krankenhausarztes für sich allein nicht aus, um eine Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung zu
rechtfertigen. Für die vertragsärztliche Versorgung können diese speziellen Kenntnisse und Erfahrungen erst von
Bedeutung sein, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen. Es muss sich dabei um
Leistungen handeln, die im Rahmen einer ausreichenden ambulanten ärztlichen Versorgung benötigt und von den
niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht ausreichend angeboten werden (vgl. bereits Urteil vom 23. Mai 1984 = BSG
SozR 5520 § 29 Nr. 3). Der Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gilt für den gesamten Bereich der ambulanten
Krankenversorgung einschließlich der konsiliarischen Tätigkeit. Angesichts des hohen und zunehmenden Grades der
Spezialisierung ärztlicher Tätigkeit kann davon ausgegangen werden, dass im Regelfall auch frei praktizierende Ärzte
für die Diagnose und Therapie seltener Erkrankungen oder schwieriger oder komplexer Krankheitsbilder und damit
auch für eine entsprechende Konsiliartätigkeit zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 27. Juni 2001, B 6 KA 39/00 R,
Juris Rdnr. 16).
Vorliegend hat der Beklagte keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen, welche eine Feststellung
erlauben, dass bundesweit eine ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden oder Kenntnisse des Beigeladenen zu 1) nicht sichergestellt ist. Hierbei ist zu beachten, dass
die für die Einräumung eines Beurteilungsspielraums bedeutsame Vermutung, der fachkundig besetzte
Berufungsausschuss verfüge über besondere Kenntnisse hinsichtlich der medizinischen Versorgung mit den
streitbefangenen Leistungen, in erster Linie auf die Situation im Planungsbereich bezogen ist. Soweit der
Berufungsausschuss die Versorgungssituation in darüber hinaus gehenden Gebieten beurteilt, bedarf es der
besonderen Darlegung, woher sein diesbezügliches Wissen resultiert. Angesichts der Ausdifferenzierung ärztlicher
Leistungen und der Unübersichtlichkeit des bundesweiten Leistungsangebots ist nämlich nicht anzunehmen, dass die
Zulassungsgremien dies allein aufgrund ihres Erfahrungswissens beurteilen können. Zudem hat die Erteilung einer
räumlich uneingeschränkten Ermächtigung eines Krankenhausarztes durch die Zulassungsgremien mittelbare
Auswirkungen auf andere Beteiligte der vertragsärztlichen Versorgung im Bundesgebiet. Die niedergelassenen Ärzte
in den übrigen Planungsbereichen erhalten mit der bundesweit wirkenden Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) einen
potentiellen Konkurrenten. Für die Kassenärztlichen Vereinigungen in anderen Bundesländern ergeben sich zudem
finanzielle Verpflichtungen aufgrund des Fremdkassenausgleichs; denn ab 1. Januar 2009 muss die Kassenärztliche
Vereinigung, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde, von der Kassenärztlichen Vereinigung, in der der
Versicherte wohnt, die Vergütung erhalten, die sich aufgrund der in den Vereinbarungen nach § 87a SGB V ab dem 1.
Januar 2009 einzuführenden und ab dann geltenden Euro-Gebührenordnung ergibt (§ 75 Abs. 7a SGB V, vgl. Hesral in
Juris-PK, § 75 Rdnr. 108). Wenngleich diese Auswirkungen im konkreten Einzelfall wegen des auf 300 Fälle im
Quartal beschränkten Ermächtigungsumfangs sicherlich gering wären, so zwingt der Eingriff in Interessen Dritter den
Beklagten dennoch zu einer sorgfältigen Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs.
Der Beklagte hat seine Entscheidung auf die Angaben des Beigeladenen zu 1) im Rahmen des
Widerspruchsverfahrens und bei seiner persönlichen Anhörung durch den Beklagten gestützt. Der Beigeladene zu 1)
hat ausgeführt, sein Tätigkeitsspektrum beziehe sich auf neuroradiologische-diagnostische Untersuchungen bei
schwierigen Diagnosen im Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Er behandle sehr seltene
Krankheitsbilder, z.B. cerebrale Angiome und cerebrale Aneurysma. Bestimmte Untersuchungen, insbesondere im
Rahmen der pränatalen Diagnostik von Föten sowie bei Neugeborenen, könnten nur von ihm oder bei einem
Fachkollegen in E-Stadt durchgeführt werden. Der Beigeladene zu 1) hat in diesem Zusammenhang auf blutungs- und
durchblutungssensitive kernspintomographische Untersuchungen sowie cerebrale und spinale Angiographie
hingewiesen und ausgeführt, derartige Untersuchungsmethoden seien im niedergelassenen Bereich sehr selten
vorhanden und würden bspw. im MVZ A-Stadt nicht durchgeführt. Für sämtliche hypervaskularisierten Prozesse
stellten diese Untersuchungstechniken jedoch den Goldstandard dar.
Zwar legen diese Ausführungen nahe, dass der Beigeladene zu 1) in der Behandlung hochspezieller Krankheitsbilder
eine Kapazität darstellt und die Kombination aus seinen besonderen Kenntnissen und Erfahrungen bei der Diagnostik
solcher Krankheitsbilder in Kombination mit der im Rahmen einer Universitätsklinik vorgehaltenen exzellenten
apparativen Ausstattung ein besonderes Leistungsangebot darstellt, welches niedergelassene Ärzte nur schwer
erbringen können. Auch die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht zu Protokoll gegeben,
sie gehe davon aus, dass es bundesweit nur sehr wenige Spezialisten für das Leistungsspektrum des Beigeladenen
zu 1) gebe. Jedoch bedarf dies der Objektivierung. Denn der Beklagte legt seiner Entscheidung letztlich allein die
tatsächlichen Angaben des Beigeladenen zu 1) zugrunde. In dem angegriffenen Beschluss finden sich keine
Ausführungen dazu, dass der Beklagte über die Ausführungen des Beigeladenen zu 1) hinausgehende tatsächliche
Erkenntnisse in Bezug auf die Versorgungssituation bei diesen speziellen Krankheitsbildern im Bundesgebiet hat.
Ebenso wenig hat eine Überprüfung der Angaben des Beigeladenen zu 1), dass er für die angeführten Krankheitsbilder
deutschlandweit einer der wenigen Spezialisten sei, stattgefunden. Vielmehr deuten die Beschlussgründe darauf hin,
dass der Beklagte aus der Tatsache der aus dem ganzen Bundesgebiet erfolgenden Überweisungen an den
Beigeladenen zu 1) auf den entsprechenden Bedarf geschlossen hat. Zwar ist dies ein Indiz für ein spezielles
Leistungsangebot, welches jedoch alleine nicht ausreicht. Denn die Inanspruchnahme des Beigeladenen zu 1) kann
insoweit auf anderen Faktoren, insbesondere seinem akademischen Bekanntheitsgrad und seinem Ruf als Kapazität
für bestimmte Krankheitsbilder beruhen, ohne dass insoweit tatsächlich in den jeweiligen Regionen eine
Versorgungslücke im ambulanten Bereich besteht.
Der Beklagte wird daher zur Klärung der Sicherstellungsproblematik eine Befragung der Kassenärztlichen
Vereinigungen in anderen Bundesländern – insbesondere solcher, aus denen dem Beigeladenen zu 1) Patienten
überwiesen werden – zu der Frage vorzunehmen haben, ob dort im niedergelassenen Bereich Ärzte vorhanden sind,
die das besondere Behandlungsangebot des Beigeladenen zu 1) anbieten. Denkbar erscheint auch eine Befragung der
Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten im niedergelassenen Bereich
für die angesprochenen speziellen Krankheitsbilder und ob der Vortrag des Beigeladenen zu 1) zu seiner Expertenrolle
bestätigt werden kann. Schließlich kann auch der Beigeladene zu 1) zur Aufklärung beitragen, da nach seinen
Ausführungen die von ihm angebotenen Leistungen ansonsten nur noch von wenigen Spezialisten in der
Bundesrepublik erbracht werden. Insoweit kommt in Betracht, von diesen Stellungnahmen zu der Darstellung des
Beigeladenen zu 1) einzuholen.
Der Einwand des Beklagten, er sei mangels administrativen Unterbau nicht in der Lage, derartige Ermittlungen
anzustellen, sondern dies könne nur von der Klägerin geleistet werden, die derartige Bedarfsanalysen jedoch nicht
vorgelegt habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die im Widerspruchsverfahren seitens der Klägerin geäußerte
Rechtsmeinung, ein überregionaler Bedarf sei bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen, hinderte den Beklagten
nicht, ausgehend von seiner abweichenden Rechtsansicht die Klägerin aufzufordern, entsprechende Sachermittlungen
anzustellen. Die Rechtsprechung hat wiederholt klargestellt, dass die Zulassungsgremien zur Feststellung der
Notwendigkeit einer Ermächtigung die erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen haben. Sofern die
Klägerin eine dafür erforderliche Verwaltungshilfe nicht leisten sollte, muss der Beklagte dies erforderlichenfalls selbst
in die Hand nehmen. Hinsichtlich der entstehenden Kosten ist auf §§ 97 Abs. 2 Satz 4, 96 Abs. 3 Satz 2 SGB V zu
verweisen.
Hingegen hat die Berufung keinen Erfolg, soweit sich die Klägerin gegen die Erweiterung des Facharztfilters im
Beschluss des Beklagten von 21. Januar 2009 wendet. Die Entscheidung des Beklagten ist, wie das Sozialgericht
zutreffend ausführt und worauf der Senat Bezug nimmt, von seinem Beurteilungsspielraum gedeckt. Entgegen der
Ansicht der Klägerin hat der Beklagte seinen Beschluss auch ausreichend begründet. Der Beschlussbegründung ist
zu entnehmen, dass der Beklagte bei der Entscheidung über den Facharztfilter auf der Basis der durch Fallbeispiele
gestützten Ausführungen des Beigeladenen zu 1) entschieden hat, wonach er Überweisungen von radiologisch bereits
voruntersuchten Patienten unmittelbar auch von HNO-Ärzten und MKG-Chirurgen erhalte, wenn die radiologische
Voruntersuchung ergebnislos verlaufen sei. Auch wenn die entsprechenden Ausführungen sich nicht im Begründungs-
, sondern im Darstellungsteil des Beschlusses vom 21. Januar 2009 finden, so ergibt sich aus dem Zusammenhang
eindeutig, dass der Beklagte sich von diesen Ausführungen hat überzeugen lassen und die von ihm vorgenommene
Erweiterung des Facharztfilters auf HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen unter den im Beschluss näher bezeichneten
Voraussetzungen hierauf beruht.
Da der Beschluss des Beklagten somit teilweise aufgehoben werden muss, hat der Beklagte mit der Entscheidung in
der Hauptsache auch eine neue Entscheidung im Kostenpunkt zu treffen. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass
– sollte der Beklagte nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen seine frühere Entscheidung bestätigen – er
die Kostenentscheidung für nachvollziehbar hält.
Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs. 3, 155 Abs. 1, 162 Abs. 3
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie berücksichtigt, dass der Beigeladene zu 1) eigene Anträge gestellt hat.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit zuzulassen.