Urteil des LSG Hessen vom 03.02.1981

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Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 03.02.1981 (rechtskräftig)
Sozialgericht Fulda
Hessisches Landessozialgericht L 4 Vs 411/80
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 29. Februar 1980 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger sind die Eltern des 1957 geborenen M. B. Dieser verunglückte als Soldat der Bundeswehr am 19.
September 1977 um 4.20 Uhr auf dem Wege zum Dienst mit seinem Privat-Kraftfahrzeug. Er starb am 19. Oktober
1977. Die Kläger beantragten am 23. November 1977 Elternrente nach dem Verstorbenen gemäß § 80
Soldatenversorgungsgesetz, § 50 Bundesversorgungsgesetz. Die Kläger gaben als Einkünfte die Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit des Klägers zu 1) nach dem Arbeiterrentenversicherungsgesetz und freie Wohnung an. Der Vater
des Klägers zu 1), nämlich J. B. hatte durch notarielles Testament vom 3. Mai 1966 seinen Enkel H. P. Blum zum
Alleinerben seines Grundbesitzes von 4,395 ha und 1/3 Anteil an 2,05 ar eingesetzt. Dem Kläger zu 1) hatte er den
Nießbrauch an der Erbschaft bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des H. P. B. gewährt. Diesen hatte er
verpflichtet, den Klägern nach Vollendung des 25. Lebensjahres unentgeltlich lebenslänglich ein Einsitzrecht im
Zimmer links von der Küche im Erdgeschoß und nach dem Ableben der Ehefrau des Erblassers im Zimmer links vom
Hausflur im Erdgeschoß zu gewähren. J. B. war am 14. März 1976 verstorben. Durch notariellen Vertrag vor dem
Notarsvertreter Dr. S. S., vom 28. Juli 1976 räumte H. P. B. den Klägern frei auf Lebenszeit den Einsitz in den im
Erdgeschoß des Hauses S.-G. W.str. , gelegenen 3 Zimmern, Küche und Bad ein. Er verpflichtete sich weiter zur
Gewährung von freiem Licht, Wasser, Heizung und Brand und zur Übernahme von Reinigung und Instandhaltung der
Einsitzzimmer, zur Mitbenutzung aller gemeinschaftlichen Räume und Einrichtungen des Anwesens und außerdem
zur Leistung von Unterhalt in allen Lebensbedürfnissen einschließlich Wartung und Pflege bei Alter, Krankheit und
Siechtum. Die Kläger gaben an, daß H. P. B. die Leistungen nach dem Übergabevertrag an sie nicht erbringen konnte,
da er 1977 10.121,00 DM Ausgaben gehabt habe, was einer monatlichen Belastung von 830,42 DM entspreche. Der
Einheitswert des Hausgrundstückes belief sich auf 7.300,00 DM. Auf dem Hausgrundstück hatte ein Wohnhaus mit
einer Wohnfläche von 84 qm gestanden. Der bis etwa Dezember 1981 abgeschlossene Umbau und Anbau wird zu
einer Wohnfläche von 248 qm führen.
Der Beklagte sah den Verzicht auf den zugesicherten Unterhalt und die freie Station als aus verständigem Grund
erfolgt an, da der Übernehmer die Landwirtschaft nur nebenberuflich und nicht intensiv betreibe und er erhebliche
Belastung übernommen habe. Mit Bescheid vom 31. Mai 1978 gewährte der Beklagte ab 1. November 1977
Elternrente nach dem Sohn M. B ... Mit Bescheid vom 7. Juni 1978 setzte er als Einkünfte die
Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers zu 1) von 670,60 DM und freie Wohnung mit Heizung und Beleuchtung (Faktor
14 = 214,– DM, gemindert um 1/4) nämlich 160,50 DM an. Die Elternrente berechnete sich daraufhin auf 21,00 DM.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger beim Sozialgericht Fulda Klage. Sie sind der Auffassung, daß Beträge für
freie Wohnung, Heizung und Beleuchtung von 160,50 DM nicht abgesetzt werden dürften, weil sie aus dem
Übergabevertrag wegen des geringen Einkommens des Übernehmers keinerlei Vorteile hätten und selbst noch Miete,
Heizung und Beleuchtung zahlen müßten. Der Sohn habe einen Verdienst von netto 17.581,31 DM gehabt, wovon er
die auf dem Haus liegenden Schulden abtragen müsse.
Sie legten eine Einkommensaufstellung für den Monat September 1979 vor, wonach der Sohn H. P. B. 2.100,00 DM
brutto und 1.378,30 DM netto bezieht, denen 1.150,84 DM Ausgaben gegenüber standen. Mit Bescheiden vom 9.
Dezember 1978 und 5. Dezember 1979 setzte der Beklagte die Elternrente neu fest.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 29. Februar 1980 die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, daß der
angefochtene Bescheid zutreffend sei. Der Beklagte habe die Einkünfte und Vermögensansprüche der Kläger
zutreffend berechnet. Die Ansprüche der Kläger aus dem Übergabevertrag müßten angerechnet werden. Es sei nicht
dargetan worden, daß der Übernehmer des Anwesens das Haus aus einem unumgänglichen Grund umgebaut hätte
und hierbei erhebliche Belastungen entstanden seien. Außerdem habe der Übernehmer nicht unwesentlichen
landwirtschaftlichen Grundbesitz erhalten.
Gegen das am 14. März 1980 zugestellte Urteil legten die Kläger am 8. April 1980 beim Hessischen
Landessozialgericht Darmstadt Berufung ein. Sie sind der Auffassung, daß Beträge für freie Wohnung mit Heizung
und Beleuchtung bei der Berechnung des Einkommens nicht berücksichtigt werden dürften, da sie vom Übernehmer
keine Leistungen erhielten, sondern ihrerseits noch Miete zahlten.
Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 29. Februar 1980 aufzuheben und den Beklagten
unter Abänderung der Bescheide vom 7. Juni 1978, 9. Dezember 1978 und 5. Dezember 1979 zu verurteilen, bei der
Berechnung der Elternrente freie Wohnung mit Heizung und Beleuchtung, hilfsweise, ab 1. Mai 1980 unberücksichtigt
zu lassen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts Fulda für zutreffend.
Die Kläger legten notarielle Vereinbarung vom 5. Mai 1980 vor, wonach die Beteiligten die Bestimmungen des § 2 Ziff.
a) und b) des Vertrages vom 28. Juni 1976 aufhoben und die Löschung des Altenteilrechtes bewilligten und
beantragten.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung wurde form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz –SGG– statthaft,
da ihr Berufungsausschließungsgründe nicht entgegenstehen. Es konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil
entschieden werden, denn die Beteiligten waren hiermit einverstanden (§ 153, § 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Den Klägern steht nach § 80 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in der Neufassung
vom 28. Februar 1977 (Bundesgesetzblatt I S. 337) in Verbindung mit § 50 Bundesversorgungsgesetz in der Fassung
des 8. Anpassungsgesetzes vom 14. Juli 1976 und den späteren Anpassungsgesetzen deshalb Elternrente zu, weil
ihr Sohn während der Ausübung des Wehrdienstes durch Unfall den Tod erlitten hatte und der Kläger zu 1)
erwerbsunfähig im. Sinne von § 1247 Reichsversicherungsordnung war und die Klägerin zu 2) das 50. Lebensjahr
vollendet hatte. Bei der Berechnung der Elternrente hatte der Beklagte zu Recht neben der Erwerbsunfähigkeitsrente
des Klägers zu 1) freie Wohnung mit Heizung und Beleuchtung als weitere Einkünfte angesetzt. Nach § 51 Abs. 4
BVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 BVG und § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG waren diese
Leistungen als Einkünfte des Klägers zu berücksichtigen, da sie ihm aufgrund des notariellen Vertrages vom 28. Juli
1976 von ihrem Sohn H. P. B. gewährt worden waren. Dieser hatte von seinem Großvater eine landwirtschaftliche
Fläche von 4,395 ha und 1/3 Anteil an 2,05 ar geerbt. Dem Kläger zu 1) war bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres
des Erben der Nießbrauch zugebilligt worden. Für die Zeit nach Vollendung seines 25. Lebensjahres war der Erbe
verpflichtet worden, den Klägern ein unentgeltliches Einsitzrecht in den Räumen des Erdgeschosses des
Wohnhauses einzuräumen. In Ausführung des Testamentes wurde den Klägern in dem notariellen Vertrag vom 28.
Juli 1976 der unentgeltliche lebenslängliche Einsitz im Erdgeschoß mit der Übernahme der Kosten für Licht, Wasser,
Heizung und Brand mit weiteren Auszugsleistungen eingeräumt. Bei der Berechnung der Elternrente war der Beklagte
zu Gunsten der Kläger davon ausgegangen, daß der Verzicht auf die vertraglichen Unterhaltsleistungen und die freie
Station aus verständigem Grund erfolgt und deshalb nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Der Beklagte
mußte aber freie Wohnung, Heizung und Beleuchtung als Einkommen der Kläger zugrunde legen. Denn diese
Leistungen standen ihnen nach dem notariellen Vertrag zu. Sie sind daher bei der Berechnung der Elternrente
anzurechnen. Wenn die Kläger wegen der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des H. P. B. die durch die von ihm
durchgeführten Umbau- und Anbauarbeiten an dem Wohnhaus entstanden sind, die ihnen aus dem Vertrag
zustehenden Rechte auf unentgeltliche Wohnung mit Heizung und Licht nicht in Anspruch nahmen, sondern Miete und
die Nebenkosten zahlten, stellten sie ihn in seinem Interesse von ihm obliegenden vertraglichen Verpflichtungen frei.
Das kann den Beklagten nicht dazu veranlassen, von der Berücksichtigung der vertragsmäßigen Leistungen
abzugehen. Denn es kann nicht erwartet werden, daß die Allgemeinheit, von der die Mittel für die
Kriegsopferversorgung aufgebracht werden, den Verzicht auf vertragliche Ansprüche durch Erhöhung der Elternrente
ausgleicht. Bei den vom Einkommen abhängigen Leistungen hat die Inanspruchnahme des eigenen Einkommens
Vorrang vor der Gewährung öffentlicher Leistungen. Die freiwilligen Vermögensopfer der Kläger zu Gunsten ihres
Sohnes können nicht mit den Mitteln der Kriegsopferversorgung ausgeglichen werden. Dabei darf nicht übersehen
werden, daß H. P. B. neben dem Wohnhaus noch über 4 ha landwirtschaftliche Fläche erhalten hat. Außerdem wird
durch Umbauten und Anbauten die Wohnfläche des Hauses von 84 qm auf 248 qm vergrößert, so daß der
Verschuldung ein erheblicher Vermögenszuwachs gegenübersteht. Der Beklagte hat daher bei der Berechnung der
Elternrente zu Recht als weitere Einkünfte freie Wohnung, Heizung und Licht angerechnet.
Auch nach dem Verzicht auf freies Einsitzrecht, Heizung und Licht im notariellen Vertrag vom 5. Mai 1980 sind weiter
freie Wohnung, Heizung und Licht als Einkünfte der Kläger anzurechnen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung zur
Durchführung des § 33 BVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1975 (Bundesgesetzblatt I S. 1790) ist
die Elternrente so festzustellen, als hätten die Kläger die Verfügung vom 5. Mai 1980 nicht getroffen. Denn sie haben
ohne verständigen Grund über ihre Ansprüche aus dem Vertrag vom 28. Juni 1976 verfügt. Ein verständiger Grund im
Sinne dieser Bestimmung wäre nur dann zu bejahen, wenn nicht nur die familiären und privaten wirtschaftlichen
Interessen zu einem Verzicht auf Rechte führten, sondern danken auch die Interessen der Allgemeinheit
berücksichtigt wären. Ein verständiger Grund ist deshalb nicht festzustellen, weil allein im Hinblick auf die schlechte
wirtschaftliche Lage des H. P. B. die durch die Um- und Anbauten entstanden war, die Vereinbarung vom 5. Mai 1980
getroffen worden ist. Das freiwillige Vermögensopfer der Kläger ist von der Allgemeinheit durch Erhöhung der
Elternrente nicht zu tragen.
Die Berufung konnte keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160, Abs. 2 SGG liegen nicht vor.