Urteil des LSG Hessen vom 05.12.1984

LSG HES: freie arztwahl, versorgung, beschränkung, chefarzt, form, verfügung, rka, behandlung, facharzt, sicherstellung

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Gericht:
Hessisches
Landessozialgericht
7. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 7 Ka 632/83, L 7
Ka 498/83
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 368a Abs 8 RVO, § 29 ZO-
Ärzte
Tenor
1. Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts
Frankfurt am Main vom 23. März 1983 insoweit aufgehoben, als die Beschränkung
der Beteiligung auf namentliche Überweisung aufgehoben worden ist.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main
vom 23. März 1983 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Beschluß vom
10. Mai 1983 abgewiesen.
3. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die erweiterte Beteiligung des Klägers an der
Kassenarztpraxis im Hinblick auf nuklearmedizinische Leistungen sowie über die
Frage der Beschränkung der Beteiligung auf namentliche Überweisung und die
Befristung der Beteiligung.
Der 1940 geborene Kläger ist als Facharzt für Nuklearmedizin der Leiter der
Nuklearmedizinischen Abteilung des Kreiskrankenhauses in …
Mit Beschluß vom 14. Oktober 1980 verlängerte der Zulassungsausschuß für Ärzte
zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung die Beteiligung des Klägers bis
31. Oktober 1981 und zwar in dem Umfange, daß nuklearmedizinische Leistungen
im Rahmen des Überweisungsauftrages der am Kreiskrankenhaus … aufgrund
einer Beteiligung oder Ermächtigung kassenärztlich tätigen Ärzte erfolgen sowie
besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf namentliche
Überweisung durch Kassenärzte eingeschränkt auf bestimmte Leistungen der BMÄ
durchgeführt werden konnten.
Am 23. Juni 1981 beantragte der Kläger die Erweiterung seiner Beteiligung auf den
gesamten Umfang der Nuklearmedizin. Mit Beschluß vom 27. Oktober 1981 wurde
dieser Antrag des Klägers durch den Zulassungsausschuß für Ärzte abgelehnt. Der
Zulassungsausschuß kam zu der Auffassung, daß keine Bedarfslücke vorhanden
sei, die eine Erweiterung der Beteiligung zuließe. Gegen diesen Beschluß legte der
Kläger Widerspruch ein.
Mit Beschluß vom 11. August 1981 wurde die Beteiligung des Klägers verlängert,
und zwar bis 30. September 1983 befristet und auf folgende persönlich zu
erbringende Leistungen beschränkt:
1) Die Durchführung nuklearmedizinischer Leistungen auf Überweisung durch die
am Kreiskrankenhaus kassenärztlich tätigen Ärzte.
2) Eingeschränkt auf bestimmte Ziffern der BMÄ innerhalb des Bereiches 5415 bis
5521 sowie eingeschränkt auf namentliche Überweisung durch Kassenärzte.
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5521 sowie eingeschränkt auf namentliche Überweisung durch Kassenärzte.
Mit Beschluß vom 23. Oktober 1982 änderte die Beklagte auf den Widerspruch des
Klägers den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 27. Oktober 1981
dahingehend, daß die Beteiligung an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung
auf namentliche Überweisung durch Kassenärzte bis 30. September 1983 befristet
wurde und sich auf folgende persönlich zu erbringende Leistungen erstreckte:
1) Die Durchführung nuklearmedizinischer Leistungen auf Überweisung durch die
am Kreiskrankenhaus … kassenärztlich tätigen Ärzte.
2) Beschränkung der zu erbringenden Leistungen auf bestimmte Ziffern, die
bereits in dem Beschluß vom 27. Oktober 1981 genannt wurden, aber auf folgende
weitere Ziffern erweitert wurden: 5436, 5437, 5442, 5443, 5453, 5464, 5467, 5469,
5471, 5472 und 5476. Die Beschränkung auf namentliche Überweisung blieb
erhalten.
In der Begründung führte die Beklagte aus, daß die Frage der Notwendigkeit einer
Beteiligung allein nach den Bedürfnissen der Versicherten zu stellen sei und die
Belange der die Beteiligung anstrebenden Ärzte hintanzustehen habe. Danach
habe die schriftliche Anhörung des Beigeladenen zu 8) ergeben, daß dieser mit
Hilfe der ihm zur Verfügung stehenden apparativen Ausrüstung weitgehend in der
Lage sei, die vertragsärztliche Versorgung auf dem Gebiet der Nuklearmedizin im
Bezirk … sicherzustellen. Dabei müsse genügen, daß … seine persönliche wie
fachliche Qualifikation der zuständigen Radiologiekommission nachgewiesen habe
und auch hinsichtlich der apparativen Praxisausrüstung keine Beanstandungen zu
erheben seien. Dr. … sei nicht in der Lage, einige nuklearmedizinische Leistungen
zu erbringen. Es handele sich hierbei im wesentlichen um die Nummern 5400,
5401, 5423, 5424, 5426, 5427, 5428 sowie 5431 und 5432. Von daher sei die
Beteiligung um die Nummern zu erweitern, die Dr. … mit Sicherheit nicht
erbringen könne. Für jede weitere Beteiligung sei die Notwendigkeit weder
erkennbar noch vom Kläger begründet worden. Im übrigen sah die Beklagte die
Beschränkung der Beteiligung auf namentliche Überweisung als rechtmäßig an.
Sie sei bei der Beteiligung von leitenden Krankenhausärzten nicht nur zweckmäßig,
sondern auch geboten, weil diese ihre berufliche Erfüllung in erster Linie in dem
erwählten Beruf eines Krankenhausarztes fänden, während die ambulante
kassenärztliche Versorgung der Versicherten nur nebenbei betrieben werde.
Gegen diesen Beschluß hat der Kläger am 16. Dezember 1982 vor dem
Sozialgericht Frankfurt Klage erhoben. Das Sozialgericht Frankfurt hat schriftlich
den Beigeladenen zu 8) bezüglich der Möglichkeit der Erbringung einiger
Leistungen der BMÄ um Stellungnahme gebeten.
Mit Urteil vom 23. März 1983 hat das Sozialgericht Frankfurt die Beschlüsse vom
27. Oktober 1981 sowie vom 23. Oktober 1982 insoweit aufgehoben, als die
Beteiligung befristet und auf namentliche Überweisung beschränkt erteilt worden
sei, im übrigen aber die Klage abgewiesen. In der Begründung hat das
Sozialgericht zunächst die Beschränkung der Beteiligung auf namentliche
Überweisung als unrechtmäßig angesehen. Die generelle Beschränkung auf
namentliche Überweisung sei nur dann möglich, wenn der Krankenhausarzt aus
rein qualitativen Gründen beteiligt sei, wenn also verhindert werden solle, daß
dieser besonders herausragende Fachmann von Bagatellfällen überschwemmt
werde. Im Falle des Klägers liege dies nicht vor. Zu Unrecht hätten darüber hinaus
die Zulassungsinstanzen die Beteiligung des Klägers an der kassenärztlichen
Versorgung befristet. Die Zulassungsinstanzen hätten das ihnen im Hinblick auf
die Befristung eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Die Beteiligung sei
erfolgt, weil eine Versorgungslücke vorliege. Es seien jedoch keinerlei konkrete
Feststellungen darüber getroffen worden, ob diese Versorgungslücke mit einer
gewissen Aussicht im September 1983 durch die Niederlassung eines anderen
Arztes oder auf andere Weise geschlossen werden würde. Mangels einer solchen
Feststellung sei die Befristung ermessensfehlerhaft. Was im übrigen die
Beschränkungen hinsichtlich der Gebührenziffern angehe, so sei die Klage
unbegründet, weil hinsichtlich der weiter geltend gemachten Ziffern im Raum …
keine Versorgungslücke der Versicherten vorliege. Entgegen der Auffassung des
Klägers könne er nicht als Facharzt für Nuklearmedizin alle Leistungen der
Nuklearmedizin ausschließlich für sich beanspruchen. Soweit der Beigeladene zu
8) aufgrund seiner Geräteausstattungen im Rahmen der durch die
Radiologiekommission überprüften Genehmigungen auch nuklearmedizinische
Leistungen erbringen könne, sei die kassenärztliche Versorgung der Versicherten
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Leistungen erbringen könne, sei die kassenärztliche Versorgung der Versicherten
im Raum … sichergestellt. Auch die Tatsache, daß der Kläger Facharzt für
Nuklearmedizin sei, berechtige ihn nicht, über die Versorgungslücke hinaus einen
Anspruch auf erweiterte Beteiligung geltend zu machen. Im übrigen hat sich das
Sozialgericht auf das Parallelverfahren L-7/Ka-627/83 hinsichtlich der
Begutachtung von Dr. … berufen. Darin kam u.a. zum Ausdruck, welche
Leistungen der Beigeladene zu 8) zusammen mit dem Kläger erbringen kann und
welche nicht.
Gegen das am 4. Mai 1983 zur Post aufgelieferte Urteil richtet sich die Berufung
des Klägers vom 25. Mai 1983 beim Sozialgericht Frankfurt und vom 20. Juni 1983
beim Hessischen Landessozialgericht.
Gegen das am 6. Mai 1983 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der
Beigeladenen zu 1) vom 19. Mai 1983 beim Hessischen Landessozialgericht.
Mit Beschluß vom 10. Mai 1983 hat der Zulassungsausschuß für Ärzte die
Beteiligung des Klägers für die Zeit vom 1. Oktober 1983 bis 30. September 1985
befristet sowie auf namentliche Überweisung beschränkt. Die Beteiligung erstreckt
sich auf persönlich zu erbringende Leistungen wie bereits in den angefochtenen
Bescheiden ausgeführt.
Der Kläger beantragt,
1) das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 1983 sowie
die Beschlüsse des Beklagten vom 27. Oktober 1981 und vom 23. Oktober 1982
aufzuheben, ferner den Beschluß vom 10. Mai 1983 abzuändern und den
Beklagten zu verurteilen, die Beteiligung ohne Einschränkung auf alle
nuklearmedizinischen Leistungen der BMÄ zu erstrecken, soweit dies bisher nicht
geschehen ist,
2) die Berufung der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen,
hilfsweise,
3) die Revision zuzulassen.
Die Beigeladenen beantragen,
1) das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 1983
abzuändern soweit es die Beschränkung der Beteiligung auf namentliche
Überweisung aufgehoben hat,
2) die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Verwaltungsakte der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakte, die beide Inhalt
und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobenen Berufungen der Beigeladenen zu 1) und des
Klägers sind zulässig (§ 143, § 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung der Beigeladenen zu 1) ist auch begründet. Das angefochtene Urteil
des Sozialgerichts Frankfurt vom 23. März 1983 war hinsichtlich der Beteiligung auf
namentliche Überweisung aufzuheben und der Berufung der Beigeladenen zu 1)
somit stattzugeben. Der Beschluß des Zulassungsausschusses vom 27. Oktober
1981 und der Beschluß des Beklagten vom 23. Oktober 1982 sind zu Recht
hinsichtlich der Frage der Beteiligung auf namentliche Überweisung ergangen. Das
Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 1983 war insoweit
aufzuheben. Der Beklagte hat zu Recht die Beteiligung auf namentliche
Überweisung beschränken können.
Grundsätzlich besteht für den Beklagten gemäß § 29 Abs. 3 der
Zulassungsordnung das Recht, die Beteiligung auf einzelne Leistungen der in § 29
Abs. 2 a bis d ZO genannten Art zu beschränken. Gemäß § 368 a Abs. 8 RVO ist
zudem die Beteiligung der leitenden Krankenhausärzte (Chefärzte) in Form der
Überweisung durch Kassenärzte vorgesehen. Eine Beschränkung auf namentliche
Überweisung findet im Gesetz jedoch zunächst keine unmittelbare Bestätigung.
Diese ergibt sich aber aus dem Sinn und Zweck der Beteiligung auf Überweisung
durch die Kassenärzte.
Der Sinn und Zweck der Beteiligung ist in erster Linie qualitativ begründet. Wird die
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Der Sinn und Zweck der Beteiligung ist in erster Linie qualitativ begründet. Wird die
Beteiligung nur auf Überweisung ausgesprochen, so bedeutet das, daß die zu
behandelnden Personen von einem Kassenarzt dem beteiligten Arzt zur
ambulanten Behandlung überwiesen werden oder aber der Kassenarzt den
Chefarzt konsiliarisch heranzieht; die beteiligten Ärzte können also nicht
unmittelbar in Anspruch genommen werden (Peters, § 368 a Anm. 11 ff.). § 368 a
Abs. 8 RVO ist Ausdruck des Bemühens des Gesetzgebers, den Versicherten einen
möglichst großen Kreis von Ärzten zur Verfügung zu stellen
(Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 16, 289). Zweck dieser Bestimmung ist
es, den Bereich der freien Arztwahl für die Versicherten zu erweitern, und zwar in
der Form, daß ihnen die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Ärztekreises
zugänglich gemacht werden, soweit dies für ihre sachgemäße ärztliche Versorgung
erforderlich ist (Bundesverfassungsgericht a.a.O. sowie BSG Urt. vom 13. August
1964 – 6 RKa-22/60 sowie Bericht des Vorsitzenden des Ausschusses für
Sozialordnung Deutscher Bundestag 2. Wahlperiode Drucksache Nr. 1313 A IV b
5).
Demnach ist die Beteiligung eines Chefarztes für die ärztliche Versorgung dann
notwendig, wenn dadurch besondere Kenntnisse und Erfahrungen, die nach den
anerkannten Grundsätzen der ärztlichen Wissenschaft zur Heilung oder Linderung
in Anspruch zu nehmen sind, dem Kreise der Versicherten zugänglich gemacht
werden, die ohne die Beteiligung diesem Kreis nicht oder nur erschwert zur
Verfügung stünden. Hieraus folgt, daß eine rein quantitative Beurteilung der
Bedürfnisfrage dem Zwecke des § 368 a Abs. 8 RVO nicht gerecht werden würde
(BSG a.a.O.). Mit § 368 a Abs. 8 RVO soll nur sichergestellt werden, daß besondere
Erfahrungen und Kenntnisse den Versicherten zugute kommen. Der Absicht der
Beteiligung eines Chefarztes würde es allerdings zuwiderlaufen, wenn er auch in
Anspruch genommen werden könnte, wo es seiner besonderen Kenntnisse und
Erfahrungen nicht bedarf, etwa weil der Fall weniger schwierig ist oder einer der
örtlich erreichbaren Ärzte selbst die erforderlichen Spezialkenntnisse besitzt (BSG
Urt. vom 17. Dezember 1968 – 6 RKa 33/68). Denn bei der Beteiligung muß immer
berücksichtigt werden, daß erhebliche wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel
stehen, weil hier im Falle einer Weiterüberweisung des Versicherten an den
Chefarzt dieser die Leistungen erbringt und auch die Vergütung erhält und nicht
der andere Kassenarzt. Stellt man auf diesen Sinn und Zweck der Beteiligung auf
z.B. namentliche Überweisung ab, so ist damit die Beschränkung der Beteiligung
auf namentliche Überweisung eine Unterstreichung dieses Sinnes und Zweckes
keineswegs als eine unzulässige Einschränkung der Beteiligung anzusehen. Mit
dieser Form der Beteiligung haben die Beteiligungsinstanzen eine Beschränkung
bezwecken wollen, die gerade die Kenntnisse und Erfahrungen des Klägers
unterstreicht. Grundsätzlich ist nämlich der beteiligte Chefarzt keineswegs
verpflichtet – und dies im Gegensatz zum Kassenarzt –, seine Leistungen im
Beteiligungsverfahren höchst persönlich zu erbringen. Das Rechtsverhältnis des
freien Arztes zum Patienten ist ein Dienstverhältnis höchstpersönlicher Natur. Der
Grundsatz des § 613 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach der zur
Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten hat, ist für
den zugelassenen Kassenarzt durch die Zulassungsordnung vorgeschrieben; nach
§ 32 Abs. 1 Satz 1 Zulassungsordnung hat der Kassenarzt die kassenärztliche
Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Ganz anders verhält es sich beim
Chefarzt. Er ist für den ärztlichen Betrieb seiner Abteilung oder des ganzen
Krankenhauses verantwortlich. So verschieden die Verhältnisse im einzelnen
liegen, laufen sie doch immer darauf hinaus, daß der Chefarzt in Folge seiner
umfangreichen Beanspruchung auch für die verwaltungsmäßige und
organisatorische Aufgabe seine persönliche Mühewaltung auf besondere Fälle
beschränken muß und darf, die ärztliche Versorgung im übrigen aber – unter
seiner Verantwortung und Aufsicht – weitgehend den Ober- und Assistenzärzten
überläßt. Selbst für seine Privatpraxis stehen ihm üblicherweise Ärzte und
Hilfspersonal des Krankenhauses vertragsmäßig zur Verfügung
(Bundesverfassungsgerichtsentscheidung in E 16, 299, 300).
Dies heißt aber keineswegs, daß der Chefarzt die ihm im Rahmen der Beteiligung
überwiesenen Kassenpatienten nicht persönlich behandeln kann oder darf. Dies
würde nicht dem Sinn und Zweck des § 368 a Abs. 8 RVO entsprechen. Der
Chefarzt hat gemäß § 368 a Abs. 8 Satz 3 RVO die gleichen Rechte und Pflichten
wie der Kassenarzt. Dies gilt auch von dem Recht der persönlichen Behandlung.
Das ist auch sinnvoll, denn es ist gerade der Zweck der Beteiligung, die
besonderen persönlichen Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten des Chefarztes
den Pflichtversicherten zugute kommen zu lassen. Dieser Zweck würde verfehlt,
wenn der Chefarzt die Behandlung der Beteiligungsfälle nicht grundsätzlich selbst
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wenn der Chefarzt die Behandlung der Beteiligungsfälle nicht grundsätzlich selbst
durchführte, sondern sie nachgeordneten Ärzten überließe und sich auf die
Aufsicht und auf die ausnahmsweise persönliche Behandlung besonders
schwieriger Fälle beschränkte (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung E 16, S.
302 sowie Bayerisches Landessozialgericht vom 31. März 1982 Az.: L-12/Ka-
23/81). Die namentliche Überweisung stellt somit lediglich eine Bestätigung dieser
grundsätzlichen Verpflichtung des Chefarztes unter Berücksichtigung des Sinnes
und Zweckes der Beteiligung dar.
Diese Beschränkung der Beteiligung ist auch unter dem Gesichtspunkt der freien
Arztwahl der Versicherten vertretbar. Die in § 368 d Abs. 1 RVO normierte freie
Arztwahl, die auch für beteiligte Krankenhausärzte Gültigkeit besitzt (Heinemann-
Liebold, Kassenarztrechtskommentar, Rd. Ziff. C 146), ist im Grunde eine
beschränkte freie Arztwahl, weil sie einen Teil der Ärzteschaft von der
kassenärztlichen Versorgung ausschließt. Zur Durchführung dieser Beschränkung
wählt das Gesetz den Weg der Zulassung, der Beteiligung und der Ermächtigung.
Das System für die Gewährung der Ärztewahl ist damit bereits durch die Form der
Beteiligung von Chefärzten gemäß § 368 a Abs. 8 RVO nicht mehr frei gestaltbar,
es ist vielmehr fixiert (Peters, Handbuch zur Krankenversicherung § 368 d Anm. 2).
Im Rahmen der Sozialen Krankenversicherung hat der Versicherte nur einen
Anspruch auf ausreichende ärztliche Versorgung
(Bundesverfassungsgerichtsentscheidung E 16, 304); die freie Arztwahl beschränkt
sich auf das fixierte Kassenarztsystem. Insofern ist die Form der Beteiligung auch
in ihrer Beschränkung kein Eingriff in die Freiheit der Wahl des Arztes, sondern
allenfalls ein vertretbarer Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Chefarztes
innerhalb seiner Beteiligung (so auch Bayerisches Landessozialgericht a.a.O.). Die
Beteiligung hat aber nicht den Zweck, dem Chefarzt zur wirtschaftlichen
Besserstellung zu verhelfen; sie orientiert sich daher auch nicht nach seinem
Willen und Wollen, sondern an der Bedürfnisfrage (so auch im Ergebnis
Heinemann-Liebold Kassenarztrecht, Rd. Ziff. 10 207). Schließlich ist diese
Beschränkung auch nicht deshalb unwirksam, weil gemäß dem Grundsatz der
freien Arztwahl eine namentliche Überweisung nicht zulässig ist (§ 19
Bundesmantelvertrag Ärzte). Abgesehen davon, daß § 19 eine Sollvorschrift ist,
die im Verhältnis Kassenarzt zu Kassenarzt gilt und durch die Beteiligung allein die
freie Arztwahl ohnehin eingeschränkt ist, handelt es sich bei der namentlichen
Überweisung um eine zulässige sogenannte Zuweisung. Erfolgt eine gezielte
sogenannte Zuweisung zur Ausführung einer speziellen diagnostischen
Untersuchung oder therapeutischen Sachleistung oder wünscht der überweisende
Arzt den Rat eines Konsiliarius, so muß eine gezielte Überweisung als zulässig
angesehen werden, da einmal der Patient nicht wissen kann, welcher Arzt diese
speziellen Leistungen ausführt oder zum anderen der überweisende Arzt den Rat
eines ganz speziellen Facharztes wünscht (Heinemann-Liebold, Kassenarztrecht,
Rd. Ziff. C 201).
War somit die Berufung der Beigeladenen zu 1) begründet, so ist die Berufung des
Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 23. März 1983, was die
Beschränkung auf bestimmte Leistungen der BMÄ anbelangt, zwar form- und
fristgerecht erhoben, jedoch unbegründet.
Die Klage gegen die Beschlüsse vom 27. Oktober 1981 und 22. Oktober 1982 war
dementsprechend abzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 1983
sowie die oben genannten Beschlüsse sind hinsichtlich der im Streit stehenden
Frage, ob zu Recht die Leistungen des Klägers auf bestimmte Ziffern der BMÄ zu
beschränken waren, rechtmäßig.
Nach § 368 a Abs. 8 RVO ist ein leitender Krankenhausarzt an der kassenärztlichen
Versorgung zu beteiligen, sofern die Beteiligung notwendig ist, um eine
ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Demzufolge
ist die einem leitenden Krankenhausarzt eingeräumte Beteiligung zu widerrufen,
wenn sie nicht mehr notwendig ist. Da es auf die Sicherstellung der aktuellen
ärztlichen Versorgung ankommt, sind sowohl für die Beteiligung als auch für ihren
Widerruf die jeweils gegenwärtigen Verhältnisse maßgebend. § 368 a Abs. 8 RVO
trägt also dem Gedanken Rechnung, daß eine Beteiligung eines leitenden
Krankenhausarztes von der Notwendigkeit zur Gewährleistung einer ausreichenden
ärztlichen Versorgung der Versicherten abhängig gemacht wird, die Beteiligung
also nur auf den Bereich beschränkt wird, in der diese Voraussetzungen vorliegen.
Die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes kann daher nicht in dem
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Die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes kann daher nicht in dem
Umfang fortbestehen, wenn sie zur Gewährung einer ausreichenden ärztlichen
Versorgung der Versicherten jedenfalls jetzt nicht mehr notwendig ist (BSG-Urteil
vom 23. Mai 1984 – 6 RKa 2/83 –).
Diese Grundsätze gelten auch für den vorliegenden Fall. Eine durch den Kläger
auszufüllende Lücke der kassenärztlichen Versorgung auf dem Gebiet der
Nuklearmedizin besteht nicht. Zwar erbringt der Kläger diese Leistungen, jedoch
ergibt sich keine Notwendigkeit für den Bereich … aufgrund des Bedarfsplanes
eine Erweiterung der Beteiligung auf alle Gebiete der Nuklearmedizin zu
erstrecken. Für den überwiegenden Teil der Nuklearmedizin, die der Kläger mit
seinen Untersuchungen abdeckt, steht auch der Beigeladene zu 8) zur Zeit zur
Verfügung. Damit wäre das Bedarfssoll bereits überschritten, so daß eine
Beteiligung des Klägers für Leistungen der Nuklearmedizin ohnehin überhaupt
nicht mehr in Frage käme. Die Beklagte hat sich jedoch zu Recht darauf
beschränkt, den Kläger lediglich an einigen Leistungen der Nuklearmedizin zu
beteiligen, obwohl der Versorgungsbedarf dies nicht erfordert. Hinsichtlich der
Beschränkung auf bestimmte Leistungen hat sich die Beklagte auch insofern
rechtmäßig verhalten, weil ihr bei der Erfüllung des Bedarfssolls ohnehin kein
Handlungsermessen zusteht gem. § 29 Abs. 5 Satz 2 der Zulassungsordnung-
Ärzte. Die Berechtigung der Zulassungsinstanzen zum Widerruf oder zur teilweisen
Beschränkung auf einige Leistungen wird dann zu einer Verpflichtung, wenn die
Voraussetzungen der Beteiligung so oder nicht mehr in dem Umfange vorliegen
(BSG a.a.O.). § 368 a Abs. 8 S atz 1 RVO bringt eindeutig zum Ausdruck, daß ein
leitender Krankenhausarzt nur unter den dort genannten Voraussetzungen an der
kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen ist. Die Beklagte hat jedoch bei der
Prüfung der Frage, ob die Beteiligung in dem Umfange beim Kläger notwendig war,
um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten,
einen Beurteilungsspielraum, den sie auch genutzt hat. Dabei hat sie innerhalb
dieses Beurteilungsspielraumes die Anzahl der Ärzte, die Krankenhausversorgung,
die Bevölkerungsdichte und die Bevölkerungsstruktur, Art und Umfang der
Nachfrage, räumliche Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen u.ä. geprüft.
Bei dieser Prüfung hat sich die Beklagte rechtmäßig verhalten, sie war keineswegs
verpflichtet, die Beteiligung des Klägers in vollem Umfange zu widerrufen. Vielmehr
hat sie sich aufgrund, der vorgenannten Kriterien innerhalb ihres
Beurteilungsspielraumes gehalten. Die Kontrolle des Gerichts beschränkt sich
deshalb nur darauf, ob der Verwaltungsentscheidung der Beklagten ein richtig und
vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Notwendigkeit der Beteiligung
ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so
verdeutlicht und begründet hat, daß im Rahmen des Möglichen die zutreffende
Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSGE
38, 138, 143 ff.).
Da eine Versorgungslücke in quantitativer Hinsicht bei nuklearmedizinischen
Leistungen nicht vorliegt, konnte der Kläger auch nicht mit seinem Einwand gehört
werden, daß er auf seinem Gebiete sowohl apparativ als auch von der Erfahrung
her über ein breites Spektrum verfüge. Es ist zunächst unter Hinweis auf eine
Entscheidung des 6. Senats des Bandessozialgerichts (BSGE 21, 230, 232, 233)
davon auszugehen, daß die Tätigkeit am Krankenhaus dem leitenden Arzt die
Möglichkeit geben kann, sich ein diagnostisches und therapeutisches
Erfahrungswissen anzueignen, wie es in diesem Umfang bei niedergelassenen
Ärzten einschlägiger Fachrichtung nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden
könne. Davon ausgehend muß jedoch der Schluß gezogen werden, daß die
Untersuchungsleistungen des Klägers und der übrigen niedergelassenen
Nuklearmediziner der Art nach die gleichen sind. Es steht außer Frage, daß
genügend niedergelassene Ärzte diese Leistungen, die der Kläger erbringt, auch
erbringen können. Damit ist die Beteiligung des Klägers insoweit zur Sicherstellung
einer ausreichenden ärztlichen Versorgung nicht mehr in vollem Umfange
notwendig. Die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Klägers reichen für
sich allein nicht aus, um eine Beteiligung an der kassen- und vertragsärztlichen
Versorgung zu rechtfertigen (BSG vom 23.5.1984 – 6 RKa 2/83 –) Für die kassen-
und vertragsärztliche Versorgung können die besonderen Kenntnisse und
Erfahrungen erst dann von Bedeutung sein, wenn sie sich in einem besonderen
Leistungsangebot niederschlagen. Es muß sich dabei um Leistungen handeln, die
im Rahmen einer ausreichenden ambulanten ärztlichen Versorgung benötigt und
von den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht ausreichend angeboten werden
können. Die Tatsachenfeststellungen haben jedoch ergeben, daß der Kläger zwar
über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, aber keine besonderen
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über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, aber keine besonderen
Leistungen in diesem Sinne zur Verfügung stellt, die nicht der Beigeladene zu 8)
auf diesem Gebiet in … auch anbieten würde. Die hohe wissenschaftliche
Qualifikation des Klägers auf dem Gebiet der Nuklearmedizin ist sicher für die
Medizin im allgemeinen und damit auch für die kassenärztliche Versorgung der
Versicherten von großer Bedeutung. Damit verbessert sie sicherlich auch die
medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung. Die Verbesserung der
medizinischen Versorgung ist aber nicht das Ziel der Beteiligung im Sinne des §
368 a Abs. 8 RVO (BSG a.a.O.). Vielmehr ist lediglich erforderlich, daß eine
notwendige, ausreichende Versorgung sichergestellt wird. Eine Versorgungslücke
ist also nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistungen der übrigen
niedergelassenen Ärzte auf dem Gebiet der Nuklearmedizin nicht diesem hohen
wissenschaftlichen Niveau des Klägers entsprechen sollten; eine Bedürfnisfrage
nach erweiterter Beteiligung ergibt sich daraus nicht.
Nach alledem war die Beschränkung auf bestimmte Leistungen der
Nuklearmedizin bei der Beteiligung des Klägers rechtmäßig und somit die
Berufung in dieser Frage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, da keine der in § 160 SGG genannten
Gründe vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.