Urteil des LSG Hessen vom 19.06.2000

LSG Hes: ddr, einkünfte, sozialversicherung, post, arbeitsentgelt, versorgung, altersrente, verordnung, dienstzeit, entstehungsgeschichte

Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.06.2000 (rechtskräftig)
Sozialgericht Darmstadt S 6 RA 143/97
Hessisches Landessozialgericht L 13 RA 1568/98
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Altersrente des Klägers streitig, insbesondere die rentensteigernde
Berücksichtigung sogenannter Überentgelte für die Zeit vom 1. März 1971 bis 30. Juni 1973.
Der 1936 geborene Kläger hatte bis zum 18. Mai 1990 seinen Wohnsitz im Beitrittsgebiet. Dort war er von September
1956 bis September 1968 bei der D. (D) beschäftigt, zuletzt als Ingenieur. Vom 1. Oktober 1968 bis zum 30.
September 1971 war er Aspirant bei der Technischen Universität in D. mit Bezügen in Höhe von 750,- M (DDR)
monatlich und ab dem 1. Oktober 1971 als wissenschaftlicher Mitarbeiter der D. beim Institut für sozialistische
Wirtschaftsführung des Post- und Fernmeldewesens beschäftigt. Sein Bruttoverdienst betrug vom 1. Oktober 1971 bis
31. Dezember 1971 4560,00 M (DDR), vom 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1972 16535,76 M (DDR) und vom 1.
Januar 1973 bis 31. Dezember 1973 18840, - M (DDR). Der Kläger gehörte während des streitbefangenen Zeitraums
der Sozialpflichtversicherung der DDR an und zahlte hierzu Beiträge aus einem monatlichen Arbeitsentgelt von 600,-
M (DDR). Darüber hinaus hatte er, seitdem er eine ununterbrochene Dienstzeit bei der D. von zehn Jahren
zurückgelegt hatte, eine Berechtigung auf Alters-, Invaliden- und Unfallversorgung nach den §§ 16 ff der Verordnung
über die Pflichten und Rechte der Mitarbeiter der Deutschen Post - Post-Dienst-Verordnung (PDVO) - vom 28. März
1973 (GBl I Nr. 25 S 222), geändert durch die 2. PDVO vom 11. Juli 1975 (GBl I Nr. 31 S 594), iVm der
Versorgungsordnung (VSO) der D. vom 31. Mai 1973, zuletzt geändert durch Weisung des Ministers für Post- und
Fernmeldewesen vom 16. Mai 1988, diese idF des 10. Nachtrags zum Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und
Lohnbedingungen für die Mitarbeiter der D. vom 5. November 1973 (registriert beim Staatssekretariat für Arbeit und
Löhne am 10. Dezember 1973 unter Nr. 105/73). Vorausgegangen war ua die Versorgung nach § 21 der Verordnung
vom 13. Oktober 1960 über Pflichten und Rechte der Mitarbeiter der D. (GBl II Nr. 35 S 395, später ersetzt durch § 17
PDVO (GBl II 1970 Nr. 94 S 651) iVm §§ 1, 3 der Anordnung Nr. 1 über die Alters-, Invaliden-, Unfall- und
Hinterbliebenenversorgung für die Mitarbeiter der D. vom 8. November 1960 idF der Anordnung Nr. 2 vom 23.
November 1961, später ersetzt durch §§ 1, 3 VSO von 1972 in: Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für
Post- und Fernmeldewesen 1972 Nr. 225 S 169 ff; vgl insgesamt BSG SozR 3-2600 § 56a Nr. 2).
Mit Wirkung zum 1. März 1971 trat die Verordnung über die Verbesserung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung
und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 10. Februar 1971 (FZR-VO 1971, GBl II Nr. 17
S 121) in Kraft. Die Beschäftigten der D. waren hierzu beitrittsberechtigt. Der Kläger trat der freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR) mit Wirkung vom 1. Juli 1973 bei und entrichtete Beiträge hierzu bis zum 30. Juni
1990. Ab 1. Oktober 1975 war er in der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz versichert.
Im Blick auf die Einführung der FZR wurde die Postversorgung durch die PDVO vom 28. März 1973 iVm der VSO
vom 31. Mai 1973 und dem 10. Nachtrag zum Rahmenkollektivvertrag vom 5. November 1973 mit Wirkung zum 1.
Januar 1974 neu geregelt.
Nach den genannten Bestimmungen galten für die Beschäftigten der D., die - wie vorliegend der Kläger - der FZR
beigetreten sind, hinsichtlich der Gewährung und Berechnung der Zusatzaltersrente und Zusatzinvalidenrente sowie
der Zusatzhinterbliebenenrente die Rechtsvorschriften über die freiwillige Zusatzrentenversicherung bei der
Sozialversicherung, soweit ua im Rahmenkollektivvertrag der Post nichts anderes festgelegt war (§ 17 Abs. 1 PDVO
vom 28. März.1973). Postbedienstete, die - wie vorliegend der Kläger - bereits am 1. Januar.1974 bei der D. tätig
gewesen waren, konnten bei der Berechnung ihrer Zusatzalters- oder Zusatzinvalidenrente eine zusätzliche
Versicherungszeit angerechnet bekommen, wenn sie
- am 1. März1971 ... als Mann älter als 50 Jahre waren und - der FZR beigetreten waren bzw. bis zum 30. Juni 1974
mit Wirkung zum 1. Januar eigetreten sind
(§ 17 Abs. 2 PDVO v. 28.März 1973).
Für Mitarbeiter, die mit Wirkung vom 1. Januar 1974 der FZR beigetreten und bereits vor dem 1. Januar 1974 bei der
D. tätig gewesen waren, bestand darüber hinaus eine Besitzstandsgarantie, wonach die bisherigen
Versorgungsbestimmungen für die D. weiter anzuwenden waren, sofern sie einen höheren Versorgungsanspruch als
nach §§ 16 und 17 der PDVO begründeten (§ 18 PDVO). Hiernach bestand nach einer zehnjährigen ununterbrochenen
Dienstzeit eine Berechtigung auf Alters-, Invaliden- und Unfallversorgung nach der PDVO. Deren Wert war abhängig
von der Dauer der Dienstzeit und von der Höhe des durchschnittlichen Monatsgrundlohns der letzten fünf Jahre vor
Eintritt des Versorgungsfalls; sie konnte höchstens 65 vH des maßgeblichen Monatsgrundlohns betragen und durfte
einschließlich von Zuschlägen 800, - M (DDR) nicht überschreiten, aber auch nicht weniger als 135,- M (DDR) oder als
die gestaffelten Mindestrenten der Sozialversicherung einschließlich des Rentenzuschlags betragen (vgl. BSG SozR
3-2600 § 256a Nr. 2).
Den Beschäftigten der D., die vor dem 1. Januar 1974 postversorgungsberechtigt, aber der FZR nicht beigetreten
waren (sog Altfälle/"Alte Versorgung"), wurde der Bestand des Wertes der Postversorgungsberechtigung auch ohne
einen Beitritt zur FZR im Rahmen einer (statischen) Günstigkeitsrechnung gewährleistet, nach der es entweder auf
den durchschnittlichen Monatsgrundlohn der letzten fünf Jahre von 1969 bis 1973 oder aber, falls günstiger, auf den
Grundlohn im Dezember 1973 ankam. Mit Vormerkungsbescheiden vom 9. April 1996, vom 29. Juli 1996, vom 26.
September 1996 sowie vom 30. Oktober 1996 stellte die Beklagte die in den jeweils beigefügten
Versicherungsverläufen enthaltenen Daten, insbesondere die Versicherungszeiten und die Höhe der Entgelte, bis zum
31. Dezember 1989 als für die Beteiligten verbindlich fest. Dabei berücksichtigte sie Pflichtbeiträge zur FZR erst ab
dem 1. Juli 1973, dem Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in die FZR, als sogenannte Überentgelte. Den hiergegen
erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er Überentgelte bereits für die Zeit vom 1. März 1971 bis zum 30. Juni
1973 begehrte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1997 mit der Begründung zurück, auch
Beschäftigte der D. hätten vor dem 1. Juli 1973 der FZR beitreten können, selbst wenn dies nicht in ihrem Interesse
gewesen sei. Da diese rechtliche Möglichkeit bestanden habe, sei die begehrte Berücksichtigung von Überentgelten
für diesen Zeitraum nicht möglich.
Die hiergegen am 28. Januar 1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht Darmstadt mit Urteil vom 21. Juli 1998
abgewiesen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf die
Berücksichtigung von Überentgelten nach § 256 a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI), da hiernach für den
streitgegenständlichen Zeitraum als Verdienst nur der Arbeitsverdienst, die Einkünfte, für die Pflichtbeiträge gezahlt
worden seien, sowie der Verdienst, für den freiwillige Beiträge zur FZR oder freiwillige Beiträge zur
Rentenversicherung für die Zeiten vor dem 1. Januar 1992 oder danach zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt worden seien, zähle. Eine solche Beitragsentrichtung sei während
des streitbefangenen Zeitraums vorliegend unstreitig nicht erfolgt. Für den Kläger komme auch nicht die
Ausnahmeregelung des § 256a Abs. 3 SGB VI zum tragen, nach der als Verdienst, zu dem die nachgewiesenen dem
Grunde nach beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 1. Juli 1990 gehörten, für die wegen der im
Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze oder wegen in einem Sonderversorgungssystem
erworbenen Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur FZR nicht gezahlt werden konnten. Dies folge daraus,
dass der Kläger in der Zeit vom 1. März 1971 bis zum 31. Juni 1973 rechtlich die Möglichkeit gehabt habe, Beiträge
zur FZR zu entrichten. Auch dies sei zwischen den Beteiligten unstreitig und entspreche den Vorgaben der FZR-
Verordnung vom 10. Februar 1971 (GBl. II S. 121). Angesichts des klaren Wortlauts der gesetzlichen Regelung und
angesichts der Entstehungsgeschichte dieser Regelung, während der eine weitergehende Regelung im Sinne des
Klägers ausdrücklich abgelehnt worden sei, bestehe keine Möglichkeit zu einer weitergehenden Auslegung dieser
Regelung, die nach Überzeugung der Kammer auch nicht gegen das Grundgesetz verstoße.
Der Kläger hat gegen das zum Zwecke der Zustellung an ihn am 22. Oktober 1998 zur Post aufgelieferte Urteil des
Sozialgerichts am 17. November 1998 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. In
seiner Begründung weist der Kläger abermals darauf hin, dass bei Einführung der FZR ab 1971 eine
Beitragsobergrenze von 1200,00 M (DDR) festgelegt gewesen sei. Durch die damals bestehende staatliche
Versorgungsordnung der D., die für alle Beschäftigten der D. eine zusätzliche, nicht an die FZR gebundene
Versorgung garantiert habe, habe für Postbeschäftigte keine Veranlassung bestanden, seinerzeit der FZR beizutreten.
Ihm habe eine besondere zusätzliche Altersversorgung der D. zugestanden, da er seit 1953 deren Mitarbeiter
gewesen sei.
Mit Bescheid vom 27. August 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte ab
dem 1. September 1999. Bei der Berechnung dieser Rente wurden Pflichtbeiträge zur FZR wiederum erst ab dem 1.
Juli 1973 berücksichtigt. Für die Zeit vom 1. März 1971 bis zum 30. Juni 1973 wurde Arbeitsentgelt lediglich bis zu
der in der Sozialversicherung der DDR gültig gewesenen Beitragsbemessungsgrenze von 600,00 M (DDR) monatlich
einbezogen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Juli 1998 aufzuheben und die Beklagte unter
Änderung des Rentenbescheides vom 27. August 1999 zu verurteilen, für die Zeit vom 1. März 1971 bis zum 30. Juni
1973 Arbeitsentgelt in Höhe des erzielten Grundlohnes nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften rentensteigernd
zu berücksichtigen und ihm demgemäß ab dem 1. September 1999 eine höhere Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie räumt zwar ein, dass der 4. Senat des Bundessozialgerichtes in mehreren Entscheidungen vom 10. November
1998 (ua B 4 RA 33/98) entschieden habe, dass seit dem Zeitpunkt, in dem ein Beschäftigter der D.
postversorgungsberechtigt geworden war, nach § 256a SGB VI versicherter Arbeitsverdienst für Beitragszeiten im
Beitrittsgebiet bis Ende 1973 der volle Grundlohn anzurechnen sei und nur die Anrechnung noch höherer
Arbeitsverdienste die Entrichtung entsprechender FZR-Beiträge erforderte. Der Rechtsprechung des 4. Senats des
Bundessozialgerichts werde jedoch über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht gefolgt. Nach dem
Gesetzesverständnis der Beklagten beziehe sich der Relativsatz: "für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind” in §
256a Abs. 2 Satz 1 SGB VI - entgegen der Auffassung des 4. Senats - sowohl auf die dort genannten Einkünfte als
auch auf den Arbeitsverdienst. Die Wortwahl "für die ...” im genannten Relativsatz bedeute, dass der Arbeitsverdienst
nur als Verdienst im Sinne von § 256a Abs. 2 Satz 1 SGB VI berücksichtigungsfähig ist, soweit für ihn auch
Pflichtbeiträge gezahlt worden sind. Für ein solches Verständnis des § 256a Abs. 2 Satz 1 SGB VI sprächen sowohl
die Entstehungsgeschichte der Vorschrift als auch systematische Überlegungen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird
auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten Bezug
genommen. Der wesentliche Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft.
Die Berufung ist jedoch sachlich nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist zu Recht ergangen. Der hier allein noch
streitbefangene Bewilligungsbescheid vom 27. August 1999, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Altersrente
bewilligte, ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf rentensteigernde
Berücksichtigung sogenannter Überentgelte für die Zeit vom 1. März 1971 bis 30. Juni 1973.
Bei sog Zugangsrentnern wie dem Kläger sind die in der DDR in deren System der gesetzlichen Rentenversicherung
zurückgelegten Zeiten (dh auch bezüglich des hier streitigen Zeitraums vom 1. März 1971 bis zum 30. Juni 1973)
gemäß § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichgestellt worden. Für solche Zeiten
werden gemäß § 254b Abs. 1 SGB VI bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse in Deutschland
"persönliche Entgeltpunkte (Ost)" und ein "aktueller Rentenwert (Ost)" gebildet, die an die Stelle der im Übrigen
geltenden "persönlichen Entgeltpunkte" und des "aktuellen Rentenwerts" treten. Dies gilt nicht, wenn der Versicherte
bereits vor dem 19. Mai 1990 (Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) für diese Zeiten
nach Bundesrecht (noch bestehende) Berechtigungen erworben hatte, was bei dem Kläger nicht der Fall ist. § 254b
Abs. 1 SGB VI stellt damit in Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art 3 Abs. 1 GG) sicher, dass die
Teilhabeberechtigung aus solchen Zeiten in der DDR unter Wahrung des Verhältnisses der in einem System der
Rentenversicherung der DDR beitragspflichtigen Arbeitsentgelte zum Durchschnittsentgelt der in der DDR
Beschäftigten im jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird; ebenso wird gewährleistet, dass das Rentenversprechen
gemäß den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen der Beitragszahler im Beitrittsgebiet (aktueller Rentenwert Ost)
erfüllt wird (vgl. BSG SozR 3-2600 § 256a Nr. 2). Die Beklagte hat in dem angefochtenen Rentenbescheid den
zutreffenden "aktuellen Rentenwert (Ost)" eingesetzt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Beklagte hat den Wert des Rechts des Klägers auf Regelaltersrente auch insoweit zutreffend angesetzt, als sie
im streitigen Zeitraum für die gleichgestellten Beitragszeiten aus der hier allein maßgeblichen bundesrechtlichen Sicht
monatlich höchstens 600,- M (DDR) als für die Rentenberechnung maßgebliches Arbeitsentgelt des Klägers
eingesetzt hat. Der Kläger hat in dem fraglichen Zeitraum zwar ein höheres Arbeitsentgelt bezogen, für dieses
indessen keine Beitragsleistung erbracht. Allein hierauf kommt es - jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung - nach
Auffassung des erkennenden Senats nach § 256a Abs. 1 bis 3 SGB VI an.
Gemäß § 256a Abs. 1 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte
ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das
Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift zählen als Verdienst der
Arbeitsverdienst und die Einkünfte, für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge
zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 1. Januar
1992 oder danach zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 279 b SGB
VI) gezahlt worden sind. Nach Abs. 3 Satz 1 dieser Vorschrift zählen als Verdienst auch die nachgewiesenen
beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 1. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils
geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen in einem Sonderversicherungssystem erworbenen Anwartschaften
Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten. Für Versicherte,
die berechtigt waren, der freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten, gilt dies für Beiträge oberhalb der
jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nur, wenn die zulässigen
Höchstbeiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt worden sind (§ 256a Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Werden
beitragspflichtige Arbeitsverdienste oder Einkünfte, für die nach den im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften
Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten, glaubhaft
gemacht, werden diese Arbeitsverdienste oder Einkünfte zu fünf Sechsteln berücksichtigt (§ 256a Abs. 3 Satz 3 SGB
VI).
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts (vgl z.B. SozR 3-2200 § 256a Nr. 2) hat diese Vorschrift dahin ausgelegt,
dass es nach § 256a Abs. 1 bis Abs. 3 SGB VI auch für die Zeit ab 1. März 1971 für eine Beachtlichkeit von in der
DDR erzieltem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als Verdienst im Sinne dieser Vorschrift nur darauf ankomme,
ob das Erwerbseinkommen nach den (faktischen und normativen) Gegebenheiten in der DDR dort (alters-)
rentenwirksam versichert gewesen sei. Die Arbeitsentgelte der langjährig Beschäftigten der D., die über der
allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung der DDR gelegen hätten, seien dort zwar keine
beitragspflichtigen Einnahmen gewesen; aufgrund der für diese Beschäftigten dort maßgeblichen Gegebenheiten in
der Sozialversicherung seien sie leistungsrechtlich jedoch in dem genannten Umfang der Postversorgung Grundlage
für die Festsetzung der Höhe der Altersrente und damit rentenwirksam. Soweit die Anwartschaftsberechtigung vor
Januar 1974 bestanden habe, sei die Rentenwirksamkeit jeweils eines genau bestimmten Monatsbetrages garantiert;
auf FZR-Beitritt oder FZR-Beiträge komme es nicht an. Bei vordergründiger Betrachtung könnte der Wortlaut des
Gesetzes dafür sprechen, dass Arbeitsverdienst schlechthin als Verdienst zähle; denn das Erfordernis von
Pflichtbeiträgen werde ausdrücklich nur "für die Einkünfte", also für Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit
aufgestellt, während die Beiträge zur FZR auf einen vom Arbeitsverdienst sprachlich unterschiedenen "Verdienst"
bezogen seien. Im Übrigen sei die Regelung sprachlich missglückt. Der Abs. 2 dieser Regelung stelle aber nicht
darauf ab, ob "aus dem" Arbeitsverdienst Beiträge gezahlt worden seien, dh ob der Arbeitsverdienst in der DDR
beitragspflichtige Einnahme gewesen sei; maßgeblich sei allein, ob "für den" Arbeitsverdienst Beiträge gezahlt worden
seien, dh, ob er rentenwirksam versichert gewesen sei. Nach § 256a Abs. 3 SGB VI würden schließlich für
Beitragszeiten im Beitragsgebiet auch solche Arbeitsverdienste zum Versicherungsgegenstand im Sinne des SGB VI
erhoben und damit für die SGB VI-Rente erheblich, die nach den Gegebenheiten in der DDR dort nicht rentenwirksam
versichert gewesen seien, obwohl sie aus der Sicht des Regelungskonzepts des SGB VI der Art nach, dh ungeachtet
der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung der DDR, beitragspflichtige Einnahmen
gewesen seien und Pflichtbeiträge nur wegen dieser DDR-Beitragsemessungsgrenze nicht hätten gezahlt werden
können.
Nach Ansicht des erkennenden Senats ergibt sich indessen aus dem Wortlaut des § 256a SGB VI, dem hierin
objektivierten Willen des Gesetzgebers sowie aus systematischen Erwägungen, dass für die Berechnung der
Rentenhöhe als Verdienst nach Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift lediglich der Arbeitsverdienst
berücksichtigt werden kann, für den auch Pflichtbeiträge gezahlt worden sind. Hierfür spricht zunächst die
Entstehungsgeschichte der Regelung. Nach § 256a Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der Fassung des Renten-
Überleitungsgesetzes (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) galten als Verdienste der beitragspflichtige
Arbeitsverdienst, die versicherungspflichtigen Einkünfte sowie der Verdienst, für den ua Beiträge zur FZR gezahlt
worden sind. Nach der Gesetzesbegründung gehört zum Verdienst im Sinne dieser Vorschrift die Verdienste, die von
der Sozialversicherung umfasst wurden und für die ua Beiträge zur FZR gezahlt worden sind (BR-Drucks. 197/91, S.
127 vgl hierzu auch Wollschläger, Urteilsanmerkung zu den Urteilen des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 10.
November 1998 - B 4 RA 32/98 R und B 4 RA 33/98 R, DRV 1999, 675 ff. (679)). Als Ausnahme hiervon war wegen
der niedrigen Beitragsbemessungsgrenzen und der damit entsprechend niedrig versicherten Entgelte die Regelung
getroffen worden, dass - soweit die Versicherten im Rahmen ihrer Möglichkeiten von der höchstmöglichen
Versicherung Gebrauch gemacht hatten - die tatsächlichen Entgelte maßgeblich seien. Gegenüber dieser
ursprünglichen Fassung bedeutet die Neufassung des § 256a Abs. 2 Satz 1 SGB VI durch das Rentenüberleitungs-
Ergänzungsgesetz (Rü-ErG) vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038) lediglich eine Klarstellung. Im Deutschen Bundestag
ist stets von einer solchen Auslegung der Vorschrift ausgegangen worden, parlamentarische Bestrebungen, die
Vorschrift des § 256a SGB VI zugunsten der Beschäftigten der D. bzw. der Deutschen Reichsbahn zu ändern und im
Sinne des klägerischen Begehrens zu erweitern, sind allesamt abgelehnt worden und gescheitert (vgl im einzelnen
Wollschläger, a.a.O., S. 679). Der Berücksichtigung sogenannter Überentgelte während des streitbefangenen
Zeitraums steht die Regelung des § 256a Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI entgegen. Der Kläger konnte während dieser
Zeit der FZR beitreten und damit FZR-Beiträge für Einkünfte über 7200,- M (DDR) im Jahr entrichten, er hat jedoch
von dieser Möglichkeit erst ab Juli 1973 Gebrauch gemacht. Die Regelung begegnet auch keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. März 2000 Az.: B 13 RJ 35/99 R). Es erscheint
nicht als willkürlich, wenn die Anrechnung von Überentgelten auch davon abhängig gemacht wird, dass der
Versicherte die Möglichkeiten einer Entrichtung von FZR-Beiträgen in vollem Umfang wahrgenommen hat. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass mit § 256a Abs. 3 SGB VI verhindert werden soll, dass die Versicherten im Beitrittsgebiet
Nachteile durch das in der Vergangenheit unzureichende Beitragsrecht in der DDR erlitten. Da die FZR während der
DDR-Zeit bereits einen Ausgleich für die fortdauernd niedrige Beitragsbemessungsgrenze bieten sollte, ist es
konsequent, eine Berücksichtigung von Verdiensten bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze von einer
Ausschöpfung dieser Möglichkeit abhängig zu machen (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 256a Nr. 5; Steinmeyer, VSSR
1990, 83, 97 f.). Dies gilt auch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen Versicherte eine sogenannte "alte
Versorgung" der D. erworben hatten und zur Erhaltung dieser Anwartschaft der FZR vor oder zum 1. Januar 1974
beigetreten sind. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser sogenannten alten
Versorgung lediglich um eine besitzstandswahrende Regelung handelte. Auch im Hinblick darauf, dass diese
Versorgungsanwartschaft durch Höchstbeträge limitiert war, kann vorliegend nicht eingeschätzt werden, ob die
vorliegend von dem Kläger begehrte Berücksichtigung von Überentgelten zur Wahrung seiner Teilhabeberechtigung
aus den Zeiten in der DDR angemessen wäre, er könnte hierdurch auch pr
ivilegiert werden, nicht nur im Vergleich mit Versicherten, die auch für diese Zeit Beiträge zur FZR entrichtet haben.
Aufgrund dieser Gesichtspunkte muß es dem Gesetzgeber überlassen bleiben, nach der bestehenden gesetzlichen
Regelung ggf. noch verbleibende sozialpolitische Defizite in der rentenversicherungsrechtlichen Versorgung des
vorliegend betroffenen Personenkreises auszugleichen.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.