Urteil des LSG Hessen vom 07.11.1984

LSG HES: abrechnung, versorgung, pos, zahnarzt, geeignetheit, wartezeit, labor, quelle, begriff, stift

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Gericht:
Hessisches
Landessozialgericht
7. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 7 Ka 1365/83
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 106a Abs 2 S 1 SGB 5, Nr
18 Buchst a EBM-Z, Nr 18
Buchst b EBM-Z
(Vertragszahnarzt - Abrechnung von Leistungen nach Nr
18a und 18b Bema-Z)
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am
Main vom 19. Oktober 1983 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Leistungen nach Nr. 18 a und 18 b
der Bema-Z allein abgerechnet werden können und ob die Verwendung von TNS-
Stiften die Voraussetzung der Leistungsziffer Nr. 18 a Bema-Z erfüllt.
Der Kläger ist als Zahnarzt in S. niedergelassen, als Kassenzahnarzt zugelassen
und als Vertragszahnarzt beteiligt.
Mit Bescheid vom 9. August 1982 hatte die Beklagte Einwände gegen die Labor-
Honorarforderungen des Klägers hinsichtlich der Patientinnen E., S. und T. Bei der
Patientin E. wurde eine Diskrepanz zwischen dem beantragten Honorar und den
abgerechneten Material- und Laborkosten festgestellt und eine Berichtigung der
Laborkostenrechnung vom Kläger verlangt. Bei der Patientin S. und der Patientin T.
wurde bemängelt, daß der Kläger eine Leistung nach Pos. 18 der Bema-Z als
alleinige Leistung gefordert habe, was aber durch den Leistungsinhalt der Position
18 ausgeschlossen sei.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 1982 lehnte die Beklagte die eingereichte
Honorarabrechnung hinsichtlich der Patientinnen H., H.‚ S. ab. Bei der Patientin S.
wurde wiederum eine Diskrepanz zwischen Laborrechnung und Heil- und
Kostenplan festgestellt und um Berichtigung gebeten. Bei den Patientinnen H. und
H. wurde wiederum die alleinige Abrechnung der Position 18 a und 18 b Bema-Z
bemängelt und darüber hinaus die Verwendung von TMS-Stiften als Leistung nach
Pos. 18 a zurückgewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 1983 wurden die jeweiligen
Widersprüche des Klägers gegen diese Bescheide zurückgewiesen. Bei der
Patientin E. bestehe weiterhin eine Diskrepanz zwischen zahnärztlicher Leistung
und den Material- und Laborkosten. Bei der Patientin T., bei der Patientin S., H.
und H. könne der Kläger die Pos. Nr. 18 der Bema-Z nicht als alleinige Leistung
abrechnen, da die Position Nr. 18 nur vorbereitende Maßnahmen beinhalte und
daher nicht als selbständige Leistung ohne im Zusammenhang zu stehen denkbar
sei. Darüber hinaus verlange aber auch ein Schraubenaufbau nach Nr. 18 a
grundsätzlich eine Verankerung im Wurzelkanal. Deshalb könne der Kläger nicht
TMS-Stifte, die als parapulpäre Stifte im Dentin eingeschraubt würden und zur
Aufnahme von plastischem Füllmaterial dienen würden, als Schraubenaufbau nach
Nr. 18 a abrechnen; hierfür sei allenfalls die Gebührenziffer Nr. 13 a bis c der
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Nr. 18 a abrechnen; hierfür sei allenfalls die Gebührenziffer Nr. 13 a bis c der
Bema-Z heranzuziehen. Im übrigen gelte für die Patientin S. das bereits bei der
Patientin T. Ausgeführte.
Der Kläger hat gegen diesen Widerspruchsbescheid am 21. März 1983 Klage vor
dem Sozialgericht Frankfurt erhoben, nachdem er zunächst gegen die Bescheide
vom 9. August 1982 und 14. Oktober 1982 Klagen beim Sozialgericht Frankfurt
anhängig gemacht hatte unter den Aktenzeichen S-5/Ka-65/82 und S-5/Ka-88/82,
die beiden letzteren jedoch dann zurücknahm. In seiner Klage vom 21. März 1983
hat der Kläger nur noch die Änderung der angefochtenen Bescheide bezüglich der
verweigerten Abrechnung der Patientinnen E., T., H. und H. begehrte.
Mit Urteil vom 19. Oktober 1983 hat das Sozialgericht Frankfurt die Bescheide der
Beklagten vom 9. August 1982 und vom 14. Oktober 1982 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 1983 insoweit geändert, als es die
Beklagte verurteilt hat, die noch geltend gemachten Forderungen bezüglich der
Patientinnen S., T., H. und H. ungekürzt abzurechnen. Das Sozialgericht Frankfurt
hat die Auffassung vertreten, daß die Klage hinsichtlich der Patientinnen S., T. und
H. sowie H. in vollem Umfange begründet sei. Entgegen der Auffassung der
Beklagten sei die Nr. 18 auch als alleinige Leistung abrechenbar, allerdings unter
der Voraussetzung, daß diese Leistung der Vorbereitung eines zerstörten Zahnes
zur Aufnahme einer Krone diene. Dabei spiele es keine Rolle, in welchem zeitlichen
Zusammenhang diese vorbereitenden Maßnahmen der Nr. 18 Bema-Z mit den
nachfolgenden Maßnahmen stehen würden. Es sei im Gegenteil lobenswert, daß
der Kläger zwischen diesen beiden Maßnahmen oftmals eine längere Zeit
verstreichen ließe, um die Geeignetheit einer Krone zu testen. Es sei wirtschaftlich,
zunächst die Aufbaumaßnahme zu erbringen und diesen Zahn erst dann mit einer
Krone zu versorgen, wenn die Wartezeit ein positives Ergebnis erbracht habe,
anstatt aus scheinbar zwingenden gebührenordnungsmäßigen Gründen auch
solche zweifelhaften Zähne gleich mit einer Krone zu versorgen, die sich dann als
nicht dauerhaft herausstellten. Bei den Patientinnen T. und H. liege entgegen der
Auffassung der Beklagten bei der Versorgung mit TMS-Schrauben ein
Schraubenaufbau i.S. der Nr. 18 a Bema-Z vor. Die von der Beklagten geforderte
Verankerung im Wurzelkanal ergebe sich nicht aus der Leistungslegende der Nr.
18 a. Entscheidend sei vielmehr, daß es sich um einen zerstörten Zahn handele,
der zur Aufnahme einer Krone vorbereitet werde, und zwar mittels eines
Schraubenaufbaus. Der Begriff des Schraubenaufbaus verlange keine
Verankerung im Wurzelkanal, sondern lediglich einen Aufbau, bei dem eine oder
mehrere Schrauben verwendet werden würden, die dem Aufbau einen besonderen
Halt geben würden. Die Schraube müsse dabei konstruktives Merkmal des
Aufbaus sein, da lediglich die irgendwie geartete Verwendung einer Schraube etwa
als schmückendes Beiwerk die Voraussetzung eines Schraubenaufbaus nicht
erfülle. Die TMS-Stifte würden als Schrauben verwendet werden. Ohne die
Verwendung der TMS-Stifte würden die beim Kläger durchgeführten
abgerechneten Aufbauten bei den Patientinnen T. und H. nicht möglich gewesen
sein. Insofern seien sie auch gem. der Ziff. 18 der Bema-Z abrechenbar.
Gegen das am 10. November 1983 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der
Beklagten vom 1. Dezember 1983 beim Hessischen Landessozialgericht.
Die Berufung wurde im wesentlichen damit begründet, daß das Sozialgericht
Frankfurt zu der unzutreffenden Feststellung gekommen sei, daß bei der
Versorgung eines zerstörten Zahnes mit sogenannten TMS-Schrauben gearbeitet
worden sei; im Gegensatz dazu handele es sich hierbei um TMS-Stifte. Die
Tatsache, daß dieser TMS-Stift wie eine Schraube eingesetzt werde, ändere noch
nichts daran, daß es sich bei diesen TMS-Stiften eben um Stifte und nicht um
Schrauben handele. Zudem habe das Sozialgericht Frankfurt übersehen, daß die
Leistungslegende nicht nur zwischen der parapulpären Stiftverankerung und dem
Schraubenaufbau differenziere, sondern auch in Nr. 18 a den gegossenen Aufbau
von der Aufbaufüllung aus plastischem Material in Nr. 18 b trenne. Dabei komme
es bei der Methode von dem Kläger auf den Aufbau bzw. die Aufbaumethode im
Hinblick auf die Verwendung von TMS-Stiften entscheidend an. Die von dem Kläger
eingebrachten Stifte würden lediglich der sicheren Verankerung des
aufzubringenden bzw. aufgebrachten plastischen Füllmaterials dienen.
Demgegenüber unterscheidet sich ein gegossener Aufbau aber durch andere
Besonderheiten, die in der Berufungsbegründung näher beschrieben werden.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Oktober 1983
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akte der
Beklagten und auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beide Inhalt und Gegenstand
der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und statthaft (§§ 143,
158 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 19. Oktober 1983 ist rechtsfehlerfrei
ergangen und war daher nicht aufzuheben. Das Sozialgericht Frankfurt hat ohne
Rechtsfehler die Bescheide der Beklagten vom 9. August 1982 und vom 14.
Oktober 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 1983,
soweit sie noch im Streit standen, aufgehoben.
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil geht der Senat davon aus,
daß die Nr. 18 der Bema-Z als alleinige Leistung abgerechnet werden kann.
Hierbei geht der Senat jedoch davon aus, daß diese Leistung der Vorbereitung
eines zerstörten Zahnes zur Aufnahme einer Krone dient, wobei die Frage des
Zeitpunkts der Überkronung von sekundärer Bedeutung ist, solange diese
Überkronung noch im wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang zur
vorbereitenden Handlung der Ziff. 18 Bema-Z steht. Die Tatsache, daß der Kläger
nach eigenem Bekunden zwischen Vorbereitung und Überkronung oftmals
mehrere Monate verstreichen läßt, spricht im Grunde für die Sorgfältigkeit und
damit für die Wirtschaftlichkeit seines Arbeitens. Letztlich ist diese Frage des
Zusammenhangs aber nur von sekundärer Bedeutung für diesen Rechtsstreit,
abgesehen davon, daß von der Beklagten dem Kläger in dieser Frage auch
weitgehende Freiheiten konzediert werden.
Die letztlich entscheidende Frage, ob bei der Versorgung mit TMS-Stiften ein
Schraubenaufbau nach Ziff. 18 a Bema-Z vorliegt, muß vom Senat bejaht werden.
Die Darstellung der Verfahrensweise bei der Versorgung mit TMS-Stiften im Termin
am 7. 11. 1984 durch den Kläger und der Wortlaut der Ziff. 18 a und 18 b der
Bema-Z lassen keinen anderen Schluß zu. Die Auslegung dieser Gebührenziffer
durch die Beklagte wird vom Senat als zwar fachärztlich begründbar aber letztlich
juristisch nicht haltbar angesehen. Dabei wird vom Senat eingeräumt, daß die
Methode des Klägers sicherlich unter den Berufskollegen umstritten ist, sie wird
jedoch letztlich von der Beklagten als zulässig angesehen, lediglich der
Abrechnungsmodus ist streitig.
Der Senat sieht keine Lücke in der Gebührenordnung, die auszufüllen wäre, weil u.
U. die Nr. 18 die Verwendung von TMS-Stiften nicht vorsieht. Abgesehen davon,
daß die Sozialgerichte nicht in die Kompetenz der autonomen
Gebührenordnungsgeber eingreifen dürfen, ergibt für den Senat die Subsumtion
der Ziff. 18 a Bema-Z, daß hierunter auch die Verwendung von TMS-Stiften fällt.
Danach kann der Zahnarzt 60 Bewertungszahlen bei der Vorbereitung eines
zerstörten Zahnes im Wege gegossenen Aufbaus mit Stiftverankerung bzw. durch
Schraubenaufbau abrechnen. Dies genau tut der Kläger bei der Verwendung von
TMS-Stiften. Wie er dem Senat im Termin dargestellt hat, verwendet der Kläger die
TMS-Stifte, indem er sie mit Hilfe eines dazugehörenden Bohrers, der
Durchmesser und Tiefe der Löcher festlegt, in das Dentin parapulpär einbringt
oder mehrere Löcher bohrt, deren Durchmesser etwas geringer ist, als der
Durchmesser der mit einem Gewinde versehenen TMS-Schraube. In diese Löcher
werden die TMS-Stifte mit einem dazugehörigen Schraubkopf, der in die obere
Abflachung der kopflosen Schrauben eingreift, hineingedreht, wobei sie in das
Dentin ein Gewinde hineinschneiden und an einer in der Mitte bestehenden
Sollbruchstelle dann abgebrochen werden, so daß der im Dentin befindliche Teil
etwa genau so lang ist wie der darüber hinausragende Teil. Der abgebrochene
zweite Teil dient sodann als zweite Schraube. Die herausragenden oberen Enden
geben dann dem folgenden Aufbau die erforderliche Stabilität. Der Gebühren Ziff.
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geben dann dem folgenden Aufbau die erforderliche Stabilität. Der Gebühren Ziff.
Nr. 18 a ist nicht zu entnehmen, daß Voraussetzung hierfür eine parapulpäre
Stiftverankerung oder ein Schraubenaufbau im Wurzelkanal ist, wie die Beklagte
meint. Durch das “bzw.“ in Ziff. 18 a ist ein Schraubenaufbau wie auch immer
geartet zur Vorbereitung der Aufnahme einer Krone abrechnungsfähig (so im
Ergebnis auch Liebold-Fehre, Kommentar zur Bema-Z zu Ziff. 18). Diesen
Schraubenaufbau erstellt der Kläger. Bei den TMS-Stiften handelt es sich um Stifte
mit Schraubengewinde, so daß letztlich der Streit darüber, ob TMS-Stifte Stifte
oder Schrauben sind, philologischer Art ist, in jedem Falle werden sie als
Schrauben verwendet und sind somit nach Nr. 18 a abrechenbar. Jede andere
Auslegung der Nr. 18 a mag eine Begründung einer bestimmten fachärztlichen
Methode sein, die aber hier nicht im Streit steht und vom Senat daher auch nicht
zu entscheiden war. Dabei räumt der Senat durchaus ein, daß die Ziff. 18 a Bema-
Z etwas unglücklich gefaßt ist; dies kann aber nicht zu Lasten des abrechnenden
Arztes gehen, solange er zur Vorbereitung der Aufnahme einer Krone einen
Schraubenaufbau verwendet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er gem. § 160 Abs. 2 Ziff. 1 SGG dem
Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimißt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.