Urteil des LSG Hessen vom 24.06.2009

LSG HES: innere medizin, subjektives recht, vergütung, versorgung, unterliegen, betrug, quote, arztpraxis, ausdehnung, beiladung

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Gericht:
Hessisches
Landessozialgericht
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 4 KA 110/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 75 Abs 1 S 1 SGB 5, § 82
Abs 1 SGB 5, § 85 Abs 4 S 2
SGB 5 vom 14.11.2003, § 85
Abs 4 S 6 SGB 5 vom
14.11.2003, § 85 Abs 4 S 7
SGB 5 vom 14.11.2003
(Vertragsärztliche Versorgung - Rechtmäßigkeit von
Bemessungsgrundlagenbescheiden - Bindung der
Vertragsparteien eines Honorarverteilungsvertrages an
Vorgaben des Bewertungsausschusses - Rechtmäßigkeit
der Ausnahme von ärztlichen Berichten, Arztbriefen,
Gebühren für Mehrfertigungen von den
Regelleistungsvolumina - Rechtmäßigkeit einer
Ausgleichsregelung zur Vermeidung von praxisbezogenen
Honorarverwerfungen für besonders ertragreiche Praxen)
Leitsatz
Anmerkung: Rechtsmittel eingelegt, BSG-Az: B 6 KA 26/09 R
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg
vom 22. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Honorarhöhe in den Quartalen III und IV/05,
insbesondere die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Leistungen nach Nrn.
01600, 01601 und 01602 EBM 2005 (ärztliche Berichte, Arztbriefe, Gebühren für
Mehrfertigungen) in das Regelleistungsvolumen sowie einer Honorarkürzung nach
Ziff. 7.5 HVV.
Der Kläger ist zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in F zugelassen. Er
nimmt als Internist an der fachärztlichen Versorgung teil.
Nach dem Honorarbescheid vom 12. August 2006 betrug das Nettohonorar des
Klägers im Quartal III/05 35.885,72 € bei einem angeforderten Honorarvolumen auf
der Basis des EBM 2005 von 62.832,20 € (oberer Punktwert der Allgemeinen
Leistungen im Rahmen des Regelleistungsvolumens PK/EK 2,796/3,103 Cent). Der
Punktwert für die Leistung nach Nr. 13421 EBM 2005 – koloskopischer Komplex –
betrug 2,796/3,103 Cent (PK/EK). Eine fallzahlabhängige Quotierung gemäß Ziff.
5.2.1 HVV wurde im Quartal III/05 nicht durchgeführt. Das abgerechnete
Honorarvolumen in Punkten überschritt das praxisbezogene
Regelleistungsvolumen um 147.902,5 Punkte (31,1%). Eine Honorarkürzung nach
Ziff. 7.5 HVV fand nicht statt.
Nach dem Honorarbescheid vom 28. November 2006 betrug das Nettohonorar
des Klägers 51.528,91 € im Quartal IV/05 bei einem angeforderten
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des Klägers 51.528,91 € im Quartal IV/05 bei einem angeforderten
Honorarvolumen auf der Basis des EBM 2005 von 80.993,10 € (oberer Punktwert
der Allgemeinen Leistungen im Rahmen des Regelleistungsvolumens PK/EK
3,038/3,663 Cent). Der Punktwert für die Leistung nach Nr. 13421 EBM 2005
betrug 4,135/4,444 Cent (PK/EK). Auch im Quartal IV/05 wurde keine
fallzahlabhängige Quotierung gemäß Ziff. 5.2.1 HVV durchgeführt. Das
abgerechnete Honorarvolumen in Punkten überschritt das praxisbezogene
Regelleistungsvolumen um 243.187 Punkte (Überschreitung um 40,2%). Das
Honorar wurde gemäß Ziff. 7.5 in Höhe von 121,34 € gekürzt.
Der Kläger legte jeweils Widerspruch gegen die vorgenannten Bescheide ein und
hielt die Vergütungsstruktur des EBM 2005 für rechtswidrig. Die Ermittlung der
Fallpunktzahlen sei nicht nachvollziehbar und fehlerhaft. Entgegen der
gesetzlichen Vorgabe würden innerhalb des Regelleistungsvolumens keine festen
Punktwerte vergütet, es werde nach dem – rechtwidrigen – HVV nicht der
Punktwert von 5,11 Cent, auf dessen Grundlage die Version des EBM 2005
betriebswirtschaftlich kalkuliert sei, ausbezahlt. Eine angemessene Honorierung
seiner Leistungen erfolge nicht. Ferner widerspreche die Quotierung der kurativen
Koloskopien der Bundesempfehlung, wonach die hohe Koloskopie außerhalb der
Regelleistungsvolumina mit einem festen Punktwert im Honorarbereich 4.1 zu
vergüten sei. Unzulässig sei es, eine Leistung zu quotieren, wenn zum Zeitpunkt
der Erbringung die Quotierung noch nicht bekannt gewesen sei. Die kurative
Koloskopie werde in unterschiedlichen Fachgruppen unterschiedlich honoriert. Die
Honorarberechnung beziehe sich auf Ausgangsdaten des Quartals II/04, obwohl
dies nach den gesetzlichen Vorgaben nicht zulässig sei. Eine Rechtsgrundlage,
welche den Bewertungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigungen dazu
ermächtige, die bisherige Honorarverteilungssystematik bis zum 31. Dezember
2005 aufrecht zu erhalten, sei nicht erkennbar.
Die Beklagte wies die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide für
die Quartale III und IV/05 mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2007,
zugestellt am 23. Oktober 2007, als unbegründet zurück. Weder der EBM 2005
noch die weiteren Vorgaben des Bewertungsausschusses seien rechtswidrig. Der
Bewertungsausschuss habe die Vorgabe eines Punktwertes von 5,11 Cent in
seinem Beschluss vom 29. Oktober 2004, in dem er gleichzeitig auch die
Einführung des EBM 2005 und der Regelleistungsvolumina für den 1. April 2005
festgelegt habe, zurückgenommen. Im Rahmen der Verteilung der
Gesamtvergütung habe eine Quotierung erfolgen müssen, die zu dem
ausgezahlten Punktwert geführt habe. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des
HVV bestünden nicht. Nach den Vorgaben der Ziff. 6.3 HVV erfolge die Bewertung
der Honorarforderungen einer Praxis, die der Honorargruppe A2/B2 zugeordnet
sei, auf Basis eines Regelleistungsvolumens, soweit für die in der Praxis
vertretenen Arztgruppen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 HVV arztgruppenspezifische
Fallpunktzahlen benannt sind. Der Kläger gehöre als Facharzt für Innere Medizin
der Honoraruntergruppe B 2.13 an und sei abrechnungstechnisch der
Fachgruppe/Arztgruppe 33-09 zugerechnet. Bedenken gegen die vorgenommene
Festlegung der Fallpunktzahlen für die Honorargruppe B 2.13 bestünden nicht. Die
Leistungen der Koloskopie nach Nr. 13421 EBM 2005 seien entsprechend den
Vorgaben im HVV dem Leistungsbereich III. 4.1 zugewiesen und unterlägen nicht
dem Regelleistungsvolumen. Insoweit sei Ziff. 6.4 zu entnehmen, dass eine
Bewertung mit einem Punktwert von 4,0 Cent – vorbehaltlich einer gegebenenfalls
erforderlichen Quotierung – erfolgt. Im info.doc März 2005 sei dargelegt, dass für
die Leistungen der kurativen Koloskopie nach Nr. 764 EBM 1996 die bisherige
Sonderregelung mit einem eigenständigen Honorierungsanteil innerhalb der
jeweiligen arzt-/fachgruppenbezogenen Honorar(unter)gruppe auch nach
Einführung des Regelleistungsvolumens in die Gesamtvergütungsstruktur
weitergeführt werde. Nach der nach wie vor gültigen Rahmenempfehlung der
Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
werde eine Vergütung zu einem festen Punktwert vorgesehen, der bereits in der
Vergangenheit als quotierter Punktwert in die Abrechnung der Leistungen
eingegangen sei. Wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der
angemessenen Vergütung könne ein subjektives Recht des einzelnen
Vertragsarztes auf höheres Honorar erst dann in Betracht kommen, wenn durch
eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche
Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer
Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem
Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet werde. Es seien keine
Anhaltspunkte erkennbar, dass der Grundsatz der angemessenen Vergütung
zulasten der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, der die
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zulasten der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, der die
Praxis des Klägers angehöre, im streitgegenständlichen Zeitraum verletzt sein
könnte. Ein Anspruch auf höhere Vergütung in den Quartalen III/05 und IV/05 folge
auch nicht unmittelbar aus Artikel 12 GG. Der HVV genüge auch dem
Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG.
Hiergegen hat der Kläger am 20. November 2007 Klage beim Sozialgericht
Marburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, es gehe um die Frage,
ob und inwieweit die gastroenterologischen Leistungen zutreffend bewertet worden
seien. Anders als vom Bewertungsausschuss vorgesehen habe die Beklagte für
den Bereich der fachärztlichen Internisten, soweit sie gastroenterologische
Leistungen erbringen, keinen Honorartopf fortgeschrieben. Dazu habe aber Anlass
bestanden, da die Koloskopie als besondere Leistung einer besonderen Förderung
unterliegen sollte. Durch die Topfbildung gemäß HVM sei es anders als mit der
Bildung der Regelleistungsvolumina intendiert zu einem Verfall der Punktwerte
gekommen. Die von der Beklagten vorgenommene "Topf-im-Topf-Regelung" für
die Koloskopie habe zu einer Quotierung der Koloskopien geführt. Die Quotierung
der kurativen Koloskopie widerspreche jedoch grundsätzlich den Entscheidungen
des Bewertungsausschusses.
Mit Urteil vom 22. Oktober 2008 hat das SG die Honorarbescheide für die Quartale
III und IV/05 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2007 abgeändert
und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts über seinen Honoraranspruch neu zu bescheiden. In den
Entscheidungsgründen hat es hierzu ausgeführt, dass die Honorarbescheide für
die Quartale III und IV/05 insofern rechtswidrig seien, als die Beklagte Leistungen
entgegen Abschnitt III.4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner
93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch
die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1.
Januar 2005 (im Folgenden BRLV) innerhalb des Regelleistungsvolumens vergütet
habe. Der Bewertungsausschuss bestimme nach § 85 Abs. 4a SGB V die Kriterien
zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, erstmalig bis zum
29. Februar 2004 den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Sätze 4, 6, 7 und 8 SGB V zu
treffenden Regelungen. Der Bewertungsausschuss sei seinen
Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V unter anderem durch den
BRLV nachgekommen. Die dort in Abschnitt III.4 aufgeführten Leistungen,
Leistungsarten und Kostenerstattungen unterlägen nicht dem
Regelleistungsvolumen (III. 3.1 Abs. 4 BRLV). Hierin liege eine verbindliche Vorgabe
des Bewertungsausschusses (Urteil des SG vom 26. September 2007 – S 12 KA
822/06, Urteil des Hessischen Landessozialgerichts – HLSG – von 23. April 2008 –
L 4 KA 69/07, Revision anhängig B 6 KA 31/08 R). Der Kläger habe im Quartal III und
IV/05 Leistungen nach Ziff. 01600, 01601 und 01602 EBM 2005 abgerechnet, die
die Beklagte entgegen der Vorgabe in Ziff. III.4.1 BRLV in das
Regelleistungsvolumen einbezogen habe. Hierdurch seien die Punktzahlen des
Regelleistungsvolumens bereits fehlerhaft berechnet worden. Die Beklagte habe
die Punktzahlen für das Regelleistungsvolumen ohne diese Leistungen neu zu
berechnen und für den Kläger ohne diese Leistung festzusetzen. Die Leistungen
seien mit einem entsprechend neu berechneten Punktwert des Fachgruppentopfes
zu vergüten. Ein Anspruch auf einen festen Punktwert von 5,11 Cent bestehe nicht.
Soweit die Beklagte im Quartal IV/05 einen Kürzungsbetrag in Höhe von 121,34 €
nach Ziffer 7.5 HVV festgesetzt habe, sei dies ebenfalls rechtswidrig. Ziff. 7.5 HVV
führe faktisch ein Vergütungssystem vergleichbar mit so genannten
Kopfpauschalen ein. Es weiche davon insofern ab, als es nicht allen Vertragsärzten
bzw. allen Vertragsärzten einer Honorargruppe gleiche Honorarbeträge für einen
Behandlungsfall zuweise, sondern die Höhe der Honorarzuweisung pro Fall am
Fallwert des entsprechenden Vorjahresquartals der einzelnen Praxis orientiere und
zunächst einen Honorarkorridor von 95% des 105% hierfür vorgebe. Die
Vertragsparteien seien aber an die Vorgaben des Bewertungsausschusses
gebunden gewesen und nicht befugt, im Rahmen der Ausgleichsregelung
Kürzungsbeträge vorzusehen. Dies sei bereits für die von der Beklagten
vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses
verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina
festgestellt worden (vgl. Urteil des SG vom 26. September 2007, S 12 KA 822/06;
Urteil des HLSG vom 23. April 2008, L 4 KA 69/07). In Fortführung der bisherigen
Rechtsprechung werde festgestellt, dass die Vorgaben des
Bewertungsausschusses auch insofern verbindlich seien, als daneben nicht
Regelungen geschaffen werden könnten, die faktisch zu einem praxisindividuellen
Individualbudget führen. Ziff. III.2.2 Abs. 1 BRLV setze voraus, dass bereits
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Individualbudget führen. Ziff. III.2.2 Abs. 1 BRLV setze voraus, dass bereits
vergleichbare Steuerungsinstrumente vorhanden sind, die bis Ende 2005
fortgeführt werden könnten. Die hier strittige Ziff. 7.5 HVV sei aber neu eingeführt
worden. Soweit es der Beklagten allgemein nicht verwehrt sei, auch bei Vorgaben
des Bewertungsausschusses weitere Steuerungsmaßnahmen im HVV zu
vereinbaren, so gelte dies dann nicht, soweit zwingende Vorgaben durch den BRLV
bestünden. Die KÄVen dürften weder Arztgruppen von der Budgetierung
ausnehmen, die der EBM einbeziehe, noch die Bereiche der budgetierten und der
nicht budgetierten Leistungen anders als im EBM festlegen. Aufgrund der
eindeutigen Nichtbeachtung der Vorgaben des Bewertungsausschusses sei Ziff.
7.5 HVV, soweit die Regelung zu Kürzungsbeträgen führe, von Anfang an
rechtswidrig und könnten die Grundsätze einer so genannten Anfangs- und
Erprobungsregelung nicht angewandt werden. Die Rechtswidrigkeit führe nicht
zwingend dazu, dass dem Kläger der Kürzungsbetrag in vollem Umfang
zurückzuerstatten ist. Die positive Ausgleichsregelung sei in den streitbefangenen
Quartalen noch zulässig. Die Beklagte habe daher einen neuen Punktwert zu
errechnen auf der Grundlage, dass ihr insgesamt keine Kürzungsbeträge zur
Verfügung stehen. Der neu errechnete Punktwert sei maßgebend, soweit er
oberhalb des Stützungspunktwerts liege. Liege er darunter, sei der
Stützungspunktwert maßgebend.
Im Übrigen seien die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden gewesen.
Soweit die Beklagte für die Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens
keinen festen, im Vorhinein fest vereinbarten Punktwert vergütet habe, sei dies
nicht zu beanstanden gewesen. Ziffer 6.4 HVV sehe vor, dass die nach Abzug der
Vorwegvergütung und zu festen Punktwerten vergüteten Leistungen dann noch
verbleibenden Honorarforderungen der Praxis der Bewertung mit einem Punktwert
von 4,0 Cent bis zu dem nach Ziffer 6.3 HVV für das aktuelle Quartal festgestellten
praxisindividuellen Regelleistungsvolumen unterliegen. Für die hier maßgebliche
fachärztliche Versorgungsebene sehe Ziffer 2.2 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziff. 7.2
HVV vor, dass, reiche der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in
einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht
aus, eine Quotierung aller Honorarforderungen innerhalb des
Regelleistungsvolumens und damit des Punktwertes von 4,0 Cent zu erfolgen
habe. Soweit die festgestellten Quoten um mehr als 15 Prozent-Punkte von der
nach gleicher Vorgehensweise über alle Honorar(unter)gruppen der
Honorargruppe B 2 gebildeten mittleren Quote abweichen, sei, soweit möglich, ein
Ausgleich zwischen den Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 mit dem Ziel der
Erreichung einer maximalen Abweichung von 15%-Punkten von der mittleren
Quote für alle Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 durchzuführen. Aber auch
unterstellt, es sei von einer Rechtswidrigkeit der Quotierungsregelungen
auszugehen, bestehe kein Anspruch auf eine Vergütung zu einem Punktwert von 4
Cent. Hielte man eine Quotierung für unzulässig, so könnte die Beklagte bzw. die
Vertragsparteien nur verpflichtet werden, einen festen Punktwert rückwirkend
festzusetzen bzw. zu vereinbaren, die aber angesichts der begrenzten
Gesamtvergütung nicht höher als der im Ergebnis quotierte Punktwert liegen
könne.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung für die
Leistungen der kurativen Koloskopie. Nach Ziffer 6.4 HVV gehörten Leistungen der
kurativen Koloskopie nach Nr. 13421 EBM 2005 zu den Leistungen, die bei dem
Regelleistungsvolumen unberücksichtigt blieben und zu einem Punktwert von 4,0
Cent (vorbehaltlich einer gegebenenfalls erforderlichen Quotierung) zu vergüten
seien. Soweit der Verteilungsbetrag für einen Punktwert von 4,0 Cent nicht
ausreiche, habe nach Ziff. 2.2 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziff. 7.2 HVV eine Quotierung
zu erfolgen. Dabei sei der Honoraranteil für die Leistungen der kurativen
Koloskopie grundsätzlich begrenzt auf den im entsprechenden Quartal des Jahres
2002 zur Verfügung stehenden Anteil zuzüglich Gesamtvergütungsanteil von 0,1%
gemäß Bundesempfehlung, anteilig aufgeteilt auf die einzelnen
Honorar(unter)gruppen. Ergänzend gelte, dass die Quote für die Leistungen der
kurativen Koloskopie nach Nr. 13421 EBM 2005 in der jeweiligen
Honorar(unter)gruppe nicht unter der Quote für die Leistungen innerhalb des
Regelleistungsvolumens liegen dürfe. Auf Vertrauensschutz im Sinne einer vorweg
garantierten Mindestvergütung könne sich der Kläger nicht berufen.
Der Kläger könne keinen höheren Honoraranspruch beanspruchen. Aus der
Bestimmung des § 72 Abs. 2 SGB V könne ein subjektives Recht des einzelnen
Vertragsarztes auf höheres Honorar für eine Tätigkeit erst dann in Betracht
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Vertragsarztes auf höheres Honorar für eine Tätigkeit erst dann in Betracht
kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das
vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen,
etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an
dem Versorgungssystem teilnehmenden Ärzte gefährdet werde. Anzeichen hierfür
sei nicht ersichtlich.
Bei einer Neubescheidung sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die bisherigen
Punktwerte als Mindestpunktwerte oder höhere Punktwerte festzusetzen, sie
könne vielmehr die Auswirkung der Entscheidung auf die gesamte
Honorarverteilung berücksichtigen und insofern neue Punktwerte errechnen.
Lediglich aus dem Grundsatz des Verböserungsverbots bestehe eine Bindung an
den bereits festgesetzten Gesamthonoraranspruch.
Gegen das ihr am 10. November 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.
November 2008 Berufung beim HLSG eingelegt. Zur Begründung hat sie
ausgeführt, dass die Einbeziehung der Leistungen nach Nrn. 01600, 01601 und
01602 EBM 2005 in das Regelleistungsvolumen rechtmäßig sei. Rechtswidrig sei
die Vorgabe des Bewertungsausschusses in Abschnitt III.4.1 BRLV, diese
Leistungen nicht dem Regelleistungsvolumen unterfallen zu lassen. Die Nrn.
01600, 01601 und 01602 EBM 2005 seien typische Folgeleistungen zu ärztlichen
Hauptleistungen, die der Mengenausweitung zumindest mittelbar zugänglich
seien. Während dem Bewertungsausschuss unter Geltung der Praxis- und
Zusatzbudgets ein Gestaltungsspielraum in Bezug auf das "ob" und "wie" der
Einführung von Mengen steuernden Maßnahmen verblieben sei, habe er für die
streitigen Quartale zwingend Regelleistungsvolumen für sämtliche in einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen einzuführen gehabt. Hierfür spreche auch die
Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V. Sofern der Gesetzgeber Leistungen nicht
den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung – oder anderen
Vergütungsformen – unterwerfe, sehe das Gesetz selbst unmittelbare Ausnahmen
vor. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Bewertungsausschuss berechtigt
gewesen sei, Leistungen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind, von
der Systematik der Regelleistungsvolumina auszunehmen, entsprächen die unter
Abschnitt III.4.1 BRLV aufgeführten Gebührenordnungspositionen nicht durchweg
dieser Annahme. Stattdessen liege der Gedanke nahe, dass der
Bewertungsausschuss in Abschnitt III.4.1 BRLV aus seiner Sicht förderungswürdige
Leistungen erfasst habe. Inhalt, Art und Ausmaß der Normdelegation in § 85 Abs.
4 und 4a SGB V seien jedoch abschließend und beinhalteten nicht die Möglichkeit
der Förderung von durch den Bewertungsausschuss zu bestimmenden Leistungen.
Die für das Quartal IV/05 ausgesprochene Kürzung nach Nr. 7.5 HVV sei ebenso
wenig rechtswidrig. Der Senat habe bereits mit Urteil vom 26. November 2008, L 4
KA 14/08 die Rechtmäßigkeit der Regelung der Ziff. 7.5 HVV bestätigt. Er habe in
Bezug auf junge Praxen die bestehende Ausgleichsregelung für unzureichend
erachtet mit der Folge, dass im Ergebnis ein noch weitergehender
Auffüllungsanspruch des Klägers als der bislang gewährte bestehen werde. Dies
setze zwingend voraus, dass die Gesamtregelung der Ziff. 7.5 HVV rechtmäßig
sei. Soweit der Senat Rechtmäßigkeitsbedenken im Hinblick auf die
Rechtsprechung des BSG zur "Segeberger Wippe" angedeutet habe, werde dem
nicht gefolgt. Über die Regelungen der "Segeberger Wippe" sollten
existenzgefährdete Arztpraxen über den Weg der Honorarverteilung im Wege
eines sozialen Ausgleichs unabhängig von ihrem eigenen Abrechnungsverhalten
zulasten anderer Praxen finanziell gestützt werden. Basis für die Entscheidung des
BSG sei eine Einkommenslenkung und damit ein sozialer Ausgleich zwischen den
Praxen auf Basis eines durchschnittlichen Fachgruppenwerts gewesen. Anders
greife Ziff. 7.5 HVV nicht auf Fachgruppenwerte, sondern auf jeweils individuelle
Referenzwerte aus der Vergangenheit zurück. Schließlich würden sich auch die
Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008,
Teil F, Abschnitt 3.7 "Ausgleich von Honorarverlusten" und insbesondere vom 15.
Januar 2009, einschließlich 27. Februar 2009 mit der Einführung eines
Konvergenzverfahrens an die Ziff. 7.5 HVV anlehnen. Die Kürzungsregelung
verstoße auch nicht gegen die Vorgaben des Beschlusses des
Bewertungsausschusses und § 85 Abs. 4 und 4a SGB V. Die vom
Bewertungsausschuss getroffenen Regelungen hätten keinen abschließenden
Regelungsgehalt, weshalb die Partner des HVV weiterhin die Möglichkeit hätten,
auf die Honorarverteilung gestaltend einzuwirken. Die Regelung der Ziffer 7.5 HVV
stehe zum Beschluss des Bewertungsausschusses nicht in Widerspruch. Ziff. 7.5
HVV diene nicht der Mengenbegrenzung, sondern bezwecke ausschließlich als
Bestandsschutzregelung die Vermeidung von Honorarverwerfungen zur
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Bestandsschutzregelung die Vermeidung von Honorarverwerfungen zur
Absicherung eines individuell in der Vergangenheit erarbeiteten Honorarniveaus.
Im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 habe zumindest
eine planwidrige und von den Partnern des HVV damit ausfüllungsfähige und -
bedürftige Regelungslücke vorgelegen. Andernfalls hätte der erweiterte
Bewertungsausschuss keine Notwendigkeit gesehen, mit seinen Beschlüssen vom
27./28. August 2008 und insbesondere vom 15. Januar 2009, einschließlich 27.
Februar 2009 ein so genanntes Konvergenzverfahren einzuführen. Im Übrigen
gestatte der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 die
Fortführung von Steuerungsinstrumenten, die bereits zum 31. März 2005
vorhanden gewesen seien, wenn diese in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen
Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien. Die Beklagte habe bis zum
Quartal I/05 bestehende Regelungen über den 31. März 2005 fortgeführt.
Entscheidend für die Annahme von vergleichbaren Auswirkungen sei das Vorliegen
einer Mengen steuernden Funktion der HVV-Regelung mit dem Ziel einer
Punktwertstabilisierung. Dieses Ziel verfolgten sowohl die Steuerungsinstrumente
im Sinne von § 85 Abs. 4, 4a SGB V als auch die bis I/05 unter anderem gültigen
LZ 505, LZ 506 und Anlage 3 zu LZ 702 HVM, deren Auswirkungen über die ab
dem Quartal II/05 gültige Ziff. 7.5 fortgeführt werde, als auch die ab dem Quartal
II/05 gültige Ziff. 6.3 HVV. Zumindest sei die Kürzungsregelung nach Ziff. 7.5 HVV
unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig.
Im Übrigen liege ein Verfahrensmangel vor. Das SG habe es unterlassen, die
Verbände der Krankenkassen als Vertragspartner des hier streitigen
Verteilungsmaßstabes notwendig beizuladen. Die Berufung sei auch nicht
unzulässig, da es nicht lediglich um den Kürzungsbetrag nach Ziffer 7.5 HVV gehe,
sondern die Berufung auf verschiedene rechtliche Aspekte gestützt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 22. Oktober 2008 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für rechtmäßig und hat ergänzend ausgeführt,
angesichts des tatsächlichen Gegenstandswerts von 121,34 € sei die Berufung
unzulässig.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird
auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist gemäß § 143 SGG statthaft. Es kann nicht davon ausgegangen
werden, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes der Berufung 750.– Euro
nicht übersteigt, und deshalb die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG
der Zulassung bedarf. Bei unbeziffertem Antrag hat das Gericht grundsätzlich die
Beschwer zu ermitteln. Die Beklagte hat aufgrund des erstinstanzlichen
Bescheidungsurteils die Leistungen nach Nrn. 01600, 01601, 01602 EBM 2005
außerhalb des Regelleistungsvolumens aus dem Arztgruppentopf zu vergüten,
hierfür die Punktzahlen für das Regelleistungsvolumen ohne diese Leistungen neu
zu berechnen und ohne diese Leistungen festzusetzen. Die Leistungen sind mit
einem neu berechneten Punktwert des Fachgruppentopfes zu vergüten. Selbst
wenn man für die Beschwer hinsichtlich der Honorarkürzung nach Ziff. 7.5 HVV auf
den konkreten Betrag und nicht die erforderliche Neuberechnung abstellt, ist
davon auszugehen, dass der Wert des Beschwerdegegenstands insgesamt wegen
der erforderlichen Neuberechnung des Regelleistungsvolumens sowie des
Punktwerts des Fachgruppentopfes derzeit nicht zuverlässig zu ermitteln ist. Lässt
sich nicht nachweisen, dass die Voraussetzungen für eine Beschränkung der
Berufung erfüllt sind, muss im Ergebnis die Grundregel des § 143 SGG –
Statthaftigkeit ohne Zulassung – gelten, vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, Anm. 15a zu § 144 SGG.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
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Das Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das SG keine notwendige Beiladung
unterlassen. Die Krankenkassenverbände waren als Vertragspartner im Rahmen
der Honorarverteilung weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im
Berufungsverfahren notwendig beizuladen. Es handelt sich um einen Fall der
einfachen Beiladung nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –, die im
Ermessen des Gerichts steht. Allein der Gesichtspunkt, dass es in einem
Rechtsstreit auf den Inhalt, die Auslegung oder die Wirksamkeit einer
(Honorarverteilungs-)Regelung ankommt, führt nicht dazu, dass die Entscheidung
gegenüber den an der Normsetzung Beteiligten nur einheitlich ergehen kann und
deren Beiladung in jedem Vergütungsrechtsstreit deshalb notwendig wird (vgl.
BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 47/07 R; BSG SozR 3-2500 § 115 Nr.
1 S. 3 für die Gesamtvertragspartner; BSGE 78, 98, 99 f = SozR 3-2500 § 87 Nr.
12 S 35 für die Bundesmantelvertragspartner; ebenso BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5
Rdnr. 6 für den EKV-Z).
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/05 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2007 sind insoweit rechtswidrig, als die
Beklagte die nicht dem Regelleistungsvolumen unterliegenden Leistungen nach
Nrn. 01600, 01601 und 01602 entgegen den Vorgaben in Abschnitt III.4.1 des
Beschlusses des Bewertungssauschusses vom 29. Oktober 2004 innerhalb des
Regelleistungsvolumens vergütet hat.
Nach § 85 Abs. 4 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur
Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 2003, BGBl I S. 2190 mit
Gültigkeit ab 1. Januar 2005, verteilt die Kassenärztliche Vereinigung in der
vertragsärztlichen Versorgung die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche
der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung an die Vertragsärzte (§ 85
Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den
Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen
erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden
Verteilungsmaßstab (vorliegend der HVV) an (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Der
Verteilungsmaßstab hat unter anderem Regelungen zur Verhinderung einer
übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs.
4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte
festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit
festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina, § 85 Abs. 4 Satz 7
SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die
den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten
vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V
bestimmt der Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der
Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, unter anderem erstmalig bis zum
29. Februar 2004 auch den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu
treffenden Regelungen. Die nach § 85 Abs. 4 a SGB V zu beschließenden
bundeseinheitlichen Vorgaben für die regionalen Honorarverteilungsmaßstäbe sind
nach § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V Bestandteil der an die Stelle der bisherigen
Beschlussfassung durch die kassenärztlichen Vereinigungen tretenden HVM-
Vereinbarungen nach § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der Fassung des GMG, was in
seiner rechtlichen Bindungswirkung der Vereinbarung des
Bundesmanteltarifvertrages als "allgemeiner Inhalt der Gesamtverträge" nach § 82
Abs. 1 SGB V entspricht. Dabei kommen im Falle einer divergenten Regelung den
bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der
Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV waren und sind an die
Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden, dass
sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen konnten (vgl. Urteil des
erkennenden Senats vom 23. April 2008, L 4 KA 69/07; BSG, Urteil vom 28. Januar
2004, B 6 KA 52/03 R).
Der Bewertungsausschuss ist u. a. mit dem Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29.
Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die
Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes
Buch – SGB V – mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (BRLV) seinen
Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4 a SGB V nachgekommen. Darin
bestimmt er, dass Regelleistungsvolumina gemäß § 85 Abs. 4 SGB V
arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis
oder einem medizinischen Versorgungszentrum im jeweiligen Kalenderjahr
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oder einem medizinischen Versorgungszentrum im jeweiligen Kalenderjahr
(Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern
des Honorarverteilungsvertrages (gegebenenfalls jeweils) vereinbarten, festen
Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind, überschreitende
Leistungsmengen sind mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu
vergüten (III. 2. 1 BRLV). Für die in Anlage 1 genannten Arztgruppen sind im
Honorarverteilungsvertrag die nachfolgend genannten Regelleistungsvolumina zu
vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt (III.3.1
Abs. 1 BRLV). In der Anlage 1 sind unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe
gemäß III.1 BRLV und Regelleistungsvolumina gemäß III.3.1 BRLV berechnet
werden, die Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die – wie der Kläger –
dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören, genannt. Die in III.4.1 BRLV
aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen
jedoch nicht den Regelleistungsvolumina. Zu diesen aus dem Arztgruppentopf zu
vergütenden Leistungen und Leistungsarten gehören u. a. schriftliche Mitteilungen
und Gutachten nach Nrn. 01600 bis 01623 EBM 2005, somit auch die hier
streitgegenständlichen Leistungen der Nrn. 01600, 01601 und 01602 EBM 2005.
Bereits in seinem Urteil vom 23. April 2008, a. a. O., hat der erkennende Senat
klargestellt, dass der BRLV selbst rechtmäßig ist, sich im Rahmen der gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage hält und die Grenzen des bestehenden
Gestaltungsspielraums wahrt. Die Feststellungen des Senats bezogen sich
insbesondere darauf, dass es mit höherrangigem Recht vereinbar ist, dass der
Bewertungsausschuss im BRLV die Dialyseleistungen nach Nr. 13600 bis 13621
EBM 2005 und damit die Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt
Nephrologie von den Regelleistungsvolumina ausgenommen hat. In Fortführung
dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass auch die Herausnahme der
Leistungen nach Nrn. 01600, 01601 und 01602 aus den Regelleistungsvolumina
und Zuordnung zum Leistungsbereich 4.1, dessen Leistungen aus dem
Arztgruppentopf zu vergüten sind, mit höherrangigem Recht vereinbar ist.
Regelleistungsvolumina sind nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für Mengen
begrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung
"insbesondere" ergibt (siehe bereits BSG Urteil vom 10. Dezember 2003 a. a. O.
sowie Hess in Kasseler Kommentar, § 85 Rdnr. 70 (Stand Mai 2003), auch wenn
der Gesetzgeber diese verbindlich vorschreiben wollte (vgl. BT-Drucks. 15/1525, a.
a. O.) Abgesehen von einigen Sonderregelungen für bestimmte Leistungen
beinhalten die gesetzlichen Regelungen jedoch keinen konkreten (auf einzelne
Leistungsarten oder Arztgruppen bezogene) Abwägungen im Hinblick auf
kumulierende oder divergente Steuerungsinstrumente, auf Maßnahmen der
Bedarfsteuerung und hinsichtlich der übergeordneten Ziele der leistungsgerechten
Honorarverteilung (§ 85 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V) und der
Honorargerechtigkeit. § 85 Abs. 4 Sätze 6 und 7 SGB V sind daher
verfassungskonform im Zusammenhang mit der Befugnis des
Bewertungsausschusses zur Bestimmung des Inhalts der hiernach zu treffenden
Regelungen (§ 85 Abs. 4a SGB V) zu interpretieren. Diese Kompetenz des
Bewertungsausschusses zur Inhaltsbestimmung von Mengen begrenzenden
Regelungen umfasst auch die Kompetenz und Verpflichtung, den aus Artikel 12
Abs. 1 i.V.m. Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Grundsätzen der
Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der
Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher kann der Auffassung der Beklagten,
bei einer grundsätzlich dem Regelleistungsvolumen unterliegenden Arztpraxis
hätten durch den Bewertungsausschuss alle ärztlichen Leistungen ohne
Ausnahme dem Regime des Regelleistungsvolumens unterworfen werden müssen,
weshalb der Beschluss des Bewertungsausschusses rechtswidrig sei, nicht gefolgt
werden. Im Ergebnis hat damit der Bewertungsausschuss mit der Herausnahme
bestimmter Leistungen aus dem Regelleistungsvolumen gemäß Abschnitt III.4.1
BRLV seine Befugnisse nicht überschritten, auch wenn einzelne dort aufgeführte
Leistungen einer Mengenausweitung zugänglich sein mögen. Hinsichtlich der
Herausnahme der nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglichen
schriftlichen Mitteilungen (ärztliche Berichte, Arztbriefe etc.) und Gutachten aus
dem Regelleistungsvolumen sind jedenfalls keine sachwidrigen Gesichtspunkte
ersichtlich.
Der Honorarbescheid für das Quartal IV/05 ist auch insoweit rechtswidrig, als die
Honorarkürzung auf Ziff. 7.5 HVV gestützt worden ist. Die in Ziff. 7.5 HVV
geregelte Honorarkürzung verstößt gegen zwingende Vorgaben des BRLV und ist
nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs. 4 SGB V i. V. m. Art. 12 GG
gedeckt.
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Nach Wortlaut und Zweck der Neufassung des § 85 Abs. 4 SGB V durch das GMG
ist davon auszugehen, dass die Gestaltungsfreiheit der Kassenärztlichen
Vereinigungen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr
jedenfalls insoweit eingeschränkt ist, als für alle Honorarverteilungsverträge
Regelleistungsvolumina nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine
Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungsmenge mit
abgestaffelten Punktwerten verbindlich vorgegeben worden sind. Die bis dahin
verwendeten Steuerungsinstrumente sind nur noch einsetzbar, wenn sie das
System der Regelleistungsvolumina und abgestaffelten Punktwerte ergänzen,
nicht jedoch zu ihnen im Widerspruch stehen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 29. Oktober 2008, L 5 KA 2054/08). Die Inhaltsbestimmung durch den
Bewertungsausschuss gemäß § 85 Abs. 4 a Satz 1 2. Halbsatz SGB V hat sich
ebenfalls an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren.
Die im Rahmen der Ziff. 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung ist nicht mit dem in §
85 Abs. 4 SGB V in der Fassung des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV
verbindlich vorgegebenen System der Regelleistungsvolumina nach
arztgruppenspezifischen Grenzwerten und der abgestaffelten
Restleistungsvergütung vereinbar und stellt auch keine zulässige Ergänzung zu
diesem System dar. Zum einen wurde vom SG zutreffend davon ausgegangen,
dass die Ausgleichsregelung für Praxen, die zu Kürzungsbeträgen herangezogen
wurden, praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget
darstellt, das aus dem Produkt von Fallwert im Referenzquartal und aktueller
Fallzahl errechnet wurde. Individualbudgets sind jedoch mit dem System der
Regelleistungsvolumina nach § 85 Abs. 4 SGB V in der Fassung des GMG nicht
vereinbar, da ihnen keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte zu Grunde liegen,
bis zu denen die Leistungen des Vertragsarztes bzw. hier der Gemeinschaftspraxis
mit einem festen Punktwert zu vergüten sind, und für eine eventuell
überschreitende Leistungsmenge keine (abgestaffelte) Restleistungsvergütung
vorgesehen ist (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Oktober 2008, L
5 KA 2054/08). So führte im Falle des Klägers die Anwendung von Ziff. 7.5 HVV im
Quartal IV/05 zu vom Fallwert im Referenzquartal abgeleiteten
Fallwertbegrenzungen ohne Restleistungsvergütung.
Zum anderen ist nach der Rechtsprechung des BSG eine
Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit
hohem Fallwert vermindert wird, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert
durch § 85 Abs. 4 SGB V i.V.m. Artikel 12 GG nicht gedeckt (BSG, Urteil vom 24.
August 1994, 6 RKa 15/93, veröffentlicht in Juris). Die in Ziff. 7.5 geregelte
Honorarkürzung steht nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 SGB
V in der nach dem GMG maßgeblichen Neufassung in Einklang. Auch nach der
Neufassung des § 85 Abs. 4 SGB V ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass
das Gesetz eine andere Verteilung der Gesamtvergütung als nach den
Gesichtspunkten der Qualität und Quantität der vom abrechnenden Arzt
erbrachten Leistungen zulassen wollte. Für eine Berücksichtigung der
Einkommenssituation finden sich im Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte. Auch
die gesetzliche Zielvorgabe zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der
Tätigkeit des Vertragsarztes (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V) bietet keine
Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen (übermäßig
ausgedehnten Praxen) ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen, und anderen
Praxen, die nicht übermäßig ausgedehnt sind, zugewiesen wird. Vielmehr ist davon
auszugehen, dass durch diese gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher
Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes
verhindert werden soll (BSG, a. a. O., Rdnr. 28).
Die in Ziff. 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspricht nicht den inhaltlichen
Anforderungen einer wirksamen Berufsausübungsregelung nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Von einer Vereinbarkeit mit Art.
12 Abs. 1 Satz 2 GG kann ausgegangen werden, wenn die Regelung zur Erreichung
des angestrebten Ziels erforderlich, geeignet sowie den betroffenen Ärzten
zumutbar ist. Die in Ziff. 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung ist für den
angestrebten Zweck weder geeignet noch zumutbar. Ziel der nach der
Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 SGB V vorzunehmenden
Honorarverteilung ist unter anderem die Verhinderung einer übermäßigen
Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes. Nach der Rechtsprechung des BSG
kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über
dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür ist, dass der betreffende Arzt
seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt hatte und
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seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt hatte und
weiter ausdehnen würde, während dies bei Ärzten mit durchschnittlichem oder
unterdurchschnittlichem Fallwert nicht zu befürchten ist (BSG, a. a. O., Rdnr. 29). In
diesem Zusammenhang hat das BSG ausgeführt, dass durch die Anknüpfung
einer Regelung ausschließlich an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro
Behandlungsfall und nicht auch an das Gesamthonorar, diese nicht lediglich zu
einer Stützung einkommensschwacher, sondern auch von Praxen mit hoher
Fallzahl führt, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnittswert
der Fachgruppe lag. Umgekehrt führt eine solche Regelung bei Praxen mit geringer
Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert
lag, ungeachtet der möglicherweise schlechten Ertragssituation zu weiteren
Honorarbegrenzungen. Darüber hinaus ist das BSG davon ausgegangen, dass
derartige Maßnahmen der Regulierung den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten
beeinträchtigen und nach Ausmaß und Intensität so weit in Artikel 12 Abs. 1 Satz 2
GG eingreifen, dass sie nicht mehr von der KÄV als Vertreterin von
Verbandsinteressen vorgeschrieben werden dürften (BSG, a. a. O., Rdnr. 30). Auch
wenn in der vom BSG entschiedenen Fallgestaltung die Ausgleichsregelung an
dem durchschnittlichen Fachgruppenwert und nicht wie vorliegend am
praxisindividuellen Fallwert des Referenzquartals anknüpfte, und der HVV von der
Beklagten zusammen mit den Kassenverbänden vereinbart wird, führt dies nicht
zu einer anderen Beurteilung. Ebenso wenig wie in der vom BSG entschiedenen
Fallgestaltung kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass eine
Überschreitung des Fallwerts des Referenzquartals von mehr als 5 % für sich
betrachtet bereits ein Indiz dafür ist, dass der betreffende Arzt seine Leistungen
über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt hatte und weiter ausdehnen
würde, während dies bei Ärzten innerhalb oder bei Unterschreiten des
entsprechenden Korridors von vornherein nicht der Fall ist. Entsprechend der
Rechtsprechung des BSG führt die Anknüpfung der Regelung der Ziff. 7.5 HVV
ausschließlich an die Höhe der praxisindividuellen Fallwerts im Referenzquartal,
nicht auch an das Gesamthonorar, nicht lediglich zu einer Stützung
einkommensschwacher, sondern auch von Praxen mit hoher Fallzahl und
geringeren Fallwerten. Es bleibt daher auch in dieser Konstellation dabei, dass die
Regelung einer Minderung des Honoraranspruchs bei Praxen mit hohem Fallwert
wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs. 4 SGB V i.V.m.
Artikel 12 GG nicht gedeckt ist, auch nicht mit der Zielsetzung des
Bestandsschutzes. Es kann dahinstehen, ob eine derartige Regelung im Rahmen
der Individualbudgetierung zulässig ist, wie dies von der Beklagten unter Berufung
auf das BSG-Urteil vom 9. Dezember 2004, B 6 KA 44/03 vertreten wird, wenn sie
wie vorliegend keine zulässige Ergänzung zu den verbindlich geltenden
Regelleistungsvolumina darstellt.
Die Beklagte kann sich zur Stützung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung
auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87
Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und
Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina nach §
87 b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2009" berufen, wonach die
Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam und einheitlich mit den
Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen (Partner der
Gesamtverträge) im Rahmen eines so genannten Konvergenzverfahrens eine
schrittweise Anpassung der Regelleistungsvolumina beschließen, sofern
Honorarverluste durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue
Systematik begründet sind. Der Beschluss ist weder im Hinblick auf seinen
Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. §
87 b SGB V wurde mit Wirkung vom 1. April 2007 eingeführt und regelt die
Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ab 1. Januar 2009 sowie die Festlegung
arzt- und praxisbezogener Regelleistungsvolumina (§ 87 b Abs. 1 - 3 SGB V). Nach
§ 87 b Abs. 4 SGB V hatte der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August
2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der
Regelleistungsvolumina nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V sowie Art und Umfang,
das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten
zu bestimmen. Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 15.
Januar 2009 beinhaltet lediglich die Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt-
und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina, wobei es sich um eine mit dem
vorherigen System der Regelleistungsvolumina nach arztgruppenspezifischen
Grenzwerten nicht vergleichbare neue Systematik handelt. Rückschlüsse auf die
Rechtmäßigkeit der in Ziff. 7.5 HVV geregelten und von der Beklagten
vorgenommenen Honorarkürzung können daraus nicht gezogen werden.
Unabhängig davon ist Regelungsinhalt der Ziff. 7.5 HVV nicht die Anpassung von
Regelleistungsvolumina, sondern der Ausgleich von Honorarverlusten u. a. durch
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Regelleistungsvolumina, sondern der Ausgleich von Honorarverlusten u. a. durch
praxisindividuelle Fallwertbegrenzungen und dadurch resultierende
Honorarkürzungen auch bei Praxen, die keinem Regelleistungsvolumen
unterliegen.
Nachdem die Beklagte und die Kassenverbände bereits ab dem Quartal II/05 in
Ziff. 6.3 HVV und der Anlage hierzu die Einführung der Regelleistungsvolumina
nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten vereinbart und umgesetzt haben, die
in Ziff. 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung dieses System jedoch nicht in
zulässiger Weise ergänzt, ist die Regelung auch nicht unter dem Gesichtspunkt
einer Anfangs- und Erprobungsregelung wirksam. Aus dem Urteil des erkennenden
Senats vom 26. November 2008, L 4 KA 14/08 folgt entgegen der Auffassung der
Beklagten keine andere Beurteilung. Vielmehr hat der Senat im vorgenannten
Urteil bereits darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten mit den
Kassenverbänden zu vereinbarende notwendige Ergänzung des HVV 2005 in
Bezug auf junge Praxen auch in einer vollständigen Umgestaltung oder
Abschaffung der unter Ziffer 7.5 HVV getroffenen Regelung bestehen könnte, die
vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. August 1994, L
6 RKa 15/93, Juris Rdnrn. 27-31 zur "Segeberger Wippe") zumindest bis zur
Änderung des HVV ab dem Quartal II/07 ohnehin als fragwürdig erscheinen möge.
Die hinsichtlich der Honorarkürzung nicht von der Ermächtigungsgrundlage des §
85 Abs. 4 SGB V i. V. m. Art. 12 GG gedeckte Regelung der Ziff. 7.5 kann auch
nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung
beanspruchen.
Mit der in Ziff. 7.5 HVV geregelten Honorarkürzung sind nicht bisher vorhandene
Steuerungsinstrumente im Sinne der Ausnahmeregelung in Ziff. III.2.2 BRLV
fortgeführt worden. Zum einen haben die Beklagte und die Kassenverbände
bereits ab dem Quartal II/05 in Ziff. 6.3 HVV und der Anlage hierzu
Regelleistungsvolumina nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und damit
neue Steuerungsinstrumente vereinbart. Zum anderen wurde eingangs bereits
dargelegt, dass die bis dahin verwendeten Steuerungsinstrumente nur noch
einsetzbar sind, wenn sie das System der Regelleistungsvolumina nach
arztgruppenspezifischen Grenzwerten und einer Restleistungsvergütung nach
abgestaffelten Punktwerten zulässig ergänzen, was hinsichtlich der in Ziff. 7.5 HVV
geregelten Honorarkürzung nicht der Fall ist. Nachdem Ziff. 7.5 HVV hinsichtlich
der Honorarkürzung nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 SGB V
i. V. m. Art. 12 GG gedeckt ist, kann die Regelung insoweit auch nicht auf der
Grundlage der Ziff. III.2.2 BRLV Geltung beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die endgültige Streitwertfestsetzung auf §
197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz
(GKG) sowie die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.