Urteil des LSG Hessen vom 13.03.2017

LSG Hes: hessen, unternehmen, haushalt, unfallversicherung, grundstück, versicherungsträger, versicherter, unternehmer, hinterbliebenenrente, fürsorge

Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 10.03.1971 (rechtskräftig)
Sozialgericht Darmstadt
Hessisches Landessozialgericht L 3 U 746/69
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. Juni 1969
werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Ehemann der Beigeladenen R., der Rentner K. R. (R.), war bis zum Jahre 1963 Metzger, Gastwirt und
Lebensmittelhändler. Zuletzt lebte er in B. als Rentner, wo er ein Grundstück von 1721 qm besaß, das von
Schwarzdornhecken umgeben war und auf dem drei alte tragende Kirschbäume und vier junge Kirschbäume standen
und Gras für Kaninchen geerntet wurde. Am 29. September 1966 verunglückte er tödlich beim Abernten eines an der
Landstraße zwischen B. und B. (Kreis B.) stehenden Apfelbaumes, den er vom Hess. Landesamt für Straßenbau
ersteigert hatte, um Apfelwein herzustellen.
Nachdem sich die beklagte Hessische Ausführungsbehörde für Unfallversicherung geweigert hatte, der Beigeladenen
Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen, gewährte die Klägerin der Beigeladenen mit
Bescheid vom 14. Juni 1968 gem. § 1735 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vorläufige Fürsorge, und zwar das
gesetzliche Sterbegeld in Höhe von 400,– DM sowie einen Vorschuß auf die Witwenrente in Höhe von 2.000,– DM.
Gleichzeitig teilte sie der Beigeladenen mit, sie beabsichtige, gegen die Hess. Ausführungsbehörde für
Unfallversicherung eine Feststellungsklage zu erheben. Dies geschah am 23. Juli 1968 beim Sozialgericht Darmstadt
mit dem Antrag festzustellen, daß ein versicherter Arbeitsunfall im Sinne der RVO vorliege, der von der Hess.
Ausführungsbehörde für Unfallversicherung als dem zuständigen Versicherungsträger zu entschädigen sei.
Das Sozialgericht Darmstadt holte von dem Hess. Landesamt für Straßenbau und dem Hess. Straßenbauamt
Schotten Auskünfte ein und hörte die Beigeladene persönlich. Mit Urteil vom 12. Juni 1969 hat es die Klage
abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, R. habe als Ersteigerer des Obstes das Pflücken vertraglich als
Eigenleistung übernommen. Er sei damit nicht wie ein Arbeitnehmer im Rahmen eines fremden Betriebes gem. § 539
Abs. 2 RVO tätig geworden.
Gegen das der Beigeladenen am 21. Juni 1969 zugestellte Urteil hat diese am 15. Juli 1969 Berufung eingelegt. Sie
wurde vom Senat erneut gehört und trug dabei vor, ihr Ehemann habe etwa 4 Zentner Grünfutter auf dem Grundstück
in B. zur Aufzucht von über 15 Kaninchen und bis zum Jahre 1963 auf diesem Grundstück außerdem durchschnittlich
etwa 4 Zentner Kirschen jährlich geerntet und bis auf einen halben Zentner, der im eigenen Haushalt verbraucht
worden sei, verkauft. Ab 1963 seien die nicht für den eigenen Verbrauch benötigten Kirschen dann an Verwandte und
Freunde verschenkt worden. Sie meint, da der von ihrem Ehemann ersteigerte Obstbaum dem Land Hessen gehört
habe und zum Abernten freigegeben worden sei, müsse der Staat auch für den dadurch entstandenen Schaden
aufkommen.
Sie beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. Juni 1969 aufzuheben und festzustellen, daß die
Klägerin bzw. die Beklagte verpflichtet ist, ihr für den Unfall ihres Ehemannes Hinterbliebenenrente zu gewähren.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 19. Juni 1969 zugestellte Urteil ebenfalls am 15. Juli 1969 Berufung eingelegt. Sie
führt u.a. aus, das Sozialgericht habe sich in Widerspruch zu dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. April
1963, 2 RU 242/59, gesetzt. Danach sei das Abernten von Obst durch den Obstpächter entweder dem
landwirtschaftlichen Unternehmen des Baumbesitzers oder dem des Pächters zuzurechnen. Aus den eingeholten
Auskünften gehe hervor, daß immer noch eine Bewirtschaftung der Obstbäume durch das Land Hessen erfolgt sei,
wenn auch nicht mehr so intensiv wie früher, und das Land Hessen damit einen materiellen Nutzen aus dem Obstbau
gezogen habe. Im übrigen sei die Aberntung des gesamten Obstes im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht des
Landes Hessen erforderlich gewesen. Die Beklagte sei damit zur Entschädigung des Unfalls verpflichtet, den R. beim
Abernten des Obstes erlitten habe.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt u.a. aus, das angefochtene Urteil stehe nicht im Widerspruch zu dem des BSG vom 26. April 1963, weil die
Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall eine andere sei. Die unfallbringende Tätigkeit des R. habe nämlich nur
unwesentlich dem Land Hessen, aber überwiegend dem Verunglückten selbst gedient. Der in dem genannten BSG-
Urteil maßgebende Gesichtspunkt, daß das schonende Abernten des Obstes der für eine ordnungsmäßige
Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens notwendige Abschluß des Obstbaus darstelle, verliere im
vorliegenden Fall seine Bedeutung, weil das Land Hessen an dem Obstertrag uninteressiert gewesen sei. Im übrigen
bestünden gegen verschiedene Ausführungen in diesem BSG-Urteil Bedenken. Wenn ein Obstkäufer das Pflücken
des Obstes vertraglich übernommen habe, erfülle er bei der Durchführung dieser Arbeit nur seine eigene vertragliche
Verpflichtung und übe keine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Betrieb im Sinne des § 539 Abs. 2 RVO aus.
Das Land Hessen sei auch aus der Sicht der Verkehrssicherung an der Aberntetätigkeit uninteressiert gewesen. Die
Straßenwärter seien in der Zeit der Obstreife ohnehin ständig damit beschäftigt, herabgefallenes Obst von der
Fahrbahn zu entfernen.
Im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Klägerin, der Beklagten, der Akte S 4/U – 207/68 des
Sozialgerichts Gießen und der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthaften Berufungen sind form- und fristgerecht ein legt und daher zulässig. Sie sind jedoch unbegründet. Das
Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Feststellungsklage ist nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG zulässig, obwohl die Klägerin einen Arbeitsunfall nicht als
vorliegend erachtet. Sie hat der Beigeladenen aber gem. § 1735 RVO vorläufige Fürsorge gewährt. Die Verpflichtung,
ihr auf Grund dieses Bescheides auch weiterhin vorläufige Fürsorge zu gewähren, begründet ihr Interesse an der
baldigen Feststellung des letztlich Leistungspflichtigen (vgl. Urteil des BSG 2 RU 195/60). In dieser Entscheidung
wurde zu der Frage, ob nicht eine Leistungsklage erhoben werden müsse, nicht Stellung genommen, weil die Höhe der
vorläufigen Fürsorge noch nicht feststände. Vorliegend ist dies ebensowenig der Fall. Im übrigen ist die
Feststellungsklage in einem Rechtsstreit, der sich, wie hier, gegen einen Versicherungsträger richtet, grundsätzlich
als zulässig anzusehen, weil davon auszugehen ist, daß dieser im Fall des Obsiegens der Klägerin ohne
Leistungsurteil Ersatz leisten wird (vgl. Urteil des BSG vom 26.5.59, 3 RK 36/56, BSG 10, 21, 24).
Zunächst scheidet die Klägerin selbst als Leistungspflichtige aus. Sie hätte der Beigeladenen nur dann
Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, wenn R. im eigenen landwirtschaftlichen
Betrieb verunglückt wäre. Hierzu ist festzustellen, daß er ein 1721 qm großes, in der Gemeinde B. gelegenes
Grundstück besaß, das z.T. mit Schwarzdornhecken bewachsen war und auf dem drei tragfähige Kirschbäume und
vier junge Kirschbäume standen. Nach Angabe der Beigeladenen sollen im Durchschnitt etwa 4 Zentner Kirschen
jährlich geerntet, davon der weit überwiegende Teil bis zum Jahre 1963 verkauft und danach verschenkt und nur etwa
1/2 Zentner im eigenen Haushalt verbraucht worden sein. Ferner seien auf diesem Grundstück sowie dem dorthin
führenden Feldweg im Durchschnitt jährlich 4 Zentner Gras bzw. Heu gewonnen und für die Aufzucht von etwa 15
Kaninchen verbraucht worden. Der Bürgermeister von B. teilte der Klägerin auf Antrage mit, daß es sich zum größten
Teil um Ödland, und zwar ehemaliges Steinbruchsgelände handele, ebenso wie ein daneben gelegenes, der Gemeinde
gehöriges Grundstück, was sich auch aus dem Gemeindegrundbuch ergebe.
Selbst wenn man die – jetzt nicht mehr nachprüfbaren – Angaben der Beigeladenen als zutreffend unterstellt, lag nur
eine ganz geringfügige Bodenbewirtschaftung und damit kein landwirtschaftliches Unternehmen vor, denn die Pflege
einiger weniger Bäume oder unbedeutender Anlagen ist noch kein landwirtschaftliches Unternehmen (vgl.
Entscheidung RVA vom 4.10.1899, AN 1900 S. 714; Boller, Die Sozialversicherung, 1969, S. 213). Im übrigen müßte
dieses Grundstück auch als "anderer Kleingarten” im Sinne des § 778 RVO angesehen werden, weil er nicht in
erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet wurde und dessen Erzeugnisse hauptsächlich dem
eigenen Haushalt dienten. Letzteres gilt zunächst für das gewonnene Grünfutter bzw. Heu, denn die Kaninchen
wurden im eigenen Haushalt verwendet, aber auch für die Kirschen, denn ab 1963 erfolgte kein Verkauf mehr. Im
Unfallzeitpunkt wurden sie vielmehr nur noch im eigenen Haushalt verbraucht bzw. an Verwandte und Freunde
verschenkt. Selbst wenn aber ein landwirtschaftlicher Zwergbetrieb vorläge, hätte die zum Unfall führende Aberntung
des ersteigerten Obstbaumes nicht mit diesem Betrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang gestanden, was für das
Vorliegen eines landwirtschaftlichen Unfalls erforderlich gewesen wäre (vgl. EuM 43, 26).
Auch eine sog. Formalversicherung (§ 539 Abs. 1 Nr. 5 RVO) lag nicht vor, weil kein landwirtschaftliches
Unternehmen bestand. Daß die Beigeladene und ihr Ehemann im Unternehmerverzeichnis der Klägerin eingetragen
waren, reicht hierzu nicht aus (vgl. Lauterbach, Komm. zur Unfallversicherung, Anm. 33 zu § 539 RVO). Die Klägerin
hat die Beitragspflicht der Beigeladenen mit Bescheid vom 26. März 1968, gegen den ein Klageverfahren anhängig ist,
auch als nicht gegeben bezeichnet.
Somit scheidet die Klägerin als zuständiger Versicherungsträger aus. Aber auch die Beklagte ist nicht verpflichtet, der
Beigeladenen Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Zunächst hat sich der Unfall nicht in einem landwirtschaftlichen Betrieb des Landes Hessen ereignet, in dem R. nach
§ 539 Abs. 2 RVO wie ein nach Absatz 1 Versicherter tätig war und für den die Beklagte der zuständige
Versicherungsträger wäre. Zwar hatte bereits das RVA entschieden, daß Obstpächter im allgemeinen bei der
Obsternte als in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Baumbesitzers beschäftigte Personen (Arbeiter) anzusehen
sind (vgl. EuM 43, 26). Das BSG hat dies ebenfalls in einem Fall angenommen, in dem ein Arbeiter von einer Stadt
Obstbäume zum Abernten gepachtet hatte (vgl. Urteil vom 26.4.1963, 2 RU 242/59). In diesem Rechtsstreit wurde ein
landwirtschaftliches Unternehmen der Stadt angenommen, in dem die Obstbäume "durch Baumwarte überwacht und
ordnungsgemäß gepflegt” wurden.
Im vorliegenden Fall gehörte der von R. ersteigerte Obstbaum jedoch nicht zu einem landwirtschaftlichen
Unternehmen des Landes Hessen. Ein solches setzt die Bearbeitung von Grund und Boden zur Gewinnung
organischer Erzeugnisse einschließlich der Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren voraus (vgl. Urteil des BSG 3 RK
64/56, BSG 14, 78). Nach den vom Sozialgericht eingeholten Stellungnahmen des Hess. Landesamtes für
Straßenbau vom 8. November 1968 sowie des Hess. Straßenbauamtes Schotten vom 31. Oktober 1968 und vom 11.
April 1969 ist festzustellen, daß Obstbäume nur an Straßenrändern angepflanzt worden sind, um die Linienführung der
Straße optisch kenntlich zu machen, die Bepflanzung also der Verkehrssicherung diente und auch in früheren Zeiten
keine Bodenbearbeitung zur Obstgewinnung geplant war, die Obstbäume auch nicht im Interesse des Obstbaus
gepflegt und abgeerntet wurden, seit 1963 sogar kein Hauswart mehr eingesetzt ist und keine neuen Obstbäume,
sondern nur noch Laubbäume gepflanzt werden. Aus diesen unwidersprochen gebliebenen Stellungnahmen ist daher
zu folgern, daß jedenfalls im Unfallzeitpunkt der Obstbaum, von dem R. abstürzte, nicht zu einem landwirtschaftlichen
Betrieb des Landes Hessen gehörte, und zwar selbst dann nicht, wenn man die Auffassung vertritt, daß die – hier
unterbliebene – Pflege der Obstbäume z.B. durch Spritzen, Anlegen von Leimringen, Hacken von Baumscheiben usw.
keine unerläßliche Voraussetzung für das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes ist. Die "planmäßige
Aberntung des Obstes” genügte entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Annahme eines landwirtschaftlichen
Betriebes. Sie stellte hier nämlich nicht den Zweck der Obstbaumanpflanzung dar, sondern war nur die zwangsläufige
Folge der aus Gründen der Verkehrssicherung vorgenommenen Bepflanzung der Straßenränder.
Da sich der Unfall nicht in einem landwirtschaftlichen Betrieb ereignet hat, war nur noch zu prüfen, ob R. in anderer
Weise gem. § 539 Abs. 2 RVO für das Land Hessen tätig war, denn ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 539 Abs. 1
Nr. 1 RVO bestand nicht. Die Klägerin meint, die Aberntung des Obstes sei auch im Rahmen der
Verkehrssicherungspflicht des Landes Hessen notwendig gewesen. Die Obstersteigerer übernähmen eine Arbeit, die
unmittelbar zum notwendigen Aufgabenbereich des Landes Hessen gehöre und anderenfalls durch dessen
Bedienstete verrichtet werden müsse. Das Straßenbauamt Schotten hat hierzu auf Antrage mitgeteilt, die
Obstersteigerer seien nicht verpflichtet, das Obst zu ernten. Ihnen würden keine Auflagen in Bezug auf die
Verkehrssicherungspflicht gemacht, wie sich aus den Versteigerungsbedingungen ergebe. Die Aberntung des
gesamten Obstes sei aber im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht notwendig, denn von den Bannen auf die
Fahrbahn fallendes Obst würde für die Verkehrsteilnehmer eine Gefahr bedeuten. Nicht versteigerte Obstbäume
würden daher von eigenem Personal abgeerntet. Die Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin stellte daher objektiv eine
wirtschaftlich als Arbeit zu verstellende, der Sicherung des Straßenverkehrs dienende Betätigung dar, die in einem
ursächlichen Zusammenhang mit dem Aufgabenbereich des Landes Hessen stand. Daß der gegen Unfall Versicherte
nach seinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen Arbeiter ist oder wenigstens dem Arbeiterstand nahesteht, ist
nicht erforderlich (vgl. Lauterbach, Anm. 100 b zu § 539 RVO).
Jedoch hat R. das Obst erkennbar nur gepflückt, um es in seinem Haushalt zu verwenden – er wollte Apfelwein
daraus herstellen – und nicht, um der Beklagten bei der Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflicht zu helfen. Wenn
aber eine Tätigkeit im eigenen Interesse im Rahmen des eigenen Unternehmens ausgeführt wird, läßt sich aus dem
Umstand, daß diese Tätigkeit auch dem Unternehmen eines anderen dient, kein Versicherungsschutz nach § 539
Abs. 2 RVO herleiten. Es fehlt dann an dem inneren ursächlichen Zusammenhang mit einem fremden unterstützten
Unternehmen. In einem solchen Fall handelt der Verletzte ausschließlich als Unternehmer seines eigenen
Unternehmens (vgl. 2 RU 150/55, BSG 5, 168 ff; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 476 a). Dabei
kann ein Unternehmen im Sinne des § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO a.F., (§ 633 RVO a.F.) auch ein Haushalt sein (vgl. 2 RU
245/54, 2 RU 322/55). Diese Erwägungen müssen bei Personen, die Obst auf dem Stamm für den eigenen
Privathaushalt ersteigern, dazu führen, daß sie grundsätzlich als Unternehmer im eigenen Unternehmen nicht der
Versicherungspflicht nach § 539 Abs. 2 RVO unterliegen. Der Senat vermochte sich der offenbar entgegengesetzten
Auffassung des Bundessozialgerichts in dessen Urteil vom 26. April 1963, 2 RU 242/59, nicht anzuschließen, wonach
Obstkäufer beim Pflücken zugleich auch im landwirtschaftlichen Unternehmen des Baumbesitzers wie in diesem
Unternehmen Beschäftigte tätig werden und somit nach §§ 537 Nr. 10 RVO a.F., 539 Abs. 2 RVO n.F. unter
Versicherungsschutz stehen. Dabei sind die oben angeführten, auch in den anderen genannten Entscheidungen des
Bundessozialgerichts angestellten Erwägungen offensichtlich außer Betracht geblieben (vgl. hierzu auch die Kritik an
diesem Urteil von Wussow, zitiert bei Lauterbach, Komm. zur Unfallversicherung, Anm. 104 w zu § 539 RVO).
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß R. beim Obstpflücken für seinen Haushalt als "Unternehmer” tätig war.
Daß er dabei gleichzeitig dem Land Hessen bei der Erfüllung einer Verkehrssicherungspflicht geholfen hat, ist in
diesem Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung.
Auch wenn man die Auffassung vertritt, daß R. beim Obstpflücken in einem landwirtschaftlichen Unternehmen des
Landes Hessen tätig war, würde er nicht wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter tätig und infolgedessen
nach § 539 Abs. 2 RVO versichert gewesen sein, weil er dann – wie oben ausgeführt – ebenfalls für seinen Haushalt
als Unternehmer eine Tätigkeit verrichtete.
Die Berufungen waren daher zurückzuweisen, denn weder die Klägerin noch die Beklagte hat der Beigeladenen
Versicherungsleistungen zu erbringen. Desgleichen scheidet eine Haftungspflicht des zuständigen
Gemeindeunfallversicherungsträgers gem. § 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO aus, weil R. kein "Versicherter” im Sinne des §
539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in einer Haushaltung war, so daß keine Beiladung zu erfolgen hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.