Urteil des LSG Hamburg vom 27.05.2010
LSG Ham: verbrechen gegen die menschlichkeit, praktikum, auszahlung, vertagung, rechtswidrigkeit, leistungsanspruch, feststellungsklage, verfassungsbeschwerde, hauptsache, kenntnisnahme
Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 27.05.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 52 AS 967/08
Landessozialgericht Hamburg L 5 AS 71/08
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist – der Sache nach – das Feststellungsbegehren des Klägers, dass die verzögerte Auszahlung der
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat
Februar 2008 rechtswidrig war.
Der 1956 geborene Kläger stand im Leistungsbezug nach dem SGB II und stellte am 6. Dezember 2007 den
Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 1. Januar 2008.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 7. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2008.
Mit am 17. Dezember 2007 eingegangenem Schreiben machte der Kläger der Beklagten Mitteilung von einer
Arbeitsmöglichkeit mit vorgeschaltetem Praktikum. Mit am 12. Januar 2008 eingegangenem Schreiben teilte der
Kläger der Beklagten den Beginn des Praktikums am 14. Januar 2008 mit. Am 21. Januar 2008 teilte der Kläger der
Beklagten telefonisch mit, dass das Praktikum an diesem Tag beendet worden sei. Mit am 23. Januar 2008
eingegangenem Schreiben vom 21. Januar 2008 teilte der Arbeitgeber der Beklagten mit, dass das Praktikum des
Klägers am 21. Januar 2008 beendet worden sei.
Mit Schreiben vom 21. Januar 2008 forderte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf § 60 des Ersten Buches
Sozialgesetzbuch auf, bis spätestens 31. Januar 2008 Unterlagen bzw. Nachweise über das Nettoeinkommen
bezüglich des Praktikums vorzulegen. Sie wolle feststellen, ob und inwieweit der Leistungsanspruch unverändert
fortbesteht. Sie drohte eine Versagung an.
Mit am 31. Januar 2008 der Beklagten übergebenen Schreiben vom selben Tag teilte der Kläger der Beklagten mit,
noch keine Lohnabrechnung erhalten zu haben. Am 1. Februar 2008 übergab der Kläger die Lohn-/Gehaltsabrechnung
für Januar 2008 der Beklagten.
Durch Änderungsbescheid vom 1. Februar 2008 rechnete die Beklagte das Einkommen des Klägers aus seinem
Praktikum auf dessen Leistungsanspruch im März 2008 an.
Mit seiner am 5. Februar 2008 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg erhobenen Klage rügte der Kläger, dass er die
Leistungen nach dem SGB II noch nicht erhalten habe. Diese gingen am 7. Februar 2008 auf dem Konto des Klägers
ein.
Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht hat dieses nach Durchführung eines Erörterungstermines am
4. August 2008 durch Gerichtsbescheid vom 13. August 2008 die Klage als unzulässig abgewiesen. Sie sei
unzulässig, denn die begehrte Feststellung sei nicht geeignet, die Lage des Klägers zu verbessern.
Gegen den am 16. August 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8. September 2008 Berufung
eingelegt. Mit dieser macht er unter anderem folgende Feststellungsbegehren geltend: - versuchter Mord in vier
Fällen, - Psychoterror, Erzeugung von Todesangst, - Mißachtung der Informationspflicht, - Verleumdung,
Diffamierung, - Unverhältnismäßigkeit, - seelische Grausamkeit und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, - Willkür.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2010 hat der Kläger dessen Vertagung beantragt.
Der Kläger beantragt in der Sache,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 13. August 2008 aufzuheben und stellt die
Feststellungsanträge aus dem Berufungsschriftsatz vom 8. September 2008.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts bezogen. Durch Beschluss vom 27. Januar 2009
hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Berichterstatter zur
Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte der Beklagten, der
Prozessakten des Sozialgerichts Hamburg S 52 AS 754/08 ER, S 52 AS 1043/08, S 52 AS 1292/08 ER und S 52 AS
1374/08 sowie der Prozessakte des Verwaltungsgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 19 K 2548/08 Bezug
genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des
Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern verhandeln und
entscheiden, weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat durch Beschluss vom 27.
Januar 2009 die Berufung dem Berichterstatter übertragen hat, der nach § 153 Abs. 5 SGG zusammen mit den
ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Der Beschluss ist den Beteiligten am 3. bzw. 4. Februar 2009 zugestellt worden.
Anlass, die Verhandlung auf den im Termin am 27. Mai 2010 gestellten Antrag des Klägers zu vertagen, bestand
nicht. Der Kläger, dem eine Terminsmitteilung bereits am 23. April 2010 zugestellt worden war, stellte den
Vertagungsantrag erst im Termin nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung, obwohl die von ihm vorgetragenen
Gründe, weshalb er der Verhandlung nicht folgen könne und diese auch nicht habe vorbereiten können, nach seinem
eigenen Vortrag bereits vor dem Termin bestanden. Erhebliche Gründe für eine Vertagung im Sinne des § 202 SGG in
Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung hat der Kläger mit seinem Hinweis auf den Psychoterror
von Arbeitsgemeinschaften und die Notwendigkeit, die Begründung für eine Verfassungsbeschwerde zu fertigen, nicht
vorgetragen. Zudem hatte das Gericht von vornherein nicht das persönliche Erscheinen des Klägers zum Termin am
27. Mai 2010 angeordnet, weil es dieses nicht für geboten gehalten hat. An dieser Einschätzung hat der Senat nach
Kenntnisnahme vom Erscheinen des Klägers im Termin und Würdigung von dessen Vortrag festgehalten.
Schließlich war eine Vertagung auch deshalb nicht angezeigt, weil die vom Kläger gestellten Anträge bereits
offensichtlich unzulässig waren. Denn die Berufung ist zwar statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen
zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Denn der Klagantrag
wie auch die erst im Berufungsschriftsatz vom 8. September 2008 gestellten Feststellungsanträge sind bereits
unzulässig.
Es fehlt am Feststellungsinteresse, soweit vom Kläger – der Sache nach – die Feststellung begehrt wird, dass die
verzögerte Auszahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Monat Februar
2008 rechtswidrig war.
Sie dürfte allerdings rechtswidrig gewesen sein. Nach § 41 Satz 4 SGB II sollen die Leistungen monatlich im Voraus
erbracht werden. Anlass, hiervon abzuweichen, dürfte vorliegend nicht bestanden haben. Denn es ging wegen des
Einkommens aus dem kurzzeitigen Praktikum im Januar 2008 allenfalls um eine teilweise Aufhebung für Januar 2008,
möglicherweise wegen der Einmaligkeit auch um eine Anrechnung in einem Folgemonat, nicht aber um eine
wesentliche Änderung für Februar 2008. Die Leistung für Februar 2008 hätte also bis Ende Januar 2008 dem Kläger
zugehen sollen. Eine entgegenstehende Leistungsentziehung war schon nicht beschieden worden. Für eine vorläufige
Leistungseinstellung dürfte kein hinreichender Anlass bestanden haben, denn der Kläger hatte sich erkennbar um
rechtzeitige Mitwirkung bemüht.
Die Feststellung einer Rechtswidrigkeit kommt selbst bei ihrer Annahme gleichwohl nicht in Betracht. Sie vermöchte
dem Kläger keine ihm günstige Rechtsposition zu vermitteln. Auch handelt es sich bei der um wenige Tage
verzögerten Auszahlung bei sich überschneidendem Schriftwechsel der Beteiligten letztlich um eine Bagatelle. Und
offenkundig geht es dem Kläger auch nicht in erster Linie um die Feststellung einer Rechtswidrigkeit der verzögerten
Auszahlung, sondern um ein Politikum. Dafür ist die Feststellungsklage jedoch nicht da und das Gericht nicht zu
haben.
Für die weiteren Begehren – Feststellungen wegen systematischer Rechtsverletzungen der Beklagten – fehlt es von
vornherein an einem rechtlich anzuerkennenden Rechtsschutzbedürfnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.