Urteil des LSG Hamburg vom 27.06.2006

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Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 27.06.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg 36 U 286/00
Landessozialgericht Hamburg L 3 U 3/05
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. September 2004 aufgehoben. Die
Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin bei dem am 14. XXXXX 1989 erlittenen Verkehrsunfall wie eine
Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Die im XXXXX 1952 geborene Klägerin ist die Witwe des im XXXXX 1989 verstorbenen E. R ... Dieser war seit
Oktober 1988 als Berater in der Krebsnachsorge im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei dem Verein
"Gemeinschaft Krebskranker und Helfer e.V." beschäftigt. Seine Aufgabe bestand in Information und Beratung
ausländischer Krebskranker, deren Angehörigen und deren sozialen Umfelds, in der Vermittlung von geeigneten
Hilfsangeboten sowie dem Aufbau einer Selbsthilfegruppe für krebskranke Ausländer.
Am Sonnabend, den 14. Januar 1989 befuhr der Ehemann der Klägerin zusammen mit dieser und den beiden 1981
und 1984 geborenen Kindern in Hamburg mit dem PKW der Klägerin die H. C. in Richtung G.-W.-Straße, als gegen
13.55 Uhr ein entgegenkommendes Fahrzeug frontal mit dem Auto der Klägerin zusammenstieß. Die Klägerin wurde
schwer verletzt in das Allgemeine Krankenhaus (AK) A. und ihr Ehemann in das AK St.- G. eingeliefert, wo er am
XX.XXXXXXX 1989 an den Folgen des Unfalls verstarb.
Zum Zweck der unfallbringenden Fahrt gab die Klägerin – die nach eigenen Angaben unter einer den Zeitraum vom 14.
Januar 1989 bis zum darauf folgenden Freitag umfassenden Erinnerungslücke leidet – im Rahmen ihres Antrages auf
Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung an, dass ihr Ehemann in seiner Tätigkeit für den Verein
verunglückt sei. Er sei damit befasst gewesen, eine Selbsthilfegruppe für Ausländer aufzubauen. Aus diesem Grund
habe er ein Schreiben in deutscher Sprache folgenden Inhalts verfasst: Liebe Mitbürger, unser Verein betreut
krebskranke Patienten und deren Angehörigen. Innerhalb dieser Gemeinschaft bin ich für ausländische Mitbürger
zuständig. Falls Sie irgendwelche Fragen haben und Hilfe benötigen, können Sie mich unter der folgenden Telefonnr.
erreichen: XXXXX. Scheuen Sie sich nicht mich anzurufen. Bei Bedarf besuche ich Sie auch.
Mit freundlichen Grüßen Gemeinschaft Krebskranker und Helfer e. V.
Herr R.
Zum Unfallzeitpunkt habe sich ihr Ehemann auf dem Weg von seiner Wohnung zu Herrn E1 D., V.-Deich, Hamburg-
W., befunden, um von diesem das Hinweisschreiben in die türkische Sprache übersetzen zu lassen. Herr D. habe die
Übersetzung gefälligkeitshalber erledigen wollen. Bereits zuvor habe ihr Ehemann eine Übersetzung des Schreibens in
die italienische Sprache vornehmen lassen. Sie selbst sei zu Herrn D. mitgefahren, um diesem für eventuelle
Erläuterungen zur Verfügung zu stehen. Die Beklagte hörte die ehemaligen Arbeitskollegen des Ehemanns der
Klägerin N. und C. an und ließ Herrn E1 D. sowie die ehemalige Vorstandsvorsitzende des Vereins, Frau R1 K., durch
das Sozialgericht Hamburg als Zeugen vernehmen. Durch Bescheid vom 13. Januar 1993 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 7. April 1994 lehnte sie die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen mit der
Begründung ab, dass – auch nach Anhörung der Zeugen – nicht erwiesen sei, dass sich der Ehemann der Klägerin
zum Unfallzeitpunkt auf einer versicherten Dienstfahrt befunden habe. Während des nachfolgenden Klageverfahrens (
Sozialgericht Hamburg – 24 U 125/94 – ) gab die Klägerin unter anderem an, den deutschen Text des
Hinweisschreibens selbst verfasst zu haben. Sie selbst sei zu dem Zeugen D. mitgefahren, weil nach ihrem Eindruck
sowohl ihr Ehemann als auch der Zeuge gewisse Schwierigkeiten hinsichtlich der deutschen Sprache gehabt hätten.
Durch Urteil vom 5. September 1995 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen
Bescheide, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen dem Grunde nach wegen des Todes ihres Ehemannes zu
gewähren. Unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin und des Zeugen D. sei zur Überzeugung des Gerichts
erwiesen, dass der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls eine versicherte Tätigkeit verrichtet habe. Diese
der Beklagten am 18. Dezember 1995 zugestellte Entscheidung wurde rechtskräftig. Am 11. Mai 1999 stürzte die
Klägerin im Zusammenhang mit einer bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft versicherten Tätigkeit beim
Verlassen ihres Hauses und zog sich Verletzungen des Gesichts sowie der Kniegelenke zu. Gegenüber der
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft gab sie an, zu dem jetzigen Unfallereignis sei es aufgrund der verbliebenen
Folgen ihres Unfalls vom 14. Januar 1989 gekommen. Damals sei sie mit ihrem Mann unterwegs gewesen, um ihm
bei seiner Arbeit zu helfen. Sie habe ihn regelmäßig bei seiner Arbeit unterstützt, weil er gewisse Schwierigkeiten mit
der deutschen Sprache gehabt habe. Ihre Mithilfe sei weit über die gelegentliche Mithilfe einer Ehefrau
hinausgegangen. Deshalb sei sie zum damaligen Unfallzeitpunkt nach § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (
RVO ) versichert gewesen.
Nach Abgabe der Sache durch die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft nahm die Beklagte entsprechende
Ermittlungen auf, lehnte jedoch mit Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 18. Mai 2000 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab,
dass die Begleitung und Unterstützung des verstorbenen Ehemannes durch die Klägerin durch ehelich-familiäre
Aspekte gekennzeichnet sei und sie somit zum Unfallzeitpunkt nicht zu dem Kreis der in der gesetzlichen
Unfallversicherung versicherten Personen gehört habe
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht eine schriftliche Auskunft des früheren
Geschäftsführers des mittlerweile nicht mehr bestehenden Vereins, Herrn J. P., eingeholt und die frühere
Vereinsvorsitzende R1 K. als Zeugin gehört. Diese hat unter anderem angegeben, dass ihres Erachtens der Verein
keinen Dolmetscher gehabt habe. Sie wisse nicht, ob ehrenamtliche Helfer für Dolmetscherleistungen zur Verfügung
gestanden hätten. Zwar sei ihr bekannt, dass die Klägerin ihrem verstorbenen Ehemann geholfen habe, weil Herr R.
ihr dies selbst einmal erzählt habe, jedoch habe sie nicht gewusst, in welcher Form die Klägerin geholfen habe. Ihr sei
es recht gewesen, eine praktisch ehrenamtliche Helferin für den Verein zu haben. Die entgegenstehende Auskunft des
ehemaligen Geschäftsführers könne sie nicht nachvollziehen, zumal die Hilfe den Verein kein Geld gekostet habe.
Durch sein Urteil vom 13. September 2004 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten
aufgehoben und diese verurteilt, das Ereignis vom 14. Januar 1989 als Arbeitsunfall der Klägerin zu entschädigen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe fest, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann zusammen auf dem
Weg zum Kaufmann D. gewesen sei, um zu gewährleisten, dass die Übersetzung des von ihr auf Deutsch
entworfenen Schreibens ins Türkische den richtigen Zungenschlag bekomme. Dieses Schreiben sei im Rahmen der
Tätigkeit des verstorbenen Ehemannes der Klägerin für den Verein verfasst worden. Die Klägerin habe mehrfach
entsprechende Schreiben verfasst und ihren verstorbenen Ehemann begleitet, um die Übersetzung zu gewährleisten.
Die Zeugin K. habe nachvollziehbar bestätigt, dass sie nicht nur von der regelmäßigen Tätigkeit der Klägerin zur
Unterstützung ihres Mannes gewusst, sondern diese auch gebilligt habe, weil sie damit als eine quasi ehrenamtliche
Helferin des Vereins tätig geworden sei. Eine derartige regelmäßige Tätigkeit bei der Unterstützung der wesentlichen
Aufgaben des Beschäftigten des Vereins, nämlich des verstorbenen Ehemannes der Klägerin, gehe über das hinaus,
was man in ehelichen Beziehungen erwarte und diene stark nicht nur dem mutmaßlichen, sondern offensichtlich dem
ausdrücklichen Interesse des Arbeitgebers des verstorbenen Ehemannes der Klägerin, so dass Versicherungsschutz
nach § 539 Abs. 2 RVO während der Tätigkeiten der Klägerin im Interesse des Vereins bestanden habe.
Gegen das ihr am 29. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Januar 2005 Berufung eingelegt.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei davon auszugehen, dass die Begleitung des verstorbenen
Ehemannes durch die Klägerin und die Kinder in erster Linie durch ehelich-familiäre Aspekte gekennzeichnet gewesen
sei. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe den Kaufmann D. nach dessen Aussage häufiger in dessen
Geschäft aufgesucht, bevorzugt an Samstagen nach 14:00 Uhr, weil er dann Lebensmittel, die nicht mehr in den
Kühlraum passten, habe mitnehmen können. Nach Angaben des Zeugen D. habe er dabei ständig irgendwelche Zettel
bei sich getragen, um deren Übersetzung ins Türkische er gebeten habe. Diese Besuche hätten nach Angaben des
Zeugen auch gelegentlich in Begleitung von Ehefrau und Kindern stattgefunden. Dies sei dem Zeugen unangenehm
gewesen; er habe den verstorbenen Ehemann der Klägerin darum gebeten, Frau und Kinder nicht mitzubringen. Dieser
Aussage des Herrn D. sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin sich jemals an den Übersetzungsbemühungen
beteiligt habe. Offenkundig sei ein derartiger Beitrag auch verzichtbar gewesen. Dies werde dadurch bestätigt, dass
nach Aktenlage der verstorbene Ehemann der Klägerin den Aufruf bereits ohne die Mitwirkung der Ehefrau ins
Italienische habe übersetzen lassen. Bei diesem Sachverhalt gehe sie, die Beklagte, davon aus, dass, sofern bei der
geplanten Übersetzung überhaupt ein Beitrag der Klägerin vorgelegen hätte, es sich bei diesem Beitrag um eine
gänzlich unbedeutende Verrichtung gehandelt hätte, der kein irgendwie gearteter wirtschaftlicher Wert beizumessen
sei. Insbesondere sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht nachzuvollziehen, wie die Klägerin es habe
gewährleisten sollen, dass die Übersetzung des deutschen Textes ins Türkische den richtigen Zungenschlag
bekomme, da die Klägerin des Türkischen nicht mächtig sei. Es sei auch nicht erkennbar, dass ein ausdrücklicher
Wille des Unternehmers hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin vorgelegen habe. Voraussetzung dafür wäre, dass der
Unternehmer von der geplanten Tätigkeit überhaupt Kenntnis gehabt habe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Aussage
der Zeugin K., wonach die Klägerin ihrem Ehemann geholfen habe, wobei sie von dessen Übersetzungsarbeiten
offensichtlich nichts gewusst habe, reiche nicht aus, um einen ausdrücklichen Willen des Unternehmers zu
konstruieren. Auch für einen mutmaßlichen Willen des Unternehmers gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es
sei deshalb nicht davon auszugehen, dass die geplante Verrichtung als dem Unternehmen dienend bestimmt gewesen
sei. Vielmehr müsse angenommen werden, dass die Berufungsklägerin in erster Linie ihrem Ehemann habe behilflich
sein wollen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. September 2004 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. September
2004 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das angefochtene Urteil des Sozialgerichts gehe vollen Umfangs von zutreffenden rechtlichen
Erwägungen aus. Zwar möge sein, dass ihre Anwesenheit aus Sicht des Zeugen D. verzichtbar gewesen wäre.
Jedoch habe es sich hier nicht um einen x-beliebigen Text gehandelt, sondern um einen sich nach außen wendenden
Aufruf. Dieser habe nicht nur der Information über das Hilfsangebot gedient, sondern habe von den Betroffenen
gleichsam als Einladung wahrgenommen werden sollen. Deshalb habe die hier in Rede stehende Übersetzung eine
erheblich größere Bedeutung gehabt als die vorangegangenen Übersetzungshilfen. Insofern könne von Überflüssigkeit
ihres, der Klägerin, Beitrages keine Rede sein. Ebenso wenig könne der Beklagten in der Einschätzung gefolgt
werden, dass es sich um einen Beitrag gehandelt habe, dem kein wirtschaftlicher Wert beizumessen sei. Hier werde
verkannt, dass die Alternative in der Inanspruchnahme eines professionellen Dolmetschers bestanden hätte. Ihr
Beitrag sei deshalb durchaus wesentlich und geldwert gewesen. Es liege auch auf der Hand, dass das
Missverständnisrisiko zwischen zwei die deutsche Sprache nicht besonders gut beherrschenden Ausländern erheblich
größer sei, als das zwischen einem solchen Ausländer und einer deutschsprachigen Person. Naturgemäß habe sie
keinen Einfluss darauf gehabt, wie der Zeuge D. die ihm vermittelten Informationen verwertet hätte und wie seine
Übersetzung ausgefallen wäre. Sie hätte aber sicherstellen können, dass Herrn D. alles vermittelt wird, was nötig
gewesen sei, um der erbetenen Übersetzung den zutreffenden Inhalt, den gewünschten Ton und die gewünschte
Färbung zu geben. Dass auf Arbeitgeberseite nichts von der Inanspruchnahme von Übersetzungshilfen bekannt
gewesen sei, entbehre jeder Grundlage. Ihr Ehemann sei mit dem Aufbau einer Selbsthilfegruppe für Ausländer
beauftragt worden. Da der Verein keinen Dolmetscher gehabt habe, sei völlig klar gewesen, dass der Ehemann auf
Übersetzungshilfe angewiesen gewesen sei. Für die die deutsche Sprache beherrschenden Ausländer hätte es keiner
speziellen Selbsthilfegruppe bedurft. Der Arbeitgeber habe auch von ihrer vielfältig die Arbeit des Ehemannes
unterstützenden Tätigkeit gewusst, wie u. a. überzeugend von der Zeugin K. bekundet worden sei. Dass diese
Beiträge unter anderem mit der Bewältigung von Sprachproblemen zusammen gehangen hätten, dränge sich förmlich
auf. Inwiefern keine Anhaltspunkte ersichtlich sein sollten, dass ihre Tätigkeit dem mutmaßlichen Willen des
Arbeitgebers entsprochen habe, sei nicht nachvollziehbar. Natürlich habe sie diese Unterstützungen dem Ehemann
gewährt. Dies sei aber geprägt worden durch die Erbringung der dem Arbeitsverhältnis unterfallenden Leistungen. Es
sei nicht darum gegangen, dem Ehemann behilflich zu sein, sondern darum, die ordnungsgemäße Erfüllung der
arbeitgeberseitig übertragenen Aufgaben zu gewährleisten. Damit liege auch die von der Beklagten angeblich
vermisste Fremdnützigkeit auf der Hand.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der in der
Sitzungsniederschrift vom 27. Juni 2006 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ( §§ 143, 144,
151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ) ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der
Klägerin Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Unfalls vom 14.
Januar 1989 zu gewähren. Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Sozialgerichts hat es die Beklagte mit den
angefochtenen Bescheiden zu Recht abgelehnt, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Der von der Klägerin erhobene Anspruch richtet sich noch, wovon das Sozialgericht zutreffend ausgegangen ist, nach
den Vorschriften der RVO, da der als Arbeitsunfall geltend gemachte Unfall vom 14. Januar 1989 vor dem zum 1.
Januar 1997 erfolgten Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – ( SGB
VII ) eingetreten ist ( Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII ).
Ein Arbeitsunfall ist gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in §§ 539, 540 und
543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet.
Zu Recht ist das Sozialgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Versicherungsschutz aufgrund
eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO nicht bestanden hat, weil die Klägerin selbst
unstreitig weder unmittelbar noch mittelbar in einem Beschäftigungsverhältnis zu dem Verein "Gemeinschaft
Krebskranker und Helfer e.V." stand.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts war die Klägerin zum Unfallzeitpunkt auch nicht nach § 539 Abs. 2 RVO,
d.h. wie eine nach § 539 Abs.1 RVO tätig werdende Person versichert. Zutreffend hat das Sozialgericht auf Seiten 5 f
seiner Entscheidung die Grundzüge einer nach § 539 Abs. 2 RVO versicherten Tätigkeit unter Berücksichtigung der
dazu ergangenen Rechtsprechung und Kommentarliteratur dargestellt. Der erkennende Senat nimmt zur Vermeidung
von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug. Soweit das Sozialgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung
davon ausgegangen ist, unter Berücksichtigung der dargelegten Grundzüge, der Feststellungen im früheren Urteil des
Sozialgerichts zur Frage der Gewährung von Hinterbliebenenleistungen sowie des Ergebnisses der durchgeführten
Beweisaufnahme habe die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls am 14. Januar 1989 nach § 539 Abs. 2 RVO unter dem
Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, vermag der erkennende Senat dem allerdings nicht zu folgen.
Die Klägerin und ihr folgend das Sozialgericht verkennen nämlich, dass für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit
grundsätzlich der volle Nachweis zu erbringen ist. Dies gilt auch für Personen, die wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1
Versicherter – hier wie ein im Unternehmen des Vereins Beschäftigter – tätig werden ( vgl. LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 28. Juli 2004 – L 17 U 266/03 – m.w.N. ). Dieser Nachweis ist vorliegend zur Überzeugung des
erkennenden Senats nicht geführt. Zwar steht fest, dass die Klägerin am Unfalltag zusammen mit ihrem Ehemann
und den beiden Kindern von der gemeinsamen Wohnung kommend mit dem PKW in Richtung Hamburg-W. gefahren
ist. Dies allein genügt indes nicht für die Bejahung des hier streitigen Versicherungsschutzes. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG ), der der Senat folgt, muss darauf abgestellt werden, ob die
unfallbringende Handlung entsprechend den allgemeinen, auch für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO
geltenden Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung in einem inneren Zusammenhang mit dem in Betracht
kommenden Unternehmen gestanden hat ( vgl. Urteil vom 30. Juni 1993 – 2 RU 40/92 – ). Es kommt daher der
Handlungstendenz entscheidende Bedeutung für den Versicherungsschutz zu. Erst dann, wenn bei einer
Gesamtbetrachtung die erforderliche Handlungstendenz durch die festgestellten Umstände derart bestätigt wird, dass
diese Handlungstendenz entweder außer jedem Zweifel steht oder zumindest nach einer gesonderten Würdigung des
Gesamtergebnisses des Verfahrens erwiesen ist, kann Versicherungsschutz angenommen werden ( vgl. LSG
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Dezember 1999 – L 17 U 181/96 – ). Vorliegend ist mithin entscheidend, ob
nachgewiesen ist, dass die Handlungstendenz der Klägerin bei der Mitfahrt mit ihrem Ehemann wesentlich darauf
gerichtet war, eine arbeitnehmerähnliche, dem Verein dienende Tätigkeit zu verrichten. Die hiernach erforderlichen
Feststellungen hat der Senat aufgrund der Gesamtumstände des Falles nicht treffen können.
Insoweit kann dahinstehen, ob bereits Zweifel an der versicherten Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin berechtigt
sind, die sich unter anderem darauf gründen, dass dem Verein mit Professor K1 ein ausgewiesener Fachmann als
ehrenamtlicher Helfer zur Verfügung stand ( vgl. Angaben der Frau C. vom März und April 1993 ), so dass es
verwundert, dass nicht er, sondern ein türkischer Kaufmann für Übersetzungshilfen in Anspruch genommen wurde.
Jedenfalls beruht die Annahme des Sozialgerichts, die Klägerin habe an der unfallbringenden Fahrt teilgenommen, um
zu gewährleisten, dass die anzufertigende Übersetzung den richtigen Zungenschlag bekommt, allein auf den Angaben
der Klägerin. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sie nach ihren eigenen Darlegungen unter einer den
Zeitraum vom 14. Januar 1989 bis zum darauf folgenden Freitag umfassenden Erinnerungslücke leidet und den von
ihr behaupteten Zweck der Fahrt allein aus den am Vortag des Unfalls zwischen ihr und ihrem Ehemann geführten
Gesprächen ableitet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts vermag der Senat darüber hinaus keine
Anhaltspunkte zu erkennen, die es erlauben würden, die Angaben der Klägerin als mit Sicherheit zutreffend der
Beurteilung zu Grunde zu legen. Soweit das Sozialgericht ausführt, die Klägerin habe ihren Ehemann mehrfach
begleitet, um die Richtigkeit von Übersetzungen von ihr gefertigter Schreiben zu gewährleisten, lässt sich dies den
vorliegenden Unterlagen gerade nicht entnehmen. Jedenfalls soweit es die von dem Zeugen D. in der Vergangenheit
gefertigten Übersetzungen betrifft, hat dieser zwar angegeben, dass die Klägerin ihren Ehemann des Öfteren begleitet
habe, was ihm persönlich nicht recht gewesen sei, er hat aber mit keinem Wort einen wie auch immer gearteten
Beitrag der Klägerin bei den jeweils von ihrem Ehemann erbetenen Übersetzungen erwähnt. Mit der von ihm
beschriebenen "Verwertung" von Lebensmitteln hat er darüber hinaus einen durchaus als Grund für das Mitkommen
der Klägerin in Betracht zu ziehenden Umstand genannt. Soweit die Zeugin K. bekundet hat, ihr sei bekannt, dass die
Klägerin ihrem Ehemann bei dessen Arbeit geholfen habe ( "regelmäßig", wie vom Sozialgericht angeführt, hat sie
gerade nicht ausgesagt ), ist zu berücksichtigen, dass sie jedoch nicht wusste, in welcher Form Hilfe geleistet wurde.
Selbst wenn aber unterstellt wird, dass die Klägerin regelmäßig bei der Arbeit ihres Mannes mit geholfen hat, besagt
dies noch nichts für den konkreten Fall. Hier kommt es allein darauf an, ob sie gerade am 14. Januar 1989 zum
Zweck einer derartigen Hilfeleistung an der Fahrt teilgenommen hat. Die dazu von der Klägerin selbst gegebene und
lediglich aus den am Vortag mit ihrem Ehemann geführten Gesprächen abgeleitete Erklärung erscheint wenig
plausibel. Sie selbst ist unstreitig der türkischen Sprache nicht mächtig. Das zu übersetzende Schreiben war in
deutscher Sprache vorgefertigt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob es – wie von der Klägerin im
Verwaltungsverfahren wegen der Hinterbliebenenleistungen vorgetragen – von ihrem Ehemann, oder – wie sie seit
dem Klageverfahren wegen der Hinterbliebenenleistungen behauptet – von ihr selbst entworfen wurde. Jedenfalls lag
es bereits in schriftlicher Form vor, so dass es dem Übersetzer nicht mündlich vorgetragen oder diktiert werden
musste. Der immer wieder geltend gemachte "Zungenschlag" war in dem Entwurf des Schreibens somit bereits
enthalten; es bedurfte nur noch einer wörtlichen Übersetzung, deren Richtigkeit die Klägerin ohnehin nicht kontrollieren
konnte. Der Wortlaut des Schreibens enthält zur Überzeugung des Senats auch keine Besonderheiten, die eine
Erklärung dem Übersetzer gegenüber erforderlich gemacht hätten. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Ehemann
dieses Schreiben schon ins Italienische hat übersetzen lassen, ohne dass es der Mithilfe der Klägerin bedurft hätte.
Warum für das Türkische etwas anderes gelten sollte, erschließt sich nicht. Soweit die Klägerin immer wieder darauf
verweist, dass durch ihre Tätigkeit die kosten- intensive Inanspruchnahme eines Dolmetschers vermieden wurde,
verkennt sie, dass die Übersetzung von ihr weder gefertigt noch auf Richtigkeit überprüft werden konnte. Der
Dolmetscher wurde allenfalls durch die Tätigkeit des Zeugen D., nicht aber die behauptete Hilfe der Klägerin erspart.
Auch wenn man das Vorbringen der Klägerin dahingehend verstehen würde, sie habe insofern an der Übersetzung
mitwirken wollen, als sie ihrem Ehemann und/oder dem Zeugen D. ein deutsches Wort, welches von diesen nicht
verstanden wurde ( der Text lässt allerdings kein in Betracht kommendes Wort erkennen ), hätte erklären können,
wäre dies nicht plausibel. Wenn ihr Ehemann ein solches Wort in dem schon vorher vorliegenden Text gesehen hätte,
wäre zu erwarten gewesen, dass er sich dieses vorab von der Klägerin hätte erklären lassen bzw. diese das Wort
durch ein leichter verständliches ersetzt hätte.
Nach alledem ist es zur Überzeugung des Senats zwar möglich, dass die Klägerin sich zum Zwecke der Mithilfe an
der Übersetzung an der Fahrt beteiligt hat. Anhaltspunkte, die diese Möglichkeit zur Wahrscheinlichkeit oder gar der
hier erforderlichen Sicherheit werden ließen, lassen sich bei Würdigung aller Umstände jedoch nicht erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der
Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1
noch des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen.