Urteil des LSG Hamburg vom 29.11.2005

LSG Ham: finanzielle beteiligung, schwiegersohn, umbau, miete, beitragspflicht, extensive auslegung, unternehmen, bauarbeiten, versicherungsschutz, grundstück

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 29.11.2005 (rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 36 U 292/96
Landessozialgericht Hamburg L 3 U 7/02
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. November 2001 wird
zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu
erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin von der Beklagten zu Recht zur Beitragsleistung für Bauarbeiten
herangezogen worden ist, die von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn beim Umbau eines Familieneigenheimes
ausgeführt wurden.
Die im Jahre 1939 geborene, in H. wohnhafte Klägerin erwarb im Jahre 1993 das mit einem Einfamilienhaus bebaute
Grundstück S.-Straße in B ... Aufgrund der Auflassung vom 29. Dezember 1993 wurde sie am 3. März 1995 als
Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Nachdem der Beklagten bekannt geworden war, dass das
Bauordnungsamt des Landkreises Güstrow der Klägerin unter dem 27. Oktober 1994 eine Baugenehmigung für den
Umbau des Einfamilienhauses erteilt hatte, fragte sie bei der Klägerin nach, die angab, der umfangreiche Umbau sei
in Eigenleistung von ihr selbst sowie ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn – den Eheleuten A. - im Zeitraum von
Juni 1994 bis Januar 1995 durchgeführt worden. Die Tochter und der Schwiegersohn hätten unentgeltlich jeweils etwa
300 Arbeitsstunden – fünf Monate lang jeweils etwa 15 Stunden wöchentlich – geleistet.
Die Beklagte forderte daraufhin mit Bescheid vom 11. Juli 1995 von der Klägerin Beiträge zur gesetzlichen
Unfallversicherung für die Jahre 1994 und 1995 in Höhe von insgesamt 880,21 DM. Der dagegen erhobene
Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, es bestehe keine Beitragspflicht, weil der Umbau ausschließlich in
Eigenarbeit durch sie und ihre Familie durchgeführt worden sei, blieb erfolglos. Er wurde durch Widerspruchsbescheid
vom 5. Juni 1996 zurückgewiesen, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 1996 Säumniszuschläge in
Höhe von 40,- DM erhoben hatte und ein von der Klägerin betriebenes, auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
des Widerspruchs gerichtetes gerichtliches Verfahren ( 24 EA 119/96, III EABs 45/96 ) ohne Erfolg geblieben war.
Zur Begründung ihrer am 1. Juli 1996 erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen, eine
Beitragspflicht bestehe schon deshalb nicht, weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn nicht als im Verhältnis zu ihr
abhängige Personen bezüglich des in Eigenarbeit durchgeführten Umbaus anzusehen seien. Zwar habe sie das
Grundstück von der Gemeinde gekauft, jedoch schon dabei das Ziel verfolgt, dauerhaften Wohnraum für Tochter und
Schwiegersohn sowie deren Kinder zu schaffen. Die Tochter und der Schwiegersohn hätten das Bauvorhaben in
eigener Regie durchgeführt und alle Gewerke nach eigenem Geschmack, d.h. so wie sie es gerne haben wollten,
hergerichtet. Sie hätten auch alles gekauft, was sie für nötig gehalten hätten, und dabei etwa 100.000,- DM eigenes
Kapital verwendet. Sie, die Klägerin, habe sich um den Bau praktisch gar nicht gekümmert, sondern bei ihren
Besuchen lediglich die Enkelkinder betreut. Zwar sei der Schwiegersohn zum Zeitpunkt des Kaufes noch Student
gewesen, jedoch habe er einige Nebentätigkeiten ausgeübt und geplant, von B. aus ein selbständiges Unternehmen
zu betreiben. Tatsächlich seien die Tochter und der Schwiegersohn mit ihren Kindern auch in die untere Wohnung des
Hauses eingezogen und hätten dort zwei Jahre gelebt. Sie selbst sei nicht in das Haus eingezogen, sondern habe
lediglich seltene Besuche an Wochenenden gemacht. Als Miete sei mit Tochter und Schwiegersohn ein Betrag von
etwa 400,-DM vereinbart gewesen, der jedoch nie gezahlt worden sei, weil Einigkeit bestanden habe, dass die
geleistete Arbeit und das eingesetzte Eigenkapital verrechnet werden sollten. Nachdem die Familie der Tochter aus
dem Haus ausgezogen sei, habe man die Wohnungen als Ferienwohnungen über einen Katalogveranstalter
angeboten. Die eingehende Miete erhalte sie allein.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, das Vorbringen der Klägerin sei unerheblich. Deren Tochter
und Schwiegersohn seien während der Umbauarbeiten gesetzlich unfallversichert gewesen. Weder ihre finanzielle
Beteiligung noch die Unentgeltlichkeit ihrer Tätigkeiten würden ihre Unternehmereigenschaft bewirken. Insoweit sei
allein darauf abzustellen, wer rechtlich die Entscheidungsbefugnis habe. Auf die Beweggründe für das Tätigwerden der
Helfer und deren subjektives Eigeninteresse komme es nicht an, wenn das wirtschaftliche Ergebnis ihnen – wie hier –
rechtlich nicht zufließe.
Der vom Sozialgericht als Zeuge gehörte Schwiegersohn C. A. hat am 19. November 2001 angegeben, sich
zusammen mit seiner Frau, seinen Kindern und seiner Schwiegermutter verschiedene Objekte in den neuen
Bundesländern angesehen zu haben. Man habe dann gemeinsam entschieden, das Haus in B. zu kaufen. Seine
Schwiegermutter habe das Grundstück erworben, weil er zu der Zeit noch Student gewesen sei und mit seiner Familie
keine Finanzierung bekommen hätte. Schon zum Zeitpunkt des Kaufs sei aber klar gewesen, dass er und seine
Familie nach dem Umbau in das Haus einziehen würden und er von dort aus sein Unternehmen betreiben werde. Es
sei von vornherein mit bedacht worden, dass seine Frau das Haus einmal erben werde. Es sei auch erörtert worden,
diesen Umstand festzuhalten oder ein Nutzungsrecht einzutragen. Dazu sei es nie gekommen, weil man die
Notarkosten gescheut habe. Grundsätzlich sei zwischen den Beteiligten eine der ortsüblichen Vergleichsmiete
entsprechende Miete von 1.400,- bis 1.500,- DM vereinbart worden. Dabei hätten aber zunächst die von ihm und
seiner Familie eingebrachte Eigenarbeit und ihre Eigeninvestitionen verrechnet werden sollen. Sie hätten etwa
100.000,- DM in Form von Material eingebracht und selbst auch ein Baudarlehen aufgenommen, wofür sie monatliche
Raten von 400,- bis 500,- DM zu zahlen gehabt hätten. Es sei auch berücksichtigt worden, dass nach dem
absehbaren Eintritt der Klägerin ins Rentenalter er und seine Familie die laufenden Belastungen allein zu tragen
gehabt hätten. Über die Aufnahme von Mietzahlungen unter Verrechnung der ab Eintritt der Klägerin in das
Rentenalter zu tragenden Belastungen habe erst gesprochen werden sollen, wenn festgestanden hätte, wie hoch die
eigenen Aufwendungen tatsächlich gewesen seien. Bevor dies geschehen sei, hätten sich die Perspektiven aber
geändert; er und seine Familie seien wieder ausgezogen, und das Haus werde als Ferienhaus angeboten. Allerdings
seien die getätigten Aufwendungen nicht umsonst, weil das Haus in der Familie bleibe.
Während des laufenden Klageverfahrens hat die Beklagte weitere Bescheide über Säumniszuschläge in Höhe von
jeweils 96,- DM für die Jahre 1996, 1997, 1998, 1999 und 2000 unter dem 6. Februar 1998, 6. März 1998, 30.
September 1999, 19. Januar 2001 und 2. Februar 2001 erlassen.
Durch Urteil vom 19. November 2001 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben.
Zwar sei die Klägerin als Unternehmerin nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten in Bezug auf den Umbau des
Einfamilienhauses in B. anzusehen, jedoch sei eine Beitragspflicht nicht entstanden, weil sie weder selbst versichert
gewesen sei noch Versicherte beschäftigt habe. Ihr Schwiegersohn und ihre Tochter – die die Umbauarbeiten
ausgeführt hätten – seien weder als Beschäftigte noch wie solche tätig geworden. Sie seien vielmehr Mitunternehmer
hinsichtlich der Bauarbeiten gewesen, weil sie nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen aus rein
eigenwirtschaftlichen Motiven heraus die Eigenarbeit in das Umbauprojekt investiert hätten. Gegen die ihr am 4.
Januar 2002 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 25. Januar 2002 Berufung eingelegt: Entgegen der
Auffassung des Sozialgerichts könne aus dem – ungeprüften – Vortrag der Klägerseite, die Tochter und der
Schwiegersohn hätten erhebliche Geldbeträge für Baumaterialien verwendet, keine finanzielle Beteiligung an dem
Bauvorhaben hergeleitet werden. Im Übrigen hätte eine solche Beteiligung durch geeignete Unterlagen belegt werden
müssen. Letztlich komme es darauf aber nicht an. Selbst wenn derartige Aufwendungen vorgenommen worden seien,
seien sie im Ergebnis nicht auf Rechnung der Tochter und des Schwiegersohnes gegangen. Nach den Angaben der
Klägerin und des Zeugen sei nämlich zwischen der Klägerin und ihrer Tochter zwar die ortsübliche Miete von 1.400,-
bis 1.500,- DM vereinbart worden, davon seien jedoch nur 400,- DM zur Zahlung gekommen, und der Restbetrag sei
monatlich mit den Aufwendungen der Eheleute A. aufgerechnet worden. Dadurch sei nachgewiesen, dass die
Eheleute A. wegen der von ihnen erbrachten finanziellen Aufwendungen gegen die Klägerin einen
Rückforderungsanspruch geltend gemacht hätten. Sie seien an dem Bauvorhaben nicht finanziell beteiligt gewesen,
sondern hätten der Klägerin lediglich ein Darlehen gewährt. Damit seien Sie nicht Unternehmer der in Eigenarbeit
ausgeführten nichtgewerbsmäßigen Bauarbeiten, sondern während ihrer Tätigkeit als so genannte "Wie-Beschäftigte"
gegen die Folgen von Arbeitsunfällen versichert gewesen. Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass gar keine
Miete zur Zahlung gekommen sei, müsse der Mietverzicht seitens der Klägerin als Bezahlung der durch die Eheleute
A. geleisteten Arbeitsstunden gewertet werden. Der Verzicht spreche deshalb nicht für deren eigenwirtschaftliche
Handlungstendenz, sondern dokumentiere eindrucksvoll die Entgeltlichkeit der Bauarbeitsleistungen der Eheleute A ...
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. November 2001 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass das Hausbau-Projekt
letztlich – obwohl sie als alleinige Eigentümerin eingetragen worden sei – eine Familienangelegenheit gewesen sei, in
die ihre Tochter und ihr Schwiegersohn erheblichen eigenen Kapitaleinsatz eingebracht und bei der sie ferner auch
beim Hausbau mit geholfen hätten. Die niedrigere Miete sei deshalb vereinbart worden, weil Tochter und
Schwiegersohn erhebliche Mittel investiert hätten. Die beiden hätten keinen Rückforderungsanspruch geltend
gemacht; für die etwa aufgewendeten 100.000,- DM seien auch keine Zinsen berechnet worden. Der Auffassung der
Beklagten, dass die verringerte Miete eine Bezahlung der durch die Zeugen geleisteten Arbeitsstunden darstelle,
könne nicht gefolgt werden. Es seien in den jeweiligen Monaten ganz unterschiedlich viele Arbeitsstunden für das
Objekt erbracht worden. Trotzdem sei die Miete nicht von Monat zu Monat in unterschiedlicher Höhe angesetzt
worden. Weil die Baukosten letztlich erheblich höher als geplant gewesen und von den ihrer Tochter und dem
Schwiegersohn getragen worden seien, habe sie vollständig auf Mietzahlungen verzichtet. Dadurch sei es aber nicht
zu Rückzahlungen aufgewendeter Geldbeträge oder gar zur Vergütung geleisteter Arbeitsstunden gekommen. In dem
Zeitraum, in welchem die Eheleute A. das Haus bewohnt hätten und zu Mietzahlungen verpflichtet gewesen seien,
hätten die etwa 100.000,- DM, die sie für den Umbau aufgewendet hätten, nicht zurückgezahlt werden können. Es
habe deshalb eine nennenswerte finanzielle Beteiligung der Eheleute A. gegeben.
Das Gericht hat die Akte des zuständigen Bauordnungsamtes beigezogen und die Beteiligten auf die Entscheidung
des Bundessozialgerichts ( BSG ) vom 5. März 2002 – B 2 U 8/01 R – hingewiesen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der in der
Sitzungsniederschrift vom 29. November 2005 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist statthaft ( § 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Zu Recht und mit zutreffender
Begründung hat bereits das Sozialgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dargelegt,
dass die von der Beklagten während des Klageverfahrens erlassenen Bescheide über die Säumniszuschläge in
entsprechender Anwendung des § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Verfahrens geworden sind und durch ihre
Einbeziehung in das Verfahren der Wert des Streitgegenstandes über der Grenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG
in der zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung geltenden Fassung von 1000,- DM liegt. Die form- und fristgerecht
eingelegte ( § 151 Abs. 1 SGG ) Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht durch sein Urteil vom 19. November 2001 die
angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Diese sind rechtswidrig, weil die Klägerin hinsichtlich der von
den Eheleuten A. durchgeführten Umbauarbeiten nicht beitragspflichtig zur gesetzlichen Unfallversicherung gewesen
ist.
Auf den Rechtsstreit sind noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung ( RVO ) anzuwenden, weil die
streitigen Beiträge die Aufbringung der Mittel für das Haushaltsjahr 1995 betreffen ( vgl. §§ 212, 219 Siebtes
Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII - ).
Nach § 723 Abs. 1 Satz 1 RVO werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der
Unternehmer aufgebracht, die selbst versichert sind oder Versicherte beschäftigen. Die Klägerin ist zwar, wie das
Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich des Umbaus des Einfamilienhauses in B. unter Mithilfe ihrer
Tochter und ihres Schwiegersohnes Unternehmerin im Sinne des § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO, denn diese nicht
gewerbsmäßigen Bauarbeiten gingen auf ihre Rechnung. Unbeachtlich ist, dass sie zum Zeitpunkt des Umbaus noch
nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war. Nicht beizupflichten ist allerdings der Auffassung der
Beklagten, die Klägerin habe während der Durchführung der Umbaumaßnahmen der Beitragspflicht zur gesetzlichen
Unfallversicherung unterlegen. Eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung liegt dann nicht vor, wenn aus der
Verrichtung der Arbeiten eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers nicht erwachsen kann. Die Beitragspflicht
setzt somit das Bestehen eines gesetzlichen Versicherungsschutzes für die bei den Umbauarbeiten Tätigen voraus.
Für die die Umbauarbeiten ausführenden Verwandten der Klägerin bestand indessen nach dem Gesamtergebnis des
Verfahrens ein solcher Versicherungsschutz weder nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO noch nach § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs.
1 Nr. 1 RVO ( vgl. BSG, Urteil vom 29. September 1992 – 2 RU 46/91 – m.w.N. ). Eine Beitragspflicht der Klägerin für
die ihr bei den Umbauarbeiten Mithelfenden lässt sich, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, aus § 658 Abs.
2 Nr. 1, § 723 Abs. 1 i.V.m. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO nicht herleiten. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte für das
Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO zu den Eheleuten A. vor. Eine
Beitragspflicht der Klägerin könnte für den hier maßgebenden Zeitraum demzufolge nur bestanden haben, wenn die
Tochter und der Schwiegersohn bei den Umbauarbeiten nach § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO "wie Versicherte",
also arbeitnehmerähnlich tätig geworden sind und wenn diese Tätigkeit die Zuständigkeit der Beklagten für
Entschädigungsfälle begründete. Auch unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten ergibt sich keine Beitragspflicht der
Klägerin.
Ein Tätigwerden wie ein Beschäftigter setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum
Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO i.V.m. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO – der sich der erkennende Senat
anschließt – eine ernsthafte, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des
Unternehmers entsprechende Tätigkeit voraus, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in
einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die, ungeachtet des
Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit
auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen
Einzelfalles zu beachten. Nicht jede Tätigkeit, die einem Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst
üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, wird beschäftigtenähnlich verrichtet. Es kommt vielmehr
der mit dem – objektiv arbeitnehmerähnlichen – Verhalten verbundenen Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für
das Tätigwerden zu unterscheiden ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten,
das ansonsten einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein
eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen
eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 539 Abs. 2
RVO wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Tätiger unter Versicherungsschutz ( vgl. BSG, Urteil vom 5. März 2002 –
B 2 U 8/01 R – m.w.N. ).
Zwar können Umbauarbeiten, wie sie hier von den Eheleuten A. erbracht wurden, ihrer Art nach von Personen
verrichtet werden, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Bei
den geleisteten Arbeiten handelt es sich nach Art und Umfang auch um ernsthafte Tätigkeiten, die dem Unternehmen
"Bauvorhaben" erheblich dienten und die dem wirklichen Willen der Klägerin entsprachen. Unter Berücksichtigung der
gesamten Umstände des Einzelfalles ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Eheleute A. bei den
Umbauarbeiten mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung tätig geworden sind. Nach dem Gesamtergebnis der
Ermittlungen, insbesondere den Darlegungen der Klägerin und des vom Sozialgericht gehörten Zeugen C. A. handelte
es sich sowohl bei dem Kauf des Grundstücks als auch bei dem Umbau des Einfamilienhauses um eine
Familienangelegenheit, bei welcher von vornherein zwischen den Beteiligten klar war, dass das Haus nach
Fertigstellung von der Familie A. bewohnt werden und der Schwiegersohn der Klägerin von dort sein Unternehmen
betreiben würde. Insofern ist es konsequent, dass das Ehepaar A., nachdem die Klägerin schon das Grundstück
gekauft hatte, einerseits ebenfalls seinen Teil in Form der Eigenleistungen bei den Umbauarbeiten beigetragen hat,
andererseits aber auch Art und Weise des Umbaus allein und selbständig bestimmt hat. Letzteres wird belegt durch
den Inhalt der beigezogenen Akte des zuständigen Bauordnungsamtes, nach welchem der Schwiegersohn der
Klägerin mehrfach in der Funktion des Bauherrn auf der Baustelle angetroffen wurde und gegenüber der
Bauordnungsbehörde wie ein Bauherr, nicht aber wie ein lediglich auf der Baustelle Beschäftigter, aufgetreten ist.
Nach den glaubhaften und im Wesentlichen übereinstimmenden Bekundungen der Klägerin und des Zeugen haben die
Eheleute A. darüber hinaus in nicht unerheblichem Ausmaß finanzielle Mittel in den Umbau investiert. Zu Recht hat
bereits das Sozialgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom
13. Dezember 2000 – L 8 U 5/00 – dargelegt, dass Eigenbauleistungen in der Regel den unmittelbaren Zweck haben,
die finanziellen Aufwendungen für das Bauvorhaben zu mindern und letztlich demjenigen zum Vorteil gereichen, der
die Kosten des ( Um- ) Baus zu tragen hat. Im Hinblick auf die vereinbarte Zweckbestimmung des Hauses war dies
im vorliegenden Fall die Familie A ... Bei einer Aufgabenverteilung, bei der die Klägerin für den Kauf des Grundstücks
und das Ehepaar A. für den Umbau des Hauses entsprechend seinen Wünschen und Erfordernissen verantwortlich
war, haben die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin durch ihre Eigenleistungen die zu erbringenden eigenen
finanziellen Aufwendungen begrenzt. An dieser Einschätzung ändert auch der Umstand nichts, dass zwischen den
Beteiligten eine von der Familie A. an die Klägerin zu zahlende Miete im Gespräch war, die letztlich aber nicht gezahlt
wurde. Soweit die Beklagte geltend macht, gerade der Mietverzicht der Klägerin belege die Entgeltlichkeit der
Bauarbeitsleistungen der Eheleute A., die für ihre geleisteten Arbeitsstunden mit dem Erlass der Mietzahlungen eine
geldwerte Gegenleistung erhalten hätten, verkennt sie, dass der tatsächliche Verzicht - wenn überhaupt - lediglich den
etwa 1.000,- DM unterhalb der örtlichen Vergleichsmiete liegenden ursprünglich verabredeten Mietzins von 400,- DM
betreffen könnte. Die nach der ursprünglichen Verabredung ersparte Differenz zur ortsüblichen Vergleichsmiete beruht
jedoch ersichtlich auf den Eigenleistungen der Eheleute A.: Hätten sie den Umbau nicht durchgeführt, wäre auch
keine Vergleichsmiete in dieser Höhe angefallen. Letztlich haben sich die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin
mit ihren Eigenleistungen hochwertigen Wohnraum geschaffen, für den sie lediglich eine unverhältnismäßig niedrige
Miete zahlen sollten, diese aber aufgrund der durch eigene finanzielle Aufwendungen entstandenen Belastung auch
nicht zu zahlen brauchten. Im Ergebnis bedeutet dieses zur Überzeugung des Senats, dass durch die Eigenarbeiten
der Eheleute A. in erster Linie zweckgerichtet die Höhe der von der gesamten Familie ( einschließlich Klägerin ) zu
tragenden finanziellen Belastung für das Bauvorhaben verringert und damit möglichst günstiger Wohnraum für die
Familie A. geschaffen werden sollte. Da die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin danach mit der Verrichtung
der Umbauarbeiten wesentlich ihre eigenen Angelegenheiten verfolgten, wurden sie wesentlich im eigenen Interesse,
damit nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines
Beschäftigungsverhältnisses, sondern eigenwirtschaftlich tätig. Damit standen sie nicht nach § 539 Abs. 2 RVO wie
ein nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift Tätiger unter Versicherungsschutz, so dass keine Beitragsverpflichtung der
Klägerin entstehen konnte. Soweit die Beklagte bemängelt, dass die vom Bundessozialgericht in der Entscheidung
vom 5. März 2002 ( a.a.O. ) vorgenommene "extensive" Auslegung der gesetzlichen Regelungen dazu führe, dass
kein naher Verwandter des Bauherrn mehr unter Versicherungsschutz falle, verkennt sie, dass dieser nach den
einschlägigen gesetzlichen Regelungen schon immer von der Handlungstendenz desjenigen abhing, der tätig wurde.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der
Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder
Nr. 2 SGG nicht vorliegen.