Urteil des LSG Hamburg vom 14.11.2007

LSG Ham: asthma bronchiale, berufskrankheit, innere medizin, erwerbsfähigkeit, arbeitsunfall, meldung, hauterkrankung, anerkennung, chirurgie, niedergelassener

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 14.11.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 36 U 530/98
Landessozialgericht Hamburg L 3 U 41/03
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. März 2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 1998 in
der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 3. November 1998 werden abgeändert: Die Beigeladene wird verpflichtet,
dem Kläger Verletztenrente in Höhe von 20 vom Hundert der Vollrente wegen der Folgen der Berufskrankheit nach den
Nummern 4301 und 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ab dem 1. Juni 2001 zu gewähren. Die
Beigeladene hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. Eine weitere
Kostenerstattung findet nicht statt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verletztenrente unter Anerkennung der Folgen einer beruflich erworbenen Latexallergie als
Berufskrankhei(ten) nach Nr. 4301 und/oder Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der im Jahre 1948 geborene Kläger arbeitete nach seinem im Jahre 1975 abgeschlossenen Medizinstudium zunächst
als Medizinalassistent an der Universität H ... Es folgten ein Forschungsaufenthalt in den USA und Tätigkeiten als
Assistenzarzt am Pathologischen Institut der Universität H. bzw. an der Medizinischen Universitätsklinik H ...
Von Mai 1980 bis Januar 1984 arbeitete der Kläger im Rahmen einer Facharztweiterbildung als Assistenzarzt in der
Chirurgischen Universitätsklinik H ... Während dieser Zeit kam es zu einem verstärkten Auftreten eines Asthma
bronchiale sowie zu Blasenbildung an den Händen im Zusammenhang mit dem Tragen von Operationshandschuhen.
Es wurde eine Inhalationsallergie bei hochgradiger Sensibilisierung unter anderem gegen Baum-, Gräser- und
Roggenpollen festgestellt. Wegen dieser gesundheitlichen Probleme entschloss sich der Kläger, in die Innere Medizin
zu wechseln und war – nach einer kurzzeitigen Praxisvertretung - von Mai 1984 bis Juni 1985 in der Medizinischen
Klinik des Allgemeinen Krankenhauses (AK) A. in Hamburg tätig. Während dieser Zeit trat das Asthma bronchiale nur
noch in abgeschwächter Form auf. Nach einer weiteren Praxisvertretung und einem weiteren Forschungsaufenthalt in
den USA ließ sich der Kläger im November 1986 als Facharzt für Allgemeinmedizin in eigener Praxis in Hamburg
nieder, wo er bis heute tätig ist und nebenbei mit einem Zeitaufwand von etwa zwei bis drei Stunden wöchentlich zwei
Altenheime betreut. Im Jahre 1997 stellte der Kläger seine eigene Praxis auf latexfreie Produkte um. In den von ihm
betreuten Altenheimen kamen nach Mai 2001 keine bzw. nur noch ungepuderte Latexhandschuhe zum Einsatz. Seit
Januar 1999 ist der Kläger als Unternehmer freiwillig bei der Beigeladenen versichert.
Mit einem am 16. Juni 1994 eingegangenen Schreiben wandte sich der Kläger an den für die Universitätsklinik H.
zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Badische Unfallkasse, und "meldete eine Berufskrankheit
nach". Nach seinem Eintritt in die Chirurgie der Universitätsklinik sei es bei ihm zu einer zunehmenden
Handschuhallergie und erstmals zu asthmatischen Beschwerden gekommen, die eine Nasenseptum-Korrektur und
eine Kur in Israel erforderlich gemacht hätten. Seit Verlassen der Chirurgie habe die Intensität der asthmatischen
Beschwerden nachgelassen.
Im Rahmen der Ermittlungen der Badischen Unfallkasse diagnostisierte Prof. Dr. L. in seinem arbeitsmedizinisch-
internistischen Gutachten vom 31. Oktober 1996 eine Typ-I-Allergie gegenüber Latex mit Kontakturtikaria, eine
obstruktive Atemwegserkrankung und eine atophische Diathese mit Asthma bronchiale bei Sensibilisierung gegenüber
multiplen Inhalationsallergenen. Die berufsbedingte Reaktion gegenüber Latex habe zu einer richtungsgebenden
Verschlimmerung der obstruktiven Atemwegserkrankung geführt. Eine Berufskrankheit im Sinne der Nr. 4301 der
Anlage zu BKV liege mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 10 v.H. vor. In ihrem
dermatologischen Gutachten vom 18. April 1997 kamen Prof. Dr. S. und Frau Dr. H1. zu gleichen Diagnosen und
führten aus, dass die Latexallergie mit Kontakturtikariasyndrom und allergischer obstruktiver Atemwegserkrankung mit
sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch das Tragen gepuderter Latexhandschuhe ausgelöst worden sei. Es habe ein
objektiver Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit als Chirurg bestanden. Die Berufskrankheiten nach Nr.
4301 und Nr. 5101 der Anlage zu BKV lägen mit einer MdE in Höhe von jeweils 10 v.H. vor. Um eine
Verschlimmerung zu verhindern, sei eine konsequente Latexallergenkarenz erforderlich. Seine Praxis müsse der
Kläger komplett auf latexfreie Produkte umstellen. Die Altenheimbesuche dürfe er erst wieder nach dortiger kompletter
Umstellung auf ungepuderte Handschuhe durchführen. Die Gewerbeärztin Frau Dr. E. schloss sich in ihrer
Stellungnahme vom 04. Juli 1997 diesen Gutachten an und führte aus, dass die Berufskrankheiten nach Nr. 4301 und
Nr. 5101 der Anlage zu BKV mit einer "Stütz-MdE" in Höhe von jeweils 10 v.H. anzuerkennen seien, so dass von
einer "Gesamt-MdE" in Höhe von 20 v.H. auszugehen sei.
Die Badische Unfallkasse gab das Verfahren mit der Begründung an die Beklagte ab, die letzte gefährdende Tätigkeit
habe der Kläger im AK A. ausgeübt, das in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten falle. Mit Bescheid vom 26.
Januar 1998 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen ab: Es liege weder eine Berufskrankheit nach Nr. 4301
noch eine nach Nr. 5101 der Anlage zu BKV vor, denn das nach diesen Vorschriften jeweils erforderliche weitere
Tatbestandsmerkmal der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit sei nicht erfüllt. Der Kläger sei weiterhin als Arzt tätig.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. November
1998 zurück und führte zu Begründung aus, dass die gefährdende Tätigkeit schon deshalb nicht aufgegeben worden
sei, weil der Kläger sowohl bei seiner Arbeit in der eigenen Praxis als auch während der Besuche in den Altenheimen
gegenüber Latex exponiert sei.
Mit seiner am 20. November 1998 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und führt aus, dass die
bei ihm bestehende Latexallergie, die zu der Haut- und der obstruktiven Atemwegserkrankung geführt habe, als
Berufskrankheit Nr. 4301 und als Berufskrankheit Nr. 5101 der Anlage zu BKV zu entschädigen sei. Das Merkmal der
Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit sei erfüllt. Er habe wegen heftiger Beschwerden seine Tätigkeit als Chirurg
aufgegeben und sei in die Innere Medizin bzw. Allgemeinmedizin gewechselt. Damals sei die Latexallergie noch nicht
bekannt gewesen. Etwa 1994/95 habe er eine Publikation über Latexallergien gelesen und es habe bei ihm "klick"
gemacht. Nachdem er dann das Gutachten von Prof. Dr. L. erhalten habe, habe er alle empfohlenen
Schutzmaßnahmen durchgeführt und seine Praxis komplett latexfrei gemacht. Aus wirtschaftlichen Gründen habe er
die zwei Altenheime weiter betreut. Nach Möglichkeit habe er die Aufgabe seinen Weiterbildungsassistenten
übertragen, habe aber durchgehend auch selbst Termine wahrnehmen müssen. Er habe Anspruch auf eine
Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.H. der Vollrente, denn die im Vorverfahren tätigen Gutachter und die
Gewerbeärztin hätten für beide Berufskrankheiten jeweils eine MdE von 10 v.H. angenommen, so dass eine Gesamt-
MdE von 20 v.H. bestehe. Nach neueren Erkenntnissen seien die MdE-Werte für diese Erkrankungen sogar höher
anzusetzen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers im AK A. gefährdend gewesen sei, so dass mit
dem Wechsel aus der Chirurgie noch keine Aufgabe im Sinne der Berufskrankheitstatbestände erfolgt sei. Eine
Aufgabe komme erst zum Zeitpunkt der Umstellung der klägerischen Praxis und der von ihm betreuten Altenheime in
Betracht. Zu diesem Zeitpunkt sei aber nicht mehr sie, sondern die Beigeladene zuständig gewesen. Zur Begründung
weist sie ferner auf die von ihr eingeholten Stellungnahmen der Dres S1. und R. vom 18. bzw. 24. März 2003 hin,
wonach die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit erst 2001 nach Umstellung der Altenheime auf latexfreie Produkte
angenommen werden könne.
Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 31. März 2003 abgewiesen und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe weder gegen die Beklagte noch gegen die
Beigeladene, denn es fehle an der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit. Zwar habe der Kläger im Jahre 1984 wegen
einer beruflich bedingten Latexallergie, die zu den Berufskrankheiten nach Nummern 4301 und 5101 der Anlage zu
BKV geführt habe, die damalige Tätigkeit in der Chirurgie aufgegeben. Nach den nachvollziehbaren und
übereinstimmenden ärztlichen Einschätzungen sei die anschließende ärztliche Tätigkeiten jedoch – bis zur
Umstellung der eigenen Praxis und der Altenheime auf latexfreie Produkte – wegen der damit verbundenen
Latexexposition weiterhin gefährdend gewesen, denn allein eine völlige Latexkarenz habe die Gefährdung
ausschließen können. Wegen des eindeutigen Wortlauts der in Rede stehenden Berufskrankheitstatbestände könne
auf das Merkmal der Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten nicht verzichtet werden. Die vom
Bundessozialgericht (BSG) vor Schaffung des siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) zum Teil hiervon
gemachten Ausnahmen - in Form des Verzichts auf dieses Merkmal, wenn durch Schutzmaßnahmen erreicht werde,
dass die bisherige Tätigkeit ohne Gefährdung weiter ausgeübt werden könne - stellten eine rechtlich nicht begründbare
Korrektur des Wortlauts dar, die, wie die Formulierungen im SGB VII zeigten, vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen
seien. Zudem widersprächen sie dem mit den Vorschriften verfolgten Präventionszweck. Eine Unterlassung aller
gefährdenden Tätigkeiten im Sinne der Berufskrankheitentatbestände liege auch nicht in der Umstellung der Praxis
des Klägers und der von ihm betreuten Altenheime auf latexfreie Produkte. Denn ein Zwang zum Unterlassen sei
solange nicht gegeben, wie Mittel zur Verfügung stünden, durch die sichergestellt werden könne, dass der Versicherte
die betreffende Tätigkeit ohne Gefährdung weiter ausüben könne. Im Übrigen hätte der Kläger auch dann, wenn man
in der Aufgabe der Tätigkeit als Chirurg den Versicherungsfall einer Berufskrankheit nach den Nummern 4301 und
5101 der Anlage zur BKV sähe, keinen Anspruch auf Verletztenrente, denn die Atemwegserkrankung und die
Hauterkrankung des Klägers bedingten jeweils nur eine MdE in Höhe von 10 v.H. und es sei eine Gesamt-MdE
aufgrund der Auswirkungen der Allergie zu bilden. Diese betrage weniger als 20 v.H. und sei damit nicht
rentenberechtigend.
Gegen das am 13. Mai 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Juni 2003 Berufung eingelegt.
Dem Sozialgericht könne nicht darin gefolgt werden, dass die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur
Frage zulässiger Ausnahmen vom Erfordernis der Tätigkeitsaufgabe obsolet sei. Außerdem habe das Sozialgericht
den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts habe der
Kläger die gefährdende Tätigkeit spätestens mit Ende seiner Beschäftigung im AK A. aufgegeben. Zwar habe er auch
nach diesem Zeitpunkt bei der Tätigkeit als niedergelassener Allgemeinarzt gelegentlich in sehr geringem Umfang mit
latexhaltigen Arbeitsmitteln Kontakt gehabt. Mit der Aufgabe der Tätigkeit als Krankenhausarzt im AK A. im Juni 1985
sei dem Gebot zur Gefährdungsaufgabe ausreichend Rechnung getragen worden er, weil der Kläger alles getan habe,
was nach seinem damaligen persönlichen und dem damaligen arbeitsmedizinischen Wissensstand erforderlich
gewesen sei. Aber auch wenn man den rechtlich maßgebenden Zeitpunkt erst nach vollständiger Entfernung des
latexhaltigen Materials aus der eigenen Praxis und den von ihm betreuten Altenheimen ansehen wolle, sei die Klage
begründet. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ausnahmsweise ein Zwang zur
Tätigkeitsaufgabe dann zu bejahen, wenn bei dem Versicherten bereits vor dem erfolgreichen Ausschluss der
Schadstoffe eine MdE rentenberechtigenden Grades vorgelegen habe. Zu Unrecht habe das Sozialgericht zudem eine
Gesamt-MdE gebildet. Zwar möge es angebracht erscheinen, eine Latexallergie als einen Versicherungsfall unter
einer Berufskrankheit-Nummer in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung auszuweisen, tatsächlich handele es
sich aber um zwei Versicherungsfälle. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass das Recht der Berufskrankheiten vom so
genannten Listenprinzip gekennzeichnet sei. Eine Wertung zweier getrennt bezifferter Berufskrankheiten als ein
Versicherungsfall widerspreche diesem Prinzip.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. März 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 1998 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1998 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die
Beigeladene zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente wegen der
Folgen der Berufskrankheiten nach den Nummern 4301 und 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung zu
gewähren
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Sozialgericht die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung
abgewiesen hat. Der Kläger habe unstreitig bis zum Jahre 2001 Kontakt zu Latex gehabt. Eine vollständige Aufgabe
der gefährdenden Tätigkeit sei daher vor diesem Zeitpunkt nicht erfolgt. Zum Zeitpunkt der Aufgabe aller
gefährdenden Tätigkeiten im Jahre 2001 sei die Gefahrenquelle Latex ausgeschaltet worden, der für die Anerkennung
einer Berufskrankheit erforderliche Aufgabenzwang habe nicht vorgelegen. Ein Aufgabenzwang sei solange nicht
gegeben, wie andere Mittel zur Gefahrbeseitigung zur Verfügung stünden.
Mit Beschluss vom 19. Dezember 2006 hat das Gericht die Berufsgenossenschaft für Gesundheitswesen und
Wohlfahrtspflege zu dem Verfahren (erneut) beigeladen.
Die Beigeladene beantragt,
die Zuständigkeit der Beklagten oder der Badischen Unfallkasse festzustellen, hilfsweise die Berufung
zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie an, beruflicher Latexkontakt des Klägers habe bis 1985 bestanden, so dass für etwaige
Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung die Badische Unfallkasse bzw. die Beklagte zuständig seien.
Aber selbst wenn man davon ausginge, dass der Latexkontakt erst während der Tätigkeit des Klägers als
niedergelassener Arzt beendet worden sei, sei sie nicht zuständig. Dies ergebe sich aus der Vereinbarung über die
Zuständigkeit bei Berufskrankheiten vom 1. April 1994. Im Übrigen werde bestritten, dass eine Berufskrankheit nach
Nr. 5101 der Anlage zu BKV vorliege bzw. dass diese eine MdE von 20 v.H. bedinge.
Der erkennende Senat hat weitere Ermittlungen durchgeführt. Der Lungenfacharzt und Arbeitsmediziner Dr. S2. führt
in seinem Gutachten von 23. April 2004 aus, dass bei dem Kläger auf lungenfachärztlichem Gebiet ein Asthma
bronchiale vorliegt. Es handele sich um eine Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zu BKV, die seit den 80er-
Jahren eine MdE von 20 v.H. bedinge. Nach eindeutiger Zuordnung der Beschwerden zu dem Stoff Latex habe der
Kläger bis auf die Tätigkeit im Altenheim sämtlichen Kontakt zu diesem Stoff unterbunden. Es handle sich um einen
nahezu lehrbuchhaften Ablauf präventiver Maßnahmen am Arbeitsplatz zur Verhinderung bestehender
berufsbezogener Beschwerden.
Der Hautarzt Dr. B. kommt in seinem Gutachten vom 14. September 2005 zu dem Ergebnis, dass eine
Sensibilisierung gegenüber Latex nicht mehr nachweisbar ist. Die Hautfunktionsdiagnostik sei bei der Untersuchung
ebenfalls unauffällig gewesen. Es bestehe aber eine Typ-I-Sensibilisierung mit darauf beruhenden Folgen für das
Bronchialsystem. Früher habe zusätzlich eine allergische Kontakturtikaria gegenüber Latex-Proteinen vorgelegen. Die
Erkrankung teile sich in die Bereiche Haut und Lunge auf. Die Gesundheitsstörungen würden daher unter den
Nummern 4301 bzw. 5101 der Anlage zur BKV erfasst werden. Mit Aufgaben der beruflichen Tätigkeit als Chirurg
habe eine MdE von 25 v.H. vorgelegen. Allerdings sei zum Zeitpunkt, als er den Kläger untersucht habe, eine MdE
von 20 v.H. nicht mehr erreicht worden. Eine Aufgabe der hautgefährdenden Tätigkeit liege grundsätzlich erst dann
vor, wenn alle durchführbaren Möglichkeiten der Meidung angewandt worden seien. Hier sei aber zu berücksichtigen,
dass zum Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit als Chirurg eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht
bekannt oder zugänglich gewesen seien. Nachfolgend sei die Exposition ganz erheblich eingeschränkt gewesen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2006 die beiden Sachverständigen gehört. Insoweit
wie auch wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den
weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand des Verfahrens
gewesen ist, Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet durch die Berichterstatterin ohne eine weitere mündliche Verhandlung, da sich alle Beteiligten
hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. § 124 und § 155 Abs. 4, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143,
144, 151 SGG) ist teilweise begründet.
Der Kläger hat gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Verbindung mit den Nummern
4301 und 5101 der Anlage zur BKV ab dem 1. Juni 2001 Anspruch auf Verletztenrente in Höhe von 20 vom Hundert
der Vollrente (1.). Dieser Anspruch richtet sich gegen die Beigeladene (2.). Soweit das Urteil des Sozialgerichts vom
31. März 2003 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 3. November 2003 dem entgegenstehen, sind sie rechtswidrig und verletzen den Kläger
in seinen Rechten und waren daher abzuändern.
1. Der Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit und Gewährung von Verletztenrente setzt das Vorliegen einer
Berufskrankheit voraus. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung
durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte
infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Dies bedeutet,
dass die schädigende Einwirkung ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein und die schädigende
Einwirkung die Krankheit wesentlich (mit)verursacht haben muss. Während die einzelnen Glieder dieser Kausalkette
(versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung, Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende
Wahrscheinlichkeit, d. h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings reicht die bloße
Möglichkeit eines Zusammenhanges nicht aus. Bei einer Reihe von Krankheiten setzt die Anerkennung als
Berufskrankheit weiterhin voraus, dass die Erkrankung den Versicherten zur Unterlassung aller Tätigkeiten
gezwungen haben muss, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit
ursächlich waren oder sein können.
1.1. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien liegen bei dem Kläger seit dem 1. Juni 2001 Berufskrankheiten nach Nr.
4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen einschließlich Rhinopatie) und
nach Nr. 5101 (schwere und wiederholt rückfällige Hauterkrankungen) der Anlage zur BKV vor, die jeweils zur
Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das
Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Dass der Kläger seit seiner Tätigkeit als Chirurg in den 80er Jahren berufsbedingt sowohl an einer
Atemwegserkrankung im Sinne der Nr. 4301 als auch an einer Hauterkrankung im Sinne der Nr. 5101 der Anlage zu
BKV leidet, steht nach den überzeugenden und insoweit übereinstimmenden medizinischen Gutachten aller im
Verwaltungs- und Gerichtsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen fest. Hiervon sind auch die Beteiligten
ausgegangen. Die von der Beigeladenen nunmehr geäußerten Zweifel am Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr.
5101der Anlage zu BKV können schon deshalb nicht überzeugen, weil sie völlig unsubstantiiert sind und in keiner
Weise begründet werden.
Das weitere Tatbestandsmerkmal dieser Berufskrankheiten - der Zwang zur Aufgabe aller gefährdenden Tätigkeiten -
ist (erst) seit dem 1. Juni 2001 erfüllt. Durch den Unterlassungszwang soll vor allem ein Verbleiben des Versicherten
auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz verhindert und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge
einer erhöhten Entschädigungspflicht verhütet werden (vgl. BSGE 84, 30, 39 = SozR 3-2200 § 551 Nr. 12 S 44).
Dieser Zweck wird nicht nur dadurch erreicht, dass der Versicherte seine Berufstätigkeit aufgibt, sondern auch dann,
wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden und
deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit durch Fortsetzung der
Berufstätigkeit nicht mehr droht. Der Sinn und der Zweck des Unterlassungszwangs gebieten daher eine
Einschränkung dahin, dass die durch Schutzmaßnahmen ermöglichte Fortsetzung der bisherigen Berufstätigkeit der
Anerkennung und Entschädigung einer beruflich bedingten Erkrankung als Berufskrankheit nicht zwingend
entgegensteht. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitsplatz so umgestaltet wurde, dass die für die Entstehung, die
Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlichen Faktoren vollständig und dauerhaft
ausgeschaltet sind, und die Erwerbsfähigkeit des Versicherten bereits vor Wirksamwerden der Schutzmaßnahmen in
einem entschädigungspflichtigen Ausmaß gemindert war, mithin eine MdE von mindestens 10 v.H. vorlag (vgl. BSG,
Urt. v. 9.12.2003, Az. B 2 U 5/03 R, in Fortführung seiner zu der Vorgängerregelung der RVO ergangenen
Rechtsprechung). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist das Merkmal des Unterlassungszwangs zum 1. Juni 2001
erfüllt, denn die von dem Kläger getroffenen Schutzmaßnahmen sind zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden. Zwar
hat der Kläger bereits im Jahre 1984 wegen der beruflich bedingten Latexallergie seine damalige Tätigkeit als
Assistenzarzt in der Chirurgie aufgegeben. Die von ihm im Anschluss ausgeübten Tätigkeiten in einer Landarztpraxis
bzw. in der Medizinischen Klinik des AK A. waren jedoch weiterhin mit Latexexposition verbunden. Gleiches gilt für
die danach erfolgte Praxisvertretung und - zunächst - auch für die Tätigkeit als niedergelassener Allgemeinarzt in
eigener Praxis. Durch die im Jahre 1997 erfolgte Umstellung der eigenen Praxis auf latexfreie Produkte wurde der
Kontakt zu den gefährdenden Stoffen zwar deutlich reduziert, aber nicht vollständig ausgeschlossen, denn die von
dem Kläger ärztlich betreuten Altenheime benutzten weiterhin Latexprodukte. Auch wenn der Kläger die
Altenheimbesuche nach Möglichkeit an seine Mitarbeiter delegierte, kam er nach seinen eigenen Angaben nicht
umhin, sie auch selbst regelmäßig durchzuführen. Die beiden von dem Kläger betreuten Altenheime stellten sich im
Januar bzw. im Mai 2001 auf latexfreie Produkte um bzw. verwendeten nur noch ungepuderte Latexhandschuhe. Auch
wenn die vorangegangen Vorkehrungen die Exposition gegenüber dem gefährdenden Stoff gemindert hatten, kann erst
ab Juni 2001 von einem vollständigen und dauerhaften Ausschluss der gefährdenden Faktoren gesprochen werden.
Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren und insoweit übereinstimmenden erstinstanzlichen Gutachten des Herrn
Prof. Dr. L., der Frau Dr. W., des Herrn Prof. Dr. S., der Frau PD Dr. H1. sowie der Stellungnahmen der Gewerbeärztin
Frau Dr. E. und der Dres. R. und S1. und wird durch die Ausführungen des zweitinstanzlichen Gutachters Dr. B. in
seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 2006 vollen Umfangs bestätigt. Ein der Aufgabe
der gefährdenden Tätigkeit gleich zu stellendes Wirksamwerden von Schutzmaßnahmen war mithin erst mit der
Umstellung beider Altenheime auf latexfreie Produkte und der damit erreichten völligen beruflichen Latexkarenz
gegeben. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers war in diesem Zeitpunkt sowohl durch die Hauterkrankung als auch die
Atemwegserkrankung - wie unten auszuführen sein wird - bereits in einem entschädigungspflichtigen Ausmaß
gemindert.
1.2. In dem hier zu interessierenden Zeitraum ab Juni 2001 beträgt die durch die Berufskrankheit nach Nr. 4301 der
Anlage zu BKV verursachte MdE 20 v.H. und die durch die Berufskrankheit nach Nr 5101 bedingte MdE 10 v.H.,
wobei von einer Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 20 v.H. auszugehen ist.
Das Gericht folgt insoweit den Eichschätzungen der in der mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 2006 gehörten
medizinischen Sachverständigen Dr. B. und Dr. S2 ... Der Hautarzt Dr. B. gibt die dermatologisch bedingte MdE unter
Bezugnahme auf die einschlägige Empfehlungstabelle mit 10 v.H. an. Der Internist Dr. S2. stuft die pulmonal bedingte
MdE im Einklang mit dem "Reichenhaller Merkblatt" und der "Hamburger Bewertungstabelle" auf 20 v.H. ein. Beide
Gutachter geben weiter an, dass die jeweiligen Bewertungen auch für das 2001 gelten und durchgehend bis heute
bestehen. Beide sehen eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 20 v.H. als gegeben an. Auch wenn
die Beigeladene die Höhe der MdE in Frage stellt, hat das Gericht keinen Anlass an der Richtigkeit der Einschätzung
der medizinischen Sachverständigen zu zweifeln, denn sie haben ihre Überzeugungen unter Bezugnahme auf und im
Einklang mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ausführlich begründet. Die Beigeladene
hat hingegen ihr Bestreiten der Höhe der MdE in keiner Weise begründet. Ein gänzlich unsubstantiiertes Vorbringen
kann kein Anlass für weitere Ermittlungen sein.
1.3. Entgegen der Auffassung des Klägers ist vorliegend nicht von zwei getrennt zu behandelnden und jeweils für sich
zu entschädigenden Berufskrankheiten, sondern von einem Versicherungsfall und einer Berufskrankheit unter Bildung
einer Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit auszugehen.
Geschichtlich betrachtet ist Ausgangspunkt des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts, wie der Name auch schon
sagt, der Arbeitsunfall, der unter Versicherungsschutz gestellt wurde. Die Berufskrankheiten wurden zunächst fiktiv
einem Arbeitsunfall gleichgestellt, sie galten als Arbeitsunfall (§ 551 Abs. 1 S.1 RVO) und erst § 7 SGB VII definiert
die Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung als "Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten". Auch wenn
beide Arten der Versicherungsfälle im Wesentlichen die gleiche Struktur aufweisen, sind sie insoweit unterschiedlich,
als die Berufskrankheit - anders als der Arbeitsunfall - nicht die Ursache des Gesundheitsschadens, sondern schon
der Gesundheitsschaden selbst ist. Vergleichbar mit dem Arbeitsunfall als Ursache des Gesundheitsschadens ist
daher nicht die Berufskrankheit, sondern die gefährdende Tätigkeit. Sind mehrere gleichartige Gesundheitsstörungen
auf dieselbe Ursache, d.h. auf die eine Einheit bildende gefährdende Tätigkeit zurückzuführen, so sind sie
versicherungsrechtlich so zu behandeln, als ob sie auf einem einzigen Unfall beruhten. Unfallversicherungsrechtlich
kommt es daher bei der Frage, ob bei Schaden an verschiedenen Organen eine oder mehrere Berufskrankheiten
anzunehmen sind, entscheidend darauf an, ob dieselben oder aber verschiedene Ursachen den Gesundheitsschaden
an den verschiedenen Organen herbeigeführt haben. Es handelt sich also selbst dann nicht um mehrere
Berufskrankheiten, sondern um eine Berufskrankheit, wenn es sich medizinisch nicht um eine Systemerkrankung,
sondern um voneinander unabhängige Gesundheitsschäden handelt (vgl. BSG, Urt. V.24.08.1978, Az. 5 RknU 6/77,
SozR 5677 Anl. 1 Nr.42). So verhält es sich hier.
Die beruflich erworbene Latexallergie des Klägers stellt sich als ein einheitliches allergisches Krankheitsgeschehen
mit Symptomen an zwei verschiednen Organen dar. Sowohl die Hauterkrankung als auch die Erkrankung der
Atemwegsorgane gehen auf die Latexallergie zurück und sind unter Einwirkung derselben schädlichen Stoffe
entstanden und haben sich in Reaktion auf dieselben schädlichen Stoffe parallel entwickelt. Der Kontakt mit
latexhaltigen Produkten hat sowohl die Haut- als auch die Atemwegserkrankung verursacht. Ohne diesen Kontakt
wäre weder die eine noch die andere Erkrankung entstanden. Gleiches gilt für die Entwicklung der Erkrankungen. Bei
dieser Sachlage ist von der Latexallergie als einer Berufskrankheit auszugehen (so auch
Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl. S. 1040, unter Rückgriff auf den Aspekt
der Systemerkrankungen).
Dieses Ergebnis wird auch durch die Überlegung bestätigt, dass sich die wegen der Hauterkrankung einerseits und
wegen der pulmonalen Erkrankung andererseits für den Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegebenen
Einschränkungen vollständig überschneiden. Die für die Bewertung der jeweiligen Minderungen der Erwerbsfähigkeit
maßgeblichen Einschränkungen, die der Grund für die Gewährung der Verletztenrente sind und die durch ihre
Gewährung abgegolten werden sollen, sind gänzlich identisch. Es ist keine Tätigkeit denkbar, die der Kläger unter
Hinwegdenken der einen Erkrankung trotz Bestehen der anderen – oder umgekehrt – ausüben könnte. Vielmehr
verbleiben dem Kläger all diejenigen Arbeitsplätze versperrt, an denen Latex vorkommt. Diese Einschränkung erfährt
er sowohl allein wegen der Hauterkrankung als auch allein wegen der Atemwegserkrankung. Diese an dem
Gesetzeszweck orientierte, lebensnahe Betrachtung verbietet auch unter Berücksichtigung auch des Listenprinzips
der Berufskrankheitenverordnung die Annahme von zwei getrennt zu entschädigenden Berufskrankheiten und damit
die Gewährung von zwei Verletztenrenten.
2. Die Beigeladene ist gemäß § 134 SGB VII der für die Anerkennung und Entschädigung der in Rede stehenden
Berufskrankheit zuständige Unfallversicherungsträger.
Der Versicherungsfall ist - wie oben ausgeführt - am 1. Juni 2001 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger als
niedergelassener Arzt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bei der Beigeladenen freiwillig versichert.
Nach § 134 Satz 1 SGB VII richtet sich die Zuständigkeit, wenn im Fall einer Berufskrankheit die gefährdende
Tätigkeit für mehrere Unternehmen ausgeübt wurde, für die verschiedene Unfallversicherungsträger zuständig sind,
nach dem Unternehmen, in dem die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausgeübt wurde. Nach Satz 2 der Vorschrift können
die Unfallversicherungsträger Näheres, auch Abweichendes durch Vereinbarung regeln.
Wie oben ausgeführt, wurde die gefährdende Tätigkeit zuletzt im Jahre 2001 während der Besuche der von dem
Kläger betreuten Altenheime und damit im Rahmen eines Unternehmens, für das die Beigeladene zuständig ist,
ausgeübt.
Etwas Abweichendes ergibt sich nicht aus einer nach § 134 Satz 2 SGB VII zulässigen Vereinbarungen der
Unfallversicherungsträger. In Betracht kommt insoweit lediglich die "Vereinbarung über die Zuständigkeit bei
Berufskrankheiten" (VbgBK), die am 1. April 1994 in Kraft trat.
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen dürfte die Vereinbarung vorliegend nicht anwendbar sein. Dies folgt
daraus, dass die Beklagte als Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand dieser zunächst nur zwischen den
gewerblichen Unfallversicherungsträgern abgeschlossenen Vereinbarung erst zum 1. Januar 1995 beitrat. Zu diesem
Zeitpunkt war die Meldung des Klägers, die am 16. Juni 1994 bei der Badischen Unfallkasse einging, bereits erfolgt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Übergangsregelung des § 8 VbgBK, der schon seinem eindeutigen
Wortlaut nach lediglich Regelungen für die Fälle trifft, in denen die Meldung vor dem Inkrafttreten der Vereinbarung am
1. April 1994 eingegangen ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn die Meldung des Klägers ging am 16. April 1994
und damit nach diesem Termin ein.
Dies alles kann jedoch dahingestellt bleiben, denn selbst wenn man von der Anwendbarkeit der Vereinbarung ausgeht,
ergibt sich keine andere Zuständigkeit als die der Beigeladenen. Auch nach § 3 VbgBK ist die Beigeladene der
zuständige Unfallversicherungsträger, denn die letzte gefährdende Tätigkeit des Klägers vor der Meldung entfiel auf
sie. Die Meldung erfolgte am 16. April 1994. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren als
praktischer Arzt niedergelassen und übte durchgehend die gefährdende Tätigkeit aus. Für die - freiwillige -
Unfallversicherung der niedergelassenen Ärzte ist unstreitig die Beigeladene zuständig. Dass der Kläger zum
Zeitpunkt der Meldung nicht mehr gesetzlich und (noch) nicht freiwillig bei der Beigeladenen versichert war, spielt bei
der Frage der Zuständigkeit keine Rolle. § 134 Satz 2 SGB VII erlaubt es den Unfallversicherungsträgern, durch
Vereinbarungen eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Zuständigkeitsregelung zu treffen, die Anwendung
solcher Vereinbarungen kann jedoch nicht dazu führen, dass ein materiellrechtlicher Anspruch mangels eines
zuständigen Unfallversicherungsträgers ins Leere geht. Ob und inwieweit die Beigeladene nach § 174 SGB VII einen
Ausgleichanspruch gegen andere Unfallversicherungsträger hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.