Urteil des LSG Hamburg vom 22.02.2006

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Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 22.02.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 48 KR 996/02
Landessozialgericht Hamburg L 1 KR 82/05
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Kosten, die durch eine privatärztliche, zur Behandlung eines Prostatakarzinoms
ambulant erfolgte interstitielle Brachytherapie (Implantation permanenter Seeds am 7. Dezember 2001) entstanden
sind.
Der 1943 geborene, bei der Beklagten freiwillig versicherte und in Spanien wohnhafte Kläger unterzog sich Ende
September 2001 ambulanten Untersuchungen in der Urologischen Abteilung des Urban-Krankenhauses in B ... Der
Pathologe Prof. Dr. L. stellte ein Adenokarzinom der Prostata (Ca pT1c G2 Gleason 6 Nx Mx) im Anfangsstadium fest
(Berichte vom 1. und 2. Oktober 2001). Es waren keine Metastasen nachweisbar. Der Kläger stellte sich anschließend
wegen der von ihm angestrebten Jod-Seeds-Therapie in der Gemeinschaftspraxis der Urologen Dres. H. und K. in B.
vor. Dort wurde er über verschiedene in Betracht kommende Behandlungsmethoden (radikale Prostatavesikulektomie,
externe Bestrahlung, interstitielle Brachytherapie, komplette Androgenblockade) unterrichtet und auch auf die
Möglichkeit hingewiesen, die interstitielle Brachytherapie im Wege der so genannten "After-Loading Technik"
(stationär) durchführen zu lassen. Es sei auch möglich, in einer Sitzung eine permanente Seed-Implantation entweder
stationär oder ambulant durchzuführen. Für die vom Kläger gewünschte (ambulante) Monotherapie mit interstitieller
Bestrahlung des Prostata-Karzinoms wurden Kosten in Höhe von 16.179,75 DM veranschlagt, insbesondere für
Sachkosten (Jod Seeds, Dosisberechnungsleistungen, Nadeln etc.), die Heranziehung eines Strahlentherapeuten,
Medizinphysikers und Anästhesisten sowie für urologische Leistungen. Die Ziffern 7041 und 7046 des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabes (EBM) waren nicht Grundlage dieses Kostenvoranschlages, weil diese sich auf die Methode
des "Afterloading" beziehen und die Kosten der Seed-Implantation nicht decken (Kostenvoranschlag vom 5. Oktober
2001).
Vorstehend genannte Unterlagen reichten Dres. H. und K. für den Kläger, dem die Beklagte Anfang November 2001
einen entsprechenden Antragsvordruck hatte zukommen lassen, am 19. November 2001 bei der Beklagten zur
Genehmigung der außervertraglichen Behandlungsmethode "Permanente Jod Seed-Implantation", die eine adäquate
Alternative zur radikalen Operation (als vertraglicher Therapiemöglichkeit) biete, ein. Die Beklagte schaltete den
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) B.-B. ein. In dem am 5. Dezember 2001 bei der Beklagten
eingegangenen sozialmedizinischen Gutachten vom 28. November 2001 vertrat die Urologin Dr. D. (MDK) die
Auffassung, dass die Brachytherapie der Prostata mit permanenter Seed-Implantation auf Grund der bisherigen
Datenlage und angesichts eines lokal begrenzten Prostatakarzinoms im Stadium T1c – wie hier - keine besseren
Behandlungsergebnisse als die Vertragsleistungen (radikale Prostatavesikulektomie, konformierende perkutane
Strahlentherapie) zeige. Sie sei auch nicht wirtschaftlicher als diese Therapieformen zu erbringen, sodass aus
sozialmedizinischer Sicht ein Vorteil der interstitiellen Brachytherapie nicht begründet werden könne. Daraufhin lehnte
die Beklagte den Kostenübernahmeantrag durch Bescheid vom 5. Dezember 2001 ab. Die gewünschte Methode stelle
eine neue Untersuchungsmethode dar, die bisher keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden habe.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe eine Empfehlung über die Anerkennung des
diagnostischen und therapeutischen Nutzens noch nicht abgegeben. Es lägen keine verwertbaren Studien vor, die den
Nutzen der Methode und eine Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Behandlungen eindeutig belegten. Alternative
Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung stünden zur Verfügung.
Der Kläger, der sich am 23. Oktober 2001 vorsorglich einen Platz auf der Patientenliste für den Operationstermin am
7. Dezember 2001 hatte reservieren lassen, unterzog sich an letzterem Tage einer interstitiellen Brachytherapie mit
permanenter Seed-Implantation bei Dr. H ... Er erhob gegen den Bescheid vom 5. Dezember 2001 Widerspruch. Die
radikale Prostatavesikulektomie sei für ihn nicht in Frage gekommen, weil sie ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit für
den Rest seines Lebens Inkontinenzprobleme und sexuelle Impotenz gebracht hätte. Die externe Bestrahlung wäre
ebenfalls mit erheblichen postoperativen Nebenwirkungen verbunden gewesen. Im Übrigen bezog sich der Kläger auf
die Ausführungen Dr. H.’s im an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 15. Dezember 2001. Darin ist ausgeführt,
dass auch für alle anderen Therapieoptionen für das lokal begrenzte Prostatakarzinom keine randomisierten,
kontrollierten Studien vorlägen. Eine Metaanalyse der amerikanischen Urologenvereinigung habe die Gleichwertigkeit
der verschiedenen Therapieoptionen klar dargelegt. Daher sei es nicht einzusehen, warum die Beklagte die Kosten für
eine Radikaloperation, für die auch keine weitergehende Evidenz vorliege, übernehme, die Kostenübernahme für die
"schonendere Brachytherapie mit Seeds, die erwiesenermaßen weniger Nebenwirkungen besitze", aber ablehne. Die
Beklagte wies den Widerspruch durch dem Kläger in Spanien zugestellten Widerspruchsbescheid vom 18. April 2002
zurück. Hiergegen richtet sich die am 19. Juni 2002 erhobene Klage.
Der Kläger hat vorgebracht, es treffe nicht zu, dass aufgrund der vorliegenden Datenlage die in Rede stehende
Therapie keine besseren Behandlungsergebnisse erbringe als die vorhandenen Vertragsleistungen. Dies sei sehr wohl
der Fall, wie die Einholung eines Sachverständigengutachtens ergeben würde. Die herkömmlichen Methoden hätten
keineswegs eine höhere Erfolgsquote. Auch sei der Krankenhausaufenthalt bei der streitigen Methode regelmäßig
wesentlich kürzer. Dies gehe aus dem Artikel der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung vom 8.
September 2003 hervor. Bei einer ersten Kontaktaufnahme Anfang September 2001 hätten außer der Praxis Dres. H.
und K. auch Prof. Dr. F. von der R.-V.-Klinik und Prof. Dr. W. vom Klinikum F1 der Freien Universität in B.- S. die
"Interstitielle Brachytherapie mit permanenter Seed-Implantation" angeboten. In allen Fällen sei ihm mitgeteilt worden,
dass die Kostenübernahme nur über den von ihm eingeschlagenen Antragsweg bei der Beklagten möglich sei. Im
Übrigen habe das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung die in Rede stehende
Behandlungsmethode für frühe Stadien von Prostatakrebs in die "Verordnung zum Fallpauschalensystem für
Krankenhäuser für das Jahr 2004" und damit in den Abrechnungskatalog der Krankenkassen aufgenommen.
Die Beklagte hat das an das Sozialgericht Dortmund gerichtete Schreiben des Bundesausschusses der Ärzte und
Krankenkassen (Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" vom 7. November 2003) vorgelegt, nach welchem die
Spitzenverbände der Krankenkassen beim Bundesausschuss am 24. April 2003 einen Antrag zur Überprüfung der
Interstitiellen Brachytherapie bei lokal begrenztem Prostatakarzinom gestellt haben.
Das Sozialgericht hat vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Arbeitsausschuss "Ärztliche
Behandlung") die Stellungnahme vom 2. Mai 2003 eingeholt. Nach Anhörung der Beteiligten hat es die Klage durch
Gerichtsbescheid vom 29. August 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des §
13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) lägen nicht vor. Die Beklagte habe die beantragte - nicht
unaufschiebbare - Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Die streitige Therapie habe eine neue Behandlungsmethode
iSd § 135 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dargestellt, bezüglich derer im Zeitpunkt der Operation vom 7. Dezember 2001 noch
keine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über den therapeutischen Nutzen sowie die
medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen
abrechenbaren Methoden - vorgelegen habe. Dass der EBM im Abschnitt T IV. die Brachytherapie mit
umschlossenen Radionukliden und in Nr. 7046 insbesondere die "Interstitielle Brachytherapie" aufführe, stehe dem
nicht entgegen. Diese Gebührenziffer habe lediglich das Vorgehen im Wege des "Afterloading" erfasst, wie Nr. 25333
des ab 1. April 2005 geltenden EBM klar stelle. Die streitige Behandlungsmethode mit der Implantation permanenter
Seeds sei auch gegenwärtig noch nicht Gegenstand der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Angesichts
alternativer vertragsärztlicher Behandlungsmethoden habe kein Systemversagen vorgelegen. Das Sozialgericht hat
auf Ausführungen im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 24. Februar 2005 (L 1 KR 13/04; zur
Zeit der Beratung des Senats anhängig beim Bundessozialgericht - B 1 KR 12/05 R - ) Bezug genommen. Der
Kostenerstattungsanspruch sei auch nicht nach anderen Rechtsvorschriften oder Rechtsgrundsätzen begründet.
Gegen den ihm am 7. September 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. Oktober 2005 Berufung
eingelegt. Er hält das erstinstanzliche Urteil für weltfremd und menschenverachtend. Die streitige Leistung sei
unaufschiebbar gewesen. Die Beklagte habe ihn zu keiner Zeit auf eine andere Option hingewiesen. Die bei ihm
angewandte Methode sei inzwischen als vertragsärztliche Leistung anerkannt. Auch wenn dies im Zeitpunkt der
Operation vom 7. Dezember 2001 noch nicht der Fall gewesen sein sollte, habe die Beklagte die entstandenen Kosten
zu erstatten, weil die Maßnahme der heutigen Schulmedizin entspreche, mit den geringsten Nebenwirkungen
verbunden sei und den größtmöglichen Erfolg verspreche.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 29. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 5.
Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2002 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihm 16.179,75 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der
Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten vom 14. Februar 2006 ohne mündliche Verhandlung (§ 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 SGG). Sie ist
aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der geltend gemachte
Kostenerstattungsanspruch steht dem bei der Beklagten versicherten Kläger, der für den Fall seines Aufenthaltes in
Deutschland – wie hier im Dezember 2001 – grundsätzlich Anspruch auf Leistungen aus der deutschen gesetzlichen
Krankenversicherung hat, nicht zu.
Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu
Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von
der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB
V in der ab 1. Juli 2001 geltenden Fassung). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, auf die der Kläger den geltend
gemachten Kostenerstattungsanspruch allein stützen kann, weil er, obwohl freiwilliges Mitglied der Beklagten,
Kostenerstattung gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V für die Dauer der freiwilligen Versicherung an Stelle der Sach- oder
Dienstleistung nicht gewählt hat, liegen nicht vor. Die Beklagte hat weder eine unaufschiebbare Leistung nicht
rechtzeitig erbracht noch eine Leistung zu Unrecht abgelehnt.
Soweit der Kläger meint, es habe eine unaufschiebbare Leistung vorgelegen, hat das Sozialgericht zu Recht
entschieden, dass dies nicht der Fall war. Zwar bedurfte die Krankheit des Klägers der alsbaldigen Behandlung,
jedoch hat sich der Kläger am 7. Dezember 2001 nicht der streitigen Behandlung unterziehen müssen, weil die
Beklagte eine ihm zustehende, der Krankheit angemessene vertragliche Sachleistung nicht rechtzeitig bereitgestellt
hat. Vielmehr hat die Beklagte im Bescheid vom 5. Dezember 2001 auf im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
alternativ zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen. Sie hat diese dort zwar nicht näher
bezeichnet. Jedoch hat der Kläger, wie seinem Widerspruchsschreiben vom 19. Dezember 2001 zu entnehmen ist,
diesen Hinweis zutreffend als Hinweis auf die radikale Prostatavesikulektomie und auf die externe Bestrahlung
verstanden. Er war im Übrigen auch schon vor Durchführung der Maßnahme davon unterrichtet, dass diese
vertraglichen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung standen. Dies ergibt sich aus der "Ärztlichen Bescheinigung zum
Antrag auf außervertragliche Behandlungsmethoden" und aus dem Kostenvoranschlag der Dres. H. und K. vom 5.
Oktober 2001. Danach lehnte der Kläger z. B. die radikale Prostatatektomie ab. Es ergibt sich zudem aus dem
Berufungsvorbringen des Klägers, wonach er (im September 2001) von Professor Dr. W. über das im
Universitätsklinikum F1 praktizierte "Afterloading-Verfahren", welches auch im Kostenvoranschlag vom 5. Oktober
2001 angesprochen wird, informiert worden ist. Es ist nichts dafür zu erkennen, dass diese vertraglichen Leistungen
von der Beklagten dem Kläger nicht in angemessener Zeit, also nicht rechtzeitig, hätten zur Verfügung gestellt werden
können. Der Kläger hat diese Leistungen nur nicht in Anspruch genommen, weil er aus seiner Sicht einerseits das
Risiko der Harninkontinenz und Impotenz gering halten wollte und andererseits die ambulante Therapie im
"Ambulanten Operationszentrum im U. GmbH" von Dr. H. favorisierte, da dieser Arzt ihm bei etwa gleichen Kosten die
meisten Erfahrungen zu besitzen schien und die Behandlung seiner Auffassung nach keinen längeren Aufschub
erlaubte (Schriftsatz vom 13. Februar 2006). Ein Fall der unaufschiebbaren Leistung, der im Allgemeinen einem Notfall
gleichgesetzt werden kann, lag nicht vor.
Die Beklagte hat eine Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Denn der Kläger hatte gem. § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz
2 Nr. 1 SGB V keinen Anspruch, auf Kassenkosten ambulant im Wege der "Permanenten Jod Seed-Implantation"
behandelt zu werden. Zwar stellen die Bestrahlungsplanung, die Bestrahlung selbst und die Interstitielle
Brachytherapie nach Abschnitt T IV. (Nrn. 7040-7046 EBM, Stand Oktober 2001) ambulante vertragsärztliche
Leistungen dar, nicht aber die erfolgte permanente Seed-Behandlung durch Implantation. Die interstitielle
Brachytherapie ist ein radiotherapeutisches Verfahren, welches zeitlich begrenzt in "After-Loading-Technik" – dann
stationär - oder zeitlich unbegrenzt durch Implantation von radionuklidhaltigen Seeds erfolgen kann. Während die
zeitlich begrenzte ambulante Therapie über Nrn. 7040ff EBM im Jahre 2001 abrechnungsfähig war, wurde und wird
(bisher) die zeitlich unbegrenzte Therapie nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht. Bei der zeitlich
unbegrenzten Therapie handelt es sich um eine neue Untersuchungsmethode iSd § 135 Abs. 1 SGB V. Hiernach
dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der
Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer
Bundesausschuss) auf Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder
eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen über
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische
Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten
Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung
abgegeben hat. Eine solche Empfehlung lag im Quartal IV/2001 nicht vor. Ein Antrag auf Abgabe einer solchen
Empfehlung ist erst im April 2003 gestellt worden. Dafür, dass dieses Anerkennungsverfahren zögerlich betrieben
wird, ist nichts ersichtlich. Im Übrigen kommt es darauf, weil der Antrag auf Abgabe einer Empfehlung erst nach
Erbringung der hier in Rede stehenden Leistung gestellt wurde, auch nicht an. Die zeitlich unbegrenzte interstitielle
Brachytherapie durch Verwendung implantierter Seeds ist nach alledem nicht Gegenstand der ambulanten
vertragsärztlichen Versorgung. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts und die im
angefochtenen Urteil wiedergegebenen, ebenfalls zutreffenden Ausführungen des LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom
24. Februar 2005 Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 (Duchenne`sche
Muskeldystrophie) führt zu keiner anderen Entscheidung. Die Beklagte war im Hinblick auf die Erkrankung, die im
Herbst 2001 beim Kläger vorlag, nicht ausnahmsweise verpflichtet, die von ihm in Anspruch genommene
außervertragliche Leistung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Bei der Erkrankung
des Klägers handelte es sich nicht um eine lebensbedrohliche, regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit, für die eine
allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende vertragsärztliche Behandlung nicht zur Verfügung
stand. Das Prostatakarzinom war sehr klein und befand sich im Anfangsstadium. Metastatische Ansiedelungen waren
nicht vorhanden. Für die Behandlung dieser Krankheit standen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
alternative Standardtherapien, die die Beklagte dem Kläger aufgezeigt hat, bereit. Dazu gehörte u. a. die
Prostatatektomie, der sich der Kläger indes nicht unterziehen wollte. Ein Systemversagen war nicht gegeben. Auch
insoweit hat die Beklagte eine Leistung deshalb nicht zu Unrecht abgelehnt. Ob ihre Ablehnung für die dem Kläger
entstandenen Kosten kausal war, kann daneben dahinstehen, so dass der Umstand, dass der Kläger sich bereits im
Oktober 2001 für den ambulanten Eingriff am 7. Dezember 2001 bei Dr. H. auf der OP-Liste hat vormerken lassen,
einer rechtlichen Würdigung nicht bedarf.
Die Frage, ob die in Rede stehende Behandlungsmethode stationär auf Kosten der Beklagten hätte durchgeführt
werden können, stellt sich im Rahmen des hier nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu prüfenden Erstattungsanspruchs
nicht. Sie kann offen bleiben. Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe ihn nicht auf die Möglichkeit
hingewiesen, die interstitielle Brachytherapie durch Implantation von Seeds stationär auf Kassenkosten in einem
Vertragskrankenhaus vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass weder eine stationäre (private)
Krankenhausbehandlung noch die Verordnung von Krankenhausbehandlung iSd § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V vorlag, war
der vom Kläger im November 2001 gestellte Antrag ausschließlich auf die Genehmigung einer außervertraglichen
ambulanten Behandlungsmethode gerichtet. Außerdem war der Kläger über die Möglichkeit der stationären
Anwendung der "After-Loading-Technik" unterrichtet. Dies geht schon aus dem Kostenvoranschlag vom 5. Oktober
2001 hervor. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
und zum Rechtsweg bei Schadensersatzansprüchen verwiesen.
Der nach Beratung des Senats mit Schriftsatz des Klägers vom 11. April 2006 erfolgte Hinweis auf das Urteil des
Bundessozialgerichts vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R) erfordert keine neue Entscheidung. Dieses Urteil betrifft
einen anders gelagerten Fall. Vielmehr hat das Bundessozialgericht in einem gleich gelagerten Fall (B 1 KR 12/05 R)
die Revision eines Versicherten zurückgewiesen (vgl. Termin-Bericht Nr. 19/06 vom 5. April 2006).
Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür
fehlen.