Urteil des LSG Hamburg vom 19.04.2005

LSG Ham: rente, erwerbsunfähigkeit, berufsunfähigkeit, erwerbsfähigkeit, arbeitsunfähigkeit, post, begriff, rechtsmittelbelehrung, rechtsgrundlage, form

Landessozialgericht Hamburg
Beschluss vom 19.04.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 11 RA 734/01
Landessozialgericht Hamburg L 3 RA 48/03
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen hat.
Der im Jahre 1967 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er lebt seit 1980 in der Bundesrepublik
Deutschland. Der Kläger war als Hilfsarbeiter, Altenpflegehelfer und zuletzt von 1992 bis zum Eintritt von
Arbeitsunfähigkeit im Juni 1999 als Krankenpflege-helfer berufstätig. Das Versorgungsamt der Freien und Hansestadt
Hamburg hat für den Kläger einen Grad der Behinderung von 50 festgestellt (Bescheid vom 20. Februar 1997).
Am 06. Dezember 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit.
Die Beklagte stellte medizinische Ermittlungen an und lehnte mit Bescheid vom 28. März 2000 den Antrag auf Rente
wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit ab: Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit des Klägers sei
ärztlicherseits festgestellt worden, dass er an Bluterkrankheit mit Gelenkbeteiligung leide. Die Leistungsfähigkeit sei
jedoch nicht dauerhaft gemindert. Er sei noch in der Lage, in seinem bisherigen Berufsbereich weiter-hin vollschichtig
tätig zu sein. Darüber hinaus bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsfeldes.
Der Kläger erhob Widerspruch, der zunächst mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2001, mangels Zustellung
dieses Bescheides wiederholt durch Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2001, zurückgewiesen wurde. In der
Begründung des Widerspruchsbe-scheides heißt es, im Falle des Klägers bestehe kein Anspruch auf Rente wegen
Berufs-unfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit, da die Voraussetzungen der §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 des Sechsten
Buches des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) nicht erfüllt seien. Der Kläger könne
zwar seinen Hauptberuf als Krankenpflegehelfer nicht mehr ausüben. Unter Berücksichtigung seines
Gesundheitszustandes und der wäh-rend des Erwerbslebens erlangten und verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten
komme aber noch eine vollschichtige Beschäftigung in jeder zumutbaren Tätigkeit auf dem allge-meinen Arbeitsmarkt
in Betracht. Da hiermit ein sozialer Abstieg nicht verbunden sei und die erzielbaren Einkünfte die gesetzliche
Lohnhälfte überschritten, liege Berufsunfähigkeit nicht vor. Ein Berufsschutz sei dem Kläger nicht zuzubilligen. Fehle
es an der Berufsunfä-higkeit, so scheide damit gleichzeitig die Annahme von Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 2
SGB VI aus. Darüber hinaus lägen beim Kläger auch die Voraussetzungen für die teilweise oder die volle
Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI in der ab Januar 2001 geltenden Fassung nicht vor. Dass der Kläger
arbeitsunfähig sei, sei unerheblich. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit sei nicht gleichbedeutend mit demjenigen der
Berufsunfä-higkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit.
Der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2001 ist am 26. Oktober 2001 als
Übergabe-Einschreibebrief zur Post gegeben worden. Die Sendung wurde der Ehegattin des Klägers von der Post am
31. Oktober 2001 ausgehän-digt.
Mit Klage vom 30. November 2001 hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Das Sozialgericht Hamburg hat mündlich verhandelt und die auf die Gewährung von Ren-te wegen Erwerbsunfähigkeit
beschränkte Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2003 abge-wiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es, die Klage
sei zulässig, jedoch nicht be-gründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen einer Rente wegen Erwerbsun-
fähigkeit. Rechtsgrundlage seien die Vorschriften des am 1. Januar 1992 in Kraft getrete-nen SGB VI in der bis zum
31. Dezember 2000 geltenden Fassung, denn aufgrund des Antrages des Klägers käme allenfalls ein Rentenbeginn im
Januar 2000 in Betracht. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit des
Klägers durch Erkrankungen eingeschränkt. Diese führten aber nicht dazu, dass er eine vollschichtige
Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter
Berücksichtigung der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Vorschrift des § 43 SGB VI.
Das Urteil des Sozialgerichts ist dem Kläger am 31. Oktober 2003 zugestellt worden. Am 5. November 2003 hat der
Kläger Berufung eingelegt.
Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, er sei krank und nicht in der Lage, eine Tätigkeit von
mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Wären seine behandeln-den Ärzte gehört worden, hätte man ihm Rente
bewilligt. Er werde aktuelle Befunde nach-reichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Oktober 2003 sowie den Be-scheid der Beklagten vom 28. März 2000
in der Fassung des Widerspruchs-bescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Oktober 2003 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Mit Schreiben vom 25. Februar 2005 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es erwäge, die
Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung
zurückzuweisen. Gleichzeitig wurde den Beteilig-ten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.
Während die Beklagte sich mit der beabsichtigten Verfahrensweise einverstanden erklärt hat, ist vom Kläger hierzu
eine Äußerung nicht eingegangen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der
Beklagten, der vorliegenden Schwerbehindertenakten sowie der Prozessakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte
und auch sonst zulässige Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch zurückweisenden Beschluss, da er diese
einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten
Gelegenheit zur Äußerung.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger die begehr-te Rente nicht zusteht, weil
er weder erwerbsunfähig im Sinne von § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung noch voll
oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des
Geset-zes ist. Der Kläger kann nach den vom Sozialgericht hierzu eingeholten Befundberichten der ihn behandelnden
Ärzte sowie den im fachärztlich-orthopädischen Gutachten Dr. S. vom 9. September 2003 getroffenen Feststellungen
trotz der bei ihm bestehenden Ge-sundheitsstörungen noch vollschichtig leichte und kurzzeitig mittelschwere
körperliche Tätigkeiten mit gewissen Einschränkungen ausüben. Diesen Feststellungen ist er mit sei-ner Berufung
nicht substantiiert entgegengetreten, und es gibt auch im Übrigen keinen Anlass, an ihnen und an der Richtigkeit der
hierauf gründenden Entscheidung zu zweifeln. Wenn der Kläger angibt, er sei krank und nicht in der Lage, eine
Tätigkeit von mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, so wiederholt er hiermit lediglich seinen erstinstanzlichen
Vortrag. Soweit er meint, ihm wäre eine Rente bewilligt worden, wenn nur die ihn behan-delnden Ärzte gehört worden
wären, ist ihm entgegenzuhalten, dass deren Einschätzung in der erstinstanzlichen Entscheidung in Gestalt aktueller
Befundberichte bereits berück-sichtigt worden ist. Weitere Befundberichte hat der Kläger trotz entsprechender
Ankündi-gung dem Berufungsgericht nicht vorgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.