Urteil des LSG Hamburg vom 27.04.2006

LSG Ham: berufsunfähigkeit, arbeiter, ausbildung, rente, erde, minderung, erwerbsfähigkeit, tarifvertrag, ausschluss, kreis

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 27.04.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 4 J 329/95
Landessozialgericht Hamburg L 6 RJ 103/04
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Mai 1997 aufgehoben. Die Klage
wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht noch die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die 1944 geborene Klägerin absolvierte von 1960 bis 1962 eine Ausbildung zur Bürogehilfin und war anschließend in
diesem Beruf bis 1964 tätig. Von Juni 1964 bis Mai 1970 war sie als Arbeiterin im Tätigkeitsbereich Briefzustellung
bei der damaligen Deutschen Bundespost (nachfolgend als ´Post` bezeichnet) – ab 1. Oktober 1966 in der Lohngruppe
V/5 – beschäftigt. Am 27. Juni 1968 bestand sie die Prüfung für den einfachen Postdienst und wurde ab 1. September
1968 auf einem Dienstposten A 4 der Lohngruppe II zugeordnet. Mit Wirkung ab 1. August 1969 wurde sie in der
Besoldungsgruppe A 2 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen, aus dem sie auf eigenen Wunsch unter
Zahlung einer Abfindung zum 31. Mai 1970 ausschied.
Ab dem 9. März 1971 war die Klägerin erneut als Arbeiterin bei der Post beschäftigt und wieder in der – mit dem
Dienstfahrrad ausgeübten – Briefzustellung tätig. Nachdem sie zunächst nach der Lohngruppe V entlohnt worden war,
wurde sie aufgrund der bestandenen Prüfung für den einfachen Postdienst und der Tätigkeit auf einem Dienstposten A
4 ab 1. Januar 1973 wiederum in die Lohngruppe II eingruppiert. Nach Umstellung der Lohngruppen zum 1. Oktober
1990 entsprach dies der Gruppe 6/3; zeitgleich wurde die Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 3 Anl. 2 des Tarifvertrages
für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) in die Lohngruppe 6a eingestuft. Nach Übertragung eines
Dienstpostens A 5 wurde sie ab 1. September 1991 nach der Lohngruppe 7a/3 des TVArb in der Fassung vom 18.
August 1992 entlohnt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31. Oktober 1993, nachdem in einem Gutachten des
Postbetriebsarztes vom 14. Juni 1993 dauernde Dienstunfähigkeit festgestellt worden war.
Am 6. Juli 1993 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Diese
lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. Dezember 1993 ab, nachdem sie die Klägerin durch die Internistin Dr. G. hatte
untersuchen lassen, welche die Klägerin zur vollschichtigen Erbringung leichter Arbeiten für fähig hielt.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 1994 zurück; die
Klägerin sei insbesondere nicht berufsunfähig, da sie sich von ihrem Ausbildungsberuf gelöst und der ungelernten
Tätigkeit einer Briefzustellerin zugewandt habe, ohne dass dafür gesundheitliche Gründe maßgebend gewesen seien.
Auf die Klage der Klägerin hin hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie einen
Arbeitgeberbericht eingeholt. Im Bericht der Post vom 31. Mai 1995 heißt es, die Klägerin sei – bei einer
innerbetrieblichen Einarbeitungszeit von weniger als drei Monaten – mit dem Zustellen von Briefsendungen (auch von
Nachnahme- und Wertbriefen) beschäftigt gewesen. Die Entlohnung nach der Lohngruppe 7a sei nicht aufgrund eines
Bewährungsaufstiegs erfolgt, sondern aufgrund der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens A5. Zudem hat
das Sozialgericht die Klägerin durch den Orthopäden Dr. D. und den Chirurgen Dr. K. begutachten lassen.
Dr. D. diagnostizierte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 19. September 1995 in seinem Gutachten vom
28. September 1995 ein fortgeschrittenes Verschleißleiden der Lendenwirbelsäule auf der Basis einer linkskonvexen
Skoliose sowie generalisierte Bandscheibenschäden, eine Pseudo-Spondylolisthesis L 3/4 sowie ein hochgradiges
Verschleißleiden der kleinen Wirbelgelenke, eine Spinalkanalstenose in der Höhe L 4 mit rezidivierenden
Nervenwurzelreizerscheinungen, einen chronischen Muskelreizzustand, ein blandes degeneratives Zervikalsyndrom
sowie ein erhebliches Übergewicht und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne nur noch halb- bis untervollschichtig
tätig sein.
Dr. K. stellte in seinem aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 28. April 1997 erstellten Gutachten
vom 2. Mai 1997 bei dieser eine Fehlhaltung der Wirbelsäule im Sinne einer Hohlrundrückenbildung, röntgenologisch
nachgewiesene Verschleissprozesse der Lendenwirbelsäule mit Einengung des so genannten Spinalkanals in Höhe
L4, insgesamt mit etwas wechselnden Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, nur zeitweisen muskulären
Reizzuständen und deutlicher Minderung der Belastbarkeit der Wirbelsäule, eine endgradige Einschränkung der
Außendrehung der rechte Hüfte, eine Krampfaderbildung an beiden Beinen, Übergewichtigkeit, eine leichte Fehlstatik
der Beine sowie eine mäßige Fußfehlstellung beiderseits fest. Er hielt die Klägerin jedoch noch für in der Lage,
körperlich leichte Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis 6 kg in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde und
zumindest überwiegend in ausreichend trockenen und temperierten Räumen vollschichtig zu verrichten. Die Arbeiten
sollten nicht mit häufigem Heben und Bücken, Akkordbedingungen oder erhöhtem Zeitdruck verbunden sein. Die
Wegefähigkeit sei erhalten.
In der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 1997 hat das Sozialgericht Dr. K. als medizinischen und den
Arbeitsberater M. als berufskundlichen Sachverständigen gehört und mit Urteil vom selben Tag die Beklagte verurteilt,
der Klägerin auf ihren Hilfsantrag hin Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, sowie ihr Mutwillenskosten in Höhe
von DM 500.- auferlegt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei zwar nicht erwerbsunfähig, da sie nach den überzeugenden
Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten könne, doch sei sie
berufsunfähig. Ihre Tätigkeit als Briefzustellerin, welche sie nicht mehr ausüben könne, sei in die Gruppe der Berufe
einzuordnen, die durch den Leitberuf des Facharbeiters gekennzeichnet seien. Zwar habe sie keine Ausbildung als
Dienstleistungsfachkraft absolviert, jedoch die Postbetriebliche Prüfung für Arbeiter bzw. die Prüfung für den
einfachen Postdienst abgelegt, was mit einer tariflichen Höhergruppierung verbunden gewesen sei. Zudem sei sie
nach einer Facharbeiterlohngruppe entlohnt worden, die sie nicht durch einen Bewährungsaufstieg erreicht habe;
vielmehr habe es sich bei der Lohngruppe 7a um die Einstiegslohngruppe gehandelt. Diese Einstufung habe auch
nicht auf qualitätsfremden Merkmalen beruht; insbesondere sei die Gleichbehandlung von Arbeitern und Beamten auf
Dienstposten mit identischem Tätigkeitsfeld kein qualitätsfremdes Merkmal. Es gebe auch keine
Verweisungstätigkeiten, die die Klägerin zumutbar verrichten könne.
Hiergegen haben (zunächst) sowohl die Klägerin als auch die Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Die Klägerin
hat nachfolgend ihre Berufung mit Schriftsatz vom 2. Juni 1998 zurückgenommen.
Die Beklagte hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1997, auf den Bezug genommen wird, umfänglich
begründet und dargelegt, dass die Klägerin aus vielfältigen Gründen keinen Berufsschutz genieße. Sie sehe sich
durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. August 2002 bestätigt. Das BSG habe ausdrücklich
festgestellt, dass ein Briefzusteller auch dann, wenn er eine postbetriebliche Prüfung abgelegt habe, nicht in voller
Breite einen Ausbildungsberuf wettbewerbsmäßig ausgeübt habe.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Mai 1997 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ihre Einstiegslohngruppe nach dem TV Arb sei die Lohngruppe
7a gewesen, und zwar ohne Bewährungsaufstieg. Damit sei sie – unabhängig davon, ob es sich bei der
Zustellertätigkeit um einen beamtenbewerteten Posten gehandelt habe – auf Facharbeiterniveau entlohnt worden. In
gleichgelagerten Fällen hätten sich die erkennenden Senate des LSG Hamburg entsprechend geäußert. Maßgebliche
Einwände gegen eine Eingruppierung nach Lohngruppe 7a wegen qualitätsfremder Merkmale seien nicht ersichtlich.
Im Übrigen müsse nach einem Urteil des BSG vom 3. Juli 2002 diese tarifliche Einstufung wesentlich auf
qualitätsfremden Gründen beruhen, um sie für den Berufsschutz außer Acht zu lassen. Zur Begründung, dass
Postzusteller nach dem TV Arb der Post als Facharbeiter einzugruppieren seien, beziehe sie sich ausdrücklich auf die
Urteile des Bundessozialgerichts vom 28. April 2004 – B 5 RJ 153/03 B –, vom 13. Dezember 2000 – B 5 RJ 28/99 R
–, vom 3. Oktober 1984 – 5b RJ 20/84 – und vom 24. Juni 1983 – 5b RJ 74/82 –.
Der Senat hat die Deutsche BKK sowie die Deutsche Post NL Rentenservice beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält
die angefochtene Entscheidung ebenfalls für zutreffend. Die mit der Lohngruppe 7a als Eingangslohngruppe entlohnte
Tätigkeit der Klägerin habe der einer Dienstleistungsfachkraft entsprochen; das angefochtene Urteil stehe auch nicht
im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 22. August 2002. Die Beigeladene zu 2) hat sich der Stellungnahme der
Beigeladenen zu 1) angeschlossen. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Mit Beschluss vom 22. November 2001 ist das Verfahren im Hinblick auf die gegen das Urteil des Senats vom 15.
November 2001 (VI JBf 47/97) eingelegte Revision (B 13 RJ 19/02 R) zum Ruhen gebracht und auf Antrag der
Klägerin am 8. November 2004 wieder aufgenommen worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. April 2006 hat das Gericht den Beteiligten in anderen
sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte, mögliche Verweisungstätigkeiten im angelernten Bereich betreffende
Äußerungen der berufskundlichen Sachverständigen M., B. und H. überreicht und darauf hingewiesen, dass sie – bis
auf das Zusammenstellen der Muster für Vertreter – nach wie vor Gültigkeit besitzen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der
Personalakte der Post verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz
– SGG) ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin die – hier allein noch streitige – Rente wegen
Berufsunfähigkeit zu gewähren. Dies hatte die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht abgelehnt. Das
Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
berufsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben
und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch –
Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden und gemäß
§ 300 Abs. 2 SGB VI weiterhin maßgeblichen Fassung).
Zwar erfüllte die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, doch ist
sie nicht berufsunfähig.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte
derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen
Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen
die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten
entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen
Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können ( § 43 Abs. 2
Satz 2 SGB VI a.F.).
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der ´bisherige Beruf`, den der Versicherte ausgeübt hat. Dies
ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn sie zugleich die qualitativ
höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 5.8.2004, B 13 RJ 7/04 R, Juris).
Zwar hat die Klägerin eine Ausbildung zur Bürogehilfin erfolgreich abgeschlossen und in diesem Beruf auch gearbeitet,
doch hat sie sich bereits 1964 hiervon gelöst, ohne dass dafür gesundheitliche Gründe maßgeblich waren.
Maßgeblicher Beruf ist daher der einer Postarbeiterin im Zustelldienst.
Maßstab für die qualitative Bewertung des bisherigen Berufes, die auch für die Zumutbarkeit einer
Verweisungstätigkeit maßgeblich ist – grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf
die nächstniedrigere Stufe verwiesen werden (vgl. BSG, Urteil vom 20.7.2005, B 13 RJ 29/04 R, Breith. 2006, S. 125
ff., 126) –, ist nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, allein die Qualität der verrichteten Arbeit,
d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Grundlage für die
Bestimmung der Qualität einer Arbeit in diesem Sinne sind die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. genannten
Merkmale der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 20.7.2005 a.a.O.). Erforderlich ist eine
Gesamtschau aller möglichen Bewertungskriterien unter Berücksichtigung der Ausbildung, der tariflichen Einstufung,
der Dauer der Berufsausübung, der Höhe der Entlohnung und der Anforderungen des Berufes (Niesel in Kasseler
Kommentar – Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI RdNr. 43).
Die Klägerin kann im Rahmen des Mehrstufenschemas nicht der Gruppe der Facharbeiter zugeordnet werden, da es
sich bei dem Beruf des Postarbeiters im Zustelldienst – auch unter Berücksichtigung der Postbetrieblichen Prüfung
(siehe hierzu BSG, Urteil vom 13.12.2000, B 5 RJ 28/99 R, Juris) – nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf
handelt, sie die Tätigkeit einer Dienstleistungsfachkraft allenfalls in – nicht verselbständigten (siehe hierzu BSG, Urteil
vom 13.12.2000, B 5 RJ 28/99 R, Juris) – Teilbereichen ausgeübt hat und eine entsprechende Zuordnung auch nicht
aufgrund der tarifvertraglichen Einstufung möglich ist.
Sie war als Postarbeiterin im Zustelldienst mit der Briefverteilung beschäftigt, für die sie ein Dienstfahrrad nutzte. Ihre
letzte Lohngruppe 7a nach dem TV Arb entsprach zwar einer Facharbeiterlohngruppe, doch ist die – im Falle der
Klägerin abstrakte - tarifvertragliche Eingruppierung dann unbeachtlich, wenn sie – wie vorliegend – auf
qualitätsfremden Gründen beruht (vgl. Niesel a.a.O. m.w.N.).
Nach § 5 Abs. 1 der Anlage 2 zum TVArb (´Verzeichnis der Lohngruppen`) werden die auf einem Arbeitsposten für
Beamte beschäftigten Arbeiter in fünf Gruppen eingeteilt: Handwerker und diesen gleichgestellte Arbeiter (Ziff. 1a),
Handwerker als Kommunikationselektroniker (Ziff. 1b), Dienstleistungsfachkräfte (Ziff. 2), Arbeiter mit bestandener
Postbetrieblicher Prüfung für Arbeiter oder Prüfung für den einfachen Postdienst (Ziff. 3) sowie übrige – nicht unter 1.-
3. fallende – Arbeiter (Ziff. 4). Nach der für die Klägerin maßgeblichen Ziff. 3 sind in die Lohngruppe 7a alle Arbeiter
mit bestandener Prüfung einzugruppieren, deren Arbeitsposten nach der Besoldugsgruppe A5 oder höher bewertet
wurde.
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Facharbeiterentlohnung der Klägerin auf anderen Gesichtspunkten
als der bestandenen betrieblichen Prüfung und der Tätigkeit auf einem Beamtendienstposten beruhte. Beide
Gesichtspunkte sind jedoch qualitätsfremd (BSG, Urteil vom 16.11.2000, B 13 RJ 79/99 R, SozR 3-2600 § 43 Nr. 23 –
S. 83-86 –; Urteil vom 13.12.2000, B 5 RJ 28/99 R, Juris (Briefzusteller); BSG, Urteil vom 22.8.2002, B 13 RJ 19/02
R, Juris; Beschluss vom 28.4.2004, B 5 RJ 153/03 B, Juris; LSG Hamburg, Urteil vom 25.2.1999, VI JBf 48/97, Juris;
Urteil vom 15.11.2001, VI JBf 47/97, Juris (Briefzusteller); zu Beamtendiensttuern vgl. auch LSG Hamburg, Urteile
vom 3.3.2004, L 1 RJ 6/02, Juris (Briefzusteller) und vom 17.9.1997, III JBf 40/97, E-LSG RJ-059 – S. 5f. –).
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind damit die für die Entscheidung maßgeblichen Fragen durch die jüngere
Rechtsprechung des BSG wie auch der zuständigen Senate des LSG Hamburg abschließend geklärt.
Aus dem bloßen Umstand, dass die Klägerin die Lohngruppe 7a nicht im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht
hatte, sondern diese die Einstiegslohngruppe war, folgt entgegen ihren Ausführungen keineswegs, dass diese
Lohngruppe damit für die Prüfung des Berufsschutzes maßgeblich und bindend ist. Mit dem Bewährungsaufstieg
entfällt lediglich ein weiteres qualitätsfremdes Merkmal, ohne dass dem Senat damit die Prüfung verwehrt ist, ob die
Entlohnung auf anderen qualitätsfremden Gesichtspunkten beruht.
Zwar hat das BSG wiederholt (vgl. Beschluss vom 28.4.2004, B 5 RJ 153/03 B, m.w.N.) ausgeführt, dass es ´bei der
in der Regel unwiderlegbaren Vermutung der Richtigkeit der tarifvertraglichen Eingruppierung in die Facharbeiter-
Lohngruppen ...verbleibt, wenn bereits die Eingangstätigkeit ...in eine Facharbeiterlohngruppe durch den Tarifvertrag
eingruppiert wird`. Wie den näheren Erläuterungen des BSG hierzu jedoch zweifelsfrei entnommen werden kann, gilt
dies nur dann, wenn im Tarifvertrag eine konkrete Tätigkeit einer bestimmten Lohngruppe zugeordnet ist: `Denn
insoweit ist nicht ersichtlich, dass hierfür die zu beachtenden qualitätsfremden Gründe eine Rolle gespielt haben
könnten. Die Gleichstellung der "Beamtendiensttuer" hinsichtlich der Entlohnung mit Beamten ...spielt dann keine
Rolle, wenn ohnehin nach den Tätigkeitsbeschreibungen des TVArb die Eingruppierung in eine Facharbeiter-
Lohngruppe hätte erfolgen müssen`.
Die Klägerin übersieht, dass in dem der vorgenannten Entscheidung zugrunde liegenden Fall der Kläger als
Kraftwagenführer im Straßenpostdienst auf einem Arbeitsposten für Arbeiter beschäftigt wurde und seine Tätigkeit im
´Verzeichnis der Tätigkeitsmerkmale` des TVArb (in Lohngruppe 5 Fallgruppe 5) konkret aufgeführt war. Für
Briefzusteller gilt dies jedoch nicht, da der TVArb insoweit nur eine abstrakte Zuordnung vornimmt; ihre
Eingruppierung richtet sich allein nach den – qualitätsfremden – Merkmalen Bewährung, bestandene betriebliche
Prüfung sowie Arbeit auf einem Beamtendienstposten.
Nur zu ergänzen ist, dass sich das BSG (auch) in vorangegangenen Entscheidungen zu auf Beamtendienstposten
tätigen Postarbeitern durch den Umstand, dass bereits die Einstiegslohngruppe zu den Facharbeiterlohngruppen
gehörte, nicht an einer Prüfung qualitätsfremder Merkmale gehindert gesehen hat (vgl. etwa Urteil vom 22.8.2002).
Gegenteiliges würde zu einem Zirkelschluss führen, da ja – abgesehen vom insoweit irrelevanten Bewährungaufstieg
– gerade die benannten qualitätsfremden Merkmale der Einstufung in die Einstiegslohngruppe zugrunde lagen.
Wenn die Klägerin aus der Rechtsprechung des BSG herleiten will, dieses habe verbindlich entschieden, Briefzusteller
genössen (generell) Berufsschutz, so ist dies rechtsirrig. Dass ein derartiger Schluss nicht aus dem von ihr
angeführten Urteil vom 13. Dezember 2000 sowie dem Beschluss vom 28. April 2004 gezogen werden kann, wurde
bereits dargelegt.
Allerdings ist ihr einzuräumen, dass das BSG u.a. in den angeführten Urteilen vom 3. Oktober 1984 (5b RJ 20/84,
SozR 2200 § 1246 Nr. 122) und vom 24. Juni 1983 (5b RJ 74/82, Juris) Briefzustellern Berufsschutz zugebilligt hatte.
Abgesehen davon, dass in diesen Urteilen noch die – aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbare – Ehrfurcht erkennbar
ist, die in früheren Jahren der Tätigkeit auf einem Beamtendienstposten entgegengebracht wurde, hat das BSG diese
Rechtsprechung durch zahlreiche, vorstehend angeführte, Entscheidungen aus den letzten Jahren präzisiert bzw.
korrigiert und damit seine frühere Rechtsprechung – wenn auch nicht ausdrücklich, so jedenfalls inzident -
aufgegeben. Ein Anschauungswandel hatte sich schon in dem Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 22/90 –
(SozR 3-2200 § 1246 Nr. 22 – S. 88 –) mit dem Hinweis auf eine mögliche Erweiterung qualitätsfremder
Gesichtspunkte angedeutet.
Der Senat kann es dahingestellt bleiben lassen, ob die Klägerin als Postarbeiterin im Zustelldienst innerhalb der
Gruppe der Angelernten dem unteren oder dem oberen Bereich zuzuordnen ist (zur Einordnung eines Postarbeiters im
Entladedienst in den unteren Bereich vgl. Urteil des Senats vom 16.12.2004, L 6 RJ 21/99).
Nach den vom Sozialgericht getroffenen Feststellungen, denen sich der Senat anschließt, weil zwischenzeitliche
Veränderungen in ihrem Gesundheitszustand weder von der Klägerin vorgetragen noch ersichtlich sind, ist diese nach
der überzeugenden Einschätzung von Dr. K. trotz einer Fehlhaltung der Wirbelsäule im Sinne einer
Hohlrundrückenbildung, röntgenologisch nachgewiesenen Verschleissprozessen der Lendenwirbelsäule mit Einengung
des so genannten Spinalkanals in Höhe L4, insgesamt mit etwas wechselnden Funktionseinschränkungen der
Wirbelsäule, nur zeitweisen muskulären Reizzuständen und deutlicher Minderung der Belastbarkeit der Wirbelsäule,
einer endgradigen Einschränkung der Außendrehung der rechte Hüfte, einer Krampfaderbildung an beiden Beinen,
Übergewichtigkeit, einer leichte Fehlstatik der Beine sowie einer mäßigen Fußfehlstellung beiderseits noch in der
Lage, körperlich leichte Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis 6 kg in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde und
zumindest überwiegend in ausreichend trockenen und temperierten Räumen unter Ausschluss von Arbeiten unter
häufigem Heben und Bücken, Akkordbedingungen oder erhöhtem Zeitdruck vollschichtig zu verrichten. Die
Wegefähigkeit ist erhalten.
Damit ist ihr zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Postarbeiterin nicht mehr zumutbar. Sie kann hingegen noch
zahlreichen Verweisungstätigkeiten auf einfachem Angelerntenniveau, wie sie in den berufskundlichen
Stellungnahmen der Herren M., B. und H. aufgeführt sind, zumutbar nachgehen. Auf die dort beschriebenen
Tätigkeiten wird Bezug genommen.
Steht der Klägerin keine Rente wegen Berufsunfähigkeit im Sinne des nachfolgenden, bis zum 31. Dezember 2000
geltenden Rechts zu, so hat sie auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen
Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung.
Der Berufung der Beklagten war daher in vollem Umfang stattzugeben.
Mit der Aufhebung des Urteils entfällt auch die Verhängung von Mutwillenskosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1
(grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des
Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des
Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.