Urteil des LSG Hamburg vom 22.04.2010

LSG Ham: arbeitslosenhilfe, anschluss, rechtswidrigkeit, verwaltungsakt, erlass, rücknahme, bekanntgabe, anhörung, ermessen, betrug

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 22.04.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 25 AL 1035/04
Landessozialgericht Hamburg L 5 AL 7/07
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. November 2006 aufgehoben. Die
Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld und
Anschluss-Unterhaltsgeld sowie um die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 4.329,90 EUR.
Der 1968 geborene Kläger war von September 1994 bis zum 30. April 1998 als Kraftfahrzeug- Mechaniker und nach
zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit von September 1999 bis 31. März 2001 als Call-Center-Agent beschäftigt. Sein
Brutto-Monatsentgelt betrug zuletzt rund 3700 DM. Ab dem 1. April 2001 war der Kläger arbeitslos und bezog
Arbeitslosengeld in Höhe von 46,35 DM täglich auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 840
DM und der Leistungsgruppe A/0 (Bescheid vom 12. April 2001; auch alle weiteren Bescheide ergingen auf der
Grundlage der Leistungsgruppe A/0). Mit Bescheid vom 16. Januar 2001 wurde u.a. die Währungsumstellung auf den
Euro vollzogen und dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 23,71 EUR täglich auf der Grundlage eines
Bemessungsentgelts von 430 EUR wöchentlich ab dem 1. Januar 2002 bewilligt. In dieser Höhe wurde
Arbeitslosengeld bis einschließlich 25. Januar 2002 gezahlt; danach war der Anspruch erschöpft.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 26. Januar 2002 auf der
Grundlage eines fehlerhaften Bemessungsentgeltes in Höhe von 835 EUR mit einem Leistungssatz von 33,63 EUR
täglich. Mit Bescheid vom 14. Februar 2002 wurde dem Kläger ab dem 28. Januar 2002 wegen der Teilnahme an einer
beruflichen Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld in Höhe von 38,14 EUR täglich erneut auf der Grundlage eines
Bemessungsentgelts von 835 EUR bewilligt. Ab dem 23. Juli 2002 bezog der Kläger Anschluss-Unterhaltsgeld,
welches ihm mit Bescheid vom 11. Juli 2002 erneut auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 835 EUR
wöchentlich in Höhe von 38,14 EUR täglich bewilligt wurde.
Mit Bescheid vom 27. August 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen der Teilnahme an einer weiteren
Bildungsmaßnahme erneut Unterhaltsgeld in Höhe von 266,98 EUR wöchentlich/ 38,14 EUR täglich auf der Grundlage
eines wöchentlichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 835 EUR ab 1. August 2008. Mit Bescheid vom 24.
September 2002 wurde dem Kläger Anschluss-Unterhaltsgeld ab 12. September 2002 nach demselben
Bemessungsentgelt in unveränderter Höhe bewilligt.
Am 18. November 2002 nahm der Kläger eine Arbeit auf. Mit Bescheid vom selben Datum hob die Beklagte die
Bewilligung von Anschlussunterhaltsgeld ab dem 18. November 2002 auf. In diesem Zusammenhang fiel bei der
Beklagten auf, dass dem Kläger überhöhte Leistungen bewilligt worden waren. Am 26. November 2002 hörte die
Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten teilweisen Aufhebung und Erstattung an. In seiner Stellungnahme vom 2.
Dezember 2002 äußerte sich der Kläger wie folgt:
"Bei jedem der sechs Bewilligungsbescheide (dieses Jahr) habe ich nachgefragt "ist es so richtig?" Jedes Mal hat
man mir gesagt es sei alles in Ordnung so, auch auf ausdrücklichen Hinweis meinerseits auf die Höhe der Bezüge"
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe teilweise in Höhe von
90,51 EUR wöchentlich für die Zeit vom 26. Januar 2002 bis 27. Januar 2002, sowie die Bewilligung von
Unterhaltsgeld und Anschluss-Unterhaltsgeld teilweise in Höhe von 102,48 EUR wöchentlich ab 28. Januar 2002 bis
17. November 2002 auf und forderte insgesamt 4.329,90 EUR von dem Kläger zurück. Der Widerspruch des Klägers
vom 6. Januar 2003 blieb ohne Begründung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit seiner Klage vom 29. Juni 2004 hat der Kläger geltend gemacht, er habe stets persönlich wegen der Höhe der
Leistung Rücksprache mit der Arbeitsagentur genommen, jedes Mal sei er nach Erhalt eines neuen Bescheides zum
Arbeitsamt gegangen und habe gesagt, ihm werde zu viel Geld gezahlt. Ihm sei klar gewesen, dass das zu viel war.
Bei einem Termin sei ihm gesagt worden, es sei ein EDV-Fehler, er erhalte irgendwann Bescheid. Dies sei allerdings
nicht geschehen. Er habe nicht gewusst, was er hätte machen sollen, schließlich sei es ja absurd gewesen zu klagen,
weil er zu viel erhalte. Er habe sich gedacht, "irgendwann werden sie damit kommen, vielleicht ist aber auch alles so
richtig."
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30. November 2006 die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung der Beklagten
lediglich für die Zeit vom 26. Januar 2002 bis einschließlich 31. Juli 2002 bestätigt und den angefochtenen Bescheid
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides im Übrigen, das heißt hinsichtlich des Zeitraums vom 1. August 2002 bis
zum 17. November 2002, aufgehoben. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dem Kläger sei von der
Arbeitsagentur mitgeteilt worden, man werde alles prüfen und er werde einen Bescheid erhalten. Bei einer solchen
Sachlage habe der Kläger darauf vertrauen dürfen, dass Bescheide, die nach einer solchen Auskunft ergehen,
eingehend geprüft worden seien. Der Kläger habe daher ab 1. August 2002 davon ausgehen dürfen, die Bewilligung sei
rechtmäßig.
Gegen das am 24. Januar 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Februar 2007 Berufung eingelegt. Sie macht
geltend, für die Aussage des Klägers, anlässlich zahlreicher Besuche bei der Agentur für Arbeit nach jeder
Bescheiderteilung stets auf die unzutreffende Leistungshöhe hingewiesen zu haben, Bewilligungsbescheide,
Kontoauszüge und Gehaltsabrechnungen vorgelegt und beobachtet zu haben, wie seine Angaben protokolliert worden
seien, fehle es an Anhaltspunkten in der Leistungsakte und den Beratungsvermerken. Die Aussagen des Klägers
hinsichtlich seiner Vorsprachen seien unglaubhaft. Sicher sei nur, dass dem Kläger stets bewusst gewesen sei, zu
hohe Leistungen zu erhalten. Nach den eigenen Einlassungen des Klägers habe dieser vor der Borniertheit der
Arbeitsverwaltung kapituliert, nicht jedoch den Eindruck gewonnen, der auffällig überhöhte Betrag stehe ihm
tatsächlich zu.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. November 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er betont erneut, dass die Beklagte ungeachtet seiner, des Klägers, Hinweise weiterhin zu hohe Leistungen erbracht
habe. Hieraus habe sich ein Vertrauen gebildet, welches das Sozialgericht zu Recht als schutzwürdig erachtet habe.
Die Beteiligten haben sich nach Anhörung mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin
einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Leistungsakte der Beklagten
Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die die Berichterstatterin mit dem Einverständnis der Beteiligten an Stelle des Senats nach § 155
Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden kann, ist statthaft (§§ 143, 144
SGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 155 SGG) erhoben.
Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2002 in der
Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28. Mai 2004 dahingehend abgeändert, dass die Bewilligung von
Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld lediglich für die Zeit vom 26. Januar 2002 bis 31. Juli 2002 aufgehoben und die
Erstattung der für den genannten Zeitraum gezahlten Leistung verlangt wird.
Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2002 ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Rechtsgrundlage für die streitbefangene Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe,
Unterhaltsgeld und Anschluss-Unterhaltsgeld ist § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung
mit § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt,
soweit er rechtswidrig ist, auch nach Unanfechtbarkeit, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder
teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger
begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des
Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme
schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X), wobei Schutzwürdigkeit in der Regel dann vorliegt, wenn der
Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur
unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der
Begünstigte allerdings unter anderem dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte
oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Liegen die Voraussetzungen des §
45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, ist der Verwaltungsakt abweichend von den allgemeinen Regelungen zwingend mit
Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III).
Bei den Bewilligungsbescheiden über Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld und Anschluss-Unterhaltsgeld vom 1. Februar
2002, 14. Februar 2002, 11. Juli 2002, 27. August 2002 und vom 24. September 2002 handelte es sich um den Kläger
begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung. Diese waren auch rechtswidrig, denn das der jeweiligen Leistung
zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt betrug aufgrund des vorherigen vom Kläger im Bemessungszeitraum
erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts gemäß § 131 Abs. 1 SGB III nicht 835 EUR, sondern lediglich 430 EUR.
Dem Kläger stand in Folge dessen Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 26. Januar 2002 bis 27. Januar 2002 lediglich in
Höhe von 20,70 EUR statt in Höhe von 33,63 EUR kalendertäglich, Unterhaltsgeld und Anschluss-Unterhaltsgeld für
die Zeit vom 28. Januar 2002 bis 17. November 2002 lediglich in Höhe von 23,50 EUR statt in Höhe von 38,14 EUR
kalendertäglich zu.
Der Kläger hat – was er selbst nicht in Abrede stellt – die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bei deren
jeweiligem Erlass auch gekannt. Dies ist auch ohne Weiteres nachvollziehbar, denn die zunächst dem Kläger
kurzzeitig gewährte Arbeitslosenhilfe war höher als das ab 1. Januar 2002 gewährte Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld
und Anschlussunterhaltsgeld waren deutlich (über 100 EUR pro Woche) höher als das zuvor ab 1. Januar 2002
gewährte Arbeitslosengeld. Dass der Kläger – wovon das SG ausgeht – bei Erhalt der letzten beiden
Bewilligungsbescheide gutgläubig war, kann ausgeschlossen werden. Denn der Kläger hat selbst mehrfach
vorgetragen, nach Erhalt eines jeden Bewilligungsbescheides bei der Beklagten gewesen zu sein und die Höhe der
Leistung beanstandet zu haben, da ihm klar gewesen sei, dass die Leistung zu hoch sei. Bereits in seiner ersten
Äußerung vom 2. Dezember 2002 hat der Kläger vorgetragen, nach jedem einzelnen Bewilligungsbescheid die Höhe
der Leistungen beanstandet zu haben; dieser Vortrag wurde in der Anhörung vor dem Sozialgericht vom 19. August
2005 wiederholt. Er sei jedes Mal zum Arbeitsamt gegangen und habe gesagt, man zahle ihm zu viel Geld. Ihm sei
klar gewesen, dass das zu viel war. So kann auch die dann zuletzt erfolgte Bemerkung des Klägers im Protokoll vom
19. August 2005 "Ich möchte noch anmerken, dass zu dem Zeitpunkt als ich dann das zweite Mal Unterhaltsgeld
bekommen habe, ich im Grunde davon ausgegangen bin, dass alles doch seine Richtigkeit hat auf Grund der
Informationen, die ich bekommen habe" in Anbetracht seines unveränderten Vortrags, nach Erhalt eines jeden
Bewilligungsbescheides die Agentur für Arbeit aufgesucht und die Höhe der Leistung moniert zu haben, nur so
verstanden werden, dass er auf die nach Erhalt dieser letzten Bescheide erhaltenen Informationen abhebt. Dies
bedeutet, dass Kläger auch im Hinblick auf die letzten beiden Bewilligungsbescheide deren Rechtswidrigkeit bei ihrer
Bekanntgabe erkannt hat. Ob er irgendwann in der Folgezeit nach Erhalt der Bewilligungsbescheide positiv davon
ausging und davon ausgehen durfte, die Bewilligung sei vielleicht doch rechtmäßig, ist nicht relevant, da es im
Hinblick auf das Vorliegen der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ausschließlich auf den
Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes ankommt (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 7/7a AL 30/07 R-
juris).
Lag aber bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers bei Erhalt eines jeden Bewilligungsbescheides Kenntnis von
der Rechtswidrigkeit desselben vor, kann dahinstehen, ob dieser Vortrag überhaupt glaubhaft ist, in Anbetracht des
Umstandes dass – wie die Beklagte zu Recht vorträgt – sich keinerlei Hinweise auf derartige Vorsprachen in den
Unterlagen der Beklagten finden, weder in der Leistungsakte noch in den Beratungsvermerken. Ebenso können
Bedenken des Gericht dahinstehen, ob im Falle eines derart augenfälligen Fehlers, der auch bei einer Wiederholung
durch die Behörde ohne weiteres als Fehler erkennbar bleibt und daher in der Regel auch bei einer solchen
Fehlerwiederholung fortgesetzte grob fahrlässige Unkenntnis der Fehlerhaftigkeit begründet (vgl. LSG Hessen, Urteil
v. 31.10.2008 – L 7 AL 172/07, juris und Nichtannahmebeschluss des BSG vom 17.8.2009 – B 11 AL 192/08 B, juris;
Schütze in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. § 45 Rn. 57), der Fortfall positiver Kenntnis überhaupt in Betracht kommen
kann.
Mit der Bejahung der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ist unmittelbar der Anwendungsbereich
des § 330 Abs. 2 SGB III eröffnet. Damit sind die rechtswidrigen Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit -
also hier für den Zeitraum ab 26. Januar 2002- zurückzunehmen, ohne dass die Beklagte Ermessen auszuüben hätte.
Ermessenserwägungen spielen bei der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes mit
Wirkung für die Vergangenheit im Arbeitsförderungsrecht keine Rolle spielen, weshalb auch ein Mitverschulden der
Beklagten keine Berücksichtigung finden kann. Das Entfallen des Ermessens selbst in sogenannten atypischen
Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil v. 23.4.1997 – 7 RAr 66/96 - SozR 3-4100 § 152 Nr. 8).
Insbesondere kann ein solches Ermessen nicht aus dem Gedanken einer Schadensminderungspflicht der Beklagten
(vgl. BSG, Urteil v. 14.12.1995 – 11 RAr 75/95 - SozR 3-4100 § 105 Nr. 2; BSG, Urteil v. 28.11.2007 – B 11a/7 AL
14/07 – SozR 4-1500 § 128 Nr. 7) gefolgert werden. Unbilligkeiten kann nur durch (auch teilweisen) Erlass der
Forderung Rechnung getragen werden (BSG, Urteil v. 28.11.2007 – B 11a/7 AL 14/07 – SozR 4-1500 § 128 Nr. 7).
Schließlich ist die Höhe des Erstattungsbetrages im Ergebnis nicht zu beanstanden. Für den 26. und 27. Januar 2002
hätte dem Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von 20,70 EUR täglich anstatt in Höhe von gezahlten 33,63 EUR täglich
zugestanden. Die Gesamtdifferenz beträgt 25,86 EUR. Für die Zeiträume vom 28. Januar 2002 bis 22. Juli 2002 und
vom 1. August 2002 bis 11. September 2002 hätte dem Kläger Unterhaltsgeld, für die Zeiträume vom 23. Juli 2002 bis
31. Juli 2002 und vom 12. September 2002 bis 17. November 2002 hätte dem Kläger Anschluss - Unterhaltsgeld
jeweils in Höhe von 23,50 EUR täglich statt gezahlter 38,14 EUR täglich zugestanden. Dies sind 176, 9, 42 und 67
Kalendertage, insgesamt also 294 Kalendertage, in denen der Kläger 14,64 EUR täglich zu viel erhalten hat.
Insgesamt beträgt daher der Überzahlungsbetrag für Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld 4304,16 EUR, die
Gesamtüberzahlung mithin 4330,02 EUR, von denen die Beklagte 4329,90 EUR von dem Kläger zurückfordert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.