Urteil des LSG Hamburg vom 13.06.2005

LSG Ham: schulweg, verfügung, form, schule, arbeitsförderung, erlass, zivilprozessordnung, eingliederung, unterricht, organisation

Landessozialgericht Hamburg
Beschluss vom 13.06.2005 (rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 51 SO 138/05 ER
Landessozialgericht Hamburg L 4 B 107/05 ER SO
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 6. April 2005 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz –
SGG –), der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat (§
174 SGG), ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat dem Antragsteller, der die Antragsgegnerin im Wege der
einstweiligen Anordnung verpflichtet wissen will, ihm vorläufige Schulweghilfe zur Schule M. in Form einer
Schulbusbeförderung oder in Form einer finanziellen Beteiligung an den Kosten für die Organisation eines Fahrers zu
gewähren, Rechtsschutz nach § 86 b SGG zu Recht versagt. Auch die vom Sozialgericht gleichzeitig
ausgesprochene Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (für das Antragsverfahren) hat
Bestand.
Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile
abzuwenden. Hier ist bereits ein solcher Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Der Senat vermag nicht
zu erkennen, dass dem Antragsteller erhebliche Nachteile entstehen, wenn die beantragte Schulweghilfe nicht sofort
bewilligt wird. Es mag zwar sein, dass der 16-jährige Antragsteller aufgrund seiner Behinderung den Weg von der
Wohnung in der R. zur Schule M., an deren Unterricht er – solange es keine anderweitige Schulzuweisung gibt – nach
dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. August 2004 teilzunehmen hat (vgl. § 28 Abs. 1 und 2 des Hamburgischen
Schulgesetzes), nicht eigenständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen kann; das wird nötigenfalls im
Hauptsacheverfahren zu klären sein. Sofortiger Schulweghilfe durch die Antragsgegnerin bedarf er jedenfalls
deswegen nicht, weil ihm derzeit zur Unterstützung auf dem Schulweg sein zur persönlichen Sorge berechtigter und
verpflichteter Vater (§ 1626 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) zur Verfügung steht. Der Vater wohnt mit dem
Antragsteller zusammen. Durch berufliche Verpflichtungen ist er nicht gebunden. Ihm ist daher zuzumuten, eine
erforderliche Schulwegbetreuung des Antragstellers zu übernehmen. Der Senat teilt nicht die Auffassung des
Antragstellers, dass dem seit einigen Monaten arbeitslosen Vater die Begleitung auf dem Schulweg nicht angesonnen
werden könne, weil er andernfalls seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gefährde. Es ist zwar richtig, dass der Vater
in diesem Zusammenhang gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Abs. 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch –
Arbeitsförderung – (SGB III) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen muss. Diese
Pflicht verletzte er jedoch durch täglich jeweils kurzzeitige Begleitung seines Sohnes auf dem Schulweg nicht (vgl. §
119 Abs. 5 SGB III). Wie zu verfahren ist, wenn dem Vater eine konkrete Beschäftigung oder Maßnahme zur
beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben angeboten wird und er deswegen als Begleiter des Antragstellers
ausscheidet, braucht hier nicht entschieden zu werden. Tritt der Fall ein, wird über die Frage der Sicherung des
Schulweges nötigenfalls in einem neuen Verfahren zu befinden sein. Es ist jedoch nicht Aufgabe des einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens, bereits vorab Veränderungen in den Lebensverhältnissen eines Betroffenen zu
berücksichtigen, deren Verwirklichung noch nicht feststeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, von
vornherein aussichtslos war, hat das Sozialgericht dem Antragsteller zu Recht für das Antragsverfahren
Prozesskostenhilfe versagt (§ 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.