Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

LSG Berlin-Brandenburg: versorgung, ärztliche behandlung, krankenkasse, schiedsspruch, ermächtigung, sozialhilfe, aufschiebende wirkung, krankenversicherung, abrechnung, ausnahme

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 7.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 7 KA 12/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 89 SGB 5, § 264 Abs 1 SGB 5,
§ 37 BSHG, § 38 Abs 3 BSHG, §
38 Abs 4 BSHG
Landesschiedsamt; Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs;
Einbeziehung von nichtversicherten Sozialhilfeempfängern in die
Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V
Leitsatz
Die Landesverbände der Krankenkassen, die Verbände der Ersatzkassen und die
Kassenärztlichen Vereinigungen sind nicht berechtigt, in Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach §
106 SGB V die Personen einzubeziehen, für die eine Krankenkasse nach § 264 SGB V in der
bis zum 21. Dezember 2003 geltenden Fassung bzw. nach § 264 Abs. 1 SGB V in der seit
dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung die Krankenbehandlung auftragsweise übernommen
hat. Denn die ärztliche Behandlung dieses Personenkreises gehört nicht zur
vertragsärztlichen Versorgung, die nach § 106 Abs. 1 SGB V allein der
Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegt.
Die für eine Einbeziehung dieses Personenkreises in die Wirtschaftlichkeitsprüfung
erforderliche gesetzliche Ermächtigung ist auch nicht in den Vorschriften der §§ 37, 38 Abs. 3
BSHG (bzw. seit dem 1. Januar 2005 in § 52 Abs. 3 SGB XII) zu erblicken. Denn diese
überführen das Leistungserbringerrecht des SGB V in das Sozialhilferecht und nicht das
Leistungsrecht der Sozialhilfe in das Vertragsarztrecht.
Tenor
Die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen das Urteil des
Sozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 2005 werden zurückgewiesen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen die Kosten des
Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu
3) bis 6), die diese selber tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs des beklagten
Landes-schiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung.
Die AOK Berlin als Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) und der Beigeladene zu 1)
als Träger der Sozialhilfe schlossen am 6. März 1992 eine „Vereinbarung über die
Durchführung und Abrechnung der ambulanten gesundheitlichen Versorgung von
hilfebedürftigen Personen einschließlich des beigetretenen Teils des Landes Berlin
einschließlich West-Staaken, auf Grund derer die Beigeladene zu 2) auftragsweise gegen
Ersatz der Aufwendungen im Einzelfall sowie eines angemessenen
Verwaltungskostenanteils die Durchführung und Abrechnung von Leistungen bei dem
genannten Personenkreis übernahm. Der Umfang der Leistungen sollte sich nach den
für Versicherte der Beigeladenen zu 2) geltenden Vorschriften und Bestimmungen
richten. Die AOK Berlin und die Klägerin hatten bereits unter dem 9. Dezember 1976
einen Gesamtvertrag geschlossen, der u.a. in § 1 Abs. 3 regelte, dass die
Bestimmungen des Vertrages auch für auftragsweise versorgte Personen gelten.
Die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der
Ersatzkassen und der Klägerin, der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, am 10. Januar
1994 geschlossene und mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 gekündigte Vereinbarung
zur Umsetzung der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 des
Sozialgesetzbuchs/Fünftes Buch (SGB V) - Prüfvereinbarung - sah eine Anwendung der
Prüfvereinbarung auf den von der AOK Berlin im Auftrag des Sozialhilfeträgers betreuten
o.g. Personenkreis nicht vor. Seit dem Jahr 2000 verhandelten die Beigeladenen zu 2) bis
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o.g. Personenkreis nicht vor. Seit dem Jahr 2000 verhandelten die Beigeladenen zu 2) bis
4) bzw. ihre Rechtsvorgänger als Arbeitgemeinschaft der Krankenkassenverbände in
Berlin mit der Klägerin über den Abschluss einer neuen Prüfvereinbarung. § 1 Nr. 1, § 10
und § 18 Nr. 1 der Prüfvereinbarung sollten nach den unterschiedlichen Vorstellungen
der Vertragsparteien dabei folgenden Inhalt haben:
Nachdem keine Einigung zustande kam, beantragten die Landesverbände der
Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit Schriftsatz vom 25. Juli 2002 die
Durchführung eines schiedsamtlichen Verfahrens u.a. wegen dieses Punktes. Der
Beklagte entschied am 28. August 2002 nach mündlicher Verhandlung unter Nr. 1
seines Beschlusses:
„ In § 1 Nr. 1 der Prüfvereinbarung gilt der Text der rechten Spalte der
Vereinbarung mit der Maßgabe, dass in Satz 2 im Anschluss an das Wort „ferner“ die
Worte „auf der Grundlage des § 38 Abs. 4 BSHG“ eingefügt werden. Folgerichtig gilt in §
10 und § 18 Nr. 1 des Entwurfs der Text der rechten Spalte.“
Zur Begründung führte er aus, nach dem Willen des Gesetzgebers, der sich aus den
Gesetzesmaterialien ergebe, sollten mit den zum 1. Juli 2001 erfolgten Änderungen der
§§ 37, 38 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) die Krankenhilfe für
Sozialhilfeempfänger sowohl hinsichtlich des Leistungsrechts als auch des
Leistungserbringerrechts an die gesetzliche Krankenversicherung angeglichen und mit in
die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen werden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut
des § 38 Abs. 4 BSHG gelten die Regelungen des SGB V über die Leistungserbringung
mit Ausnahme der Vorschriften des Drittel Titels des Zweiten Abschnitts, die nicht die
Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung betreffen, entsprechend. Somit sei auch §
106 SGB V als Rechtsgrundlage für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen anzuwenden.
Mit der Klage gegen den Beschluss hat die Klägerin vorgetragen, der Beklagte habe
seine Kompetenzen überschritten, da § 106 SGB V nur die Wirtschaftlichkeitsprüfung in
der vertragsärztlichen Versorgung erfasse. Diese umfasse aber nur die Behandlung
eines in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherten Patienten durch einen
Vertragsarzt, nicht aber die auftragsweise Behandlung eines nichtversicherten
Sozialhilfeempfängers. Die §§ 37, 38 BSHG regelten nur die Rechtsbeziehung zwischen
Sozialhilfeträger und Sozialhilfeberechtigten. Es gebe im Gesetz keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Prüfkompetenz den gemeinsamen Prüfgremien der Krankenkassen und
der Vertragsärzte übertragen worden sei. Auch wenn dies Wille des Gesetzgebers
gewesen sein sollte, so finde dieser jedenfalls kein Niederschlag im Gesetz. Daran
ändere auch nichts, dass auf Grund des Vertrages zwischen der AOK Berlin und ihr, der
Klägerin, Verträge bestehen, nach denen „technisch“ die Abrechnung der ärztlichen
Leistungen für Sozialhilfeempfänger in die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen
einbezogen sei. Denn es gebe keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, die die
Vertragsparteien zu einer Übertragung ermächtigten. Eine solche sei aber aus
verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. Sie sei auch nicht in § 2 Abs. 7 des
Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) zu sehen. Darüber hinaus sei der Schiedsspruch
auch deshalb rechtswidrig, weil der Prüfvereinbarung Regelungen hinsichtlich der
Durchführung des Prüfverfahrens fehlten. So hätte geregelt werden müssen, ob das
Prüfverfahren nach gesetzlich Krankenversicherten und Sozialempfängern getrennt oder
gemeinsam durchzuführen ist, da sich dies in anderen Ergebnissen niederschlage.
Letztlich sei die Kompetenz des gemeinsamen Prüfgremiums § 106 SGB V auch nicht
allumfassend; für bestimmte Bereiche gebe es gesonderte Kompetenzzuweisungen, wie
z.B. die Regelung des § 113 Abs. 4 SGB V belege.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vertiefend dargelegt, dass sich die
Ermächtigung aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergebe.
Die Beigeladene zu 2) hat vorgetragen, die vertragsärztliche Versorgung erfasse jedes
Tätigwerden des Vertragsarztes, so dass die aus § 106 SGB V folgende Prüfkompetenz
auch Leistungen, die für Sozialhilfeempfänger erbracht werden, umfasse. Sie ergebe
sich aber auch aus der Vorschrift des § 2 Abs. 7 BMV-Ä, nach der zur vertragsärztlichen
Versorgung auch die nach Maßgabe besonderer vertraglicher Regelungen vereinbarte
Leistungen gehörten. Eine solche besondere vertragliche Regelung sei der zwischen der
Beigeladenen zu 2) und der Klägerin geschlossene Gesamtvertrag, nach dessen § 13 für
die Prüfung der Behandlungs- und Verordnungsweise auf die Prüfvereinbarung
hingewiesen werde.
Die auf Grundlage des Schiedsspruchs am 20. Juni 2003 vereinbarte Prüfvereinbarung
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Die auf Grundlage des Schiedsspruchs am 20. Juni 2003 vereinbarte Prüfvereinbarung
trat am 1. Oktober 2002 in Kraft. Sie wurde abgelöst durch die Prüfvereinbarungen vom
22. Dezember 2005 und 20. April 2007. Diese enthielten in § 1 Nr. 1 jeweils
gleichlautende Regelungen entsprechend der Prüfvereinbarung vom 20. Juni 2003 mit
dem Zusatz, dass die Bestimmung hinsichtlich der in § 264 Abs. 1 SGB V genannten
Personen nicht angewandt werde, solange die Klage der KV gegen die Entscheidung des
Landesschiedsamtes anhängig sei und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung
fortdauere.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 7. Dezember 2005 den Beschluss des Beklagten zu
Nr. 1 des Beschlusstenors aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der
Schiedsspruch sei rechtswidrig. Zwar habe der Beklagte einen weiten
Gestaltungsspielraum, jedoch dürfe er nur das festsetzen, was auch die Parteien
vertraglich vereinbaren könnten. Für eine Regelung, mit der die Prüfgremien ermächtigt
werden, außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung tätig zu werden, bestehe keine
Rechtsgrundlage. § 106 SGB V erfasse nur die vertragsärztliche Versorgung, zu denen
die Behandlung von nichtversicherten Sozialhilfeempfängern nicht gehöre. § 38 Abs. 4
BSHG stelle ebenfalls keine geeignete Rechtsgrundlage dar. Zum einen sei bereits der
Wortlaut der Vorschrift unklar und ungenau. Zum anderen bestünden keine
Anhaltspunkte für einen Systembruch dahingehend, dass in der Ausgestaltung der
Beziehung zwischen Ärzten und Sozialhilfeträgern die Gremien der Selbstverwaltung
tätig werden sollen. Solches ergebe sich auch nicht aus der Begründung des
Gesetzesentwurfes. Aus diesem werde vielmehr deutlich, dass der Gesetzgeber die
unterschiedlichen Strukturen gesehen und deshalb keine vollständige Integration von
Sozialhilfeempfängern in das System der gesetzlichen Krankenversicherung
vorgenommen habe. Einer solche hätte es aber bedurft. Auch aus § 264 SGB V ergebe
sich nichts anderes. Wenn die Krankenkasse auftragsweise Leistungen für
Sozialhilfeempfänger erbringe, so würden diese damit nicht Leistungsempfänger der
GKV. Soweit sich die Beigeladene zu 2) auf die Vorschrift des § 2 Abs. 7 BMV-Ä beziehe,
so erfasse diese nur besondere Leistungen für Patienten, die bereits in die
vertragsärztliche Versorgung integriert seien. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 BMV-Ä seien
Leistungen, für die ein Träger der Unfall-, der Rentenversicherung, der Sozialhilfe oder
ein anderer Träger (z.B. Versorgungsbehörde) zuständig sei oder dem Arzt einen
Auftrag gegeben habe, aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen.
Gegen das Urteil haben der Beklagte (ihm zugestellt am 1. Februar 2006) am 21.
Februar 2006, der Beigeladene zu 1) (ihm zugestellt am 16. Januar 2006) am 15.
Februar 2006 und die Beigeladene zu 2) (ihr zugestellt am 26. Januar 2006) am 21.
Februar 2006 Berufung eingelegt.
Der Beklagte führt unter Berufung auf bisheriges Vorbringen aus, durch Schaffung des §
38 Abs. 4 BSHG sei zum 1. Juli 2001 eine Ermächtigung zur Einbeziehung der ärztlichen
Versorgung von Sozialhilfeempfängern in die Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt. Der
Beigeladene zu 2) bringt vor, die vom Sozialgericht angenommene Unklarheit der
Vorschrift bestehe nicht. Der Träger der Sozialhilfe habe die Möglichkeit erhalten, die
bestehenden Prüfsysteme anzuwenden. Dann habe er aber auch das Recht haben, die
erfassten Personenkreise in die Wirtschaftlichkeitsprüfung der GKV-Versicherten
einzubeziehen. Hier hätten sie und die Klägerin vereinbart, dass die ärztliche
Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erfolge und dass die
jeweiligen Prüfvereinbarungen Anwendung finden. Insoweit erfolge die Honorierung der
ärztlichen Behandlung von Sozialhilfeempfängern auch über die Klägerin. Der
Beigeladene zu 1) weist darauf hin, dass er durch das Urteil des Sozialgerichts
beschwert sei. Durch unwirtschaftliche Behandlungs- und Verordnungsweise könne dem
Sozialhilfeträger ein Schaden entstehen. Wenn er nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfung
einbezogen werden könne, sei es ihm nicht möglich, den Schaden geltend zu machen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 2005 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für rechtmäßig. Eine Übertragung der Prüfkompetenz
durch den zwischen ihr und der Beigeladenen zu 2) geschlossenen Gesamtvertrag vom
9. Dezember 1976 sei nicht möglich, u.a. weil die Vertragspartner der Prüfvereinbarung
die Landesverbände und nicht die einzelnen Krankenkassen seien. Durch die Einführung
des § 264 Abs. 2 bis 6 SGB V zum 1. Januar 2004 sei der praktische Anwendungsbereich
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des § 264 Abs. 2 bis 6 SGB V zum 1. Januar 2004 sei der praktische Anwendungsbereich
der Vorschrift gering geworden. Auf Grundlage der Prüfvereinbarung seien noch diverse
Prüfverfahren anhängig. Sie betreffen Anträge der Beigeladenen zu 2) aus dem
Zeitraum Juli/August 2003 auf Feststellung eines sonstigen Schadens und neun
Vertragsarztpraxen sowie eine Gesamtschadenssumme von 11.670,73 €. Da das
Sozialgericht Berlin die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet habe, hätten die
Prüfgremien über die Anträge noch nicht entscheiden können.
Die Beigeladenen zu 3) bis 6) haben sich nicht an dem Verfahren beteiligt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der
beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen sind zulässig. Auch kann der Beigeladene zu 1) - wie die anderen
Berufungsführer auch - sich auf eine materielle Beschwer durch das Urteil des
Sozialgerichts berufen. Eine solche liegt vor, wenn er geltend machen kann, durch die
Bindungswirkung des angefochtenen Urteils nach § 141 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
unmittelbar in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein (BSG, SozR 3-1500 § 75 Nr.
31). Als beigeladener Träger der Sozialhilfe hat er die Einbeziehung derjenigen Personen
in die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung begehrt, die ihm
gegenüber leistungsberechtigt sind und die er auftragsweise durch die Beigeladene zu 2)
betreuen lässt. Der angefochtene Schiedsspruch begünstigte ihn (mittelbar), da bei
Festsetzung eines Regresses gegen einen Vertragsarzt auf Grundlage der zwischen ihm
und der Beigeladenen zu 2) geschlossenen Vereinbarung eine Weiterreichung des
Regressbetrages an ihn in Betracht kommt. Damit erscheint eine Verletzung eines
eigenen Rechts im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG durch die vom Sozialgericht erfolgte
Aufhebung des Schiedsspruchs zumindest möglich.
Die Berufungen sind aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den
Schiedsspruch aufgehoben, da dieser rechtswidrig war.
I.
vertragsärztliche Versorgung zwischen einer Kassenärztlichen Vereinigung und
Krankenkassen durch ein Schiedsamt stellt einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des
Sozialgesetzbuchs/Zehntens Buch (SGB X) dar, den die Vertragspartner zulässiger
Weise im Klagewege angreifen können, wenn sie geltend machen können, der
Schiedsspruch sei rechtswidrig (Vgl. BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 20).Die Klägerin als
Vertragspartnerin der Prüfvereinbarung nach § 106 Abs. 2 S. 4 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB V
in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung kann geltend machen, durch den
Schiedsspruch in ihren Rechten verletzt zu sein und ist daher klagebefugt i.S.d. § 54 Abs.
1 S. 2 SGG. Richtige Klageart war die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage,
gerichtet auf Erlass eines neuen Schiedsspruchs. Denn nach Aufhebung des
Schiedsspruchs, wie sie vom SG vorgenommen wurde, tritt nicht automatisch die von
der Klägerin gewünschte Fassung der Prüfvereinbarung in Kraft. Es entstünde vielmehr
insoweit ein vertragsloser Zustand, so dass der Beklagte erneut einen Schiedsspruch
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fassen müsste. Es dürfte jedoch
unschädlich sein, dass die Klägerin einen reinen Anfechtungsantrag gestellt und das
Sozialgericht nur den Schiedsspruch aufgehoben hat, ohne den Beklagten zur erneuten
Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Denn
wegen des nach Aufhebung des Schiedsspruchs offenen Schiedsverfahrens ist der
Beklagte auch ohne ausdrückliche Verurteilung verpflichtet, erneut zu entscheiden.
Es ist auch keine Erledigung des Rechtsstreits durch zwischenzeitliche zum 1. Januar
2004 bzw. 1. Januar 2005 in Kraft getretene Rechtsänderungen oder aber auf Grund des
Inkrafttretens neuer Prüfvereinbarungen eingetreten. Eine Erledigung liegt allgemein vor,
wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegenstandslos macht oder eine Lage
eingetreten ist, die eine Entscheidung erübrigt oder ausschließt. Sie ist mit dem Wegfall
des Rechtsschutzinteresses gleichzusetzen (vgl. BSGE 42, 212 [216]).Von der
Wirksamkeit der auf Grundlage des Schiedsspruchs in Kraft getretenen Prüfvereinbarung
vom 20. Juni 2003 hängt noch der Ausgang von anhängigen Prüfverfahren wegen der
Feststellung eines sonstigen Schadens in Bezug auf die Behandlung nichtversicherter
Sozialhilfeempfänger ab, so dass der prozessuale Anspruch nicht gegenstandlos ist.
II.
Beklagte die sich aus § 106 SGB V und § 38 Abs. 4 BSHG ergebenden Grenzen seines
Gestaltungsspielraums nicht beachtet hat.
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Schiedssprüche unterliegen gemäß § 89 SGB V - auf Anfechtung der
Gesamtvertragsparteien hin - nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle
(vgl. BSG, SozR 4-2500 § 85 Nr 3, Rn. 11; BSG, SozR 4-5500 Art 11 Nr. 1, Rn. 11). Denn
das Schiedsamt hat bei der Festsetzung von Gesamtverträgen, zu denen auch die
Verträge über die Wirtschaftlichkeitsprüfung gehören, einen Gestaltungsspielraum. Seine
Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig
zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt
und haben Kompromisscharakter (vgl. vorgenannte BSG-Urteile, a.a.O.).
Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden
verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden
rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht wird geprüft, ob das
Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren
unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und sein Schiedsspruch die Gründe
für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist
darauf beschränkt, ob der vom Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt zutrifft
und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h.
insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (BSG, a.a.O.).
Hieran gemessen ist der Schiedsspruch materiell rechtswidrig, da die getroffene
Regelung vertraglich nicht durch die Gesamtvertragsparteien hätte getroffen werden
können. Denn die Einbeziehung in die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Leistungen für
Berechtigte, für die eine Krankenkasse die Krankenbehandlung nach § 264 SGB V in der
bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (a.F.) bzw. nach § 264 Abs. 1 SGB V in der
seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung übernommen hat, war unzulässig, da es an
einer Ermächtigungsgrundlage für eine derartige Einbeziehung fehlt. Bei der
Wirtschaftlichkeitsprüfung und den sich hieraus für Ärzte ergebenden Belastungen
handelt es sich um eine die Berufsausübung regelnde Maßnahme, weil sie zumindest
mittelbar den Umfang ärztlicher Tätigkeit und damit die Berufausübung im Sinne des
Art. 12 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes begrenzt (vgl. BSG, SozR 3-2500 3 106, Nr. 26).
Es gilt daher der Gesetzesvorbehalt, so dass es einer gesetzlichen und nicht nur
untergesetzlichen Ermächtigung bedarf. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei die zum
Zeitpunkt der Beschlussfassung geltende Rechtslage.
1.)
Vorschrift des § 106 Abs. 1 SGB V. Danach überwachen die Krankenkassen und die
Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung.
Diese umfasst aber nicht jegliches Tätigwerden eines Vertragsarztes, sondern allein die
ärztliche Behandlung von Versicherten der GKV. Nicht krankenversicherte Erwerbs- und
Arbeitslose, für die die Krankenkasse die Krankenbehandlung nach § 264 SGB V a.F. bzw.
§ 264 Abs. 1 SGB V übernimmt, sind jedoch keine Versicherten der GKV.
a.)
§ 106 SGB V unterfällt, nur die Behandlung von Versicherten der GKV zählt, ergibt sich
aus verschiedenen Normen des Vertragsarztrechts, die die Stellung der Versicherten im
System der vertragsärztlichen Versorgung regeln. So bestimmt z.B. § 70 Abs. 1 S. 1
SGB V, dass die Krankenkassen und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und
gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten haben. Nach Satz 2 der
Vorschrift muss die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein, darf
das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen
Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden. Nach § 72 Abs. 2 S. 1 SGB V wirken Ärzte,
Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen
zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Die
Versicherten können gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V unter den zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassenen Ärzten sowie den weiteren dort genannten Leistungsträgern
frei wählen.
Demgegenüber erweitert § 75 Abs. 6 SGB V den Sicherstellungsauftrag, indem die
Kassenärztlichen Vereinigungen ermächtigt werden, mit Zustimmung der
Aufsichtsbehörden weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung, insbesondere für andere
Träger der Sozialversicherung zu übernehmen. Damit werden auch andere als
Versicherte der GKV in den Sicherstellungsauftrag einbezogen, ohne dass diese
(vollständig) in das System der vertragsärztlichen Versorgung einbezogen werden (vgl.
SG Marburg, Urteil vom 29. März 2006, S 12 KA 638/05, zitiert nach juris, Rn. 28). Sie
erhalten zwar in diesem Rahmen Krankenbehandlung durch Vertragsärzte, werden
jedoch dadurch nicht Versicherte und damit Bestandteil der vertragsärztlichen
Versorgung.
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b.)
ausgelegt werden, dass die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die
Wirtschaftlichkeit der Vertragsärzte auch insoweit überwachen, als die Krankenkassen
die Behandlung für andere Personen als Versicherte der GKV übernehmen. § 106 SGB V
soll die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung steuern und damit das
Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 2 SGB V umsetzen. Dieses wiederum ist kein
Selbstzweck sondern dient der Verwirklichung des Grundsatzes der
Beitragssatzstabilität. Denn nach § 71 Abs. 1 S. 1 SGB V haben die Vertragspartner auf
Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer die Vereinbarungen über die
Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen
ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch
nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten. Die
Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung an den Personenkreis, für den die
Krankenkasse nach § 264 SGB V a.F. bzw. § 264 Abs. 1 SGB V die Krankenbehandlung
übernommen hat, ist jedoch nicht beitragssatzrelevant, da die Übernahme nur gegen
Ersatz der vollen Kosten erfolgen kann. Der Sozialhilfeträger hat daher jegliche
anfallende Kosten zu tragen, so dass eine nicht wirtschaftliche Behandlungsweise keine
finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkasse hat. Daher bedarf es nach Sinn und
Zweck des § 106 SGB V auch keiner Einbeziehung von Nichtversicherten in das von
Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen durch besondere Gremien
durchzuführende Prüfverfahren.
2.)
Abs. 1 BSHG in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung werden vom Träger der
Sozialhilfe Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem Drittel Kapitel, Fünften
Abschnitt, Ersten Titel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt. § 38 Abs. 4 BSHG
in der vom 1. Juli 2001 bis 31. Dezember 20003 geltenden Fassung (a.F.) bzw. § 38 Abs.
3 BSHG in der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung bestimmten – ebenso wie
nunmehr § 52 Abs. 3 des Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) –, dass bei der
Erbringung der Leistungen die für die gesetzlichen Krankenkassen nach dem Vierten
Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch geltenden Regelungen mit Ausnahme des
Zweiten Abschnitts des Dritten Titels anzuwenden sind. Diese Vorschriften regeln aber
nur das Verhältnis des Hilfeberechtigten gegenüber dem Träger der Sozialhilfe (vgl. SG
Marburg, a.a.O.). Sie überführen dabei das Leistungserbringerrecht der gesetzlichen
Krankenversicherung in das BSHG bzw. das SGB XII (vgl. Grube/Wahrendorf, Kommentar
zum SGB XII, 2. Auflage, § 52 Rn. 19) und konkretisieren damit den Inhalt des
Leistungsanspruchs des Hilfebedürftigen gegen den Träger der Sozialhilfe. Sie
implementieren dagegen nicht das Sozialhilfeleistungsrecht in das Vertragsarztrecht.
a.)
Recht mehrere Möglichkeiten, die Krankenbehandlung für nichtversicherte
Hilfebedürftige zu erbringen. Entweder erbrachte er die Leistungen in eigener
Zuständigkeit. Dann hatte er die sich aus § 38 Abs. 3 BSHG ergebenden
Einschränkungen des Leistungsanspruchs des Hilfebedürftigen zu beachten. In diesem
Rahmen konnte er mit der Kassenärztlichen Vereinigung Verträge über die
Sicherstellung nach § 75 Abs. 6 SGB V schließen. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei
einem solchen Vorgehen auf Grund der nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 3 BSHG
erfolgten Verweisung auf § 106 SGB V der Sozialhilfeträger, der insoweit an die Stelle der
Krankenkasse träte, und die Kassenärztliche Vereinbarung tatsächlich ermächtigt waren,
in entsprechender Anwendung des § 106 Abs. 3 S. 1 SGB V eine Vereinbarung über ein
Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu schließen (dagegen: SG Marburg, a.a.O.).
Denn der Beigeladene zu 1) und die Klägerin hatten eine derartige Vereinbarung gerade
nicht geschlossen. Der Träger der Sozialhilfe war seiner ihm nach den §§ 37, 38 BSHG
obliegenden Leistungsverpflichtung vielmehr in der Weise nachgekommen, dass er die
beigeladene Krankenkasse gemäß § 264 SGB V a.F. beauftragt hatte, für ihn die
Krankenbehandlung gegen Ersatz der vollen Kosten zu übernehmen. Bei einer
derartigen Vorgehensweise hatte er die Leistungserbringung aber vollständig aus der
Hand gegeben und damit keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Art und Weise der
Leistungserbringung mehr. Wenn aber die Krankenkasse die Leistungen
eigenverantwortlich erbringt, bedarf es einer Konkretisierung des Leistungsanspruchs
des Hilfeempfängers durch die Regelungen des BSHG nicht mehr, da die Krankenkasse
für die betroffenen Hilfeempfänger Leistungen wie für ihre eigenen Versicherten erbringt.
Die Verweisung des § 38 Abs. 3 BSHG auf das Leistungserbringerrecht des SGB V geht
bei einer auftragsweisen Erbringung der Krankenbehandlung durch die Krankenkasse
somit ins Leere. Da aber - wie unter 1. dargelegt - die Hilfeempfänger durch die
Beauftragung der Krankenkasse nicht Teil der vertragsärztlichen Versorgung werden,
findet für den hier betroffenen Personenkreis eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Ergebnis
nicht statt.
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b.)
Änderung der §§ 37, 38 BSHG zum 1. Juli 2001 (BT-DrS 14/5074, S. 122, 123). Aus ihr
wird allein deutlich, dass der Gesetzgeber eine Angleichung der Leistungsansprüche für
Hilfeempfänger und Versicherte der GKV beabsichtigte, um eine vermeintliche
leistungsrechtliche Besserstellung von Hilfeempfängern zu beseitigen. Dies ergibt sich
bereits aus der Einleitung der Begründung zu § 38 BSHG, nach der durch die
Gesetzesänderung klarer als bisher werden sollte, welche Leistungen der gesamten
Hilfen zu gewähren sind. Dass auch die Rechtsverhältnisse der Leistungserbringer zum
Träger der Sozialhilfe oder aber zu den Krankenkassen, soweit sie über § 264 die
Krankenhilfe erbringen, geregelt werden sollten, ergibt sich nicht. Die Begründung zu
Absatz 4 des § 38 BSHG verweist allein darauf, dass bei der Leistungserbringung (und
nicht etwa umfassend) das Leistungserbringerrecht der GKV Anwendung finden sollte.
Hier wird insbesondere auf die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen
Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche
Versorgung der Versicherten nach § 92 SGB V hingewiesen, die Leistungsansprüche der
Versicherten konkretisieren. Es ergibt sich aus der Begründung kein Hinweis darauf, dass
mit § 38 Abs. 4 BSHG die Hilfebedürftigen Teil der vertragsärztlichen Versorgung werden
sollten oder aber die Prüfgremien ermächtigt, für von der Krankenkasse im Wege des
Auftrags betreute Personen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu vereinbaren.
Daran ändert auch der Hinweis des Beklagten auf die Vorschrift des Art. 28 des bereits
zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) nichts.
Danach sollten vom 1. Januar 1997 an Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt
nach dem BSHG erhalten, mit Ausnahme von asylsuchenden Ausländern und ähnlichen
Personengruppen in die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 des SGB V einbezogen
werden. Dies stellte aber allein eine Absichtserklärung dar, die noch der Konkretisierung
durch ein besonderes Gesetz bedurfte (vgl. Art. 28 Abs. 2 GSG). Das Vorhaben wurde
jedoch niemals gesetzgeberisch verwirklicht, so dass Hilfebedürftige nach dem BSHG
bzw. nunmehr nach dem SGB XII weiterhin nicht der GKV angehören, soweit sie nicht aus
anderen Gründen freiwillig oder pflichtversichert sind. Unabhängig von den Gründen
hierfür ergibt sich daher aus dem Willen des Gesetzgebers des GSG nichts für die Frage,
ob die Vertragsparteien die nach § 264 SGB V a.F. auftragsweise Betreuten in die
Wirtschaftlichkeitsprüfung einbeziehen durften.
c.)
sich daran nichts geändert. Zwar hat die Krankenkasse nunmehr gemäß § 264 Abs. 2
SGB V die Krankenbehandlung vom Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis
Neunten Kapitel des Zwölften Buches, von Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach
§ 2 Asylbewerberleistungsgesetz und von Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach
dem Achten Buch, die nicht versichert sind, zu übernehmen. Gleichfalls hat der
Gesetzgeber bestimmt, dass die Gewährung von Krankenbehandlung durch die
Krankenkasse vorrangig vor der Leistungserbringung durch den Sozialhilfeträger ist.
Daher wird ein wesentlicher Teil der Hilfebedürftigen nach dem BSHG bzw. ab dem 1.
Januar 2005 nach dem SGB XII nunmehr kraft gesetzlichen Auftrags (vgl. hierzu: BSG,
Urteil vom 17. Juni 2008, B 1 KR 30/07 R, zitiert nach juris) von der Krankenkasse betreut.
Darüber, dass eine Einbeziehung dieses Personenkreises in die
Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgen kann, besteht zwischen den Vertragsparteien kein
Streit. Insoweit haben sie mit der Prüfvereinbarung vom 22. Dezember 2005
einvernehmlich die Einbeziehung geregelt. Dieser Personenkreis ist nicht Gegenstand
des Rechtsstreits. Hinsichtlich des von § 264 Abs. 1 SGB V noch erfassten
Personenkreises, für den die Krankenkasse weiterhin nur auf Grund eines vertraglichen
Auftrags Krankenhilfe erbringt, hat sich indes keine Änderung ergeben. Dieser
Personenkreis dürfte praktisch aber nur eine geringe Bedeutung haben.
d.)
Erwägung: § 106 Abs. 4a S. 7 SGB V in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung
bestimmt, dass die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung die Kosten der
Prüfgremien jeweils zur Hälfte tragen. Bei einer Einbeziehung würden die Kosten der
Wirtschaftlichkeitsprüfung bezüglich des hier in Rede stehenden Personenkreises nicht
nur der beauftragten Krankenkasse, sondern allen Krankenkassen und somit
systemwidrig der Versichertengemeinschaft der GKV aufgebürdet. Eine Umwälzung
derartiger Kosten, die den Sozialhilfeträger wirtschaftlich zu Gute kommt, auf die
Versichertengemeinschaft hätte eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfordert.
3.)
schließlich auch nicht aus § 2 Abs. 7 BMV-Ä. Unabhängig davon, dass nach Auffassung
des Senats die Vorschrift nicht den Personenkreis regelt, für den Leistungen im Rahmen
der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden können, sondern allein die
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der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden können, sondern allein die
Leistungen, die ihrer Art nach Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, kann
die Vorschrift aus folgendem Grund keine Ermächtigung darstellen: Bei dem
Bundesmantelvertrag handelt es sich um einen Normsetzungsvertrag (vgl. BSGE 71,
42). Dessen Regelungen müssen an die gesetzliche Ermächtigung halten und dürfen
nicht gegen Gesetzesrecht verstoßen. Soweit ein Normsetzungsvertrag eine die
Berufsausübung regelnde Maßnahme im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG enthält,
bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigung, die hier – wie oben dargelegt – fehlt. Die
untergesetzliche Norm des BMV-Ä kann daher keine Ermächtigungsgrundlage für eine
Wirtschaftlichkeitsprüfung in Bezug auf die Behandlung von nicht in der GKV versicherten
Personen darstellen.
Gleiches gilt für den zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2)
geschlossenen Vertrag sowie für den zwischen der Klägerin und der Beigeladenen
geschlossenen Gesamtvertrag aus dem Jahre 1976. Unabhängig davon, ob diese
vertraglichen Regelungen überhaupt einschlägig wären, könnten sie als Vertragsnormen
keine Ermächtigungsgrundlage für eine gesetzlich nicht vorgesehene
Wirtschaftlichkeitsprüfung darstellen.
4.)
Prüfvereinbarung die Grenzen des § 38 Abs. 4 BSHG a.F. bzw. § 37 Abs. 3 BSHG, § 52
Abs. 3 SGB XII und führte daher zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs.
Ein wesentlicher Teil der Prüfungsvereinbarung ist die arztbezogene Prüfung bei
Überschreitung der Richtgrößen (§ 18 der Prüfvereinbarung). Diese basieren auf den
nach § 84 Abs. 6 SGB V zu vereinbarenden Richtgrößenvolumina, deren Überschreitung
die Wirtschaftlichkeitsprüfung auslöst (§ 84 Abs. 6 letzter Satz SGB V in der bis 27.
November 2003 geltenden Fassung). Wie bereits unter 2a) dargelegt, ist wegen der
unterschiedlichen Strukturen der Leistungsträger die Anwendung der §§ 82 bis 87d SGB
V durch § 38 Abs. 4 BSHG ausdrücklich ausgeschlossen. Damit können
Richtgrößenvolumina für die Versorgung von nichtversicherten Arbeits- und
Erwerbslosen, die nach § 264 SGB V a.F. von der Krankenkasse betreut werden, nicht
vereinbart werden, weder von dem Sozialhilfeträger noch von den
Gesamtvertragsparteien. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-DrS 14/5074,
S. 123) sollten Budgetierungsregelungen gerade keine Anwendung finden. Damit ist
aber einer Wirtschaftlichkeitsprüfung insbesondere nach Richtgrößen der Boden
entzogen.
Mit der Fassung des § 1 der Prüfvereinbarung, die diese durch den Schiedsspruch
erhalten hat, wird die gesamte Prüfvereinbarung auch für Leistungen an die nach § 264
SGB V a.F. Leistungsberechtigten anwendbar und damit auch die Richtgrößenprüfung
des § 18. Mit der konkreten durch den Schiedsspruch ausgestalteten Fassung des § 18
werden dagegen sogar ausdrücklich die nach § 264 SGB V a.F. betreuten Personen als
richtgrößenrelevant angesehen.
III.
Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gründe für die Zulassung der
Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, insbesondere hat die Rechtssache in
Anbetracht der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen zum 1. Januar 2004
und 1. Januar 2005 keine grundsätzliche Bedeutung.
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