Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

LSG Berlin-Brandenburg: abkommen über soziale sicherheit, aufenthalt im ausland, eintritt des versicherungsfalles, freizügigkeit, verordnung, eugh, altersrente, europarecht, ewr, rumänien

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 1 RA 34/01 W05
Dokumenttyp:
EuGH-Vorlage
Quelle:
Normen:
§ 110 Abs 2 SGB 6, § 110 Abs 3
SGB 6, § 113 Abs 1 SGB 6, § 272
SGB 6, Art 4 Abs 1 S 1
SozSichAbk AUT
Antrag auf Vorabentscheidung durch den EuGH - Rentenzahlung
nach Österreich bei Wohnsitznahme im Jahr 1970 -
Gebietsgleichstellung - Freizügigkeitsgebot
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte dem in Österreich wohnenden Kläger eine Altersrente zu
zahlen hat.
Der 1936 in Rumänien geborene Kläger siedelte 1970 von dort nach Österreich aus. Er
besitzt die österreichische Staatsangehörigkeit und ist in Deutschland als Vertriebener
anerkannt. Die Beklagte erkannte durch Bescheid vom 9. November 1995 in Rumänien
zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG)
zwischen September 1953 und Oktober 1970 als Pflichtbeitragszeiten an (202 Monate).
Auf den Antrag des Klägers vom Juni 1999, ihm vom 1. August 1999 an Altersrente
wegen Vollendung des 63. Lebensjahres zu gewähren, erteilte die Beklagte den Bescheid
vom 16. September 1999 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2000
-, mit dem sie die Zahlung einer Rente ablehnte. Allein aus den Fremdrentenzeiten
könne keine Rente ins Ausland gezahlt werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht
aus den EWG-Verordnungen, die das bisher geltende deutsch-österreichische
Sozialversicherungsabkommen (Abk Österreich SozVers 1966) abgelöst hätten.
Durch Urteil vom 9. Juli 2001 wies das Sozialgericht (SG) Berlin die dagegen gerichtete
Klage ab.
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, bis zum 31. Dezember 1993 sei er nach
dem Abk Österreich SozVers 1966 als in Österreich lebender Österreicher einem in
Deutschland lebenden Deutschen gleichgestellt gewesen (Art 4 Abs 1 Abk Österreich
SozVers 1966). Dadurch dass das Abk Österreich SozVers 1966 zum 1. Januar 1994
durch die EWG-Verordnung (EWGV) 1408/71 abgelöst worden sei und danach die
Aufhebung der Wohnortklausel nur noch mit Einschränkungen gelte (Anhang III Teil A und
B jeweils Nr 35 Deutschland – Österreich Buchst e sowie Anhang VI C. Deutschland Nr 1
zur EWGV 1408/71), dürfe er nicht schlechter gestellt werden. Dies verstoße gegen die
Freizügigkeitsbestimmungen der Europäischen Gemeinschaft (EG).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Juli 2001 sowie den Bescheid vom 16.
September 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2000
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 1999 Altersrente wegen
Vollendung des 63. Lebensjahres zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren ist auszusetzen.
Der Senat sieht sich an einer Entscheidung des Rechtsstreits dadurch gehindert, dass
die aus dem Entscheidungssatz ersichtliche Frage zu verneinen sein könnte und legt sie
deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vor.
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Nach dem anzuwendenden deutschen Recht können – wie die Beklagte und die
Vorinstanz zutreffend ausgeführt haben – Renten, die auf FRG-Zeiten beruhen, nicht in
das Ausland gezahlt werden. Allerdings könnten die einem entsprechenden
Rentenexport entgegenstehenden Vorschriften des nationalen Rechts (§§ 110 Abs 2,
113 Abs 1, 272 Sozialgesetzbuch (SGB) VI) wegen Weitergeltung des Privilegs der
"uneingeschränkten Gebietsgleichstellung" in § 4 Abs 1 Satz 1 Abk Österreich SozVers
1966 trotz des Beitritts Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) am 1.
Januar 1994 und zur Europäischen Union (EU) am 1. Januar 1995 (mit grundsätzlicher
Geltung der EWGV 1408/71 ab 1. Januar 1994) nicht anwendbar sein. Demgegenüber
vertreten die Beklagte und die Vorinstanz die Ansicht, aus Anhang VI C. Deutschland Nr
1 EWGV 1408/71 folge für Berechtigte, die außerhalb Deutschlands ihren ständigen
Aufenthalt hätten oder nähmen, die Einschränkung des Art 10 EWGV 1408/71
(Aufhebung der Wohnortklausel) in Bezug auf Leistungen aus Zeiten, die außerhalb des
Gebiets der Bundesrepublik Deutschland eingetreten bzw. zurückgelegt seien; die
Übergangsregelungen des Anhangs III Teil A und B jeweils Nr 35 Buchst e durchbrächen
den Grundsatz des Inkraftsetzens der EWGV 1408/71 ab 1. Januar 1994 nur nach
Maßgabe ihrer hier nicht erfüllten Voraussetzungen. Dass die genannten Bestimmungen
der EWGV 1408/71 mit höherrangigem Europarecht unvereinbar sein könnten, sehen die
Beklagte und die Vorinstanz nicht.
Im Einzelnen gilt folgendes:
Die Leistungen an Berechtigte im Ausland sind im Zweiten Kapitel, Fünfter Abschnitt des
SGB VI geregelt. Gemäß § 110 Abs 2 SGB VI erhalten Berechtigte, die ihren
gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, Rentenleistungen, soweit nicht die folgenden
Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland etwas anderes bestimmen. Im
Fall des Klägers ist insoweit § 113 Abs 1 SGB VI einschlägig: Gemäß § 113 Abs 1 Nr 1
SGB VI werden für Leistungen an Berechtigte im Ausland persönliche Entgeltpunkte (nur)
ermittelt aus Entgeltpunkten für Bundesgebiets-Beitragszeiten.
Die insoweit geltende Ausnahme des § 272 SGB VI (Fassung bis 31.07.2004) wirkt sich
nicht zugunsten des Klägers aus; hiernach werden für berechtigte Deutsche, die vor dem
19. Mai 1950 geboren sind und vor dem 19. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im
Ausland genommen haben, auch Entgeltpunkte für Beitragszeiten nach dem FRG
ermittelt, jedoch begrenzt auf die Höhe der Entgeltpunkte für Bundesgebiets-
Beitragszeiten.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch könnte sich jedoch aus dem nach § 110
Abs 3 SGB VI vorrangigen über- oder zwischenstaatlichem Recht ergeben, insbesondere
aus dem Abk Österreich SozVers 1966. Art 4 Abs 1 Satz 1 Abk Österreich SozVers 1966
regelt die Gebietsgleichstellung Österreichs mit Deutschland:
"So weit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, gelten die Rechtsvorschriften
eines Vertragsstaates, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen oder
die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom
Inlandsaufenthalt abhängig ist, nicht für die in Art 3 genannten Personen, die sich im
Gebiete des anderen Vertragsstaates aufhalten."
Art 3 Buchst a des Abkommens bestimmt die Anwendbarkeit der Rechtsvorschriften für
die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten; hierzu gehört auch der Kläger. Zweifelhaft
ist wiederum, ob die og Bestimmung – nach dem Beitritt Österreichs zum EWR ab 1.
Januar 1994 – zugunsten des Klägers fortgilt.
Seit dem Beitritt Österreichs zum EWR findet die EWGV 1408/71 für Österreich
Anwendung (Art 6 EWGV 1408/71). Diese Verordnung enthält in ihrem Art 10 Abs 1 zwar
eine – dem Art 4 Abs 1 Satz 1 Abk Österreich SozVers 1966 ent-sprechende –
Gebietsgleichstellung. Nach Anhang VI C. Nr 1 Deutschland zur EWGV 1408/71 berührt
Art 10 der Verordnung aber nicht die Rechtsvorschriften, nach denen aus Zeiten, die
außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt sind, Leistungen
an Berechtigte außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht oder nur unter
bestimmten Voraussetzungen gezahlt werden. Die Aufhebung der Wohnortklausel in Art
10 Abs 1 EWGV 1408/71 wird mithin durch diese Anhangbestimmung hinsichtlich
Reichsgebiets-Beitragszeiten bzw. FRG-Zeiten grundsätzlich außer Kraft gesetzt. Hiervon
gilt jedoch – gerade zu Art 4 Abs 1 Satz 1 Abk Österreich SozVers 1966 – eine
Ausnahme: In Anhang III Teil A und B sind Bestimmungen aus Abkommen über soziale
Sicherheit genannt, die unbeschadet des Art 6 der Verordnung (Teil A) weiter gelten,
bzw. fortgeltende Bestimmungen aus Abkommen, deren Geltungsbereich nicht alle
Personen umfasst, auf die die Verordnung anzuwenden ist (Teil B); beide Teile führen
unter Nr 35 Buchst e im Hinblick auf das Abk Österreich SozVers 1966 auf:
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"Artikel 4 Absatz 1 … in bezug auf die deutschen Rechtsvorschriften, nach denen Unfälle
(und Berufskrankheiten), die außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik
Deutschland eingetreten sind, sowie Zeiten, die außerhalb dieses Hoheitsgebietes
zurückgelegt werden, keinen Anspruch auf Leistungen begründen, bzw. einen solchen
nur unter bestimmten Bedingungen begründen, wenn die Berechtigten ihren Wohnsitz
außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland haben, und zwar in
Fällen, in denen:
i) die Leistungen am 1. Januar 1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden
können,
ii) die betreffende Person vor dem 1. Januar 1994 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in
Österreich genommen hat und die Leistung aus der Renten- und Unfallversicherung bis
zum 31. Dezember 1994 beginnt; dies gilt auch für Zeiten eines weiteren Rentenbezugs
einschließlich einer die erste Rente ersetzenden Hinterbliebenenrente, wenn sich die
Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen."
Der Kläger erfüllt keine dieser beiden alternativen Voraussetzungen, weil er weder am 1.
Januar 1994 noch bis zum 31. Dezember 1994 bereits leistungsberechtigt war.
2. Doch bleibt zu prüfen, ob die genannten Vorschriften sowie der Anhang VI C.
Deutschland Nr 1 zur EWGV 1408/71 – jedenfalls in der beim Kläger gegebenen
Fallgestaltung – gegen höherrangiges Europarecht verstoßen.
Nach Anhang VI C. Deutschland Nr 1 zur EWGV 1408/71 berührt die
Gebietsgleichstellung des Art 10 EWGV 1408/71 nicht die Rechtsvorschriften, nach denen
(ua)
"aus Zeiten, die außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland …
zurückgelegt sind, Leistungen an Berechtigte außerhalb der Bundesrepublik Deutschland
nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen gezahlt werden."
Diese allgemeine Regelung schlösse die Zahlung von Rentenleistungen aus FRG-Zeiten
des Versicherten an den in Österreich wohnenden Kläger aus, wenn die oben genannten
– speziellen – Übergangsvorschriften nach Anhang III ihrerseits wegen Verstoßes gegen
höherrangiges Recht unbeachtlich wären; sie muss deshalb ebenfalls
Prüfungsgegenstand sein.
Bedenken gegen die Vereinbarkeit der genannten Normen mit höherrangigem Recht
ergeben sich aus dem in Art 8 a, 48 und 51 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft – EGVtr – (nach Änderung jetzt Art 18, 39 und 42 EGVtr)
geregelten Recht auf Freizügigkeit. Zu dem hierdurch geschützten Personenkreis zählen
nicht nur die Arbeitnehmer im engeren Sinne, sondern auch die Rentner
(„Arbeitnehmer" i.S. des Art 1 Buchst a EWGV 1408/71). Damit ist insoweit konkret zu
prüfen, ob (a) die genannten Übergangsvorschriften und (b) Anhang VI C. Deutschland
Nr 1 zur EWGV 1408/71 mit dem Recht auf Freizügigkeit in Einklang stehen.
a) Der Prüfungsmaßstab zu Vorschriften, die Vergünstigungen aus solchen bilateralen
Vereinbarungen abschaffen, die durch Europarecht (hier durch die Bestimmungen der
ab 1. Januar 1994 auch in Österreich geltenden EWGV 1408/71) abgelöst wurden (vgl. Art
6 Buchst a EWGV 1408/71), ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) in der Rechtssache Thevenon (Urteil vom 9. November 1995 – C-475/93, EuGHE I
1995, 3813 RdNr 36 = SozR 3-6030 Art 48 Nr 9). Hiernach bleiben frühere
Vergünstigungen aus bilateralen Abkommen über soziale Sicherheit nur dann entgegen
Art 6 EWGV 1408/71 anwendbar, wenn „besondere Umstände" vorliegen. Solche
„besonderen Umstände" hatte – wie mit dem Urteil Thevenon klargestellt – der EuGH
zuvor (in der Rechtssache Rönfeldt, Urteil vom 7. Februar 1991, EuGHE I 1981, 323 =
SozR 3-6030 Art 48 Nr 3) darin gesehen, dass ein Arbeitnehmer sein Recht auf
Freizügigkeit bereits vor Inkrafttreten der EWGV 1408/71 für seine Fallgestaltung
ausgeübt hatte; nur dann bewirke jenes Inkrafttreten einen Verlust an Vergünstigungen
der sozialen Sicherheit (vgl zuletzt auch Rechtssache Thelen – EuGH Urteil vom 9.
November 2000 – C – 75/99 – EuGHE I 2000, 9399).
Diese Voraussetzungen dürfte der Kläger im vorliegenden Fall erfüllen. Zwar hat der
Kläger sein Recht auf Freizügigkeit vor dem 1. Januar 1994 nicht in der Weise ausgeübt,
dass er vor diesem Zeitpunkt – wie ein Wanderarbeitnehmer – aus der Bundesrepublik
Deutschland nach Österreich zuzog. Vielmehr ist er direkt aus dem Vertreibungsgebiet
Rumänien nach Österreich zugezogen und dort wohnhaft geblieben, ohne den Umweg
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Rumänien nach Österreich zugezogen und dort wohnhaft geblieben, ohne den Umweg
über die Bundesrepublik Deutschland. Indes dürfte er auch dadurch vor Inkrafttreten der
EWGV 1408/71 sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt und jenes Inkrafttreten deshalb
einen Verlust an Vergünstigungen der sozialen Sicherheit bewirkt haben. Denn bis dahin
war das Abk Österreich SozVers 1966 in Kraft, wonach die deutschen Rechtsvorschriften,
nach denen die Zahlung von Geldleistungen (hier: Rentenleistungen) vom
Inlandsaufenthalt abhängig ist, nicht für ihn als sich in Österreich aufhaltende Person
österreichischer Staatsangehörigkeit galten. Er hatte also eine Rechtsposition erlangt,
der zufolge ihm seine Entscheidung, statt in der Bundesrepublik Deutschland in
Österreich zu leben und zu arbeiten, hinsichtlich seiner Zahlungsansprüche aus
Fremdrentenzeiten bei Eintritt des Versicherungsfalles des Alters nicht zum Nachteil
gereichen konnte.
Im Übrigen beruhen die vom Kläger auf der Grundlage des FRG erworbenen
Fremdrentenzeiten auf dem Gedanken der Eingliederung Versicherter mit FRG-Zeiten in
das System der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. D.h. diese Versicherten
sollen im Grundsatz so gestellt werden, als hätten sie ihre im Fremdrentengebiet
erworbenen Versicherungszeiten in Deutschland zurückgelegt. Auch von daher dürfte
davon auszugehen sein, dass der Kläger sein Recht auf Freizügigkeit durch den Zuzug
nach bzw. sein Verbleiben in Österreich bereits ausgeübt hatte.
b) Ebenfalls gegen das Recht auf Freizügigkeit (hier das Leistungsexportverbot des Art
51 EGVtr, nach Änderung jetzt Art 42 EGVtr) könnte nach Auffassung des vorlegenden
Senats die Regelung in Anhang VI C. Deutschland Nr 1 EWGV 1408/71 verstoßen. Diese
bewirkt, dass im Fall des Klägers dessen Altersrente, weil sie ausschließlich auf FRG-
Zeiten beruht, nicht in andere Mitgliedsstaaten gezahlt wird.
Dieses Ergebnis wird nicht bereits durch Art 10 a in Verbindung mit Art 4 Abs 2 a EWGV
1408/71 gerechtfertigt. Gemäß Art 10 a EWGV 1408/71 erhalten die Personen, für die
diese Verordnung gilt, ungeachtet der Bestimmungen in Art 10 und Titel III die in Art 4
Abs 2 a aufgeführten beitragsunabhängigen Sonderleistungen in bar ausschließlich in
dem Wohnmitgliedstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften, sofern diese Leistungen im
Anhang II a aufgeführt sind. Auch ohne Beitragsleistung zum (verpflichteten)
bundesdeutschen Rentenversicherungsträger sind FRG-Zeiten dem Art 10 a EWGV
1408/71 aber nicht zuzuordnen. Denn die Rente nach deutschem Recht – auch unter
Anrechnung von FRG-Zeiten – fällt nicht unter „Sonderleistungen" im Sinne des Art 4
Abs. 2 a EWGV 1408/71, sondern unter das System der Leistungen bei Alter im Sinne
des Art 4 Abs 1 Buchst c EWGV 1408/71. Auch in Bezug auf Leistungen bei Alter aus
FRG-Zeiten kommt daher das Exportgebot des Art 10 EWGV 1408/71 zur Anwendung.
Ebenso wenig dürfte es sich bei Leistungen aus Fremdrentenzeiten um Leistungen aus
einem „Leistungssystem für Opfer des Krieges" handeln, auf das gemäß Art 4 Abs 4
EWGV 1408/71 die Verordnung – und damit auch deren Anhang III – keine Anwendung
findet (vgl aber EuGH Urteil vom
22. Februar 1979 – 144/78 – EuGHE I 1979, 757 = SozR 6050 Allg Nr 1). Vielmehr dienen
die Vorschriften des FRG – wie schon gesagt – gerade der Eingliederung Versicherter mit
FRG-Zeiten in das System der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, wobei allein
für so genannte Spätaussiedler zweifelhaft ist, ob das Eingliederungsprinzip – bei
fraglichem Eigentumsschutz von FRG-Zeiten nach Art 14 Grundgesetz –
einschränkungslos in alle Zukunft festzuschreiben ist (vgl Urteile des
Bundessozialgerichts vom 1. Dezember 1999 – B 5 RJ 26/98 R = SozR 3-5050 § 22 Nr 7
und B 5 RJ 24/98 R sowie Zuleeg-Feuerhahn, EuroAS 1995, 204, 205 – zur Frage der
Überprüfung der leistungsbegrenzenden Anhangsregelung).
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