Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 06.05.2006
LSG Berlin-Brandenburg: freistellung von der arbeit, ausbildung, hippotherapie, versicherungsschutz, training, unfallversicherung, arbeitsunfall, reittherapie, anerkennung, auskunft
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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
31. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 31 U 480/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 Nr 2 SGB 7, § 8 Abs 1
SGB 7
Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall - Fortbildung -
organisatorischer Verantwortungsbereich der Fortbildungsstätte
- sachlicher Zusammenhang - eigenwirtschaftliche Tätigkeit -
berufliche Zusatzausbildung - Hippotherapie - privates
Reittraining - Physiotherapeutin an Förderschule für geistig
Behinderte
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 06. Mai 2006
wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung eines Ereignisses vom 27. Mai 2004 als
Arbeitsunfall.
Die 1978 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt beim Gesundheitsamt der Stadt
Cottbus als Physiotherapeutin beschäftigt. Sie arbeitete an der Sschule-Förderschule für
geistig Behinderte. Um an dieser Schule mit den Schülern die Hippotherapie
durchführen zu können, bedurfte sie der beruflichen Zusatzausbildung „Hippotherapie“,
die vom De. V. angeboten wurde. Die Lehrgänge fanden vom 06. bis 13. Dezember 2003
und vom 24. Juni bis 03. Juli 2004 statt und beinhalteten einen reiterlichen Grundkurs mit
Prüfung sowie einen physiotherapeutisch-medizinischen Teil. Voraussetzung für die
Zulassung zu den Lehrgängen und den Prüfungen war u. a. der Besitz des deutschen
Reitabzeichens Klasse III, welches die Klägerin am 15. November 2003 erworben hatte.
Nachdem die Klägerin am ersten Lehrgang vom 06. bis 13. Dezember 2003 erfolgreich
teilgenommen hatte (Bescheinigung vom 23. Juni 2004), trainierte sie am Unfalltag nach
ihren Angaben auf dem Reiterhof in K des R- Me. V. unter Aufsicht ihres Reitlehrers, des
Zeugen K, für die während des zweiten Lehrgangs vom 24. Juni bis 03. Juli vorgesehene
reiterliche Prüfung, die sie gemäß des Weiterbildungsnachweises ohne Datum auch
bestand.
Als sie am Unfalltag mit einem braunen Wallach zum Abschluss der Reitstunde auf ein
etwa 80 cm hohes Hindernis zuritt, um dieses zu überspringen, stoppte das Pferd aus
dem Galopp heraus und warf die Klägerin ab. Beim Sturz zog sie sich eine dislozierte
Radiusköpfchenfraktur des Ellenbogengelenks links zu.
Nach Auskunft vom 26. Juli 2004 des RM e. V. erlitt die Klägerin den Unfall auf einem
Pferd des Herrn S, an dem sie eine Reitbeteiligung hatte.
Der Arbeitgeber teilte in der Auskunft vom 22. Juli 2004 mit, dass eine Delegierung zum
Lehrgang der Zusatzausbildung „Hippotherapie“ wegen fehlender finanzieller Mittel nicht
erfolgt sei. Die Ausbildung sei zwar wünschenswert, aber nicht zwingend gewesen.
Berufliche Konsequenzen für die Klägerin hätte es auch für den Fall nicht gegeben, dass
sie die Zusatzausbildung nicht absolviert hätte. Die Kosten der Ausbildung in Höhe von
etwa 2.000 Euro seien vom Arbeitgeber daher auch nicht übernommen worden. Es sei
eine Freistellung von der Arbeit erfolgt. Bereits vor dem Lehrgang habe die Klägerin
Reittherapie nach Anleitung der Hippotherapeutin Frau U auf dem Reiterhof in S
durchgeführt. Aus der Sicht des Arbeitgebers liege ein Freizeitunfall vor. Nach Auskunft
des De. V. sei für den Abschlusskurs vom 24. Juni bis 03. Juli 2004 auch kein Reit- bzw.
Springtraining notwendig gewesen.
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Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren demgegenüber darauf hingewiesen, dass ihre
Stellenbeschreibung die Ausübung der Hippotherapie bereits beinhalte, der Arbeitgeber
die Kosten für das Informationswochenende über die Hippotherapie getragen habe und
die Ausbildung daher in seinem Interesse gelegen habe.
Das D e. V. bestätigte mit Schreiben vom 14. Juli 2004, dass ein Therapiepferd
ausgeglichen sein müsse und deshalb Ausgleichsarbeit durchzuführen sei, zu der auch
Sprünge gehörten, weil diese das Pferd gymnastizierten.
Mit Bescheid vom 24. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
28. April 2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 27. Mai 2004
als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, die Ermittlungen hätten ergeben,
dass die Klägerin sich in der Zusatzqualifikation zur Hippotherapeutin befunden habe.
Die Ausbildung sei aus ihrer eigenen Initiative heraus erfolgt, nicht aber auf
Veranlassung des Arbeitgebers. Voraussetzung für die Anerkennung eines
Versicherungsfalls sei es jedoch, dass die Teilnahme an der Aus- bzw. Fortbildung auf
Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt und somit dem vertragsgebundenen abhängigen
Beschäftigungsverhältnis zugerechnet werden könne. Am Unfalltag habe ihr Dienst an
der Förderschule für geistig Behinderte in C um 15.00 Uhr geendet, der Unfall habe sich
jedoch erst um 18.30 Uhr ereignet. Es lasse sich zweifelsfrei feststellen, dass das
Springreiten zum Unfallzeitpunkt nicht mehr den eigentlichen betrieblichen Interessen
entsprochen habe, zumal das Reittraining zum Unfallzeitpunkt auch nicht im Zuge der
Hippotherapeutenausbildung bzw. auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt sei.
Insoweit stehe fest, dass für die Absolvierung des Abschlusskurses vom 24. Juni bis 03.
Juli 2004 ein Reittraining nicht erforderlich gewesen sei. Das Reitabzeichen der Klasse III
als Voraussetzung zur Zulassung zur Ausbildung zur Hippotherapie habe die Klägerin
bereits besessen. Der Ausbildungsträger habe mit Schreiben vom 22. Juli 2004
mitgeteilt, dass durch die Lehrgangsleitung kein Auftrag vorgelegen habe, außerhalb des
Lehrganges Springreiten im Privatbereich zu üben. Herr S, der Besitzer des Reiterhofs K
habe mitgeteilt, dass die Klägerin seit 01. Juli 2003 Mitglied des R M e. V. sei und ca. ein
bis zweimal pro Woche am Reittraining bzw. zwei- bis dreimal im Monat am
Springtraining teilnehme. Ein Zusammenhang des Reittrainings mit der Vorbereitung auf
die Abschlussprüfung zur Hippotherapeutin könne daher nicht angenommen werden.
Eine Rücksprache mit dem Veranstalter für den Abschlusskurs habe ergeben, dass keine
Trainingseinheiten erforderlich gewesen seien. Daran ändere sich auch nichts, dass das
Springreiten als Ausgleichsarbeit für die Gymnastizierung des Tieres angesehen werden
könne. Denn zum Unfallzeitpunkt habe die Klägerin kein Therapiepferd geritten, sondern
den braunen Wallach, an dem sie eine Reitbeteiligung gehabt habe. Tätigkeiten
außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs einer Ausbildungsstätte
stünden jedoch nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, da sie nicht
auf Veranlassung und nicht unter Aufsicht des De. V. durchgeführt worden seien. Damit
stehe fest, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt aus privaten Gründen als
Vereinsmitglied Reittraining absolviert habe.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat die Klägerin geltend
gemacht, sie habe am 27. Mai 2004 nach dem Springtraining mit dem Pferd
Langzügelarbeit durchführen wollen und habe es deshalb gymnastizieren müssen. Die
Langzügelarbeit sei, wie sich aus dem Anforderungsprofil des D e. V. ergebe,
prüfungsrelevant gewesen.
Mit Urteil vom 06. März 2006 hat das Sozialgericht Cottbus die Klage abgewiesen. Nach
§ 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (SGB VII) seien Arbeitsunfälle Unfälle
von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII
begründenden Tätigkeit. Lediglich im Rahmen der versicherten Tätigkeit bestehe
Unfallversicherungsschutz. Nach Auffassung des Gerichts sei die Fortbildung eines
Betriebsangehörigen im Rahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 8 c SGB VII versichert. Sie
diene regelmäßig überwiegend privaten Interessen, und zwar nicht nur, wenn es sich um
eine allgemeine Weiterbildung handele, sondern auch, wenn sie den Fachbereich der
eigentlichen Betriebstätigkeit betreffe. Diese Auffassung korrespondiere mit einem Urteil
des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. September 1970, nach dem die Herstellung
eines Meisterstücks durch einen Betriebsangehörigen außerhalb der Arbeitszeit mit
Erlaubnis des Unternehmers in dessen Betrieb mit dem Arbeitsverhältnis in keinem
wesentlichen ursächlichen Zusammenhang stehe und daher keinen
Versicherungsschutz begründe (BSG, Urteil vom 30. September 1970, Az.: 2 RU
265/67). Eine Ausnahme hiervon gelte nur, wenn ein Lehrgang aufgrund einer Weisung
des Arbeitgebers besucht werde oder die betreffende Fortbildungsveranstaltung von
dem Betrieb veranstaltet werde. Darüber hinaus bestehe Versicherungsschutz, wenn der
Besuch einer Fortbildungsveranstaltung wesentlich den Interessen des Unternehmers
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Besuch einer Fortbildungsveranstaltung wesentlich den Interessen des Unternehmers
diene, und zwar auch dann, wenn sie nicht vom Betrieb durchgeführt werde. Für den Fall
der Klägerin ergebe sich daraus, dass der Besuch der von dem De. V. angebotenen
Fortbildungsveranstaltung dem Versicherungsschutz unterliege, da hierin eine ähnliche
Einrichtung wie eine Betriebsstätte, Lehrwerkstätte oder ein Schulungskurs im Sinne des
§ 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII gesehen werden könne. Insoweit liege ein Schulungskurs nach
der genannten Vorschrift vor oder wenigstens eine diese ähnliche Einrichtung, soweit ein
organisatorischer Zusammenhang erkennbar sei, unter dessen Zuhilfenahme der
Umfang der Tätigkeit, die einem Versicherungsschutz unterliegen, sichtbar werde. Dies
sei aber bei vorbereitenden Übungen, die die Klägerin hier zwischen den
Schulungskursen selbständig und nach eigener Planung durchgeführt habe, nicht
gegeben. Dabei unterstelle das Gericht als wahr, dass die Klägerin tatsächlich im
Anschluss an das von ihr vorgenommene Springtraining Langzügelarbeit in Vorbereitung
des zu besuchenden Abschlusskurses habe durchführten wollen. Da das Begehren der
Klägerin aber selbst bei dieser Annahme keinen Erfolg haben könne, habe es einer
weiteren Beweisaufnahme nicht bedurft. Das gefundene Ergebnis korrespondiere auch
mit dem Umfang des Versicherungsschutzes, den das SGB VII Studierenden während
der Aus- und Fortbildung an Hochschulen zuerkenne. Der Versicherungsschutz sei in
diesem Fall begrenzt auf den Organisationsbereich der Hochschule, bei dessen
Abgrenzung die gegenüber dem Bereich der allgemeinbildenden Schulen besonderen
Verhältnisse eines Studiums zu beachten seien. Vergleichbar mit dem Fall der Klägerin
bestünde auch für einen Sportstudenten Unfallversicherungsschutz lediglich im Rahmen
der Ausübung von sportlichen Aktivitäten, die dem Organisationsbereich der Hochschule
zuzurechnen seien. Ein weitergehendes eigenständiges Training außerhalb von
Lehrveranstaltungen im weiteren Sinne wäre ebenso als unversichert in der gesetzlichen
Unfallversicherung anzusehen.
Gegen das ihr am 20. März 2006 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der
Berufung vom 20. April 2006. Sie macht geltend, dass es sich bei der Hippotherapie und
den Übungen hierzu um Fortbildungsmaßnahmen in einem weiteren Sinne gehandelt
habe. Die Ausbildung habe dem Arbeitgeber wesentlich gedient und müsse deshalb als
versichert angesehen werden. Es könne auch nicht in Zweifel gezogen werden, dass sie
am Tag des Springunfalls Langzügelarbeit nach Abschluss des Springtrainings habe
vornehmen wollen. Auch könne nicht zweifelhaft sein, dass diese Langzügelarbeit der
Vorbereitung der Abschlussprüfung gedient habe. Gegen das Erfordernis der
Zusatzausbildung zur Hippotherapeutin könne auch nicht eingewandt werden, dass der
Arbeitgeber mitgeteilt habe, sie habe bereits Reittherapie unter Aufsicht einer
Hippotherapeutin durchgeführt. Zu unterscheiden seien insoweit zwischen Reittherapie
und Hippotherapie. Eine Reittherapie könne nach kurzer Einweisung und ohne
Qualifikation im Rahmen einer Krankengymnastik mit und auf dem Pferd durchgeführt
werden. Ihre Mitgliedschaft im R e. V. habe erst ab 01. Juli 2003 bestanden und habe in
unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausbildung zur Hippotherapeutin gestanden, da
sie zunächst die Reitabzeichen habe erwerben müssen, um überhaupt zur Prüfung
zugelassen zu werden. Dies könne nur im Rahmen eines Vereins erfolgen. Mittlerweile
sei sie nicht mehr Mitglied des R e. V. Außerdem reite sie seit dem Unfall nicht mehr.
Dies alles zeige, dass die Ausbildung zur Hippotherapie und damit auch das Training am
27. Mai 2004 allein dem Arbeitgeber gedient habe und deshalb als versichert angesehen
werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 06. März 2006 und den Bescheid der
Beklagten vom 24. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
28. April 2005 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen,
das Ereignis vom 27. Mai 2004 als Arbeitunfall anzuerkennen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beziehen sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und machen geltend,
dass es keinem Zweifel unterliegen könne, dass die Ausbildung zur Hippotherapeutin
dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliege. Dies gelte aber nur für die
Ausbildungskurse vom 06. bis 13. Dezember 2003 und 24. Juni bis 03. Juli 2004. Das
private Training zum Bestehen der Abschlussprüfungen der Kurse sei weder im Rahmen
eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch als Aus-
bzw. Fortbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII versichert.
Mit Beschluss vom 07. April hat das Landessozialgericht die
Verwaltungsberufsgenossenschaft beigeladen, da deren Zuständigkeit für die
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Verwaltungsberufsgenossenschaft beigeladen, da deren Zuständigkeit für die
Entschädigung des Unfalls nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII in Betracht kommt.
Das Gericht hat weiter den Zeugen Kim Erörterungstermin vom 13. Februar 2008
vernommen. Dieser hat ausgeführt, dass das Springtraining am 27. Mai 2004 der
Vorbereitung für ein erfolgreiches Parcour-Reiten gedient habe. Von einem im Anschluss
geplanten Langzügeltraining sei ihm nichts bekannt, diese falle auch nicht in seine
Zuständigkeit. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Aussage und auf die
Niederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird
auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten Bezug
genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat weder gegen die Beklagte noch gegen die Beigeladene einen Anspruch auf
Anerkennung des Ereignisses vom 27. Mai 2004 als Arbeitsunfall. Denn dieser Unfall
ereignete sich nicht während einer versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 SGB VII. Der
angefochtene Bescheid vom 24. September 2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 28. April 2005 erweist sich daher als rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass das Sozialgericht Cottbus die Klage
zu Recht abgewiesen hat.
Rechtsgrundlage für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
Danach sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den
Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Für einen Arbeitsunfall ist es danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten
zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher
Zusammenhang), diese Verrichtung zu den zeitlich begrenzten, von außen auf den
Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das
Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten
verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger
andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens
(haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für das Vorliegen eines
Arbeitsunfalls, sondern insbesondere für die Gewährung einer Verletztenrente (vgl. BSG,
Urteil vom 30. Juni 2009 B 2 U 22/08 R, zitiert nach juris und Urteil vom 09. Mai 2006 B 2
U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; jeweils Rdnr. 10 m.w.N.).
Für die Beurteilung, ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, im
sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist entscheidend, ob sie
innerhalb der Grenze liegt, bis zu der der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
reicht (vgl. zuletzt nur BSGE 94, 262, 263 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14 jeweils Rdnr. 6
m.w.N.). Bei den nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (Beschäftigungsverhältnis) versicherten
Beschäftigten ist dabei maßgebend, ob der Versicherte eine dem
Beschäftigungsunternehmen dienende Handlung ausüben wollte und ob diese
Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. nur
BSG vom 10. Oktober 2006 B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19, Rdnr. 14 m. w. N.).
Handelt der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden
Verpflichtung, ist dies unmittelbar zu bejahen. Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick
auf das zur Stadt Cottbus bestehende Beschäftigungsverhältnis als Physiotherapeutin
an der Schule-Förderschule für geistig Behinderte nicht vor. Abzustellen ist nicht auf die
durchgeführte Zusatzausbildung zur Hippotherapeutin während der Dauer der beiden
einwöchigen Kurse. Denn während dieser Zeit ist der Unfall nicht passiert. Zu prüfen ist,
ob das konkrete Unfallereignis, hier das Springtraining am 27. Mai 2004 auf dem
Reiterhof, dessen Mitglied die Klägerin war, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.
Vorliegend besteht kein Zweifel, dass das Springtraining am 27. Mai 2004 nicht der
Beschäftigung als Physiotherapeutin an der Schule zuzurechnen ist. Unzweifelhaft ergibt
sich nach Aktenlage, dass eine Weisung im Rahmen des Direktionsrechts des
Arbeitgebers, das entsprechende Training durchzuführen, nicht vorlag. Denn der
Arbeitgeber hat mitgeteilt, dass die Arbeitszeit der Klägerin an diesem Tag um 15.00
Uhr geendet hatte und weitere Anweisungen zur Durchführung von Arbeitsleistungen
nicht bestanden. So hat der Arbeitgeber mitgeteilt, dass es sich mangels
entsprechender Anweisungen bei dem Unfall um 18.30 Uhr um einen Freizeitunfall
gehandelt haben muss. Danach steht fest, dass das Reittraining nicht im Rahmen des
Beschäftigungsverhältnisses stattgefunden hat.
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Eine Zurechnung des Unfallgeschehens zum Bereich der versicherten Beschäftigung
kann auch nicht etwas deshalb erfolgen, weil die Ausbildung zur Hippotherapeutin
zumindest auch im Interesse des Arbeitgebers gelegen hat und das Absolvieren eines
Reittrainings für das Bestehen der Prüfung sinnvoll gewesen sein mag. Vorliegend steht
fest, dass die Durchführung der Zusatzausbildung zum Hippotherapeuten nicht im
Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt ist. Denn der Arbeitgeber hat
mitgeteilt, dass er die Klägerin nicht zu der Maßnahme delegiert hat, weil zum
damaligen Zeitpunkt keine Mittel für die Bezahlung der Ausbildung vorhanden gewesen
seien. Auch die Klägerin bestreitet nicht, dass insoweit keine Delegierung vorgenommen
wurde und der Arbeitgeber die Ausbildung nicht bezahlt hat. Damit ist die Ausbildung
nicht im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers und damit im Rahmen des
Beschäftigungsverhältnisses erfolgt. Schon deshalb kann das Training für die Prüfung
nicht dem Beschäftigungsverhältnis zugerechnet werden, ohne dass es in diesem
Zusammenhang darauf ankommt, ob das Training überhaupt notwendig war oder
aufgrund einer Anweisung des D e. V. als Träger der Maßnahme erfolgt ist.
Damit steht fest, dass Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht bestand.
Aber auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 liegen im Ergebnis nicht vor.
Danach sind kraft Gesetzes versichert Lernende während der beruflichen Aus- und
Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen
Einrichtungen. Insoweit hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass es keinen
Zweifeln unterliegt, dass die Ausbildungskurse des De. V. im Hinblick auf die
Zusatzausbildung „Hippotherapeutin“ nach dieser Vorschrift versichert sind. Der
Versicherungsschutz erstreckt sich allerdings nur auf die Tätigkeiten, die in den
organisatorischen Verantwortungsbereich der Bildungseinrichtung fallen. Hierzu gehören
primär der eigentliche Unterricht in der Einrichtung einschließlich der Pausen. Nicht
versichert sind dagegen Tätigkeiten, die nicht in den organisatorischen
Verantwortungsbereich der Einrichtung fallen, sondern in den privaten Bereich, wie z. B.
das Erledigen von Hausaufgaben (vgl. Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage, § 2
Rdnr. 22 unter Bezugnahme auf BSGE 41, 149). Vorliegend steht zweifelsfrei fest, dass
die Klägerin den Unfall nicht im Organisationsbereich des vom De. V. getragenen
Veranstaltung erlitten hat.
Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob dies eventuell anders sein könnte, wenn eine
konkrete Anweisung des Ausbildungsträgers vorgelegen hätte, zur Vorbereitung auf die
Prüfung Springreittraining durchzuführen. So hat der Ausbildungsträger mit Schreiben
vom 22. Juli 2004 auf die Frage, ob die Klägerin von der Lehrgangsleitung beauftragt
worden sei, außerhalb des Lehrgangs Springreiten im Privatbereich zu üben,
ausdrücklich mit nein geantwortet. Damit steht fest, dass der Unfall sich auch nicht im
Verantwortungsbereich des Ausbildungsträgers zum Erwerb der Zusatzqualifikation
„Hippotherapie“’ ereignete.
Bedeutungslos bleibt schließlich, ob die Klägerin am Unfalltag nach Abschluss des
Springtrainings tatsächlich Langzügelarbeit üben wollte, die in der Tat zum
Prüfungsprogramm der Zusatzausbildung zählte (vgl. insoweit die Information zur
beruflichen Zusatzqualifikation von Physiotherapeuten in der Hippotherapie. Denn wie
bereits oben ausgeführt, sind auch im Rahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII
„Hausaufgaben“ regelmäßig nicht versichert. Deshalb bleibt es rechtlich auch
bedeutungslos, ob das Springreittraining tatsächlich der Gymnastizierung des gerittenen
Pferdes für eine später durchzuführende Langzügelarbeit diente. Insoweit hat die
Beklagte zu Recht ausgeführt, dass es sich bei dem gerittenen braunen Wallach nicht
um ein Therapiepferd gehandelt hat, sondern um ein Pferd des Eigentümers des
Reiterhofs, an dem die Klägerin eine Reitbeteiligung hatte. Darüber hinaus ist darauf
hinzuweisen, dass der Zeuge K ausgeführt hat, dass das Springtraining nicht der
Gymnastizierung des Pferdes dienen sollte, sondern von ihm im Rahmen der
üblicherweise durchgeführten Reitstunde absolviert wurde, die dazu befähigen sollte,
Parcour zu reiten. Er hat ausgeführt, dass ihm von einer später geplanten
Langzügelarbeit nichts bekannt war, dies aber auch nicht zu seinem
Verantwortungsbereich gehört habe.
Die hier gefundene Auslegung der Vorschriften entspricht auch dem im Übrigen für
Lernende ausgestalteten Versicherungsschutz, worauf das Sozialgericht schon
zutreffend hingewiesen hat. Zu Recht hat es ausgeführt, dass auch der Sportstudent,
der außerhalb der Lehrveranstaltungen der Universität im privaten Bereich für seine
Abschlussprüfung übt, nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 c SGB VII versichert ist. Dasselbe gilt
für den Schüler einer allgemeinbildenden Schule, der sich beispielsweise auf die
Sportprüfung des Abiturs vorbereitet und außerhalb des organisatorischen
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Sportprüfung des Abiturs vorbereitet und außerhalb des organisatorischen
Verantwortungsbereiches der Schule trainiert (vgl. Schmidt a.a.O. § 2 Nr. 58 SGB VII).
Angesichts des im gesamten SGB VII so ausgestalteten Versicherungsschutzes aller
Lernenden besteht kein Anlass, das private Reittraining der Klägerin, welches für die
Absolvierung der Zusatzausbildung durchaus nützlich gewesen sein mag, anders zu
behandeln.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht
vor.
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