Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 04.05.2006

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
14. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 14 B 409/06 AS ER
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 86b Abs 2 SGG, § 7 Abs 5 SGB
2, § 2 Abs 1 BAföG
Ausschluss von Leistungen nach dem SGB 2 bei
Förderungsfähigkeit nach BAföG
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird als unzulässig verworfen, soweit sie Zeiträume
vor Erlass dieser Entscheidung betrifft.
Im Übrigen werden auf die Beschwerde der Antragsgegnerin der Beschluss des
Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2006 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners ist als unzulässig zu verwerfen, soweit sie zum
Zeitpunkt der Entscheidung bereits in der Vergangenheit liegende Zeiträume betrifft (§
572 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes
[SGG]); insoweit fehlt ihr das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Die (einstweilige) Anordnung des Sozialgerichts hat sich insoweit erledigt. Die
Antragsgegnerin hat kein rechtlich schützenswertes Interesse an ihrer Aufhebung. Sie
war aufgrund dieser Anordnung und der Ablehnung der Aussetzung ihrer Vollziehung
verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen. Soweit es ihr darum gehen sollte,
dementsprechend ausgezahlte Beträge zurückzuerhalten und festgestellt zu wissen,
dass sie – endgültig – nicht zur Gewährung dieser Leistung verpflichtet sei, steht das
gerichtliche Eilverfahren dafür nicht zur Verfügung.
Eine einstweilige Anordnung ist stets nur ein Rechtsgrund für das vorläufige
Behaltendürfen einer daraufhin erbrachten Leistung. Ob dem von der einstweiligen
Anordnung Begünstigten diese Leistung endgültig zusteht, ist gegebenenfalls im
Hauptsacheverfahren zu klären, sofern die Entscheidung der Behörde nicht ohnehin
bestandskräftig wird (so bereits Beschlüsse des Senats vom 4. November 2005 – L 14 B
1147/05 AS ER – und vom 2. Februar 2006 – L 14 B 1307/05 AS ER – im Anschluss an
den Beschluss des Thüringischen OVG vom 17. Juli 1997 – 2 ZEO 356/97 –, FEVS 48
[1998], 129 [130]; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2005 –
L 10 B 1144/05 AS ER –; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 15. September 1997 – 2
SN 11/97 –, NVwZ 1998, 85).
Im Übrigen – soweit in der Zukunft liegende Zeiträume betroffen sind – ist die
Beschwerde zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Satz 1 SGG) und begründet. Ein
Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) haben
Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes „dem Grunde nach“ förderungsfähig ist, keinen
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch
des Sozialgesetzbuchs. Aufgrund dieser Bestimmung kann die Antragstellerin von der
Antragsgegnerin keine Leistungen beanspruchen.
Es kann offen bleiben, ob die Überlegung des Sozialgerichts zutreffend ist, § 7 Abs. 5
SGB II finde – aufgrund der Regelung in § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II – auch dann keine
Anwendung auf Auszubildende, wenn – außer „auf Grund von § 2 Abs. 1 a des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes“ (BAFöG) – auch aus weiteren (persönlichen)
Gründen (Überschreiten der Förderungshöchstdauer, Lebensalter, ausländische
Staatsangehörigkeit o.a.) kein Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht. Selbst wenn
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Staatsangehörigkeit o.a.) kein Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht. Selbst wenn
dies richtig wäre, wären der Antragstellerin nur dann Leistungen nach dem Zweiten Buch
des Sozialgesetzbuchs zu gewähren, wenn sie eine in § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAFöG
bezeichnete Ausbildungsstätte besuchen würde; denn nur dann könnte „auf Grund von §
2 Abs. 1 a BAFöG“ kein Anspruch auf Ausbildungsförderung bestehen. Dies ist aber nicht
der Fall. Die Antragstellerin besucht vielmehr – wie sich auch aus der Auskunft der E-F-
Schule vom 6. Juni 2006 ergibt – eine in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAFöG genannte
Bildungseinrichtung (Berufsfachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossenen
Berufsausbildung nicht voraussetzt und die in einem mindestens zweijährigen
[vorliegend sogar dreijährigen] Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss
[vorliegend staatlich geprüfte Hauswirtschaftsassistentin] vermittelt).
Diese Ausbildung ist „dem Grunde nach“ – unabhängig davon, ob die Antragstellerin bei
ihren Eltern bzw. bei ihrer Mutter wohnt – im Rahmen des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes förderungsfähig, so dass die Antragstellerin
keinen Anspruch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten
Buch des Sozialgesetzbuchs hat, ohne dass es darauf ankommt, ob ihr Leistungen nach
dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zustehen.
Darüber, ob ihr möglicherweise – wegen Vorliegens eines „besonderen Härtefalls“ –
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen zu gewähren sind (§ 7 Abs.
5 Satz 2 SGB II; auf diese Möglichkeit hatte bereits die Antragsgegnerin im
Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2006 hingewiesen), ist im vorliegenden
Verfahren nicht zu befinden, da die Antragstellerin weder bei der Antragsgegnerin noch
beim Sozialgericht die Gewährung von Leistungen als Darlehen (sondern ausschließlich
als nicht zurückzuzahlende Beihilfe) beantragt und auch keine „besonderen
Härtegründe“ geltend gemacht hat.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des
§ 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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