Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 01.10.2004

LSG Berlin und Brandenburg: arbeitslosigkeit, begriff, drucksache, weiterbildung, beendigung, arbeitsmarkt, verfügung, arbeitsstelle, praktikum, handbuch

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 01.10.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 6 AL 98/02
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 8 AL 196/03
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. November 2003 insoweit
aufgehoben, als es die Beklagte verurteilt hat, unter Aufhebung des Bescheides vom 23. November 2001 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2002 den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts auch für den Zeitraum vom 05. November 2001 bis 31. Dezember 2001 neu zu bescheiden. Insoweit wird die
Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger zwei
Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird insoweit zugelassen, als über
Ansprüche des Klägers ab dem 01. Januar 2002 zu entscheiden war.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Fahrtkostenbeihilfe (Mobilitätshilfen) ab 05. November 2001.
Der 1963 geborene verheiratete Kläger bezog bis zum 03. Juli 2001 Arbeitslosengeld. Er nahm anschließend vom 04.
Juli bis 02. November 2001 an einer von der Beklagten geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme (Montag bis
Freitag, tägliche Unterrichtszeit 8 Stunden) teil und bezog vom 04. Juli bis 04. November 2001 Unterhaltsgeld. Zu der
Maßnahme gehörte auch ein Praktikum vom 01. Oktober bis 01. November 2001 bei der M. GmbH in B ... Von
diesem Unternehmen wurde der Kläger ab dem 05. November 2001 befristet bis zum 31. März 2003 als Mitarbeiter für
die Produktion eingestellt.
Den Antrag des Klägers vom 05. November 2001, ihm für die Aufnahme der Beschäftigung bei der M. GmbH ab 05.
November 2001 Fahrkostenbeihilfe (Fahrt mit Pkw, 1600 cm3, Entfernung Wohnort-Arbeitsstelle 55 km) zu gewähren,
weil er die Fahrkosten aus eigenen Mitteln (monatliches Einkommen von 2.000,- DM) angesichts seiner
Unterhaltsverpflichtung für ein nichteheliches Kind sowie seiner sonstigen Verpflichtungen nicht tragen könne, lehnte
die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2001 mit der Begründung ab, der Kläger sei unmittelbar vor
Arbeitsaufnahme am 05. November 2001 nicht arbeitslos gemeldet gewesen und gehöre damit nicht zum
förderfähigen Personenkreis. Den hiergegen am 04. Dezember 2001 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2002 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 08. Februar 2002 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben, mit der er geltend machte,
dass durch die Gleichbehandlung von Übergangsgeld und Arbeitslosengeld eine Statusänderung des Arbeitslosen
während des Bezuges von Unterhaltsgeld nicht in Betracht komme. Weil der Anspruch auf Anschlussunterhaltsgeld
und der Anspruch auf Arbeitslosengeld als einheitlicher Anspruch anzusehen seien, sei die Gleichbehandlung der
Person während der entsprechenden Bezüge auf der Hand liegend. Andere Arbeitsämter hätten in parallel gelagerten
Fällen positive Entscheidungen getroffen.
Mit Urteil vom 24. September 2003 hat das Sozialgericht Potsdam unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die
Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im
Gegensatz zu der Auffassung der Beklagten sei die Kammer der Ansicht, dass der Kläger die
Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe erfülle. Der Kläger sei seit 28. Juni 2001
arbeitslos. Er erfülle somit die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen beim Arbeitsamt. Dass er
unmittelbar vor der Aufnahme der befristeten Beschäftigung am 04. November 2001 nicht Arbeitslosengeld, sondern
Unterhaltsgeld bezogen habe, könne insofern dahinstehen. An dem tatsächlichen Status des Klägers, nämlich der
Arbeitslosigkeit, ändere sich durch die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme nichts.
Gegen das der Beklagten am 05. November 2003 zugestellte Urteil hat diese am 26. November 2003 Berufung bei
dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt: Während der absolvierten Maßnahme der beruflichen
Weiterbildung vom 04. Juli 2001 bis 04. November 2001 sei der Kläger nicht arbeitslos gewesen, weil er die Kriterien
der Beschäftigungssuche nicht erfüllt habe. Er habe während dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen des
Arbeitsamtes nicht zur Verfügung gestanden. Während der Teilnahme an der Maßnahme sei der Kläger nicht bereit
und in der Lage gewesen, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende
Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. September 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass er während der Weiterbildungsmaßnahme seinen Status als Arbeitsloser nicht verloren
habe.
Zum Verfahren ist die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen (Fahrkostenbeihilfe ...), die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt.
Der Kläger begehrt Fahrkostenbeihilfe ab dem 05. November 2001 für eine Wegstrecke von nach eigenen Angaben 55
km. Die Entfernungskilometer (= 55) multipliziert mit 0,43 DM (nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Bundesreisekostengesetz -
BRKG - in der Fassung vom 28. März 2001; BGBl I S. 472 - ; vgl. BSG SozR 4100 § 138 Nr. 13, 19) ergibt einen
täglichen Betrag von 23,65 DM (12,09 Euro). Damit ist die Berufungssumme bereits bei einem Begehren auf
Fahrkostenbeihilfe für 42 Tage überschritten, der Kläger begehrt die Fahrkostenbeihilfe jedoch für einen erheblichen
längeren Zeitraum, nämlich für sechs Monate, die Zeit für die Fahrkostenbeihilfen längstens gewährt werden dürfen (§
54 Abs. 3 SGB III).
Die Berufung ist jedenfalls zum Teil begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2001 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2002, durch den es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger
Fahrkostenbeihilfe zu gewähren, verletzt den Kläger insoweit nicht in seinen Rechten, als es die Beklagte abgelehnt
hat, ihm für die Zeit vom 05. November 2001 bis 31. Dezember 2001 Fahrkostenbeihilfe zu gewähren.
Nach § 53 Abs. 1 SGB III in der vom 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2001 geltenden und daher hier für den
Anspruch bis 31. Dezember 2001 maßgebenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.
März 1997, BGBl I S. 594 - § 53 SGB III a. F. - ) können Arbeitslose, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung
aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (Nr. 1)
und sie die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können (Nr. 2). Die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer
Beschäftigung umfassen (u.a.) bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Kosten für tägliche Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe; § 53 Abs. 2 Ziffer 3 Buchstabe a SGB III a. F.).
Die Beklagte ist im Bescheid vom 23. November 2001 zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger schon nicht
zum förderungsberechtigten Personenkreis gehört hat, denn er war nicht arbeitslos. Durch die Teilnahme an der
Weiterbildungsmaßnahme war er nicht verfügbar, weil der Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme durch Unterricht
und Praktikum ihn daran hinderte, eine mehr als kurzzeitige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende,
Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Zum
Vorliegen von Arbeitslosigkeit im Sinne des § 16 Abs. 16 SGB III bei Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme
hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 18. März 2004 (Aktenzeichen B 11 AL 59/03 R, SozR 4-4300 § 53
Nr. 1) ausgeführt:
"Arbeitslos sind nach der für das SGB III maßgeblichen Begriffsbestimmung (§ 12 SGB III) des § 16 SGB III (§ 16
SGB III a. F.; seit 01. Januar 2004; § 16 Abs. 1 SGB III i. d. F. des Art. 1 Nr. 12 Drittes Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl I S. 2848) Personen, die wie beim Anspruch auf
Arbeitslosengeld (Alg) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis (Nr. 1), eine versicherungspflichtige
Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehen (Nr. 2) und
sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr. 3). Durch den in der Definition enthaltenen Hinweis auf das Alg
soll eine Übereinstimmung der Einzelmerkmale und eine Anwendung der entsprechenden Regelungen gewährleistet
werden (BT-Drucksache 13/4941 S. 156 zu § 16). Den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes (§ 16 Nr. 2 SGB III
a. F.) steht nach § 119 Abs. 2 SGB III (in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des AFRG; § 119 SGB
III a. F.) zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist ein
Arbeitsloser, wenn er (u. a.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende
Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und
ausüben sowie Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und
darf (§ 119 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 SGB III i. d. F. des Art. 1 Nr. 18 1. SGB III-Änderungsgesetz vom 16. Dezember
1997, BGBl I 2970)."
Dementsprechend war der Kläger während der Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme nicht verfügbar. Bei der
Fortbildungsmaßnahme handelt es sich um eine Vollzeitmaßnahme. Hierfür hat der Kläger Unterhaltsgeld erhalten.
Diesbezüglich legt das BSG (a.a.O.) zutreffend dar:
"Unter Geltung des SGB III ist ohne weiteres davon auszugehen, dass bei Teilnahme an einer in Vollzeit
durchgeführten Weiterbildungsmaßnahme bei Bezug von Uhg die Verfügbarkeit ausgeschlossen ist. Eine
Vollzeitmaßnahme liegt jedenfalls dann vor, wenn Unterricht von im Regelfall 35 Stunden wöchentlich erteilt wird (vgl.
§ 92 Abs. 1 Satz 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des AFRG). Bei der Teilnahme an
einer Maßnahme mit diesem zeitlichen Umfang kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Fähigkeit und
Bereitschaft besteht, daneben eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des
Arbeitsmarktes auszuüben (vgl. zum Ausschluss der Arbeitslosigkeit bei Teilnahme an Maßnahmen der aktiven
Arbeitsmarktförderung ab 01. Januar 2004 § 16 Abs. 2 i. d. F. des Art. 1 Nr. 12 Drittes Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt a.a.O.)."
Entsprechend der vorgenannten Entscheidung des Bundessozialgerichts war die Verfügbarkeit des Klägers auch nicht
nach § 120 Abs. 1 SGB III oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift anzunehmen. Hierzu führt das
Bundessozialgericht aus:
"Nach § 120 Abs. 1 SGB III schließen bestimmte, in dieser Vorschrift enumerativ aufgeführte Betätigungen die
Verfügbarkeit nicht aus. Zu diesen Betätigungen gehört die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen
Weiterbildung (§ 77 Abs. 1 SGB III) nicht, was auch die Revision nicht mehr bezweifelt. Entgegen der von der
Revision vertretenen Ansicht lässt sich aus § 120 Abs. 1 SGB III nicht herleiten, dass es systemwidrig ist, das
Vorliegen von Verfügbarkeit während der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach den
allgemeinen Vorschriften in § 119 SGB III zu beurteilen. Der wesentliche Zweck der Sonderregelung in § 120 Abs. 1
SGB III besteht darin, den Verlust des Anspruchs auf Alg wegen und während der Ausübung einer der in der
Vorschrift genannten Betätigungen zu vermeiden (vgl. dazu Steinmeyer in Gagel, SGB III § 120 Nr. 11). Einer auf den
Erhalt des Anspruchs auf Alg abzielenden Fiktion der Verfügbarkeit bedarf es indes bei der Teilnahme an einer für die
Weiterbildungsförderung anerkannten Vollzeitmaßnahme nicht, weil in diesem Fall das Uhg als Lohnersatzleistung
gewährt werden kann (§ 153 SGB III). § 16 Abs. 2 SGB III in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung des Dritten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zeigt im Übrigen, dass eine Systemwidrigkeit bei Annahme
fehlender Verfügbarkeit von Teilnehmern an Weiterbildungsmaßnahmen gerade nicht gesehen werden kann."
Eine "analoge" Anwendung des bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Rechts kommt nicht in Betracht. Hierzu hat
das Bundessozialgericht ausgeführt:
"Die in § 53 Abs. 1 SGB III a. F. liegende Abweichung von der früheren Regelung in § 53 AFG ist zwar auf Kritik
gestoßen (vgl. Bernard in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 9 Rdnr. 66) und war in der Begründung
zum AFRG nicht deutlich herausgestellt (Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, § 53 Rdnr. 3). Es sind aber keine
ausreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es sich um eine vom Gesetzgeber nicht gewollte, planwidrige
Regelungslücke gehandelt hat, die durch die Gerichte im Wege der Gesetzesauslegung oder durch die von der
Revision intendierte "analoge" Anwendung des bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Rechts geschlossen werden
dürfte.
Aus der Begründung zum Entwurf des AFRG (BT-Drucksache 13/4941) kann hinsichtlich der allgemeinen
Zielsetzungen entnommen werden, dass bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung, zu
denen Mobilitätshilfen zur Aufnahme einer Beschäftigung gehören (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 SGB III), u. a. auch das Prinzip
der Sparsamkeit angemessene Berücksichtigung finden sollte (BT-Drucksache a.a.O., S. 142 (rechte Spalte)). Das
Leistungsspektrum der Hilfen zur Erleichterung der Aufnahme einer Beschäftigung sollte zwar gleichwohl beibehalten
werden (a.a.O. , S. 144 (linke Spalte)), jedoch wurde keine klare Aussage dazu getroffen, ob dasselbe auch für den
(bislang) förderungsfähigen Personenkreis gelten solle. Insoweit ist auch die Begründung zu § 53 des Entwurfs (a.a.O.
s. 163) nicht eindeutig. Zwar heißt es dort: "Die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen für die Leistung von
Mobilitätshilfen entsprechen dem geltenden Recht gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AFG in Verbindung mit der
Anforderung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme ( ...)". Nicht
ausreichend deutlich wird daraus aber, ob der Begriff der "Voraussetzungen für die Leistung" auch den
förderungsfähigen Personenkreis mit umfassen sollte.
Das versteht sich auch nicht von selbst. Zwar wird im Schrifttum von "persönlichen und sachlichen Voraussetzungen"
für eine Gewährung von Mobilitätshilfen gesprochen (vgl. Bernard in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts,
§ 9 Rdnr. 61) und die Zugehörigkeit zum förderungsfähigen Personenkreis als eine tatbestandliche ("persönliche")
Voraussetzung der Leistungsgewährung verstanden (vgl. Winkler in Gagel, SGB III, § 53 Rdnr. 6; Petzold in
Hauck/Noftz, SGB III, § 53 Rdnr. 5; Hennig, SGB III, § 53 Rdnr. 4). Die Anordnung des Verwaltungsrats der
Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdAAnO vom 19. Mai 1989, ANBA 1989 S. 997), auf die
in der Gesetzesbegründung zu § 53 SGB III u. a. Bezug genommen wird, ordnete die Zugehörigkeit zum
förderungsfähigen Personenkreis jedoch terminologisch nicht den "Voraussetzungen" der Leistung zu. Sie regelte in
ihrem Zweiten Abschnitt ("Allgemeine Leistungsvoraussetzungen") unter der Überschrift "Voraussetzungen der
Gewährung" (§ 4 FdAAnO) vielmehr nur solche Tatbestandsvoraussetzungen, die im Schrifttum zu den "sachlichen"
Voraussetzungen gezählt werden, u. a. die Bedürftigkeit des Antragstellers und die Notwendigkeit der Leistungen zur
Erreichung ihres Zwecks (§ 4 Abs. 4 und 5 FdAAnO), und die auch in § 53 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III in seiner
ursprünglichen Fassung übernommen wurden.
Wer gefördert werden kann, war dagegen im Ersten Abschnitt der FdAAnO ("Allgemeine Bestimmungen") geregelt (§ 2
FdAAnO), "Personenkreis"), ohne dass dabei der Begriff einer "Voraussetzung" der Leistung verwendet wurde. In § 53
Abs. 1 AFG fand sich dieser Terminus ebenfalls nicht. Vor diesem Hintergrund kann in der Verwendung des
Ausdrucks "Voraussetzungen für die Leistung" bei gleichzeitiger Bezugnahme (u. a.) auf die FdAAnO in der
Begründung des Entwurfs zu § 53 SGB III kein ausreichend tragfähiger Beleg dafür gefunden werden, dass der
Gesetzgeber auch den förderungsfähigen Personenkreis unverändert lassen wollte und es nur versehentlich versäumt
hat, die Worte "und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitsuchende" aus § 53 Abs. 1 AFG in den § 53 Abs.
1 SGB III zu übernehmen. Denn unter Berücksichtigung der Terminologie der FdAAnO ist es ebenso gut möglich,
dass die Gesetzesbegründung lediglich die - in § 53 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III übernommenen - ("sachlichen")
Voraussetzungen der Notwendigkeit von Leistungen und der Bedürftigkeit des Arbeitslosen meinte.
Gegen eine von der Rechtsprechung zu schließende Gesetzeslücke in der Zeit von 1998 bis 2001 spricht schließlich,
dass der Gesetzgeber die "von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitsuchenden" in den Kreis der förderungsfähigen
Personen mit der Änderung des § 53 SGB III durch das Job-AQTIV-Gesetz nur zukunftsgerichtet mit Wirkung vom
01.01.2002 an aufgenommen hat. Der Gesetzgeber hat damit selbst geregelt, wie er eine von ihm als unzureichend
empfundene Regelung für die Zukunft gestalten will.
Die Begründung zum Entwurf des Job-AQTIV-Gesetzes liefert außerdem keinen Hinweis darauf, dass der
Gesetzgeber die Änderung des § 53 Abs. 1 SGB III ab 01. Januar 2002 zur Behebung eines bei der Einführung des
SGB III unterlaufenen gesetzestechnischen Fehlers für erforderlich hielt und als Klarstellung der von Anfang an
gewollten Rechtslage verstanden hat ("Die Erweiterung der Vorschrift gibt dem ArbA die Befugnis, eine Mobilitätshilfe
für eine neue Arbeitsstelle schon vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim vorherigen Arbeitgeber zu
bewilligen", BT-Drucksache 14/6944, S. 32, zu Nummer 21, Buchstabe a).
Ob die vom 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2001 bestehende Rechtslage sozialpolitisch befriedigend war, ist nicht
von entscheidender Bedeutung. Denn selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, könnte das allein nicht zu
einer "Korrektur" des Gesetzgebers durch die Gerichte führen, wie das LSG bereits zutreffend entschieden hat."
Der erkennende Senat folgt der vorgenannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie des 10. Senats des
Landessozialgerichts für das Land Brandenburg in seinem Urteil vom 06. Juni 2003 (L 10 AL 74/02), welches der
Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde lag. Dem Kläger stand mithin für den Zeitraum bis 31. Dezember
2001 ein Anspruch auf Fahrkostenbeihilfe nicht zu.
Im Übrigen erweist sich die Ablehnung von Fahrtkostenbeihilfe jedoch als rechtswidrig (Zeitraum ab 01. Januar 2002).
Insoweit erweist sich das Urteil des Sozialgerichts - im Ergebnis - als zutreffend und die Berufung der Beklagten ist
insoweit zurückzuweisen. § 53 Abs. 1 SGB III ist durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen
Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443), dahingehend geändert worden, dass
Mobilitätshilfen auch "von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitssuchenden" gewährt werden können, diese
Voraussetzung greift beim Kläger ein. Das SGB III enthält in § 17 SGB III eine Legaldefinition für den Begriff "von
Arbeitslosigkeit bedrohte" Arbeitnehmer. Danach sind von Arbeitslosigkeit bedroht Arbeitnehmer, die
versicherungspflichtig beschäftigt sind (Nr. 1), alsbald mit der Beendigung der Beschäftigung rechnen müssen (Nr. 2)
und voraussichtlich nach Beendigung der Beschäftigung arbeitslos sein werden (Nr. 3). Diese Definition erfasst den
Kläger, der sich vor der Aufnahme der Tätigkeit in einer Weiterbildungsmaßnahme befand, nicht. Anders als § 17 SGB
III verwendet § 53 Abs. 1 SGB III jedoch den Begriff "Arbeitssuchende" statt "Arbeitnehmer", was auf die
Legaldefinition des § 15 S. 2, 3 SGB III verweist. Danach sind Arbeitssuchende Personen, die eine Beschäftigung als
Arbeitnehmer suchen. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben.
Dies deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffs "von Arbeitslosigkeit bedrohte
Arbeitssuchende" nur auf die Voraussetzungen der Nrn. 2 und 3 von § 17 SGB III, statt auf die Nr. 1 von § 17 SGB III
jedoch auf § 15 S. 2, 3 SGB III Bezug nehmen wollte. Es ist auch nicht zu verkennen, dass der Schutzzweck des §
53 Abs. 1 SGB III n. F. dafür spricht, auch solche Personen als "von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende"
anzusehen, die sich beispielsweise in einem von der Bundesagentur geförderten Beschäftigungsverhältnis oder - wie
der Kläger - in einer Weiterbildungsmaßnahme befinden (so auch: Winkler in Gagel, SGB III, § 53 Rz. 7). Wenn § 15
S. 2 und 3 SGB III klarstellen sollen, dass sogar abhängig beschäftigte Personen bzw. Selbständige Arbeitssuchende
sein können, muss dieses auch für Personen in Weiterbildungsmaßnahmen gelten. § 15 S. 3 SGB III enthält insoweit
keine abschließende Aufzählung. Die Verfügbarkeit ist bei allen Gruppen gleichermaßen nicht gegeben (vgl. zur
Auslegung des Begriffs im Rahmen von § 48 SGB III: Fuchsloch in Gagel, SGB III, § Rz. 35). Da die
Voraussetzungen der Nrn. 2 und 3 des § 17 SGB III bei dem Kläger vorlagen, konnte die Beklagte die Mobilitätshilfe
ab 01. Januar 2002 jedenfalls nicht mit der Begründung verweigern, der Kläger gehöre nicht zum förderfähigen
Personenkreis.
Die Beklagte ist insoweit, da es sich bei der Leistung um eine Ermessensleistung handelt und eine
Ermessensreduzierung auf Null nicht erkennbar ist, vom Sozialgericht zutreffend zur Neubescheidung verpflichtet
worden.
Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte bei der Entscheidung auch für die Zeit ab 01. Januar 2002 auf § 53
SGB III a. F. gestützt hat. Aus § 131 Abs. 2 und 3 SGG folgt, dass einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage nur
dann stattgegeben werden darf, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf den
mit der Klage begehrten Verwaltungsakt hat. Nicht aus dem Prozessrecht, sondern ausschließlich aus dem
materiellen Recht ergibt sich, ob der vom Kläger mit der Bescheidungsklage geltend gemachte Anspruch besteht und
welcher Beurteilungszeitpunkt maßgebend ist. Ändert sich nach Erlass des ablehnenden Verwaltungsakts - wie hier -
das materielle Recht, so ist auf der Grundlage dieser Änderung zu entscheiden, ob das geänderte Recht nach seinem
zeitlichen Geltungsanspruch auf den festgestellten Sachverhalt erstreckt. Dies ist vorliegend deshalb der Fall, weil §
53 SGB III n. F. uneingeschränkt ab dem 01. Januar 2002 gilt (Art. 10 JOB-AQTIV-G).
Eine Einschränkung für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2001 über die die Beklagte nach altem Recht bereits
entschieden hat, enthält das Gesetz nicht. Auch ergibt sich eine solche nicht aus dem Charakter der Fahrkostenhilfe.
Diese wird nicht einmalig mit einem Festbetrag gewährt, sondern für die ersten sechs Monate der Beschäftigung
können die berücksichtigungsfähigen Fahrkosten übernommen werden (§ 54 Abs. 3 SGB III). Angeknüpft wird an die
tatsächlichen Aufwendungen. Der Anspruch ist mithin für jeden Tag innerhalb der sechs Monate unter Anwendung der
jeweils geltenden Vorschriften zu prüfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war insoweit zuzulassen, als der Kläger einen Anspruch auf Fahrkostenbeihilfe für die Zeit ab 01. Januar
2002 geltend macht. Das Bundessozialgericht hat in der Entscheidung vom 18. März 2004 (B 11 AL 59/03 R) die
Frage, ob Personen in Weiterbildungsmaßnahmen als von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende anzusehen sind,
ausdrücklich nicht entschieden.