Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.04.2007
LSG Berlin-Brandenburg: ddr, industrie, freistellung von der arbeit, landwirtschaftliche produktion, eintritt des versicherungsfalles, zugehörigkeit, verarbeitung, geflügel, juristische person
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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
22. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 22 R 808/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 AAÜG, § 1 ZAVtIV
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. April
2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens
nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur
zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeiten vom 01.
Januar 1967 bis 31. August 1974 und vom 01. September 1976 bis 30. Juni 1990 sowie
die Berücksichtigung der während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte.
Der im Oktober 1942 geborene Kläger ist Ingenieur für Landtechnik (Urkunde der
Ingenieurschule für Landtechnik B- vom 31. Juli 1964) und Diplomagraringenieurökonom
(Urkunde der Hochschule für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft B vom 19.
November 1976).
Der Kläger arbeitete u. a. vom 01. Juni 1965 bis 31. Dezember 1966 als Ingenieur beim
Zentralen Kontor des VE Erfassungs- und Aufbaubetrieb für landwirtschaftliche
Erzeugnisse, vom 01. Januar 1967 bis 31. August 1970 als Technologe beim VEB
Kombinat Industrielle Mast (KIM), nach dem Besuch der Bezirksparteischule (01.
September 1970 bis 08. August 1971) vom 09. August 1971 bis 31. August 1974 als
Leiter Technik beim VEB KIM, nach einem Hochschulstudium (01. September 1974 bis
31. August 1976) vom 01. September 1976 bis 31. Dezember 1982 als Betriebsleiter
Technik beim VEB KIM, vom 01. Januar 1983 bis 15. Dezember 1984 als Betriebsleiter
beim VEB F-, vom 16. Dezember 1984 bis 31. März 1987 als Direktor beim VEB
Kombinat Industrielle Tierproduktion und vom 01. April 1987 bis 30. Juni 1990 als
Betriebsdirektor des VEB Fund Broilerproduktion.
Zum 01. Januar 1977 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und
entrichtete Beiträge nur für das Einkommen bis 1.200 Mark monatlich bzw. 14.400 Mark
jährlich.
Nachdem der Kläger in seinem Antrag auf Kontenklärung angegeben hatte, von August
1971 bis 30. Juni 1990 der AVtI angehört zu haben, erteilte die Beklagte den Bescheid
vom 01. Dezember 2005, mit dem sie den Antrag auf Feststellung von Zeiten der
Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ablehnte. Der Kläger sei weder am
30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er zu diesem
Zeitpunkt einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Die im VEB F-
ausgeübte Beschäftigung sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem
gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, gleich gelagerte
Fälle von Mitarbeitern des Kombinates für Industrielle Tierproduktion mit dem gleichen
Funktionsbild und Studienabschlüssen seien ohne Probleme in diese Zusatzversorgung
aufgenommen worden. Der VEB F- habe zu den größten volkseigenen Betrieben der
Land- und Nahrungsgüterwirtschaft gehört. In der 2. DB zur Versorgungsordnung werde
er nur deswegen nicht erwähnt, da diese Betriebe erst ab 1968 entstanden seien.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2006, dessen Bekanntgabezeitpunkt nicht
bekannt ist, wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Der VEB F- sei der
Wirtschaftsgruppe 31350 (Geflügel- und Kleintierproduktion ohne Pelztiere) zugeordnet
gewesen. Diesem Betrieb habe weder die industrielle Fertigung von Sachgütern das
Gepräge gegeben noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken
gewesen.
Dagegen hat der Kläger am 22. Juni 2006 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und
sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 01. Dezember 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2006 die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom
01. Juni 1965 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zusatzversorgung der technischen
Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
festzustellen.
Das Sozialgericht hat vom Amtsgericht Potsdam einen Auszug aus dem Handelsregister
zur Märkischen Eier- und Geflügel GmbH im Aufbau, diese eingetragen am 03.
September 1990, einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB
(KIM) bzw. zum VEB F- und die dazugehörige Registerakte (Nr. 110/04/565) beigezogen.
Mit Urteil vom 17. April 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Beim VEB F
und K handele es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder
des Bauwesens. Hiergegen spreche schon, dass ausweislich des Registers der
volkseigenen Wirtschaft dieser Betrieb nicht dem Bau- bzw. Industrieministerium,
sondern dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft unterstellt
gewesen sei. Im Übrigen habe der Hauptzweck nicht in der industriellen Fertigung von
Sachgütern bestanden. Vielmehr habe es sich um einen landwirtschaftlichen
Mastbetrieb gehandelt, dessen Hauptzweck die Aufzucht von Geflügeltieren sowie die
Gewinnung deren Erzeugnisse (Eier) gewesen sei. Der VEB F- falle ebenso wie die
sonstigen Betriebe der landwirtschaftlichen Urproduktion nicht unter den Begriff der
volkseigenen Produktionsbetriebe. Die 2. DB sei nach der Entstehung dieses Betriebes
nicht entsprechend angepasst worden.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21. Mai 2007 zugestellte Urteil richtet
sich die am 21. Juni 2007 eingelegte Berufung des Klägers.
Er trägt vor, der Produktionsbereich des VEB F- habe nicht nur in der bloßen Aufzucht
von Geflügeltieren und der Erzeugung von Eiern bestanden. Dieser Betrieb habe
gleichermaßen diese Erzeugnisse und die Tiere selbst vollständig zu Nahrungsmitteln
und sonstigen Erzeugnissen verarbeitet, die für die Auslieferung an den Endverbraucher
bestimmt gewesen seien. So seien die Eier unmittelbar handelsfertig verpackt und
ausgeliefert worden. Die Schlachtung, Verarbeitung, Frostung und Verpackung sowie die
Auslieferung des fertigen Broiler-Produkts in den Handel sei vollständig durch den
Betrieb selbständig organisiert und durchgeführt worden. Der Produktionsbereich sei
also deutlich über einen landwirtschaftlichen Betrieb hinausgegangen. Der Kläger könne
keine Nachweise über Gehaltszahlungen im Zeitraum vom 01.September 1970 bis 08.
August 1971 beibringen.
Der Kläger hat den Arbeitsvertrag mit dem VEB KIM vom 15. August 1968 (über eine
Tätigkeit als Technologe ab 01. Januar 1967), den Änderungs-Arbeitsvertrag mit dem VE
KIM vom 21. April 1970 (über eine Tätigkeit als Leiter Fuhrpark ab 20. April 1970), den
Arbeitsvertrag mit dem VE KIM vom 13. August 1971 (über eine Tätigkeit als Leiter
Technik ab 09. August 1971), den Änderungsvertrag mit dem VEB KIM vom 22.
November 1976 (über eine Tätigkeit als Betriebsleiter Technik ab 01. September1976),
die Anlage des VE Kombinat Industrielle Tierproduktion vom 15. Dezember 1984 (zur
Berufung zum Direktor für Zucht und Produktion des VE Kombinats Industrielle
Tierproduktion mit Wirkung vom 15. Dezember 1984), die Abberufung des VE Kombinat
Industrielle Tierproduktion vom 06. März 1987 (von der Funktion des Direktors für Zucht
und Produktion des VE Kombinats Industrielle Tierproduktion mit Wirkung vom 01. April
1987), das Berufungsschreiben des VE Kombinat Industrielle Tierproduktion vom 27.
März 1987 (zum Betriebsdirektor des VEB F- und K mit Wirkung vom 01. April 1987), die
Vereinbarungen mit dem VE Kombinat Industrielle Tierproduktion vom 27. März 1987
und vom 10. September 1987 (über die Vergütung) sowie den Qualifizierungs- und
Förderungsvertrag mit dem VE KIM vom 18. August 1970 (über eine Ausbildung im
kombinierten Direkt- und Fernstudium vom 01. September 1970 bis 31. August 1971
nebst Freistellung von der Arbeit) vorgelegt.
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Der Kläger beantragt, nachdem er seine Berufung entsprechend beschränkt hat,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. April 2007 zu ändern und die
Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01. Dezember 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2006 zu verurteilen, die Zeiten vom 01. Januar
1967 bis 31. August 1974 und vom 01. September 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der
Zugehörigkeit zur AVtI sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte
festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Industrie und Bauwesen seien in der DDR
die führenden Produktionsbereiche gewesen. Auf ihre Unterscheidung von den anderen
Bereichen der Volkswirtschaft sei auch in den Regelungen zu den VEB, Kombinaten und
Vereinigungen volkseigener Güter Wert gelegt worden. Dort würden ausdrücklich die VEB
in den Sektoren Industrie und Bauwesen denen in den Sektoren Handel, Dienstleistung,
Landwirtschaft sowie allen anderen Bereichen der Volkswirtschaft gegenübergestellt.
Auch nach dem Sprachgebrauch der DDR seien daher volkseigene Produktionsbetriebe
nur solche der beiden Wirtschaftsbranchen Industrie und Bauwesen gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte
der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 01. Dezember
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2006 ist rechtmäßig. Der
Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeiten vom 01. Januar 1967
bis 31.August 1974 und vom 01. September 1976 bis 30. Juni 1990 und die während
dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Er hat keine Anwartschaft aufgrund
einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn er erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni
1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI.
Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche
und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der
Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten
mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen
aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich
erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von
der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7
AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem
Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist,
und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1
AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8
Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem
Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige
Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es
grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht
auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der
Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus,
dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von
diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als
Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung
eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind,
wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem
Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.
Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des
zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der
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zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der
Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend
gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch
derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese
durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und
wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist;
denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine
Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten
dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung
(Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in
einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-
generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen - dies trifft jedoch auf die AVtI
nicht zu - galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem
einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war
(vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).
§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem
Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII
Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen
Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und
Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach
EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22
Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die
bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine
Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der
Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem
Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten.
Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren.
Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen
Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund
dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte
eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige,
der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten
hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall
Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in
SozR 3-8570 § 1 Nr. 1).
Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von
Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur
Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951,
487 - (2. DB zur AVtI-VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der
Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem
Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand.
Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines
Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die
Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen
Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter
oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.
War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende
Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene,
vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.
Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1
Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen
Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990
Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen
seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme
ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990
Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die
Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich
nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09.
April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals
einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am
30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber
nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen.
Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der
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Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der
ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft
zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform
dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein
Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu
Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines
Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer
Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und
B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund
für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem
Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft
wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer
Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche
Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung
vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R -
und 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R).
Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni
1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R
und B 4 RA 20/03 R - fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 -
B 4 RA 56/03 R hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu
modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4
RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen
Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem
begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die
Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem
Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die
maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.
Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich
des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf
die AVtI sind dies die im streitigen Zeitraum gültige Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen
gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR 1950, 8440) - AVtI-VO - und
die Zweite Durchführungsbestimmung zur AVtI-VO vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR 1951,
487) - 2. DB zur AVtI-VO.
Allerdings sind nicht alle Regelungen der AVtI zu Bundesrecht geworden. Dies gilt u. a.
zunächst für die Vorschriften über die Zuteilung von Versorgungszusagen (§ 1 Abs. 3 2.
DB zur AVtI-VO). Insgesamt sind solche Regelungen kein Bundesrecht, die eine
bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer
staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Zu Bundesrecht sind nur diejenigen
Vorschriften geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen
Verwaltungshandelns verstanden werden können (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B
4 RA 18/01 R).
Nach § 1 AVtI-VO wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der
Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Nach § 5
AVtI-VO waren die erforderlichen Durchführungsbestimmungen vom Ministerium der
Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für
Arbeit und Gesundheitswesen zu erlassen. Davon wurde u. a. mit der 2. DB zur AVtI-VO
Gebrauch gemacht, die zum 01. Mai 1951 in Kraft trat (§ 10 Abs. 1 2. DB zur AVtI-VO)
und mit der zugleich die 1. DB zur AVtI-VO außer Kraft gesetzt wurde (§ 10 Abs. 2 2. DB
zur AVtI-VO).
Generell war dieses System eingerichtet für 1. Personen, die berechtigt waren, eine
bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich
ausgeübt haben, und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der
Industrie oder des Bauwesens (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R).
Zwar enthält weder die AVtI-VO noch die 2. DB zur AVtI-VO eine Definition des
volkseigenen Betriebes. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO bestimmt insoweit lediglich: Den
volkseigenen Produktionsbetrieben werden gleichgestellt: Wissenschaftliche Institute;
Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische
Hochschulen; technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und
Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des
Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter,
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Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter,
Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe,
Hauptverwaltungen und Ministerien.
§ 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO lässt aber erkennen, dass es als originären volkseigenen
Betrieb im Sinne von § 1 AVtI-VO lediglich den volkseigenen Produktionsbetrieb ansieht.
Das BSG versteht darunter nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR
nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urteil vom
09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). In jenem Urteil hat das BSG ausgeführt, dass der
versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale „Betrieb“,
„volkseigen“ und „Produktion (Industrie, Bauwesen)“ gekennzeichnet sei.
Ausgehend vom staatlichen Sprachgebrauch der DDR hat der Ausdruck „Betrieb“ im
Rahmen des Versorgungsrechts nur die Bedeutung, dass er wirtschaftsleitende Organe
ausschließt (deswegen deren Gleichstellung in § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO). Eine
wesentliche Eingrenzung erfolgt jedoch bereits durch das Merkmal „volkseigen“.
Dadurch beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVtI auf Betriebe, die auf der Basis
des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben, der wichtigsten
Erscheinungsform des sozialistischen Eigentums. Damit sind nur Betriebe erfasst, die
formalrechtlich den Status des volkseigenen Betriebes hatten (BSG, Urteil vom 09. April
2002 - B 4 RA 41/01 R).
Schließlich erfolgt eine weitere Begrenzung auf (volkseigene) „Produktionsbetriebe der
Industrie und des Bauwesens“ (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).
Darunter ist die industrielle (serienmäßige wiederkehrende) Fertigung, Herstellung,
Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von
baulichen Anlagen zu verstehen (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R
- und vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck
abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben
(BSG, Urteile vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R -, vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA
14/03 R -, vom 06. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R -, vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R). Der
Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und -tätigkeiten geändert
oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangläufig mitausgeführt werden müssen
oder daneben verrichtet werden. Entscheidend ist, welches Produkt im Ergebnis erstellt
werden sollte, nicht aber die Hilfsgeschäfte, die im Zusammenhang mit der Erstellung
dieses Produktes getätigt wurden (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03
R). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer
Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber
allenfalls nach- beziehungsweise nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein
Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R -,
vom 06. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - und vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R).
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen beim Kläger am 30. Juni 1990
nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI vor. Der Kläger war zu
diesem Zeitpunkt nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der
Industrie oder des Bauwesens beschäftigt, der Sachgüter herstellte.
Der VEB F- ist schon kein Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des
Bauwesens.
Ein volkseigener Produktionsbetrieb rechnet nicht schon dann zum Produktionsbetrieb
insbesondere der Industrie, wenn dort eine industriemäßige Fertigung erfolgt. Nötig ist
zugleich, dass dies in einem Wirtschaftsbereich geschieht, der zum Wirtschaftsbereich
der Industrie rechnet, wie ihn das BSG in Auslegung der Vorschriften zur AVtI definiert
hat. Unter Berücksichtigung des grundlegenden Urteils des BSG vom 09. April 2002 – B
4 RA 41/01 R gehören nach Ansicht des erkennenden Senats Produktionsbetriebe der
Land- und Nahrungsgüterwirtschaft dazu nicht.
In diesem Urteil hat das BSG u. a. ausgeführt: Dass es dabei auf Produktionsbetriebe
nur der „Industrie“ und des „Bauwesens“ ankommt, ergibt sich mit Blick auf die
Produktionsbetriebe der Industrie u. a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für
Industrie in § 5 AVtI-VO und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der
sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von „Produktionsbetrieben der Industrie
und des Bauwesens“ einerseits und allen anderen „volkseigenen Betrieben“
andererseits, welche die DDR spätestens ab den 60er Jahren und jedenfalls am 30. Juni
1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Zwar sprechen die
Überschrift der AVtI-VO, ihr Vorspann („Präambel“) und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 2.
DB zur AVtI-VO nur vom „volkseigenen Betrieb“. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO gibt jedoch
selbst keine näheren Hinweise, welche Voraussetzungen vorliegen mussten, so dass ein
Betrieb – positiv – dem Betriebstyp „Produktionsbetrieb“ im Sinne des
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Betrieb – positiv – dem Betriebstyp „Produktionsbetrieb“ im Sinne des
Versorgungsrechts zuzuordnen war. Der staatliche Sprachgebrauch ab 30. Juni 1990
lässt aber erkennen, dass unter solchen Betrieben nur VEB der Industrie und des
Bauwesens verstanden wurden. Wird der marktwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre
gefolgt, kann vergleichsweise betriebstypologisch zwischen Sachleistungs- und
Dienstleistungsbetrieben unterschieden werden. Dabei können die
Sachleistungsbetriebe in drei Gruppen untergliedert werden: Betriebe, die Sachgüter in
Form von Rohstoffen gewinnen (vornehmlich in der Urproduktion), auch
Gewinnungsbetriebe genannt; ferner Betriebe, die Rohstoffe oder Fabrikate ohne
wesentliche Form- oder Substanzänderung lediglich einer gewissen Bearbeitung
unterziehen, also Veredelungsbetriebe; schließlich Betriebe, die Sachgüter herstellen,
Fertigungs-, Fabrikations- oder Produktionsbetriebe genannt. Das BSG hat es in jenem
Urteil offen gelassen, ob die sozialistische Wirtschaftslehre in der DDR eine ähnliche
Betriebstypologie verwandt hat, weil Hinweise in der Literatur der DDR zum
Wirtschaftsrecht darauf hindeuten könnten, dass nicht nur Produktionsbetriebe im Sinne
der Herstellung von Sachgütern, sondern auch ein Teil der Dienstleistungsbetriebe als
Wirtschaftseinheiten der „materiellen Produktion“ verstanden worden sind, wenn nicht
die Herstellung immaterieller Güter eindeutig im Vordergrund stand. Nach dieser
Literatur seien zu den Kombinaten der „materiellen Produktion“ (im weiteren Sinne)
auch die Kombinate des „Verkehrswesens“ (Kraftverkehr) und der „Land- und
Nahrungsgüterwirtschaft“ zu zählen. Das BSG hat diesen weit gefassten Begriff des
Produktionsbetriebes jedoch für den Bereich der AVtI nicht für maßgebend erachtet, weil
insoweit schon § 5 AVtI-VO verdeutlicht, dass versorgungsrechtlich der Ausdruck
„Produktionsbetrieb“ die VEB der Industrie erfasst. Nach dieser Vorschrift erließ der
Minister im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für
Arbeit und Gesundheitswesen Durchführungsbestimmungen. Die Federführung des
Ministeriums der Finanzen ist auf die finanzielle Bedeutung des Versorgungssystems
zurückzuführen; die Beteiligung des Ministeriums für Arbeit und Gesundheitswesens
erfolgte wegen der sozialpolitischen Aspekte. Gerade aber die Beteiligung des
Ministeriums für Industrie gibt zu erkennen, dass grundsätzlich nur VEB betroffen waren,
die dem von diesem Ministerium geleiteten Zweig der Wirtschaft zuzuordnen waren.
Demgemäß stellte auch § 1 1. DB zur AVtI-VO auf Produktionsbetriebe mit
„Herstellungsvorgängen“ und auf „industrielle Fertigungsbetriebe“ ab. Diese
Begrenzung auf industrielle Produktionsbetriebe erklärt sich zum Zeitpunkt des Erlasses
der AVtI-VO und der 2. DB zur AVtI-VO aus der besonderen Bedeutung, die dieser Sektor
der Volkswirtschaft für den Aufbau einer zentralen Planwirtschaft hatte. Eine solche
Planwirtschaft setzte voraus, dass sich zumindest die Grundindustrien in staatlicher
Hand befanden. Denn die sozialistische Wirtschaft wurde vor allem als Industriewirtschaft
verstanden. Die Erhöhung des Anteils der Industrieproduktion am Nationaleinkommen
war eines der erklärten Ziele. Angestrebt wurde die Herstellung der Erzeugnisse auf der
Basis industrieller Massenproduktion entsprechend dem fordistischen
Produktionsmodell. Der Massenausstoß standardisierter Produkte schien in besonderem
Maße den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft zu entsprechen und hohe
Produktivitätsgewinne zu garantieren. Die überragende Bedeutung, die dem
volkseigenen Sektor der Industrie beigemessen wurde, erklärt somit, warum gerade in
diesem Bereich den qualifizierten Fachkräften ein besonderer Beschäftigungsanreiz u. a.
durch Errichtung eines Zusatzversorgungssystems geboten wurde. Aus § 5 AVtI-VO (und
§ 1 1. DB zur AVtI-VO) ergeben sich nach dem BSG mithin zwei Folgerungen für die
Bedeutung des Wortes „volkseigener Produktionsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 2. DB zur AVtI-
VO: Es muss sich bei dem betroffenen Betrieb 1. um einen VEB handeln, der
organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet
war; ferner muss 2. der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung,
Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein.
Auch wenn manches dafür spricht, dass versorgungsrechtlich in § 1 Abs. 1 2. DB zur
AVtI-VO nur solche industriellen Produktionsbetriebe erfasst sind, die dem
Verantwortungsbereich eines Industrieministeriums zugeordnet waren, hat das BSG
bisher nicht endgültig entschieden, ob ausschließlich die Produktionsbetriebe, die den
acht Ende Juni 1990 bestehenden Industrieministerien (vgl. Beschluss des Ministerrats
vom 09. Januar 1975 über ein Rahmenstatut für die Industrieministerien – GBl DDR I
1975, 133) zugeordnet waren, zum Geltungsbereich der AVtI rechnen.
Einer solchen Entscheidung bedarf es vorliegend gleichfalls nicht, denn die Land- und
Nahrungsgüterwirtschaft wird in der o. g. Entscheidung des BSG jedenfalls nicht zum
Bereich der Industrie gerechnet. Dies ist angesichts der vom BSG dargestellten
geschichtlichen Entwicklung folgerichtig.
Der VEB F- gehörte zur Land- und Nahrungsgüterwirtschaft.
Nachdem zum 01. Januar 1983 das VE Kombinat Industrielle Tierproduktion gebildet
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Nachdem zum 01. Januar 1983 das VE Kombinat Industrielle Tierproduktion gebildet
worden war, wurde der zum 01. Januar 1967 geschaffene VEB KIM (vgl. die
entsprechende Verfügung des Vorsitzenden des Staatlichen Komitees für Erfassung und
Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse vom 30. Dezember 1966, enthalten in der
Registerakte) diesem Kombinat als Kombinatsbetrieb mit dem neuen Namen VEB F- K
Betrieb im Kombinat Industrielle Tierproduktion zugeordnet (vgl. das Schreiben des
Generaldirektors der VVB Industrielle Tierproduktion vom 11. Oktober 1982, enthalten in
der Registerakte, sowie die entsprechenden Eintragungen im Register der volkseigenen
Wirtschaft).Die Gründung des VEB KIM stand in Zusammenhang mit der Errichtung von
Großanlagen für die industrielle Produktion und Verarbeitung tierischer Erzeugnisse im
Bereich des Staatlichen Komitees für Erfassung und Aufkauf landwirtschaftlicher
Erzeugnisse (vgl. die Einleitung zur Verfügung vom 30. Dezember 1966). Nach § 1 Abs. 1
und Abs. 2 Satz 1 des Statuts des VEB KIM vom 20. April 1971 (Statut; enthalten in der
Registerakte) war dieser Betrieb als Beispielbetrieb der Geflügelfleisch- und
Frischeierproduktion als juristische Person in der Rechtsform eines Kombinats errichtet
worden. Die diesem Kombinat zugehörenden Betriebe und Bereiche waren hingegen
juristisch nicht selbständig (§ 1 Abs. 4 Statut). Wie aus § 5 Abs. 1 Statut hervorgeht,
arbeiteten im Kombinat vertikal gegliederte Stufenproduzenten der Broiler- und
Frischeierproduktion mit dem Ziel zusammen, hochwertige Erzeugnisse bedarfsgerecht
zu produzieren. Sie wurden durch die Betriebe Technik und Gartenbau unterstützt. Dabei
bildeten nach § 5 Abs. 2 Statut die Betriebe Elterntierhaltung, Brüterei, Broilermast und
Schlachthof die Broilerkette und die Betriebe Legehennenaufzucht, Legehennenhaltung
und Eiersortierung die Frischeierkette. Nach § 2 Statut hatte das Kombinat die Aufgabe,
1. auf industrieller Basis, unter Ausnutzung und ständiger Weiterentwicklung modernster
Produktionsverfahren und neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse der Tierzucht, -
vermehrung und -haltung Geflügelfleischerzeugnisse und Frischeier zu produzieren, 2.
die Bevölkerung der Hauptstadt der DDR, Berlin, direkt sortimentsgerecht und in hoher
Qualität mit Geflügelfleischerzeugnissen und Frischeiern, unter gleichzeitiger Ausübung
von Großhandelsaufgaben, zu beliefern und 3. die auf dem Gebiet der industriellen
Tierproduktion gesammelten Erfahrungen als Beispielbetrieb gleichartigen Betrieben und
Betrieben der Landwirtschaft ständig zu vermitteln.
Auf der Grundlage des Beschlusses über Maßnahmen zur weiteren Gestaltung des
ökonomischen Systems des Sozialismus in der Landwirtschaft und
Nahrungsgüterwirtschaft in den Jahren 1969/1970 vom 31. Juli 1968 (GBl DDR II 1968,
711) waren weitere Maßnahmen eingeleitet worden. Ziel dieser Maßnahmen war es, den
Bereich der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft im ökonomischen System des
Sozialismus zu einem geschlossenen und rationellen, industriemäßig organisierten
Teilsystem auf der Grundlage der sich ständig vertiefenden sozialistischen Demokratie
zu entwickeln. Im Mittelpunkt stand, in allen Landwirtschaftlichen
Produktionsgenossenschaften und Volkseigenen Gütern, aber auch in den
Verarbeitungsbetrieben und ihren volkseigenen Kombinaten, die Produktion und
Arbeitsproduktivität zu steigern, die Kosten zu senken und die Qualität der Erzeugnisse
für eine bessere Versorgung der Bevölkerung zu erhöhen. Zu diesem Zweck erfolgte die
Zusammenführung der bisherigen drei Leitungsorgane (Landwirtschaft, Erfassung und
Aufkauf sowie Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse). Damit sollte die
vollständige Verarbeitung der landwirtschaftlichen Rohstoffe zu hochwertigen
Nahrungsmitteln erreicht werden (so I und Nr. 1 der Anlage zu diesem Beschluss). Als
Organ für die einheitliche Leitung von Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse wurde ein Staatliches Komitee für Aufkauf und Verarbeitung
landwirtschaftlicher Erzeugnisse beim Rat für Landwirtschaftliche Produktion und
Nahrungsgüterwirtschaft gebildet (vgl. auch § 14 der Verordnung über das Statut des
Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft der Deutschen
Demokratischen Republik vom 19. März 1969 – GBl DDR II 1969, 245 -, wonach dieses
Staatliche Komitee den Aufkauf und die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse
leitete und Bilanzfunktionen gegenüber den Kombinaten für Getreidewirtschaft, für
Fleischwirtschaft, für Milchwirtschaft sowie für Eier- und Geflügelwirtschaft ausübte). Dem
Staatlichen Komitee für Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse
unterstanden neben dem Zentralen Kontor für Getreidewirtschaft, der VVB Zucker- und
Stärkeindustrie, der VVB Kühl- und Lagerwirtschaft auch der VVB industrielle
Tierproduktion und Tierzucht, wobei die damalige VVB Tierzucht mit den industriellen
Großanlagen (KIM), wie u. a. Königs Wusterhausen, vereinigt werden sollte (II Nr. 1.3 der
Anlage zu dem o. g. Beschluss).
Das Ziel einer industriemäßig organisierten Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft
geht auch aus weiteren Regelungen insbesondere zum VEB KIM hervor. Nach § 2 Abs. 1,
§ 3, § 13 Abs. 3 und 3 und § 17 der Anordnung über die Beziehungen bei der Lieferung
und Abnahme von Schlachtgeflügel, Schlachtkaninchen, Geflügelfleischerzeugnissen,
Hühnereiern und Bienenhonig vom 21. Dezember 1972 (GBl DDR I 1973, 54) waren die
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Hühnereiern und Bienenhonig vom 21. Dezember 1972 (GBl DDR I 1973, 54) waren die
Kooperations- und Vertragsbeziehungen der Landwirtschaftlichen
Produktionsgenossenschaften und Volkseigenen Güter, aber auch des VEB KIM sowie
der sonstigen volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe der Geflügel-,
Kaninchen-, Hühnereier- und Bienenhonigproduktion so zu gestalten, dass der Prozess
der Konzentration, Spezialisierung und Arbeitsteilung planmäßig so fortgesetzt wurde,
dass schrittweise industriemäßige Formen der landwirtschaftlichen Produktion auf dem
Wege der Kooperation weiterentwickelt wurden und größere Produktionseinheiten in der
Geflügel-, Hühnereier- und Bienenhonigproduktion entstanden. Die Wirtschaftsverträge
waren demgemäß auf den weiteren schrittweisen Übergang zu industriemäßigen
Produktionsmethoden auszurichten. Dazu sollten industriemäßig produzierende Betriebe
der Geflügel- und Hühnereierproduktion langfristige Verträge mit den Direktbeziehern
abschließen. Dabei kam dem VEB KIM im Rahmen seiner Produktion von
Schlachtgeflügel geschlachtet, Geflügelfleischerzeugnissen und Hühnereiern die
Ausübung der Großhandelsfunktion zu. Zudem war er für die Bereitstellung der
Verpackung selbst verantwortlich. Zur Organisierung des schrittweisen Übergangs zu
industriemäßigen Produktionsmethoden in der Geflügelwirtschaft war deswegen mit
Wirkung vom 15. Februar 1973 für die VEB KIM, industriemäßig produzierende
Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, Volkseigene Güter sowie u. a. andere
Betriebe auf dem Gebiet der Eier- und Geflügelwirtschaft der Geflügelwirtschaftsverband
der DDR gebildet worden (vgl. § 1 Abs. 1 und § 2 Anordnung über die Bildung des
Geflügelwirtschaftsverbandes der DDR vom 06. Juni 1973 – GBl DDR I 1973, 293). Die
gleiche Zielstellung weist das Statut des Ministeriums für Land-, Forst- und
Nahrungsgüterwirtschaft – Beschluss des Ministerrates vom 04. Dezember 1975 (GBl
DDR I 1975, 753) aus. Danach war die Tätigkeit des Ministeriums darauf gerichtet, die
beschlossenen Maßnahmen zur Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und
für den planmäßigen Übergang zu industriemäßigen Produktionsmethoden mit
höchstem Nutzen für die gesamte Gesellschaft zu vollziehen. Das Ministerium war u. a.
verantwortlich für die Leitung und Planung der Produktion und Verarbeitung tierischer
Erzeugnisse, der Tierzucht und des Veterinärwesens (§ 1 Abs. 1 und 2).
Angesichts dessen steht fest, dass der VEB F- K ein Betrieb der Land- und
Nahrungsgüterwirtschaft war. Der Kläger selbst zieht dies nicht in Zweifel, wie seiner
Widerspruchsbegründung zu entnehmen ist. Der Vortrag des Klägers, es sei industriell
produziert worden, ist nachvollziehbar, denn die o. g. Regelungen machen dies
hinreichend deutlich. Allerdings zeigen sie auch, dass der Bereich der
Nahrungsgüterwirtschaft als sich unmittelbar der Landwirtschaft nachfolgendem
Wirtschaftsbereich zusammen mit der Landwirtschaft als „geschlossenes Teilsystem“
verstanden wurde, das sich zwar der Produktionsmethoden der Industrie bediente, aber
selbst nicht zur Industrie gehörte. Sie lassen auch erkennen, worauf der Kläger in seiner
Widerspruchsbegründung bereits hingewiesen hat, dass diese industriemäßig
arbeitenden Betriebe der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft erst ab 1968 entstanden
sind, so dass sie folgerichtig von der AVtI-VO und der 2. DB zur AVtI-VO nicht erfasst
sein konnten. Eine nachträgliche Einbeziehung dieser Betriebe ist nicht erfolgt. Treten
innerhalb einer Rechtsordnung tatsächliche oder rechtliche Änderungen auf, die eine
Anpassung anderer Rechtsvorschriften erfordern, so ist es Angelegenheit des Gesetz-
bzw. Verordnungsgebers, hierauf mit der entsprechenden Änderung der anderen
Rechtsvorschrift zu reagieren. Macht er hiervon keinen Gebrauch, so kann daraus die
Schlussfolgerung gezogen werden, dass er in der anderen Rechtsvorschrift diese
Änderung nicht hat berücksichtigen wollen. Dies gilt erst recht, wenn seit diesen
Veränderungen und abgestellt auf den 30. Juni 1990 Jahrzehnte vergangen sind.
Schließlich gibt das Berufungsvorbringen des Klägers keinen Anhalt dafür, dass der VEB
F- einen anderen, als den ihm nach den o. g. Vorschriften und Regelungen zugewiesenen
Zweck verfolgt hätte. Danach wurde Geflügel gezüchtet und aufgezogen, geschlachtet
und verarbeitet sowie mit den weiteren Erzeugnissen (Eiern) handelsfertig ausgeliefert.
Ausgehend davon war der Hauptzweck des VEB F- nicht die Herstellung von Sachgütern,
auch wenn ihm die Bearbeitung tierischer Erzeugnisse sein Gepräge gab.
Der VEB F- nahm mehrere Aufgaben wahr. Zum einen hatte er Geflügel zu züchten und
aufzuziehen. Insoweit war er landwirtschaftlich tätig. Zum anderen hatte er Geflügel zu
schlachten und zu verarbeiten. Insoweit war er mit der Bearbeitung von tierischen
Erzeugnissen befasst. Zum dritten hatte er die Bevölkerung mit
Geflügelfleischerzeugnissen und Frischeiern zu versorgen. Insoweit war er im Bereich des
Handels mit Dienstleistungsfunktion betraut. Als Dienstleister war er ebenfalls tätig,
soweit er als Beispielbetrieb auf dem Gebiet der industriellen Tierproduktion die
gesammelten Erfahrungen an gleichartige Betriebe und Betriebe der Landwirtschaft
weiterzugeben hatte.
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Werden diese verschiedenen Aufgaben miteinander verglichen, um daraus den
Hauptzweck zu ermitteln, ist maßgebend die oben aufgezeigte geschichtliche
Entwicklung, die zur Gründung des VEB F führte, zu berücksichtigen. Danach sollte die in
der Landwirtschaft angesiedelte Züchtung und Aufzucht von Geflügel und die dem
Nahrungsmittelhandwerk zugehörige Bearbeitung dieser Tierart in einem Betrieb mit
dem Ziel zusammengefasst werden, mit industriemäßigen Verfahrensmethoden zu
produzieren. Wegen der Verknüpfung der Züchtung und der Aufzucht des Geflügels mit
seiner Verarbeitung erfolgte eine Verlagerung aus dem Bereich der Landwirtschaft, so
dass nunmehr die Verarbeitung in den Vordergrund trat und zugleich den Schwerpunkt
der Betriebstätigkeit bildete. Die daneben bestandenen Aufgaben, die Wahrnehmung
der Großhandelsfunktion und die Weitergabe der im Betrieb gewonnenen Kenntnisse an
andere, stellten demgegenüber lediglich davon abgeleitete, also ohne den genannten
Schwerpunkt der Betriebstätigkeit nicht denkbare, Zusatzaufgaben dar, die in der
Weiterleitung des gewonnenen Produkts, einerseits des materiellen und andererseits des
immateriellen Gutes, bestanden.
Die Bearbeitung von tierischen oder anderen Rohstoffen und Sachgütern stellt keine
Sachgüterproduktion im Sinne der Fertigung, Herstellung, Anfertigung und Fabrikation
dar. Nach Ansicht des Senats, die sich auf das Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4
RA 41/01 R stützt, bezeichnet Sachgüterproduktion, ohne dass dies als abschließende
Definition zu verstehen ist, jedenfalls nur solche körperlichen Gegenstände als
Endprodukt, die durch individuelle schöpferische Umformung und Neugestaltung aus
bestimmten zu verwendenden Materialien (Vorprodukten) mit dem Ziel und dem
Ergebnis, Neues zu schaffen, entstanden sind. Das BSG hat in jenem Urteil die
Sachleistungsbetriebe insbesondere anknüpfend an der marktwirtschaftlichen
Betriebswirtschaftslehre in die Betriebe untergliedert, die Rohstoffe oder Fabrikate ohne
wesentliche Form- oder Substanzänderung lediglich einer gewissen Bearbeitung
unterziehen (Veredelungsbetriebe) und solche, die Sachgüter herstellen (Fertigungs-,
Fabrikations- oder Produktionsbetriebe). Sowohl diesem Urteil als auch den o. g.
weiteren nachfolgenden Urteilen des BSG ist wegen der Gegenüberstellung dieser
beiden Sachleistungsbetriebe zu entnehmen, dass Betriebe, die Rohstoffe oder
Fabrikate ohne wesentliche Form- oder Substanzänderung lediglich einer gewissen
Bearbeitung unterziehen, also Veredelungsbetriebe, gerade keine Betriebe der
Sachgüterproduktion sind. Es genügt mithin nicht, ein bestimmtes Vorprodukt zu
verändern, wenn dieses Vorprodukt als solches noch im Endprodukt sichtbar und
erkennbar bleibt, also grundsätzlich Neues nicht entstanden ist.
Der VEB F rechnet, soweit es die Frischeierkette in Form der Frischeierproduktion betrifft,
nicht einmal zu einem solchen Betrieb, der die Veränderung eines Vorproduktes zum
Ziel hatte. Soweit es die Broilerkette in Form der Schlachtung und Verarbeitung des
Geflügels betrifft, zählt dieser Betrieb zu den Veredelungsbetrieben, denn Geflügel bleibt
auch in der Erscheinungsform als Broiler erhalten; die Änderung erschöpft sich allein
darin, dass dieses tierische Produkt zum Verzehr vorbereitet worden ist.
Gehörte somit der VEB F- K nicht zu den volkseigenen Produktionsbetrieben der
Industrie (und des Bauwesens), bestand am 30. Juni 1990 kein Anspruch auf
Einbeziehung in die AVtI. Es bedarf daher keiner weiteren Sachaufklärung hinsichtlich des
davor liegenden Zeitraumes, insbesondere der Zeit des Besuchs der Parteischule vom
01. September 1970 bis 08. August 1971, zum Vorliegen der
Einbeziehungsvoraussetzungen.
Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot scheidet aus.
Soweit sich der Kläger gegenüber solchen Kollegen gleichheitswidrig behandelt fühlt,
denen keine Versorgungsurkunde erteilt worden war, deren Zugehörigkeit zur AVtI
gleichwohl (rechtswidrig) durch die Beklagte festgestellt wurde, vermag der Senat dies
nachzuvollziehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Fall des Klägers in derselben Weise
verfahren werden kann. Nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sind die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Wird das vom Kläger
erhobene Begehren als rechtswidrig erkannt, ist ausgeschlossen, diesem Begehren zu
entsprechen, denn dadurch würde ein verfassungswidriger Zustand herbeigeführt.
Vielmehr ist die Beklagte in einem solchen Fall aufgefordert zu prüfen, ob die den
genannten Kollegen erteilten Bescheide über die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVtI
nach den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts wegen Rechtswidrigkeit
zurückzunehmen sind.
Die Berufung des Klägers muss daher erfolglos bleiben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und
entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 SGG) nicht vorliegen.
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