Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 19.01.2005
LSG Berlin und Brandenburg: psychotherapeutische behandlung, erfüllungs statt, versorgung, ermächtigung, leistungserbringer, krankenversicherung, verhaltenstherapie, abtretung, psychotherapie
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 19.01.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 85 KR 1889/01
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 117/02
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2002 wird zurückgewiesen. Kosten
sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung.
Die 1963 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Um die Möglichkeiten einer
psychotherapeutischen Behandlung abzuklären, setzte sie sich im Oktober 1999 mit der Diplom-Psychologin C (im
Folgenden: Behandlerin) in Verbindung. Diese gehört zum Personenkreis der sog. Erstattungspsychotherapeuten,
denen die Behandlungskosten bis zum 31. Dezember 1998 auf der Grundlage des § 13 Abs. 3 des Fünften Buches
des Sozialgesetzbuches (SGB V) von den gesetzlichen Krankenkassen direkt oder über die jeweiligen Versicherten
erstattet worden waren. Seit Januar 1999 verfügt die Behandlerin über die Approbation als Psychologische
Psychotherapeutin. Ihr noch vor Ablauf des Jahres 1998 gestellter Antrag, sie bedarfsunabhängig zur
vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, hilfsweise zu ermächtigen, wurde hingegen abgelehnt (Beschluss des
Zulassungsausschusses für Ärzte und Psychotherapeuten vom 22. Juni 1999). Der dagegen gerichtete Widerspruch
wurde zurückgewiesen (Beschluss des Berufungsausschusses für Ärzte und Psychotherapeuten vom 31. Mai 2000).
Die daraufhin erhobene Klage blieb ebenso wie die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung ohne Erfolg
(Urteile des Sozialgerichts und Landessozialgerichts Berlin vom 5. Juni 2002 und 4. Juni 2003). Auch die gegen die
Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen (Beschluss des Bundessozialgerichts -
BSG- vom 5. November 2003).
Mit Schreiben vom 26. November 1999, das am 29. November 1999 bei der Beklagten einging, beantragte die
Behandlerin im Namen der Klägerin, die Kosten für eine von ihr bei der Klägerin durchgeführte Verhaltenstherapie zu
erstatten. Zur Begründung verwies sie auf eine ärztliche Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters Dr. H vom
25. November 1999, wonach bei der Klägerin wegen eines depressiven Syndroms eine Psychotherapie
(Kurzzeittherapie 25 h) erforderlich sei, die sofort beginnen sollte. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit ihrem direkt
an die Klägerin gerichteten Bescheid vom 9. Dezember 1999 mit der Begründung ab: Seit In-Kraft-Treten des
Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und
Jungendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des SGB V und anderer Gesetze (PsychThGEG) zum 1. Januar
1999 könnten Kosten für psychotherapeutische Leistungen nicht mehr nach § 13 Abs. 3 SGB V erstattet werden.
Denn die Versicherten könnten diese Leistungen nunmehr mit ihrer Versichertenkarte kostenfrei im
Sachleistungswege erhalten. Hierbei dürften sie sich allerdings nur von zugelassenen Leistungserbringern behandeln
lassen, die in Berlin jedoch in ausreichender Anzahl zur Verfügung stünden. Zu diesen Leistungserbringern gehöre die
Behandlerin nicht, weil ihr Antrag auf Zulassung zwischenzeitlich abgelehnt worden sei.
Hiergegen erhob die Behandlerin im Namen der Klägerin unter Vorlage von zwei Vollmachten Widerspruch und machte
geltend: Die Kosten der bei ihr durchgeführten Verhaltenstherapie müssten schon deshalb erstattet werden, weil die
Beklagte der Klägerin die Kostenerstattung Anfang Oktober 1999 im Rahmen eines Telefongesprächs zugesagt habe.
Auch ihr gegenüber habe sich die Beklagte telefonisch dahingehend geäußert, dass eine Einzelfallentscheidung
möglich sei. Davon abgesehen sei der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch aber auch deshalb gegeben, weil
sie nach der Übergangsbestimmung des Art. 10 PyschThGEG als Erstattungspsychotherapeutin weiterhin an der
Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten teilnehmen dürfe, bis eine rechtskräftige Entscheidung über ihren
Antrag auf Zulassung vorliege. Zur weiteren Begründung des Widerspruchs überreichte sie zwei Rechnungen vom 30.
Dezember 1999 und 22. Dezember 2000 über insgesamt 5.975,16 DM (= 3.055,05 EUR ) für am 29. Oktober, 9.
November, 17. November und 25. November 1999 erbrachte "Kriseninterventionen" sowie vom 1. Dezember 1999 bis
zum 11. Dezember 2000 erbrachte Leistungen der Verhaltentherapie. Im Übrigen legte sie zwei Abtretungserklärungen
vom 30. Dezember 1999 und 3. Januar 2000 vor, wonach die Klägerin ihren "Anspruch auf Erstattung der
Honorarsätze" an die Behandlerin rechtsverbindlich abgetreten habe.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit ihrem an die Behandlerin als Bevollmächtigte der Klägerin gerichteten
Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2001 unter Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet
zurück.
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr sämtliche Kosten für die von der
Behandlerin erbrachte und nach wie vor andauernde Verhaltenstherapie einschließlich der Kosten für die im Oktober
und November 1999 durchgeführten Kriseninterventionen zu erstatten und die Erstattungsbeträge direkt an die
Behandlerin zu überweisen. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf verschiedene Stellungnahmen des
Bundesversiche- rungsamtes und des Bundesministeriums für Gesundheit zur Rechtsstellung der
Erstattungspsychotherapeuten in der Zeit nach dem 31. Dezember 1998 erneut vorgetragen: Ihre Behandlerin sei kraft
Übergangsrechts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag auf Zulassung, hilfsweise Ermächtigung, zur
vertragspsychotherapeutischen Versorgung weiterhin berechtigt, gesetzlich Krankenversicherte und damit auch sie
gegen Erstattung ihrer Kosten zu behandeln. Auf die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V komme es hierbei
nicht an.
Mit seinem Urteil vom 20. Juni 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zwar zulässig, weil die Klägerin trotz der Abtretung ihres Anspruchs auf
Erstattung der Honorarsätze an die Behandlerin Inhaberin des Stammrechts geblieben und damit zur Führung des
Rechtsstreits aktivlegitimiert sei. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil die Voraussetzungen des als
Anspruchsgrundlage allein in Betracht zu ziehenden § 13 Abs. 3 SGB V nicht vorlägen. Zunächst habe die Beklagte
eine Leistung hier nicht zu Unrecht abgelehnt. Denn der Klägerin habe ein Sachleistungsanspruch auf eine
psychotherapeutische Behandlung bei der Behandlerin nicht zugestanden und ihr stehe ein solcher Anspruch auch
heute noch nicht zu, weil die von ihr in Anspruch genommene Behandlerin nicht zur vertragspsychotherapeutischen
Versorgung zugelassen sei. Die Übergangsbestimmung des Art. 10 PsychThGEG könne insoweit zu keinem anderen
Ergebnis führen, weil sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zulassungsverfahrens übergangsweise lediglich das
bis zum 31. Dezember 1998 geltende Recht fortschreiben könne, dessen Bestandteil § 13 Abs. 3 SGB V jedoch
gewesen sei. Des Weiteren sei nicht feststellbar, dass die Beklagte hier eine unaufschiebbare Leistung nicht
rechtzeitig habe erbringen können. Denn in Berlin seien bereits am 1. September 1999 1.661 Psychotherapeuten
zugelassen gewesen, von denen die Klägerin einen anstelle der von ihr gewählten Behandlerin hätte in Anspruch
nehmen können. Dass die Beklagte ihr eine wirksame Zusicherung erteilt haben könnte, ihr die Kosten der
Behandlung bei der Behandlerin zu erstatten, sei nicht ersichtlich.
Gegen dieses ihr am 10. Juli 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, dem 12. August 2002, Berufung
eingelegt und unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen vorgetragen: Mit Blick auf die Übergangsbestimmung
des Art. 10 PsychThGEG sei ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die bei der Behandlerin durchgeführte
Verhaltentherapie einschließlich der Kriseninterventionen gegeben. Denn nach dieser Vorschrift sei die Behandlerin
berechtigt gewesen, bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Zulassungsverfahrens weiterhin als
Erstattungspsychotherapeutin an der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten teilzunehmen. Auf die
Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V komme es insoweit nicht an, weil die Übergangsbestimmung ansonsten
keinen Sinn mache.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 1999 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten
für die von ihrer Behand- lerin Diplom-Psychologin Frau in der Zeit vom 29. Oktober 1999 bis zum 11. Dezember 2000
erbrachten psycho- therapeutischen Leistungen in Höhe von 3.055,05 EUR zu erstatten, hilfsweise die Revision
zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten
verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, mit der die Klägerin nur noch das Begehren auf Erstattung der Kosten in Höhe von 3.055,05 EUR für die
in der Zeit vom 29. Oktober 1999 bis zum 11. Dezember 2000 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen
weiterverfolgt, ist zulässig, aber nicht begründet. Das insoweit angegriffene Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu
beanstanden.
Zu Recht hat das Sozialgericht zunächst die von der Klägerin erhobene Klage, bei der es sich um eine kombinierte
Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handelt, als zulässig
angesehen. Denn die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 9. Dezember 1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2001 in ihren eigenen Rechten betroffen. Dies bedarf für den an sie
adressierten und ihren Antrag auf Kostenerstattung ablehnenden Ausgangsbescheid keiner näheren Darlegung. Für
den Widerspruchsbescheid, der an die von der Klägerin zur Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der Beklagten
bevollmächtigte Behandlerin gerichtet gewesen ist, ergibt sich dies aus dem sich bei sachdienlicher und vernünftiger
Auslegung ebenfalls auf einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin beziehenden Inhalt des jeweiligen Bescheides.
Die Klage ist indes unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte
Kostenerstattung. Zwar ist sie zur Überzeugung des Senats aktivlegitimiert. Denn seine Entscheidung betrifft
vorliegend allein ihr Stammrecht gegen die Beklagte, das nach § 53 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches
(SGB I) nicht übertragbar ist. Die Abtretung ihrer Zahlungsansprüche an ihre Behandlerin könnte sich damit -
vorausgesetzt, dass es sich überhaupt um eine Abtretung an Erfüllungs Statt und nicht um eine solche
erfüllungshalber handeln sollte und die Abtretung wirksam wäre - allenfalls hinsichtlich der Person des
Zahlungsempfängers auswirken, ließe das Stammrecht der Klägerin hingegen unberührt. Indes liegen die
Voraussetzungen für die begehrte Kostenerstattung nicht vor.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten
Kostenerstattungsanspruch allein § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Denn die Übergangsbestimmung des Art. 10
PsychThGEG, nach der die Rechtsstellung der bis zum 31. Dezember 1998 an der psychotherapeutischen
Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilnehmenden nichtärztlichen Leistungserbringer
bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses über deren Antrag auf Zulassung oder Ermächtigung unberührt
bleibt, sofern sie einen Antrag auf Zulassung oder Ermächtigung bis zum 31. Dezember 1998 gestellt haben, regelt
ersichtlich nur die Rechtsstellung bestimmter Leistungserbringer, nicht jedoch den Anspruch der Versicherten auf
Erstattung von Kosten für von ihnen selbstbeschaffte Leistungen. Dieser Anspruch kann - abgesehen von hier nicht
vorliegenden Besonderheiten - im Bereich des Krankenversicherungsrechts allein nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V
bestehen. Er setzt voraus, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte
(1. Alternative) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative). Diese Voraussetzungen müssen
entgegen der Auffassung der Klägerin auch in den Fällen erfüllt sein, in denen sich der Versicherte die Leistung, um
deren Kosten es geht, von einem Leistungserbringer beschafft hat, der der Übergangsbestimmung des Art. 10
PsychThGEG unterfällt. Denn mit Blick auf den im Sozialleistungsrecht nach § 31 SGB I auch für die Begründung
von Rechten geltenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der seine besondere Ausprägung in § 13 Abs. 1
SGB V erfahren hat, dürfen die grundsätzlich nur zur Erbringung von Sach- oder Dienstleistungen verpflichteten
Krankenkassen im Rahmen des hier allein einschlägigen SGB V Kosten nur erstatten, soweit dieses Buch des
Sozialgesetzbuches die Kostenerstattung erlaubt. Erlaubt ist die Kostenerstattung - abgesehen von hier nicht
vorliegenden Besonderheiten - indes nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, der im Übrigen
auch nur dem Versicherten und nicht den von ihnen in Anspruch genommenen Leistungserbringern Ansprüche
einräumt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation für alle Versicherten gleichermaßen gilt. Wie das
Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift hier nicht vor.
Zunächst lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte die Leistungen zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative).
Denn wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf
eine Sach- oder Dienstleistung. Er besteht deshalb nur, soweit die selbstbeschaffte Leistung ihrer Art nach zu den
Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der
Durchbrechung des sich aus § 2 Abs. 2 SGB V ergebenden Sachleistungsgrundsatzes trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem
Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder
sicherstellen müssen (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1, 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein
Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V), sei es infolge
eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die
Abweichung vom Sachleistungsprinzip jedoch nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen
verursacht ist (vgl. BSGE 79, 125 ff. [126 ff.]). Vorliegend hatte die Klägerin indes keinen Sachleistungsanspruch auf
Durchführung einer Verhaltenstherapie bei der von ihr gewählten Behandlerin. Auch war deren Inanspruchnahme nicht
auf ein Systemversagen zurückzuführen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um
eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Nach der ärztlichen Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters Dr. Ho vom 25. November 1999 litt die Klägerin
zwar zumindest Ende 1999 an einem depressivem Syndrom und war daher behandlungsbedürftig im Sinne der
vorgenannten Norm, was einen Anspruch auf Krankenbehandlung begründen würde, der nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
SGB V auch die psychotherapeutische Behandlung umfasst. Hingegen hatte sie keinen Anspruch darauf, die
erforderliche psychotherapeutische Behandlung durch die von ihr gewählte Behandlerin durchführen zu lassen. Denn
nach dem durch das PsychThGEG mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 eingefügten § 28 Abs. 3 SGB V wird die
psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen
sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 SGB V durchgeführt. Die von der Klägerin
gewählte Behandlerin gehörte jedoch weder zu den Vertragsärzten noch zu den (Vertrags-)Psychotherapeuten. Sie
war zwar im fraglichen Zeitraum approbierte Psychologische Psychotherapeutin. Dies allein aber reichte nicht aus.
Vielmehr bedurfte sie der Zulassung zur psychotherapeutischen Behandlung, über die sie unstreitig nicht verfügte.
Ebenso unstreitig kann die erforderliche Zulassung nicht aufgrund der Regelung des Art. 10 PsychThGEG fingiert
werden. Denn in dieser Vorschrift ist lediglich bestimmt, dass die Rechtsstellung der bis zum 31. Dezember 1998 an
der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilnehmenden
nichtärztlichen Leistungserbringer bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses über deren Zulassung oder
Ermächtigung unberührt bleibt, sofern sie einen Antrag auf Zulassung oder Ermächtigung bis zum 31. Dezember 1998
gestellt haben. Bereits die in der Vorschrift gewählte Formulierung, "die Rechtsstellung bleibt unberührt", zeigt jedoch,
dass den Betroffenen lediglich Bestandsschutz im Rahmen der seinerzeit von ihnen innegehabten Rechtsposition
gewährt wird. Die Fiktion einer Zulassung würde hingegen angesichts der mit ihr verbundenen Erweiterung und
Verbesserung der beruflichen Einkommenssituation weit über den gesetzlich zugesicherten Bestandsschutz
hinausgehen (vgl. Beschluss 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 2000 - 1 BvR
704/00 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 24). Vertrauensschutz wegen Tätigkeiten im Kostenerstattungsverfahren kann jedoch
über die durch § 95 Abs. 10 und Abs. 11 SGB V zugebilligte gesetzliche Möglichkeit privilegierter Erlangung einer
Zulassung oder Ermächtigung hinaus nicht anerkannt werden (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 4).
Art. 10 PsychThGEG als Regelung des vorläufigen Rechtsschutzes ermöglichte der Behandlerin der Klägerin mithin
lediglich eine vorübergehende Fortsetzung ihrer bisherigen Tätigkeit als Erstattungspsychotherapeutin nach den bis
Ende 1998 geltenden Vorschriften. Auch daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin - und wohl
insbesondere der ihrer Behandlerin - gerade nicht, dass die Behandlerin die von ihr erbrachten Leistungen zulasten der
gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen konnte. Denn die Leistungserbringung durch sie hielt sich nicht an das
bis Ende 1998 geltende Recht, woran das In-Kraft-Treten von § 95 Abs. 10 und 11 SGB V am 24. Juni 1998 gemäß
Art. 15 Abs. 1 PsychThGEG nichts ändert. Allgemein war die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen des
Kostenerstattungsverfahrens bis Ende 1998 gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. hierzu BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 25
und BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 4). Zur Rechtfertigung dieses gleichwohl praktizierten Verfahrens wurde vonseiten der
Krankenkassen darauf verwiesen, dass ein Mangel an zur Psychotherapie in den Richtlinienverfahren nach den
Psychotherapie-Richtlinien befähigten und tätigen Ärzten sowie an zur Mitwirkung im Delegationsverfahren befähigten
und bereiten nichtärztlichen Psychotherapeuten bestehe, sie ihrem Versorgungsauftrag daher nicht gerecht werden
könnten und daher aufgrund eines Systemversagens verpflichtet seien, Kosten für außerhalb des Systems der
gesetzlichen Krankenversicherung beschaffte Leistungen nach § 13 Abs. 3 SGB V zu erstatten. Dementsprechend
stand die Tätigkeit der nichtärztlichen Psychotherapeuten im Kostenerstattungsverfahren stets unter dem Vorbehalt,
dass zum einen überhaupt ein Versorgungsdefizit bestand und dieses zum anderen nicht durch vermehrte Leistungen
psychotherapeutisch tätiger Ärzte oder im Delegationsverfahren tätiger Psychotherapeuten geschlossen würde. Ein
entsprechender Mangel hat in Berlin im fraglichen Zeitraum jedoch nicht bestanden. Im Gegenteil waren in Berlin am
1. September 1999 bereits 1661 Psychotherapeuten zugelassen (vgl. Landespressedienst 247/99 vom 20. Dezember
1999 S. A 2 und A 3). Die Beklagte war mithin im fraglichen Zeitraum ohne weiteres in der Lage, ihrem
Versorgungsauftrag gerecht zu werden, d.h. der Klägerin die von ihr benötigte psychotherapeutische Behandlung
durch einen zugelassenen Leistungserbringer zu gewähren. Ein Systemversagen, das einen Rückgriff auf einen nicht
in dieses System eingebundenen Behandler rechtfertigen könnte, lag mithin jedenfalls in Berlin nicht vor. Dies zeigt
sich im Übrigen auch schon daran, dass die Beklagte der Klägerin bereits in ihrem Ausgangsbescheid vom 9.
Dezember 1999 einen zugelassenen Therapeuten namentlich benannt und ihr im Übrigen ihre Hilfe bei der Vermittlung
eines sonstigen zugelassenen Therapeuten angeboten hat.
Darüber hinaus kann sich die Klägerin hier auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte eine unaufschiebbare
Leistung im Sinne der 1. Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht rechtzeitig habe erbringen können. Denn auf
diese Alternative kann ein Kostenerstattungsanspruch nur gestützt werden, wenn es dem Versicherten nicht möglich
oder nicht zuzumuten war, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Kasse in Verbindung zu setzen, um alle
erreichbaren Behandlungsmöglichkeiten auszuschöpfen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Dies aber war vorliegend
nicht der Fall, weil die Klägerin nach ihren eigenen Angaben bereits vor Durchführung der Kriseninterventionen ab dem
29. Oktober 1999 sowohl mit der Behandlerin als auch mit der Beklagten in Kontakt gestanden hat. Jedenfalls aber
hätte sie sich selbst im Falle einer plötzlichen erheblichen gesundheitlichen Gefährdung jederzeit an einen der in
Berlin in größerer Anzahl zugelassenen Psychotherapeuten wenden oder einen Vertragsarzt aufsuchen und sich eine
Krankenhausbehandlung verordnen lassen können, falls diesem die Behandlungskapazität für eine längere
Behandlung gefehlt hätte.
Schließlich kann die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte daraus herleiten, dass sie ihr telefonisch eine
positive Entscheidung zugesagt haben soll. Denn eine entsprechende Zusage bedürfte, um gemäß § 34 des Zehnten
Buches des Sozialgesetzbuches Rechtswirkungen zu entfalten, der Schriftform, an der es hier fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.