Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 21.08.2006

LSG Berlin und Brandenburg: umschulung, berufliche eingliederung, kaufmann, maler, arbeitslosigkeit, erlass, qualifikation, arbeitsmarkt, ermessensausübung, beurteilungsspielraum

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 21.08.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Neuruppin S 6 AS 478/05 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 5 B 401/06 AS ER
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. März 2006 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Förderung einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung bzw. Umschulung.
Der 1957 geborene Antragsteller absolvierte von 1974 bis 1976 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer und
arbeitete anschließend in diesem Beruf. Im Dezember 1987 erlangte der Antragsteller den Meistertitel und war in der
Folgezeit im Wesentlichen als Malermeister und Bauleiter beschäftigt. Von 1989 bis 1996 übte der Antragsteller eine
selbstständige Tätigkeit aus; anschließend war er bis Juni 2001 Leiter der Malerabteilung (Bauleitung) bei einem
Bauunternehmen. In der Zeit von Juli 2001 bis Februar 2004 war der Antragsteller arbeitslos; von Mai 2004 bis
Februar 2005 arbeitete er als Handelsvertreter einer Hausvertriebsgesellschaft. Seit dieser Zeit ist der Antragsteller
durchgehend arbeitslos und bezieht Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Am 31. August 2005 fand
ein so genanntes Profiling statt, bei dem der Antragsteller sein Interesse an einer Umschulung wegen gesundheitlicher
Einschränkungen geltend machte. Der Antragsgegner veranlasste eine medizinische Begutachtung, wonach der
Antragsteller noch vollschichtig überwiegend leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten in wechselnder Haltung
unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen verrichten kann. Zwischenzeitlich, nämlich am 10. August
2005, hatte der Antragsteller an einem persönlichen Beratungsgespräch im F B e.V. für den "Kaufmann in der
Grundstücks- und Wohnungswirtschaft" teilgenommen. Nachdem die Schule die Teilnahme an der genannten
Umschulung befürwortete, da der Eignungstest erfolgreich bestanden war, teilte die zuständige Fallmanagerin dem
Antragsteller mit, er könne an der tatsächlich seit dem 26. September 2005 laufenden und bis zum 29. Juni 2007
dauernden Umschulung ab dem 2. November 2005 zunächst als Gasthörer teilnehmen (Lehrgangsgesamtgebühr
8.355,76 EUR). Mit Bescheid vom 15. November 2005 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Umschulung zum
Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ab. Zur Begründung heißt es, der Antragsteller könne zwar
seinen erlernten Beruf als Maler, Lackierer und Malermeister aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben und
sei seit Februar 2005 ohne Beschäftigung. Das medizinische Gutachten habe jedoch ergeben, dass er mit
bestimmten Einschränkungen vollschichtig erwerbsfähig sei. Das in seiner Person bestehende Vermittlungshemmnis
bilde keine Grundlage für die Genehmigung der Teilnahme an der geplanten Umschulungsmaßnahme. Der
Antragsteller könne die von ihm in der Vergangenheit ausgeführten Tätigkeiten weiterhin verrichten. Im Übrigen
bestehe nach erfolgreicher Umschulung aufgrund seines Alters nur eine geringe Chance auf Eingliederung in Arbeit.
Den Widerspruch des Antragstellers hiergegen wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember
2005 zurück. Das eingeräumte pflichtgemäße Ermessen sei dahingehend ausgeübt worden, die beantragte Förderung
nicht zu gewähren. Die Weiterbildung sei nicht notwendig, um den Antragsteller beruflich einzugliedern; eine
Einstellungszusage eines potentiellen Arbeitgebers habe nicht vorgelegt werden können. Aufgrund dessen sei auch
maßgeblich auf das Lebensalter des Antragstellers abzustellen. Es lasse sich prognostizieren, dass eine Anstellung
als Quereinsteiger aufgrund seines Alters in Zukunft nicht erfolgen werde. Demgegenüber seien bei dem Antragsteller
aufgrund seiner Qualifikation keine Vermittlungshemmnisse zu erblicken, auch wenn er als Maler und Lackierer aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten könne. Er könne aber nach wie vor als Bauleiter, Kraftfahrer oder
Handelsvertreter arbeiten.
Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben und unter dem 20. Dezember 2005 den Erlass einer einstweiligen
Anordnung beantragt. Er hat darauf hingewiesen, dass er nicht nur als Maler und Lackierer, sondern auch als Bauleiter
oder Kraftfahrer wegen erheblicher Rückenbeschwerden nicht mehr arbeiten könne. Die Umschulung sei daher
notwendig; vor dem Beginn der Teilnahme sei er von dem Antragsgegner beraten worden; die Maßnahme und der
Träger der Maßnahme seien für die Förderung zugelassen. Darüber hinaus erfülle er die persönlichen
Voraussetzungen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung; sein Lebensalter spreche nicht gegen, sondern eher
für eine rasche Bewilligung. Auf dem freien Ausbildungsmarkt zum Kaufmann in der Grundstücks- und
Wohnungswirtschaft bestehe inzwischen die Auswahl zwischen 19-jährigen Abiturienten, sodass eine Qualifizierung
für ihn unerlässlich sei. Die Eingliederungserwartung werde sich für ihn nach Erlangung des angestrebten IHK-
Abschlusses entscheidend verbessern. Eigene Finanzmittel zur vorläufigen Finanzierung der Umschulungsmaßnahme
bestünden nicht.
Der Antragsgegner hat erwidert, aufgrund der Einschätzung der Leistungsfähigkeit aus medizinischer Sicht erscheine
die Wiedereingliederung des Antragstellers im erlernten Berufsfeld als Malermeister geeigneter, um die
Arbeitslosigkeit effektiver und zeitnäher zu beenden, als durch eine Umschulung. Darüber hinaus sei es
vorzugswürdig, einen älteren Langzeitarbeitslosen wie den Antragsteller vorrangig durch Eingliederungszuschüsse
möglichst schnell in das Arbeitsleben zu integrieren, anstatt ihn durch langfristige Fördermaßnahmen weiterhin vom
Arbeitsmarkt zu entrücken. Letztlich fehle der Nachweis, dass andere Eingliederungsbemühungen keinen Erfolg
versprechen.
Mit Beschluss vom 16. März 2006 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
verpflichtet, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses darüber zu entscheiden, ob er dem Antragsteller
vorläufig die Kosten der Maßnahme beim F B e.V. – zweijähriger Umschulungslehrgang zum Kaufmann in der
Grundstücks- und Wohnungswirtschaft – erstattet, und im Übrigen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, ein Anordnungsanspruch liege insoweit
vor, als der Antragsteller eine Neubescheidung begehre, die in einem Leistungsantrag stets konkludent enthalten sei.
Streitig sei hier allein die Frage der Notwendigkeit der Weiterbildung (§ 16 Absatz 1Satz 1 SGB II i. V.m. § 77 Abs. 1
Nr. 1 SGB III). Hierfür sei eine Prognosentscheidung erforderlich, ob die Maßnahme die Eingliederungschancen
erhöhe. Insoweit bestehe ein Beurteilungsspielraum des Grundsicherungsträgers, der jedoch hinsichtlich seiner
Begründung der gerichtlichen Überprüfung unterliege. Vorliegend gehe die Verwaltungsentscheidung von
unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen aus, beruhe im Wesentlichen nicht auf Daten sondern auf Vermutungen
und sei methodisch nicht nachvollziehbar. Gegen die Annahme, dass dem Antragsteller auch ohne die
Weiterbildungsmaßnahme ein anderer Arbeitsplatz vermittelt werden könne, spreche, dass Vermittlungsbemühungen
der Bundesagentur für Arbeit von Juli 2001 bis Juli 2004 und Vermittlungsbemühungen des Antragsgegners seit
Januar 2005 ebenso ohne Erfolg geblieben seien wie Eigenbemühungen des Antragstellers. Ausreichende
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller dennoch in absehbarer Zeit in Arbeit vermittelt werden könne, seien weder
vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere sei nicht erklärt, warum bisher eine Vermittlung des Antragstellers nicht
gelungen sei. Außerdem seien auch die individuellen Vermittlungshemmnisse des Klägers zu berücksichtigen, die
einer aus Sicht des potenziellen Arbeitgebers gewünschten vielseitigen Einsetzbarkeit als Malermeister
entgegenstünden. Die Notwendigkeit der Weiterbildung zur beruflichen Eingliederung bei Arbeitslosigkeit setze darüber
hinaus voraus, dass die Eingliederungschancen des Arbeitnehmers nach der Maßnahme besser seien als vorher.
Eine entsprechende Prüfung habe der Antragsgegner bisher nicht vorgenommen. Entgegen der Ansicht des
Antragsgegners stelle das Lebensalter des Antragstellers kein Vermittlungshemmnis dar, denn es sei nahe liegend,
dass die Berufserfahrung als Maler und Lackierer, Malermeister und in der Bauleitung den Antragsteller als Kaufmann
in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft über einen Berufsanfänger deutlich heraushebe. Schließlich habe der
Antragsgegner Umfang und Gegenstand des auszuübenden Ermessens verkannt. Der Grundsicherungsträger dürfe,
wenn eine von dem Hilfebedürftigen gewünschte Weiterbildungsmaßnahme notwendig und dem Grunde nach
förderfähig sei, sich nicht darauf beschränken, die Maßnahme bloß abzulehnen, sondern müsse zumindest in der
Weise tätig werden, dass er aus den ihm möglichen Leistungen die konkret angebrachte ermessensfehlerfrei
auswähle und erbringe. Die fehlerhafte Ermessensausübung berechtige das Gericht jedoch nicht dazu, eigenes
Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens zu setzen. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor.
Das Gericht könne jedoch anordnen, dass die Behörde über den Antrag neu entscheiden solle, wenn ein Anspruch auf
Neubescheidung glaubhaft gemacht und zu erwarten sei, dass eine fehlerfreie Ermessenentscheidung für den
Antragssteller günstig ausfallen könne. Das sei hier der Fall. Da die Entscheidung über die vorläufige Erstattung der
Kosten der Umschulung dringlich sei (Anordnungsgrund), sei der Antragsgegner zu verpflichten gewesen, binnen drei
Wochen nach Zustellung des Beschlusses hierüber zu entscheiden.
Der Beschluss des Sozialgerichts ist den Beteiligten am 21. März 2006 zugestellt worden. Mit Bescheid vom 12. April
2006 hat der Antragsgegner erneut den Antrag auf Übernahme der Kosten der Maßnahme beim F B e.V. abgelehnt.
Die begehrte Weiterbildungsmaßnahme sei nicht notwendig, denn es bestehe die Möglichkeit, den Antragsteller durch
andere Leistungen in absehbarer Zeit einzugliedern. Die Eingliederungschancen seien nach der Maßnahme nicht
besser als vorher, sodass auch unter diesem Aspekt die Maßnahme nicht notwendig sei. Im Ausgangsberuf Maler
und Lackierer stünden 96 offene Stellen einer Zahl von 9.721 Bewerbern gegenüber. Im Zielberuf würden derzeit 65
Stellen angeboten, denen 4.143 Bewerber gegenüber stünden. Auch wenn die Arbeitsmarktlage im Zielberuf danach
etwas günstiger sei, liege in beiden Arbeitsmarktsegmenten damit eine Übersättigung des Arbeitsmarktes vor. Als
Vermittlungshemmnis komme im Fall des Antragstellers hinzu, dass dieser derzeit bereits das 49. Lebensjahr
vollendet habe, nur regional mobil und gesundheitlich eingeschränkt sei. Es sei bekannt, dass bei übersättigter
Arbeitsmarktlage die potenziellen Arbeitgeber ihre Einstellungserwartungen höher schraubten und vornehmlich
jüngere, gesunde und uneingeschränkt mobile Bewerber bevorzugten. Da somit die begehrte Weiterbildung nach
Beurteilung des Sachverhalts auf der Tatbestandsseite schon nicht notwendig sei, komme es auf eine
Ermessensausübung nicht mehr an.
Mit der am 21. April 2006 eingegangenen Beschwerde rügt der Antragsteller, das Sozialgericht hätte eine
weitergehende Regelung zu seinen Gunsten treffen müssen. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund es hier an
einer Ermessensreduzierung auf Null fehlen solle. Vielmehr stünden die Voraussetzungen für einen Anspruch des
Antragstellers "mit hinreichender Wahrscheinlichkeit" im Sinne von § 328 Abs. 1 Ziffer 3 SGB III fest. Er selbst tue
nach wie vor alles, um die begonnene Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Seine finanzielle Notlage verschärfe sich
jedoch mit jeder Monatsrate in Höhe von 150,00 EUR, die er zu leisten habe.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. März 2006 zu ändern und den Antragsgegner im Wege der
einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten der bereits am 26. September 2005 begonnenen Maßnahme beim
F B e.V. - zweijähriger Umschulungslehrgang zum Kauf- mann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft – zu
übernehmen, hilfswei- se den Antragsteller von den bisher angefallenen Kosten der genannten Maß- nahme
freizustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. März 2006 zurückzuweisen.
Zur Begründung heißt es, der Antragsgegner schließe sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und habe diese
mit Bescheid vom 12. April 2006 auch zutreffend umgesetzt. Insbesondere sei eine Prognoseentscheidung im
Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Beurteilungsspielraums bzgl. der Frage der Notwendigkeit der
Weiterbildung getroffen worden; Ermessenserwägungen seien nicht anzustellen gewesen, denn es hätten bereits die
tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen.
Das Sozialgericht Neuruppin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Vorgang dem Landessozialgericht zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. März 2006 hat
keinen Erfolg. Das Sozialgericht ist dem Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, die Kosten der bereits am 26.
September 2005 begonnenen Weiterbildungsmaßnahme zu übernehmen, hilfsweise den Antragssteller von den
Kosten dieser Maßnahme freizustellen, im Ergebnis zu Recht nicht gefolgt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zu Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
notwendig erscheint. Dies ist bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Antragsstellung bei Gericht am 20.
Dezember 2005 für den davor liegenden Zeitraum ab 26. September 2005 schon deshalb ausgeschlossen, weil dieser
Zeitraum bereits in der Vergangenheit lag und deshalb insoweit kein eiliges Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Dem
Antragssteller können durch die Versagung von Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr
entstehen, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch
abwenden ließen.
Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor, denn unter
Berücksichtigung der erneuten Prüfung des Begehrens des Antragsstellers mit Bescheid vom 12. April 2006 ist – bei
summarischer Prüfung – ein Anordnungsanspruch nach wie vor nicht gegeben.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung
durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei
Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, 2. vor Beginn der Teilnahme einer Beratung durch den Leistungsträger erfolgt
ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Die Voraussetzungen der Ziffern 2 und 3 der genannten Vorschrift liegen zweifellos vor. Streitig ist allein die
Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitslosigkeit (1. Alternative des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Dabei
kommt es darauf an, ob gerade die von dem Antragsteller gewünschte Weiterbildung – hier also der 2-jährige
Umschulungslehrgang zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft – notwendig im Sinne der
genannten Vorschrift ist, also ohne die Teilnahme an der gewünschten Maßnahme eine berufliche Eingliederung -
voraussichtlich – nicht möglich ist. Ausgangspunkt der hierfür notwendigen Prognoseentscheidung ist zunächst die
Frage, ob ohne die Bildungsmaßnahme keine Vermittlungschancen in angemessener und absehbarer Zeit beständen,
wobei konkret auf die Qualifikation des Antragstellers, die Gefragtheit seines Berufs und die Dauer der bisherigen
Arbeitslosigkeit abzustellen ist (vgl. BSG in SozR 4100 § 44 Nr. 46). Ferner ist zu prüfen, ob sich prognostisch die
Eingliederungschancen nach Abschluss der begehrten Maßnahme erheblich verbessern (vgl. BSG SozR 4-4300 § 77
Nr. 1).
Die von dem Antragsgegner vorgenommene Prognoseentscheidung, für die ihm ein Beurteilungsspielraum zusteht, ist
bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Hierfür wird insbesondere auf die in dem Bescheid vom 12. April
2006 vorgenommene Begründung, die schlüssig und überzeugend ist, Bezug genommen. Zwar wird dieser Bescheid
nicht analog § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 SGG formell Gegenstand des Verfahrens, denn er ersetzt nicht den
ursprünglichen angefochtenen Bescheid, sondern ist lediglich in Ausführung des nicht rechtskräftig gewordenen
Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2006 ergangen und hat die Beschwer des Antragsstellers nicht
geändert (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 96 RdNr. 4b). Eine Bezugnahme auf die in diesem Bescheid
abgegebene Begründung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil es grundsätzlich für die Prognose auf den Zeitpunkt
der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt (BSG in SozR 4-4300 § 77 Nr. 1). Im vorliegenden Fall handelt es sich
nicht um eine im Laufe eines – längeren – Gerichtsverfahrens gegebenenfalls geänderte tatsächliche Entwicklung,
sondern um die Beurteilung der Arbeitsmarktsituation, wie sie bereits zum Zeitpunkt des ursprünglich angefochtenen
Bescheides vorlag. Der Antragsgegner hat mit der nunmehr in dem Bescheid vom 12. April 2006 abgegebenen
Begründung lediglich sein bisheriges Vorbringen vertieft und verdeutlicht.
Danach ist insbesondere die Prognose des Antragsgegners, dass die begehrte Maßnahme unter Berücksichtigung der
Eingliederungschancen des Antragsstellers nicht notwendig ist, letztlich nicht zu beanstanden. Zwar hat der
Antragsgegner fälschlich den Ausgangsberuf des Malers und Lackierers zugrunde gelegt, während der Antragsteller
Malermeister ist. Das dürfte aber nur dazu führen, dass die Arbeitsmarktlage für den Antragsteller in seinem
Ausgangsberuf eher günstiger ist, während für den Zielberuf die Prognose nicht nur ungünstig bleibt, sondern sogar im
Vergleich zum Ausgangsberuf deutlich ungünstiger ist als vom Antragsgegner angenommen. In jedem Fall liegt im
Zielberuf eine Übersättigung des Arbeitsmarktes vor, sodass die Eingliederungschancen des Antragsstellers, der
zudem regional gebunden ist, nur gering sind. Erschwerend kommen noch die gesundheitlichen Einschränkungen des
Antragsstellers und sein Alter hinzu, denn auf einem übersättigten Arbeitsmarkt werden von potenziellen Arbeitgebern
– so die nachvollziehbare Prognose des Antragsgegners – die Einstellungserwartungen höher geschraubt und
demnach jüngere und gesundheitlich nicht beeinträchtigte Bewerber be-
vorzugt. Unter diesen Umständen durfte der Antragsgegner die Notwendigkeit der begehrten Weiterbildungsmaßnahme
verneinen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und folgt dem Ergebnis in der Sache.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (177 SGG).