Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 20.11.2006
LSG Berlin und Brandenburg: ablauf der frist, angemessene frist, fristverlängerung, mangel
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 20.11.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 95 AS 9432/06 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 18 B 1037/06 AS ER
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 wird
zurückgewiesen, soweit das Sozialgericht über Leistungszeiträume vom 1. September 2006 bis zum 15. Oktober
2006 entschieden hat. Im Übrigen wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 aufgehoben.
Die Sache wird insoweit zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an
das Sozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet, soweit dieser sich gegen die Ablehnung der begehrten
Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch das Sozialgericht (SG) für die
Zeit vor Eingang seines Rechtsschutzantrages bei Gericht (16. Oktober 2006), d.h. für die Zeit vom 1. September
2006 bis zum 15. Oktober 2006, wendet. Denn für Zeiträume vor der Antragstellung bei Gericht fehlt es im Hinblick
auf den Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens als einer "Notfallhilfe" regelmäßig schon an einem
Anordnungsgrund. Dass die Nichtgewährung in der Vergangenheit insoweit im Falle des Antragstellers in die
Gegenwart fortwirken würde, ist nicht ersichtlich.
Die Beschwerde des Antragstellers ist hingegen im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der
Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht (SG) zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes für Leistungszeiträume ab Antragseingang bei dem SG (16. Oktober 2006) in
entsprechender Anwendung von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG begründet. Denn die Entscheidung des SG leidet insoweit an
einem wesentlichen Mangel, weil sie unter Verletzung des – verfassungsrechtlich garantierten (vgl. Art. 103 Abs. 1
Grundgesetz) - rechtlichen Gehörs des Antragstellers ergangen ist, das vor jeder sozialgerichtlichen Entscheidung
nach § 62 SGG zu gewähren ist.
Der Antragsteller hat in seiner Antragsschrift vom 16. Oktober 2006 ausdrücklich darauf verwiesen, dass eine "weitere
Begründung" folgen werde. Diese war auch angezeigt, weil sich aus der bloßen Bezugnahme auf den Beschluss des
Senats vom 25. September 2006 (- L 18 B 796/06 AS ER -), der sich – wie das SG zutreffend ausgeführt hat -
lediglich auf Leistungszeiträume bis zum 31. August 2006 bezog, keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen
eines besonderen Härtefalls nach § 7 Abs. 5 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB
II) für die Zeit ab 1. September 2006 ergeben konnten. Das SG hätte dem Antragsteller somit für sein weiteres
Vorbringen eine angemessene Frist setzen müssen, und zwar mit der Maßgabe, dass nach Ablauf der Frist über den
Antrag entschieden werde, sofern nicht rechtzeitig ein Antrag auf Fristverlängerung gestellt werde. Eine
abschließende Entscheidung bereits drei Tage nach Antragseingang war aber bei der gegebenen Sachlage jedenfalls
verfahrensfehlerhaft.
Die Zurückverweisung ist insoweit auch geboten, weil nicht auszuschließen ist, dass eine weitere tatsächliche
Begründung des Antragstellers Auswirkungen auf die Entscheidung des SG über das Vorliegen eines besonderen
Härtefalls im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II für die Zeit ab 16. Oktober 2006 haben kann.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des SG vorbehalten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).