Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 15.12.2004
LSG Berlin und Brandenburg: rechtsmittelbelehrung, unternehmen, hauptsache, rechtseinheit, prozess, geldleistung, verfassungsbeschwerde, verfassungskonformität, versicherungsnehmer, verzug
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 15.12.2004 (rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 76 P 309/01
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 17 P 47/03
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2003 wird als unzulässig
verworfen. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin
vom 14. August 2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des
Berufungs- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Die Klägerin - ein privates Pflegeversicherungsunternehmen - hat den Beklagten als Versicherungsnehmer auf
Zahlung von Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von 455,85 EUR verklagt. Nach Durchführung eines
Mahnverfahrens, das nach Widerspruchseinlegung durch den Beklagten an das Sozialgericht Berlin abgegeben wurde,
hat dieses Gericht mit Urteil vom 14. August 2003 den Beklagten zur Zahlung des genannten Betrags verurteilt. Den
von der Klägerin weiterhin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Pauschalgebühr von 150,- EUR hat das
Sozialgericht abgewiesen. Es hat, ohne ausdrücklich eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung zu treffen,
dem Urteil eine Rechtsmittelbelehrung bei zulässiger oder zugelassener Berufung beigefügt.
Gegen das ihr am 28. Oktober 2003 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 26. November 2003
eingelegten Berufung. Sie begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von weiteren 362,22 EUR (150,- EUR
Pauschgebühr für das erstinstanzliche Verfahren abzüglich 12,78 EUR für das vorangegangene Mahnverfahren sowie
225,- EUR für das Berufungsverfahren). Dazu macht die Klägerin geltend, die Regelungen des SGG, nach denen von
privaten Versicherungsunternehmen auch im Falle des Obsiegens Gerichtskosten in Form der Pauschgebühr zu
tragen seien, griffen massiv in die verfassungsmäßigen Rechte dieser Unternehmen ein und benachteiligten sie auch
gegenüber den Pflegekassen, da sie im Unterschied zu diesen keine vollstreckungsfähigen Verwaltungsakte erlassen
könnten. Die betreffenden Regelungen seien deshalb auf ihre Verfassungskonformität hin zu überprüfen. Demgemäß
habe bereits ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung eine Verfassungsbeschwerde beim
Bundesverfassungsgericht eingelegt. Der geltend gemachte Anspruch sei auch nach den Grundsätzen des
Schadensersatzes bei Verzug bzw. als vertraglicher Erstattungsanspruch gegeben.
Für den Fall der Unzulässigkeit der Berufung hat die Klägerin hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
Die Berufung ist nicht statthaft und war deshalb entsprechend § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die
Entscheidung über eine unzulässige Berufung kann durch Beschluss ergehen (§ 158 Satz 2 SGG). Die Berufung ist
nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes eine einmalige Geldleistung von nicht mehr als 500,- EUR
betrifft (vgl. §§ 143, 144 SGG).
Die nach den gesetzlichen Bestimmungen erforderliche Zulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts ist nicht
erfolgt. Eine solche Zulassung muss ausdrücklich erfolgen. Sie kann im Tenor und bei verkündeten Urteilen auch in
den Entscheidungsgründen ausgesprochen werden. Es genügt hingegen nicht, wenn die Rechtsmittelbelehrung des
angefochtenen Urteils die Berufung erwähnt (vgl. BSGE 5, 95), sofern die Rechtsmittelbelehrung nicht so gefasst ist,
dass sich aus ihr eindeutig eine Zulassung der Berufung ergibt. Letzteres ist hier nicht der Fall, denn vom
Sozialgericht ist nur die bei zulässiger oder ausdrücklich zugelassener Berufung allgemein übliche
Rechtsmittelbelehrung verwendet worden.
Die von der Klägerin hilfsweise erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 155 SGG zulässig. Die Klägerin ist
durch das angefochtene Urteil nur noch insoweit beschwert, als ihr die Erstattung der von ihr zu zahlenden
Pauschgebühr nach § 184 SGG in der Fassung des am 2. Januar 2002 in Kraft getretenen 6. SGG-
Änderungsgesetzes (6. SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. 2144) versagt worden ist. Da insoweit ein als
Hauptsache geltend gemachter materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch im Streit war ist die Berufung nicht nach §
144 Abs. 4 SGG ausgeschlossen (vgl. BSG Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -).
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da die in § 144 Abs. 2 SGG genannten
Voraussetzungen nicht vorliegen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die in § 144 Abs. 2 Nrn. 2 und 3
SGG genannten Gründe vorliegen. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144
Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine grundsätzliche Bedeutung ist nur dann zu bejahen, wenn aus Gründen der Wahrung der
Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts eine Klärung durch das Landessozialgericht bzw. das
Bundessozialgericht erforderlich ist. Eine Rechtsfrage, die das Bundessozialgericht bereits entschieden hat, ist im
Allgemeinen nicht mehr klärungsbedürftig und kann keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben. Dies ist hier der
Fall, denn das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 12. Februar 2004 (a.a.O.) bereits entschieden, dass ein
Anspruch auf Erstattung der Pauschgebühr nach § 193 Abs. 4 SGG n.F. auch dann ausgeschlossen ist, wenn ein
Träger der privaten Pflegeversicherung im Prozess obsiegt hat. Auch ein Anspruch aus den Allgemeinen
Versicherungsbedingungen und auf der Grundlage des Schuldnerverzuges scheidet aus. Dieses Ergebnis ist auch
nicht verfassungswidrig, wie das Bundessozialgericht in dem genannten Urteil ausgeführt hat. Die Rechtsfrage ist
seitdem auch nicht erneut klärungsbedürftig geworden. Dafür reicht es nicht aus, dass ein anderes Unternehmen der
privaten Pflegeversicherung das Bundesverfassungsgericht angerufen und eine Grundrechtsverletzung gerügt hat
(BVerfG SozR 1500 § 160 a Nrn. 44, 45; BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 47; BVerwG Bucholz 232 § 90 BBG Nr. 14).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Der Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 177 SGG unanfechtbar.