Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 06.08.2007
LSG Berlin und Brandenburg: anteil, schulgeld, ausbildungskosten, fahrkosten, besuch, deckung, ernährung, körperpflege, privatschule, erlass
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 06.08.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 65 AS 10413/07 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 5 B 949/07 AS ER
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2007 geändert.
Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfange abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind
für beide Instanzen nicht zu erstatten. Dem Antragsteller zu 1) wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten gewährt. Der entsprechende Antrag der Antragstellerin zu 2) vom
02. Juli 2007 wird abgewiesen.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die vom Sozialgericht Berlin im Wege der
einstweiligen Anordnung ausgesprochene Verpflichtung, dem Antragsteller zu 1) für den Zeitraum vom 04. Mai bis
zum 31. Oktober 2007 monatliche Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches
(SGB II) unter Nichtberücksichtigung der ihm nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bewilligten
Leistungen zu gewähren.
Der 1985 geborene Antragsteller zu 1) ist der Sohn der 1945 geborenen Antragstellerin zu 2). Beide bewohnen eine
gemeinsame Wohnung. Seit Januar 2005 standen sie im Leistungsbezug des Antragsgegners. Der Antragsteller zu 1)
begann am 21. August 2006 bei der C GmbH– Staatlich anerkannte Berufsfachschule für Informationstechnologie -
eine knapp zweijährige Ausbildung zum "Staatlich geprüften kaufmännischen Assistenten Fachrichtung
Informationsverarbeitung". Für die Dauer des Bildungsganges war ein monatliches Schulgeld in Höhe von 190,00 EUR
zu zahlen. Mit Bescheid vom 20. Juli 2006 gewährte das Bezirksamt C-W von B – Amt für Ausbildungsförderung –
dem Antragsteller zu 1) gestützt auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG für die Zeit von August 2006 bis Juli 2007 einen
monatlichen Förderungsbetrag in Höhe von 192,00 EUR.
Auf einen Weitergewährungsantrag hin bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 03. Mai
2007 für die Monate Mai bis Oktober 2007 monatliche Leistungen in Höhe von jeweils 810,81 EUR. Dem beigefügten
Berechnungsbogen zufolge rechnete er auf den Bedarf des Antragstellers zu 1) Einkommen in Höhe von 153,60 EUR
an, das er um die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR minderte. Hiergegen legten die Antragsteller noch
am selben Tage Widerspruch ein.
Am 04. Mai 2007 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der
einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ab dem 01. Mai 2007 bis zur Entscheidung in der Hauptsache laufende
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Berücksichtigung der Leistungen nach dem BAföG in Höhe von
monatlich 192,00 EUR als Einkommen des Antragstellers zu 1) zu gewähren, und ihnen Prozesskostenhilfe zu
bewilligen. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass die Einkommensanrechnung zu Unrecht erfolgt sei. Die
dem Antragsteller zu 1) nach dem BAföG gewährten Leistungen dienten ausschließlich der Finanzierung der
Ausbildung, sodass es sich um zweckbestimmte Einnahmen handele. Tatsächlich habe er monatlich 190,00 EUR
Schulgeld sowie für eine Monatskarte 50,50 EUR zu zahlen.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 24. Mai 2007 im Wege der einstweiligen
Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller zu 1) ab dem 04. Mai 2007 bis zum 31. Oktober 2007 laufende Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Berücksichtigung der Leistungen nach dem BAföG in
Höhe von monatlich 192,00 EUR zu gewähren. Weiter hat es dem Antragsteller zu 1) für das erstinstanzliche
Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten gewährt und ausgesprochen, dass
der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Im
Übrigen hat es die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Beschluss des 32. Senats des
Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2007 (L 32 B 388/07 AS ER) ausgeführt, dass der
Antragsteller ab Eingang seines Antrages bei Gericht einen Anspruch auf Leistungsgewährung ohne Berücksichtigung
von Leistungen nach dem BAföG glaubhaft gemacht habe. Letztgenannte Leistungen würden durch das Schulgeld und
die Fahrkosten vollständig aufgezehrt. Die vorläufige Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit scheide im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren hingegen aus. Die Antragstellerin zu 2) sei durch die Berücksichtigung der
Leistungen nach dem BAföG bei dem Antragsteller zu 1) nicht betroffen. Sie erhalte ihren Gesamtbedarf unter
Berücksichtigung von Kindergeldeinnahmen aus Leistungen nach dem SGB II gedeckt. Bei ihr sei daher auch die
Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht gekommen.
Gegen diesen dem Antragsgegner am 06. Juni 2007 zugestellten Beschluss richtet sich seine Beschwerde vom
selben Tag. Er meint, dass die Anrechnung der Ausbildungsförderung in einer Höhe von 80 % nicht zu beanstanden
sei. Sie diene lediglich im Umfange von 20 % einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II. Auch
könnten Schulgeld und Fahrkosten nicht entsprechend § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II von der Ausbildungsförderung
abgezogen werden. Das Schulgeld stelle keine mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe
dar.
Die Antragsteller sind der Beschwerde entgegengetreten und haben beantragt, ihnen für das Beschwerdeverfahren
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren. II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig
und begründet. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem angefochtenen Beschluss vom
24. Mai 2007 hinsichtlich der begehrten Nichtberücksichtigung von Leistungen nach dem BAföG als Einkommen bei
der Bedarfsberechnung nicht zutreffend.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht
werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Senat geht nicht davon aus, dass ein Anordnungsanspruch vorliegt, d.h. dass das Gericht der Hauptsache den
Antragsgegner mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verpflichten wird, dem Antragsteller zu 1) für die Zeit vom 04.
Mai bis zum 31. Oktober 2007 Leistungen nach dem SGB II unter weitergehender Außerachtlassung der ihm
monatlich zufließenden Leistungen nach dem BAföG zu gewähren. Er nimmt insoweit in vollem Umfange auf sein –
nicht rechtskräftiges, bisher nicht veröffentlichtes – Urteil vom 19. Juli 2007 (L 5 AS 1191/05) Bezug, in dem er zu der
hier maßgeblichen Rechtsfrage, ob und ggfs. in welchem Umfange bei der Bedarfsberechnung im Rahmen des SGB II
nach dem BAföG gewährte Leistungen als Einkommen anzurechnen sind, wie folgt ausgeführt hat:
"Entgegen der Auffassung der Kläger ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die dem Kläger zu 4) nach
dem BAföG gewährten Leistungen – inzwischen gekürzt um 38,40 EUR - als Einkommen berücksichtigt hat. Weder
hätte er die Leistungen nach dem BAföG weitergehend als privilegiertes Einkommen behandeln noch um (zusätzliche)
Beträge bereinigen müssen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit
Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den
Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder
Beihilfe, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit
erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Nicht als
Einkommen zu berücksichtigen sind hingegen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II Einnahmen, soweit sie als
zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des
Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Gesetz nicht gerechtfertigt wären.
Bei der Ausbildungsförderung handelt es sich um eine Einnahme in Geld, die nicht zu den in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB
II genannten Ausnahmen zählt, und damit um Einkommen im Sinne der Norm. Soweit die Kläger meinen, die
Ausbildungsförderung sei als zweckbestimmtes Einkommen privilegiert und damit nicht zu berücksichtigen, vermag
der Senat ihnen nur teilweise – und zwar nur in der zwischenzeitlich auch von dem Beklagten anerkannten Höhe von
20 % - zu folgen.
Zweckbestimmte Einnahmen sind solche, die einem anderen Zweck als dem Unterhalt oder der Arbeitseingliederung
(vgl. § 1 Abs. 2 SGB II) dienen. Die Zweckbestimmung muss nicht ausdrücklich genannt werden. Vielmehr reicht eine
erkennbare Zweckbestimmung aus. Diese kann sich aus den gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistung ergeben
oder aus anderen eindeutigen Anhaltspunkten wie z.B. den Gesetzesmaterialien (vgl. Brühl in LPK-SGB II 2. Aufl., §
11 Rn. 51). § 1 BAföG enthält den Grundsatz, dass ein Rechtsanspruch auf eine individuelle Ausbildungsförderung für
eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nach Maßgabe dieses Gesetzes besteht, wenn
dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur
Verfügung stehen. Den Umfang der Ausbildungsförderung regeln die §§ 11 ff. BAföG. Nach § 11 Abs. 1 BAföG wird
Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Der Bedarf ist die Gesamtheit der
geldlichen Mittel, die ein Auszubildender typischerweise für seinen Lebensunterhalt (Ernährung, Unterkunft,
Körperpflege, Bekleidung, hauswirtschaftlicher sowie persönlicher Bedarf) und zum Bestreiten der typischen Kosten
der von ihm betriebenen Ausbildung (insbesondere Lern- und Arbeitsmittel, Fahrten zum Besuch der
Ausbildungsstätte, Familienheimfahrten) benötigt (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 11 Rn. 3). Damit
dient die Ausbildungsförderung zumindest teilweise einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II. Eine konkrete Aufschlüsselung, in welchem Umfang die nach dem BAföG
gewährte Leistung der Deckung des Lebensunterhaltes einerseits und der Ausbildung andererseits dient, enthält das
Gesetz nicht. Dies war auch bereits für die Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nicht anders und
gilt heute gleichermaßen für die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches. Ebenso wenig wie zum
SGB II war bzw. ist auch dort höchstrichterlich geklärt, welcher Anteil der gesamten Leistung der Deckung der
Ausbildung und welcher der des Lebensbedarfs dient. Während das OVG Berlin in einem Beschluss vom 27. Juli 1995
(6 S 120.95, NVwZ-RR 1996, 157 f.) davon ausgegangen war, dass der Ausbildungsanteil konkret berechnet werden
müsste, hat das Hamburgische OVG für die Regelung des früheren § 77 Abs. 1 BSHG angenommen, dass der auf die
Ausbildung entfallende Anteil pauschalierend mit 15 % anzusetzen sei (vgl. Urteil vom 09.02.1996 – Bf IV 5/92 –
zitiert nach juris, Leitsatz und Rn. 32 f.).
Die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit für die Anwendung des SGB II (DH-BA) sehen in ihrer
Fassung ab dem 21. November 2005 inzwischen vor, dass 20 % der Ausbildungsförderung nach dem BAföG als
pauschale Ausbildungskosten anrechnungsfrei sind. Dies wird in der Literatur – soweit ersichtlich – unreflektiert zitiert
(vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 7 Rn. 105; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 Rn. 230b) und
ist im vorliegenden Fall zwischenzeitlich vom Beklagten auf Anregung des Senats auch entsprechend umgesetzt
worden.
Soweit die Kläger diesen Betrag für zu gering angesetzt erachten, vermag der Senat ihnen nicht zu folgen (vgl. so
auch Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2006 – L 19 B 599/06 AS ER -, abzurufen unter
sozialgerichtsbarkeit.de; abweichend, aber nicht mit überzeugender Begründung SG Chemnitz, Gerichtsbescheid vom
19.06.2006 – S 29 AS 1100/05 - zitiert nach juris). Die Annahme, der als Schülerausbildungsförderung in Höhe von
192,00 EUR gewährte Betrag diene zu einem Fünftel und damit in Höhe von 38,40 EUR Ausbildungszwecken, ist
nicht zu beanstanden. Zum einen ist der Senat überzeugt, dass hier zu Recht eine pauschalierte Festlegung, nicht
aber eine individuelle Berechnung anhand der konkreten Kosten vorgenommen wird. Denn der Gesetzgeber des
BAföG hat die als Ausbildungsförderung gewährten Leistungen jeweils pauschaliert. Die Pauschalen werden ohne
Rücksicht darauf gewährt, dass die Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt an den verschiedenen
Ausbildungsorten im Bundesgebiet deutlich voneinander abweichen können und auch der ausbildungsbedingte Bedarf
je nach Art der Ausbildung sehr unterschiedlich ausfallen kann. Schon vor diesem Hintergrund erscheint allein eine
pauschale Bestimmung des Ausbildungsanteils möglich. Dies hat um so mehr zu gelten, als eine entsprechende
Regelung den Anforderungen an eine Massenverwaltung gerecht werden muss. Zum anderen geht der Senat davon
aus, dass die Pauschale mit 20 % angemessen angesetzt ist. Im Hinblick darauf, dass der Anteil für den
Lebensunterhalt in der Schülerausbildungsförderung die Kosten für Ernährung, Kleidung, Gesundheitsfürsorge,
Körperpflege etc. abdecken soll und hierfür der weitaus größere Anteil benötigt wird, kann der Ausbildungsanteil nur
einen deutlich geringen, 50 % bei weitem unterschreitenden Satz ausmachen. Die angesetzten 20 %, die im Falle der
Schülerausbildungsförderung zu einem privilegierten Betrag von 38,40 EUR führen, sind angemessen, zumal damit –
jedenfalls im vorliegenden Fall - die monatlichen Fahrkosten sowie ein gewisser Anteil für Arbeitsmaterial zur
Verfügung stehen. Entgegen der Auffassung der Kläger muss dieser Anteil hingegen keinesfalls so bemessen sein,
dass er auch die Zahlung eines Schulgeldes für eine Privatschule umfasst. Soweit die Kläger behaupten, die Zahlung
des Schulgeldes sei notwendig für den Bezug der BAföG-Leistungen, trifft dies nicht zu. Der Bedarf nach dem BAföG
umfasst nur die typischen Kosten der betriebenen Ausbildung. Dazu gehört in Deutschland jedoch durchaus nicht der
Besuch einer kostenpflichtigen Privatschule. Im Gegenteil stellt auch das BAföG in § 2 hinsichtlich der
Ausbildungsstätten primär auf öffentliche Einrichtungen ab, deren Besuch typischerweise nicht mit Kosten verbunden
ist. Dementsprechend ist die Gewährung der Leistungen weder dem Grunde nach davon abhängig, dass die
Ausbildung mit Kosten verbunden ist, noch hat dies ggfs. Auswirkungen auf die Leistungshöhe.
Daneben kommt zur Überzeugung des Senats eine weitergehende Minderung des verbleibenden Einkommens in
Anwendung des § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht in Betracht. Soweit der 32. Senat des Landessozialgerichts Berlin-
Brandenburg in einem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erlassenen Beschluss vom 26. März 2007 (L 32 B
399/07 AS ER, abzurufen unter sozialgerichtsbarkeit.de) die Auffassung vertreten hat, dass nur der Betrag der
Schülerausbildungsförderung als Einkommen angerechnet werden könne, der das Schulgeld und die anfallenden
Fahrkosten übersteige, und letztlich den über die nach Absatz 3 privilegierten 38,40 EUR hinausgehenden Betrag als
mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Aufwendungen gewertet hat, hält der Senat dies nicht für
zutreffend. Die Vorschrift schreibt die Absetzung "der mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen
Ausgaben vor". Als absetzbar sieht der Senat danach nur solche Aufwendungen an, die Werbungskostencharakter
haben, d.h. solche, die durch die Einkommenserzielung bedingt sind (vgl. Hengelhaupt in Hauck/ Noftz, SGB II, K §
11 Rn. 162). Vorliegend ist die Pflicht zur Zahlung des Schulgeldes aber gerade nicht durch den Bezug der Leistungen
nach dem BAföG bedingt. Im Gegenteil können Leistungen nach dem BAföG nur gewährt werden, wenn eine Schule
besucht wird, dies aber wiederum völlig unabhängig davon, ob dies mit der Zahlung von Schulgeld verbunden ist oder
nicht. Soweit hingegen beim 32. Senat anklingt, dass die Zahlung der Schülerausbildungsförderung von der
Schuldgeldzahlung abhängig sei, trifft dies nicht zu. Sie ist davon – wie bereits oben ausgeführt – gerade unabhängig
und reduziert sich auch nicht etwa in dem Fall, dass kein Schulgeld zu leisten ist.
Im Übrigen widerspräche eine weitergehende Berücksichtigung der Ausbildungskosten – sei es über § 11 Abs. 3 SGB
II, sei es über § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II - auch dem Verhältnis zwischen dem SGB II und dem BAföG. Denn nach § 7
Abs. 5 Satz 1 SGB II besteht grundsätzlich für Schüler und Studenten, die sich in dem Grunde nach im Rahmen des
BAföG förderungsfähigen Ausbildungs- und Studiengängen befinden, ein gänzlicher Leistungsausschluss. Diese
werden mithin hinsichtlich des allgemeinen Lebens- und Ausbildungsbedarfs auf das Regelungssystem des BAföG
verwiesen. Allein bei Schülern, die - wie der Kläger zu 4) - gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gefördert werden (und bei
den Eltern wohnen), ist ausnahmsweise eine Aufstockung nach dem SGB II möglich. Dies kann sich aber nur auf den
allgemeinen Lebensbedarf beziehen, da die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht
den Ausbildungsbedarf decken sollen. Würde man jedoch die für die Ausbildung aufgebrachten Aufwendungen über
den in der Ausbildungsförderung enthaltenen Anteil von 20 % hinaus einkommensmindernd berücksichtigen, erfolgte
damit zum einen eine Verlagerung zwischen dem BAföG und dem SGB II und würden zum anderen Bezieher der
Schülerausbildungsförderung, die ergänzend Leistungen nach dem SGB II erhalten können, im Vergleich zu solchen,
bei denen dies nicht der Fall ist, ungerechtfertigt bevorzugt. Denn so kämen Auszubildende, die nach § 12 Abs. 1 Nr.
1 BAföG gefördert werden, und Ausgaben wie das Schulgeld für die Ausbildung haben, in den Genuss eines höheren
für die Ausbildung zweckbestimmten Anteils. Bei einer Berücksichtigung des Schuldgeldes als Ausgabe im Sinne von
§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II würde sich der für den allgemeinen Lebensbedarf bestimmte Anteil der Ausbildungsförderung
verringern und durch höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgeglichen. Dies
aber ist mit dem Charakter der Ausbildungsförderung als pauschalierter Leistung nicht vereinbar. Außerdem würde der
zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs bestimmte Anteil partiell aus dem Förderungssystem des BAföG in das
SGB II verschoben.
Indes ist nicht zu übersehen, dass der Gesetzgeber entsprechende Lösungsansätze, die eine Berücksichtigung von
weitergehenden Ausbildungskosten über das Sicherungssystem des SGB II aufzufangen suchen, selbst
heraufbeschworen hat, indem er – offenbar wohl erkennend, dass die Sätze nach dem BAföG inzwischen zu niedrig
bemessen sind – nicht diese aufgestockt, sondern stattdessen zunehmend Durchgriffsmöglichkeiten auf das SGB II
geschaffen hat (vgl. neben § 7 Abs. 6 SGB II inzwischen auch § 22 Abs. 7 SGB II). Dass dieser Weg angesichts der
grundsätzlich vorgesehenen Trennung der einzelnen Leistungssysteme und im Hinblick auf
Gleichbehandlungsaspekte der falsche ist, haben bereits die obigen Ausführungen gezeigt. Jedenfalls ermöglicht er
es zur Überzeugung des Senats nicht, weitergehende Ausbildungskosten letztlich mittelbar auf die Träger der
Leistungen nach dem SGB II abzuwälzen."
Da der Antragsgegner hier im Übrigen von der als Einkommen angerechneten Schülerausbildungsförderung nach § 11
Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 1 Alg II-V eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR in Abzug gebracht
hat, ist nicht ersichtlich, dass die dem Antragsteller zu 1) gewährten Leistungen fehlerhaft berechnet sein könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Schließlich war dem Antragsteller zu 1) für das Beschwerdeverfahren nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2
Zivilprozessordnung – ZPO – Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.
Dies gilt hingegen nicht für die Antragstellerin zu 2), da diese im erstinstanzlichen Verfahren nicht obsiegt hat. Auch
kann sie mangels Einlegung einer Beschwerde gegen den – sie nicht begünstigenden - erstinstanzlichen Beschluss
keinen Prozesskostenhilfeanspruch nach § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO haben.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).