Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 15.10.2009
LSG Berlin und Brandenburg: vormerkung, versicherungspflicht, beschränkung, daten, beitragszeit, schulausbildung, anmerkung, anerkennung, versicherungsträger, materialien
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 15.10.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 30 RA 2959/03
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 33 R 1221/08
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird: Die Bescheide der Beklagten vom 21. Dezember 2001 und 15.
Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003 werden insoweit aufgehoben, als die Beklagte
die Zeit vom 18. Februar 1980 bis zum 19. Januar 1982 als Zeit der Fachschulausbildung vorgemerkt hat. Die
Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung dahingehend, die Zeit vom 18. Februar 1980 bis
19. Januar 1982 allein als Pflichtbeitragszeit (und nicht auch als Anrechnungszeit) vorzumerken.
Der 1950 geborene Kläger hat in der Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 eine durch die damalige
Bundesanstalt für Arbeit (BA) geförderte Umschulung zum "Staatlich geprüften Techniker - Fachrichtung
Versorgungstechnik" an der ST in B absolviert. Gemäß der Sammlung "Einrichtungen zur beruflichen Bildung",
herausgegeben von der BA 1980, Nr. 6219-504, erfolgte die Ausbildung an der S T B in Vollzeit. Für diese
Bildungsmaßnahme wurde dem Kläger mit Bescheid der BA vom 31. März 1980 Übergangsgeld für die Zeit ab 18.
Februar 1980 bewilligt.
Nachdem der Kläger durch seine Bevollmächtigte einen Kontenklärungsantrag gestellt und diese mit Schriftsatz vom
7. September 2001 mitgeteilt hatte, dass eine Anerkennung der Zeit an der T als Anrechnungszeit nicht begehrt
werde, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Dezember 2001 die in dem beigefügten Versicherungsverlauf
enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre, also damals bis zum 31. Dezember 1994, zurücklagen, als für
die Beteiligten verbindlich fest. Dabei merkte sie die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 sowohl als
Pflichtbeitragszeit als auch als Fachschulausbildung vor.
Mit dem am 3. oder 4. Januar 2002 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch begehrte der Kläger unter anderem,
die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 nicht als Anrechnungszeit vorzumerken, da dies gemäß § 58 Abs.
1 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) neben einer Pflichtbeitragsleistung wegen Leistungsbezuges
ausgeschlossen sei. Im Übrigen habe keine überwiegende Inanspruchnahme durch die Technikerausbildung
vorgelegen, da der Zeitaufwand wöchentlich nicht mehr als 20 Stunden betragen habe.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2002 hat die Beklagte die Daten, die bis zum 31. Dezember 1995 zurückliegen, als für
die Beteiligten verbindlich festgestellt, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Dabei hat sie in dem
dazugehörigen Versicherungsverlauf die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 (wieder) als Zeit der
Fachschulausbildung vorgemerkt. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2003 hat die Beklagte den Widerspruch
zurückgewiesen. Die Ausschlussregelung des § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI sei nur auf die Anrechnungszeiten nach §
58 Abs. 1 Nr. 1 (Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Erhalt von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder
zur Teilhabe am Arbeitsleben)und Nr. 3 (Arbeitslosigkeit bei Meldung als arbeitsuchend ohne Leistungsbezug wegen
zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens) SGB VI anzuwenden. Sie gelte nicht für die vom Arbeitsamt
gewährte berufsfördernde Bildungsmaßnahme. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass diese schulische Ausbildung
gleichzeitig eine Pflichtbeitragszeit sei, weil für die dem Kläger vom Arbeitsamt gewährten Leistungen Pflichtbeiträge
entrichtet worden seien.
Mit der am 6. Juni 2003 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter
verfolgt. § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI besage, dass Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25.
Lebensjahres wegen Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig gewesen seien, nicht Anrechnungszeiten
seien, wobei die altersbezogene Beschränkung erst mit Inkrafttreten des Altersvermögensergänzungsgesetzes
(AVmEG) zum 1. Januar 2002 aufgenommen worden sei. Eine weitere Beschränkung der Anwendung dieser
Vorschrift lediglich auf die von der Beklagten angegebenen Anrechnungszeiten sei hingegen weder vor noch nach
Inkrafttreten des AVmEG in § 58 SGB VI aufgenommen worden. Auch sei eine solche Beschränkung auf einzelne
Anrechnungszeittatbestände in keiner sonstigen Vorschrift, wie zum Beispiel der Sondervorschrift des § 252 SGB VI,
wieder zu finden, da die hierin enthaltene Ausnahmeregelung erst Tatbestände ab 1983 erfasse. Sinn und Zweck einer
Ausschlussregelung sei jedoch gerade, dass ein klarer Ausschluss bestimmter Tatbestände geschaffen werden solle,
wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Dies sei in seinem Falle eindeutig gegeben. Für die Anerkennung
der in Rede stehenden Zeit als Anrechnungszeit gebe es keine rechtliche Grundlage, so dass die Vormerkung
rechtswidrig sei. Da sich dies auch negativ auf die Höhe der persönlichen Entgeltpunkte auswirke, liege auch eine
Beschwer vor.
Mit Urteil vom 19. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, unter Abänderung des
Bescheides vom 21. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003, den Zeitraum vom 18.
Februar 1980 bis 19. Januar 1982 allein als Pflichtbeitragszeit in den Versicherungsverlauf einzustellen und die
Anerkennung einer Anrechnungszeit aufzuheben. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI sei
auch für die Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI anwendbar. Dies folge aus dem Zweck der
Anrechnungszeiten, die ein Ausgleich dafür sein sollten, dass der Versicherte ohne sein Verschulden gehindert
gewesen sei, einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen und Pflichtbeiträge zu leisten, die er ohne den
Anrechnungszeittatbestand entrichtet hätte. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI wolle also wie alle anderen
Anrechnungszeittatbestände einen bestimmten Personenkreis vor Nachteilen in der gesetzlichen Rentenversicherung
schützen. § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI wiederum nehme als Ausnahmetatbestand Personen aus dem
Anwendungsbereich der Norm heraus, die auf Grund besonderer Umstände dieses Schutzes nicht bedürften. Einen
unmittelbaren Bezug der Sozialleistungen zum Anrechnungszeittatbestand fordere das Gesetz weder dem Wortlaut,
noch der Systematik, noch dem Sinn und Zweck nach. Die Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI solle vielmehr
allgemein sicherstellen, dass bei Sozialleistungsbezug dieselbe Zeit grundsätzlich nicht zugleich als Anrechnungszeit
und als Beitragszeit berücksichtigt werde. Es handele sich hierbei um eine ausdrückliche Kollisionsregel als
Ausnahme von der allgemeinen gesetzlichen Entscheidung, den "stärkeren" Beitragszeiten nicht mehr eine die
"schwächeren" Anrechnungszeiten verdrängende Wirkung beizumessen, die sich auch in § 54 Abs. 3 SGB VI wieder
finde. § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI bestimme, dass immer dort, wo versicherungsrechtlich eine entsprechende
Kollisionslage bestehe, eine "doppelte" Bewertung der fraglichen Zeit als Anrechnungszeit und Pflichtbeitragszeit
nicht in Betracht kommen solle und damit auch eine Bewertung als beitragsgeminderte Zeit ausscheide. Unter
Berücksichtigung dieser Grundsätze und des Schutzzwecks der Normen sei daher die fragliche Zeit als reine
Beitragszeit im Versicherungskonto des Versicherten vorzumerken und bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Der Kläger sei durch die im Versicherungsverlauf erfolgte rechtswidrige Einstellung der Anrechnungs- neben der
Pflichtbeitragszeit auch in seinen Rechten verletzt und beschwert. Seien Kalendermonate sowohl mit Beitragszeiten
als auch Anrechnungszeiten belegt, würden diese später bei der Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten
berücksichtigt (§ 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).
Gegen das ihr am 14. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. Dezember 2006 Berufung bei dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass von der Regelung des §
58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI ausschließlich die Anrechnungszeittatbestände des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB
VI erfasst würden. Deshalb sei im vorliegenden Fall die Zeit des Besuchs der Tvom 18. Februar 1980 bis 19. Januar
1982 als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen, obwohl für diese Zeit
wegen des Bezugs von Sozialleistungen (Übergangsgeldzahlung) Versicherungspflicht bestanden habe. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze, insbesondere denjenigen vom 30.
Januar 2007 (Bl. 138 bis 143 der Gerichtsakten) und denjenigen vom 27. Juli 2009 (Bl. 176 bis 179 der Gerichtsakten)
verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze
seiner Bevollmächtigten, insbesondere denjenigen vom 27. März 2007 (Bl. 146 bis 150a der Gerichtsakten) und vom
18. August 2009 (Bl. 220 bis 224 der Gerichtsakten) verwiesen.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte Probeberechnungen der Regelaltersrente mit einem (fiktiven)
Rentenbeginn vom 1. Februar 2016 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass mit der Berücksichtigung der
Pflichtbeitragszeiten und der Anrechnungszeiten für die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 sich eine
Rentenanwartschaft in Höhe von 1751,30 EUR und unter Berücksichtigung nur der Pflichtbeitragszeiten eine
monatliche Rentenanwartschaft in Höhe von 1803,31 EUR errechnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der
Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Az. )
hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit
dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form - und fristgerecht eingelegte Berufung der
Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 ist
rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Unrecht die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 (auch) als
Anrechnungszeit wegen Ausbildung vorgemerkt; die Bescheide vom 21. Dezember 2001 und 15. Januar 2002 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen
Rechten. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Kläger liegt vor, auch wenn Streitgegenstand (lediglich) die Vormerkung
einer Anrechnungszeit ist und Fragen der Anrechnung oder Bewertung oder der Höhe des späteren Rentenanspruchs
nicht in Streit stehen. Im Rahmen eines Vormerkungsverfahrens wird nur geprüft, ob der behauptete
Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und ob generell die
Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant
werden kann (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. August 2001, Az. B 4 RA 114/00 R, juris Rn. 26 =
SozR 3-2600 § 149 SGB VI Nr. 6). Die Vormerkung der Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 kann
rentenrechtlich relevant werden und würde, wie die Probeberechnungen zeigen, sofern die rechtlichen Regelungen bis
zum Renteneintritt gleich bleiben, sich auch auf die Höhe der Rente auswirken. Ohne die Berücksichtigung der
Anrechnungszeiten würde sich ein höherer Rentenwert ergeben. Streitgegenstand ist neben dem Bescheid vom 21.
Dezember 2001 auch der Bescheid vom 15. Januar 2002, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.
Mai 2003. Der Bescheid vom 15. Januar 2002 ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens
geworden. Zwar stellt er nach seinem Verfügungssatz nur die Daten bis 31. Dezember 1995 verbindlich fest, soweit
sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Da die in Rede stehende Zeit bereits mit dem Bescheid vom 21.
Dezember 2001 verbindlich als Zeit der Fachschulausbildung vorgemerkt worden war, entfaltet der Bescheid vom 15.
Januar 2002 zunächst keine eigene Wirkung. Da jedoch der Bescheid vom 21. Dezember 2001 vom Sozialgericht -
zutreffend, wie noch auszuführen sein wird - insoweit aufgehoben wurde, als die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19.
Januar 1982 als Zeit der Fachschulausbildung vorgemerkt wurde, würde der Bescheid vom 15. Januar 2002 dann
(erstmals) die Zeit als Anrechnungszeit vormerken, so dass er ebenfalls insoweit aufzuheben ist. Die
Voraussetzungen für die Vormerkung einer Anrechnungszeit für den vorgenannten Zeitraum sind nicht erfüllt. Das
Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass diese Zeit nicht als Anrechnungszeit vorzumerken und nicht gemäß §
149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI als verbindlich festzustellen ist. Diese Vorschrift lautet: Hat der Versicherungsträger das
Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des
Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf
enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid
fest. Zwar erfüllt die von dem Kläger absolvierte Schulausbildung die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58
Abs. 1 Nr. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Der Kläger hat an der S T B eine schulische Ausbildung mit
Vollzeitunterricht absolviert. Da zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig ist, dass die Voraussetzungen des § 58
Abs. 1 Nr. 4 SGB VI erfüllt sind und der Senat hieran ebenfalls keine Zweifel hat, sind weitere Ausführungen hierzu
entbehrlich. Obwohl die Voraussetzungen einer Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung erfüllt sind, ist für den
Kläger einer Anrechnungszeit nicht vorzumerken, da dies gemäß § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI in der Fassung des
Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16.
Dezember 1997, BGBl. I S. 2998, ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift lautet: Zeiten, in denen Versicherte wegen
des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind nicht Anrechnungszeiten. Diese Vorschrift wurde
durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung
eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG -) vom 21. März
2001, BGBl I S. 403, folgendermaßen gefasst: Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres
wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind nicht Anrechnungszeiten. Der Kläger
erfüllt die Voraussetzungen beider Vorschriften, so dass dahingestellt bleiben kann, welche für ihn anzuwenden ist
(bei Erlass des Bescheides galt noch die zuerst genannte Fassung, bei Eintritt des Leistungsfalles wird diese
jedenfalls nicht mehr gelten). Zum Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung war der Kläger 29 Jahre alt und er war auch
wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig. Er bezog während dieser Zeit von der damaligen
Bundesanstalt für Arbeit Übergangsgeld, wie sich aus dem Bescheid des Arbeitsamtes II Berlin (West) vom 31. März
1980 ergibt. Gemäß § 1227 Nr. 8a Buchst. c) in Verbindung mit Abs. 1a Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 2
Abs. 1 Nr. 10 a Buchst. c) in Verbindung mit Abs. 1b Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), beide in der Fassung
des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG) vom 7. August 1974, BGBl. I
Seite 1881 (beide mit Wirkung ab 1. Januar 1982 geändert durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung -
Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz - AFKG - vom 22. Dezember 1981, wobei diese Änderung vorliegend nicht
relevant ist) bestand für die Zeit des Bezugs von Übergangsgeld Versicherungspflicht in der Rentenversicherung,
wenn das Übergangsgeld für mindestens einen Kalendermonat bezogen wurde und es nach einem Entgelt oder
sonstigen Beiträgen in Höhe von mindestens einem 1/8 der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze
berechnet war. Da die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI erfüllt sind, ist die Zeit vom 18. Februar 1980
bis 19. Januar 1982 keine Anrechnungszeit und damit auch nicht als solche vorzumerken. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI auch nicht nur auf Tatbestände des § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB VI
anwendbar, d.h. auf Anrechnungszeittatbestände wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit. Eine solche Auslegung ergibt
sich weder aus dem Wortlaut, noch aus Sinn und Zweck der Vorschrift und wird auch nicht durch die von der
Beklagten genannten Kommentarmeinungen gestützt noch durch das von ihr in Bezug genommene Urteil des
Bayerischen Landessozialgerichts. Zunächst ist der Wortlaut des § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI eindeutig. Er umfasst
zweifellos sämtliche der in § 58 Abs. 1 SGB VI genannten Anrechnungszeittatbestände. Es erfolgt für den hier in
Rede stehenden Zeitraum auch keine (Rück-) Ausnahme durch die Vorschrift des § 252 Abs. 2 SGB VI. Diese
Vorschrift lautet:
Anrechnungszeiten sind auch Zeiten, für die
1. die Bundesanstalt für Arbeit in der Zeit vom 1. Januar 1983, 2. ein anderer Leistungsträger in der Zeit vom 1.
Januar 1984 bis zum 31. Dezember 1997 wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge oder Beiträge für
Anrechnungszeiten gezahlt hat. Der hier in Rede stehende Zeitraum von Januar 1980 bis Januar 1982 wird von § 252
Abs. 2 SGB VI nicht erfasst. Auch aus Sinn und Zweck des § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI ergibt sich nicht, dass diese
Vorschrift nicht für Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung gelten soll. Es findet sich
kein Hinweis, dass hier ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers vorliegt, der entgegen dem Wortlaut der Norm
eine gegenteilige Auslegung erforderlich machen würde. Die von der Beklagten zitierten Materialien zu § 252 Abs. 2
SGB VI (der im Entwurf als § 247 SGB VI vorgesehen war) befassen sich lediglich mit der Zeit von Januar 1983 bis
Dezember 1997 (vgl. Drucksache 11/4124 des Deutschen Bundestages, Seite 200 zu § 247 - Anrechnungszeiten), die
hier nicht interessiert. Dagegen ergibt sich aus den von dem Kläger in Bezug genommenen Materialien zu § 58 Abs. 1
Satz 3 SGB VI (vgl. Drucksache 11/4124 des Deutschen Bundestages, S. 167 zu § 58), dass Zeiten, in denen
Versicherte wegen des Bezuges von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, von einer Übergangsphase bis
1997 abgesehen, vollwertige Beitragszeiten und nicht Anrechnungszeiten sein sollen. Sinn dieser Vorschrift ist es,
sicherzustellen, dass dieselbe Zeit grundsätzlich nicht zugleich als Beitragszeit wie auch als Anrechnungszeit
berücksichtigt wird (Klattenhoff in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung, § 58 Rn.
150; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg vom 16. Dezember 2004, Aktenzeichen L 10 RA
4286/02, juris Rn. 28). Für Zeiten, für die diese Regelung nicht gelten sollte, hat der Gesetzgeber ausdrücklich die
Ausnahmevorschrift des § 252 Abs. 2 SGB VI geschaffen. Dort sind die hier in Rede stehenden Zeiträume nicht
genannt. Auch das von der Beklagten benannte Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (Bayerisches LSG) vom
30. August 2006, Az. L 1 R 4008/04, dokumentiert in juris, stützt die Auffassung der Beklagten nicht. Das Bayerische
LSG hat über die hier in Rede stehende Frage nicht entschieden. Im dortigen Fall hatte der beklagte
Rentenversicherungsträger ein Anerkenntnis hinsichtlich der Vormerkung der Umschulungsmaßnahme als
Anrechnungszeit wegen Schulausbildung, für die (auch) Versicherungspflicht bestanden hatte, abgegeben. Das
Bayerische LSG befasst sich im Übrigen mit der Frage, ob § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI die Vormerkung auch für
Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung ausschließt, nicht. Anders dagegen das LSG Baden-Württemberg (a.a.O.,
Rn. 26 bis 28), das zu dem Ergebnis kommt, dass § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI die Berücksichtigung von schulischen
Zeiten, die den Anrechnungszeittatbestand des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI erfüllen, ausschließt, soweit nicht die
Ausnahmeregelung des § 252 Abs. 2 SGB VI greift. Es hat ausgeführt: "( ) entgegen der Rechtsauffassung der
Beklagten ist § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI nicht auf bestimmte Anrechnungstatbestände des Abs. 1 Nr. 1 bis 5
beschränkt, sondern erfasst grundsätzlich alle Tatbestände, die (zugleich) mit echten Pflichtbeitragszeiten belegt
sind" (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 27). Die Aufnahme der Beschränkung auf Zeiten nach Vollendung des 25.
Lebensjahres ab 1. Januar 2002 durch das AVmEG deutet daraufhin, dass von der Ausnahmevorschrift des § 58 Abs.
1 Satz 3 (sofern nicht andere Ausnahmetatbestände, wie § 252 Abs. 2 SGB VI, greifen) sämtliche
Anrechnungszeittatbestände des § 58 Abs. 1 SGB VI umfasst sein sollten. Es soll damit dem Umstand Rechnung
getragen werden, dass den Beitragszeiten - wegen des Lebensalters des Versicherten - regelmäßig nur eine niedrige
Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde lag. Daneben die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten auszuschließen,
die für diese Zeiten möglicherweise eine bessere Bewertung und mehr Entgeltpunkte erbringen, erschien dem
Gesetzgeber nicht opportun. Diese Erwägungen tragen jedoch auch für Anrechnungszeiten wegen schulischer
Ausbildung. Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des LSG Baden-Württemberg in seinem oben
zitierten Urteil an. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI nur auf
bestimmte Anrechnungszeittatbestände beschränkt sehen wollte. Auch in den von der Beklagten zitierten
Kommentaren findet sich eine entsprechende Auffassung nicht. Klattenhoff in Hauck/Noftz, a.a.O., weist daraufhin,
dass nach § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI Anrechnungszeiten nicht vorliegen, wenn der Versicherte nach Vollendung des
25. Lebensjahres wegen des Bezugs einer Sozialleistung rentenversicherungspflichtig war. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist diesem Kommentar nicht zu entnehmen, dass § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI nur im Zusammenhang
mit der Anrechnungszeit des § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB VI anzuwenden sei. Auch aus dem Kommentar zum
Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich dergleichen nicht. Dieser Kommentar befasst sich
insbesondere in Anmerkung 10 und Anmerkung 10.1 zu § 58 SGB VI ausführlich mit der Regelung des § 58 Abs. 1
Satz 3 SGB VI und führt in der zuletzt genannten Anmerkung aus, dass Zeiten der Versicherungspflicht nach § 1227
Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a RVO das Vorliegen von Anrechnungszeiten ausschließt, soweit die Zeiten der
Versicherungspflicht nach dem 25. Lebensjahr liegen. Weitere Ausnahmen sind nicht genannt. In dem Kommentar
Zweng/Scherer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 58 SGB VI, Rn. 149ba, wird ausgeführt:
"Hinsichtlich der Tatbestände nach dem bis 31.12. 1991 geltenden Recht ergeben sich folgende Konsequenzen. Die
Berücksichtigung von Anrechnungszeiten ist ausgeschlossen für nach dem 30.9.1974 liegende Zeiten der
Versicherungspflicht als Rehabilitand der Bundesanstalt für Arbeit bis 31. Dezember 1982 und als Rehabilitand eines
anderen Leistungsträgers bis 31. Dezember 1983 (§ 247) ( )". Eine Kommentierung im Sinne der Auffassung der
Beklagten findet sich nicht. Auch Gürtner im Kasseler Kommentar, § 58 SGB VI, Rn. 65, bezieht die Vorschrift des §
58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI auf sämtliche Anrechnungszeittatbestände und führt aus: "Im Rentenreformgesetz 1992
wurden die Zeiten, in denen der Versicherte wegen des Bezuges von Sozialleistungen versicherungspflichtig war, als
vollwertige Beitragszeiten geregelt und ihre gleichzeitige Berücksichtigung als Anrechnungszeit in Abs. 1 Satz 3
generell ausgeschlossen [Hinweis auf BT-Drucks. 14/1424 S. 167]. Für die Zeit bis 31.12. 1997 regelt § 252 Abs. 2
als Übergangsvorschrift die gleichzeitige Berücksichtigung von Zeiten, in denen die BA oder ein anderer
Leistungsträger während des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge oder Beiträge für Anrechnungszeiten
gezahlt hat, sowohl als Beitragszeit als auch als Anrechnungszeit". Auch hier findet sich also lediglich der Hinweis
auf die Ausnahmeregelung des § 252 Abs. 2 SGB VI, die, wie oben bereits erläutert, vorliegend nicht einschlägig ist.
Nach alldem ist die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 nicht als Zeit der Fachschulausbildung
vorzumerken. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache. Die
Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).