Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 04.06.2008

LSG Berlin und Brandenburg: grobe fahrlässigkeit, ortsabwesenheit, umkehr der beweislast, einreise, verwaltungsakt, ausreise, spielfeld, urlaub, reisepass, dolmetscher

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 04.06.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 60 AL 386/02 W 04
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 30 AL 1270/05
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. September 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld - Alg - (noch) für den Zeitraum vom
14. August 1999 bis 13. Januar 2000 und 15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000 und damit einhergehend gegen die
Erstattung von Alg in Höhe von 17.899,00 DM sowie Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von
4.706,05 DM, insgesamt 22.605,05 DM (= 11.557,78 EUR).
Der 1942 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von B und H. Er arbeitete als von April 1982 bis 31. Mai 1998 und
bezog Krankengeld bis zum 01. Dezember 1998.
Am 07. Dezember 1998 meldete er sich bei dem Arbeitsamt Berlin Südwest - Dienststelle Steglitz - arbeitslos und
beantragte die Bewilligung von Alg, das ihm die Beklagte ab 07. Dezember 1998 für 971 Leistungstage gewährte
(Leistungsgruppe C/1; Alg-Bewilligungsverfügung vom 28. Dezember 1998). Ab 01. Juli 1999 betrug der wöchentliche
Alg-Leistungssatz 422,24 DM nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 840 DM. Die Beklagte dynamisierte
das wöchentliche Bemessungsentgelt ab 02. Dezember 1999 auf 860 DM; der wöchentliche Alg-Leistungssatz betrug
von diesem Zeitpunkt an bis zum 31. Dezember 1999 429,66 DM und ab 01. Januar 2000 436,80 DM nach denselben
Leistungsparametern wie zuletzt davor.
Anlässlich einer persönlichen Vorsprache des Klägers bereits am 02. Juli 1999 zeigte er der Beklagten seine
Ortsabwesenheit vom 09. bis 16. Juli 1999 an. Die Beklagte verzichtete zugleich auf die Rückmeldung des Klägers
ausweislich des Beratungsvermerkes vom 02. Juli 1999. Schon am 14. Juli 1999 meldete sich der Kläger persönlich
bei der Beklagten aus dem Urlaub zurück und wies darauf hin, er sei nur vom 09. bis 13. Juli 1999 ortsabwesend
gewesen. Des Weiteren zeigte er einen Urlaub vom 17. Juli 1999 bis 24. Juli 1999 an. Am 26. Juli 1999 erschien der
Kläger wiederum persönlich bei der Beklagten und meldete sich erneut aus dem Urlaub zurück (vgl.
Beratungsvermerke vom 14. Juli 1999 bzw. 26. Juli 1999). Schließlich erschien der Kläger am 14. Januar 2000 bei der
Beklagten, die in einem Beratungsvermerk "keine Veränderungen" festhielt.
Die Beklagte unterrichtete den Kläger mit einem Schreiben vom 17. Juli 2000 über die Möglichkeit des erleichterten
Bezuges von Alg nach § 428 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III). Der Kläger erklärte hierzu mit einem Schreiben
vom 12. August 2000 (Eingang bei der Beklagten: 17. August 2000) erklärte, er möchte Alg unter diesen
Voraussetzungen beziehen. Ihm sei eine Altersrente ohne Rentenminderung frühestens ab Juli 2002 möglich. Am 09.
August 2000 ersuchte die Verkehrspolizeiinspektion R die Beklagte um Auskunft wegen Verdachts des
Leistungsbetruges durch den Kläger in den Jahren 1999 bis 2000. Der Kläger war am 27. Juli 2000 bei einer
Verkehrskontrolle in R (Bayern) angehalten worden, als er die Autobahn in Richtung S befuhr und im Rahmen der
Vernehmung den Polizisten erklärt habe, seinen Lebensunterhalt durch den Bezug von Alg zu bestreiten. Anlässlich
dieser Kontrolle händigte er u. a. seinen b Nationalpass (RP Nr.: 1302933) aus, in dem sich vom 11. Juli 1999 bis 04.
Mai 2000 insgesamt 17 Kontrollstempel ausländischer Grenzüberwachungsorgane befanden. Im Einzelnen waren
dies:
Anzahl Datum Ein-/Ausreise Grenzübergangsstelle
1.) 11.7.1999 (unbekannt) HR-Slavonski Samac 2.) 12.7.1999 Einreise SLO-Gruskovje 3.) 15.8.1999 Einreise A-
Spielfeld 4.) 21.8.1999 Einreise A-Spielfeld 5.) 21.8.1999 Einreise SLO-Gruskovje 6.) 26.8.1999 Ausreise A-Spielfeld
7.) 28.8.1999 Einreise A-Spielfeld 8.) 26.10.1999 Einreise A-Karawankentunnel 9.) 1.2.2000 Einreise SLO-Gruskovje
10.) 1.2.2000 Einreise A-Spielfeld 11.) 2.3.2000 Ausreise HR-Zupanja 12.) 7.3.2000 Ausreise HR-Zupanja 13.)
7.3.2000 Einreise A-Mureck 14.) 15.4.2000 Einreise A-Mureck 15.) 25.4.2000 Einreise SLO-Gruskovje 16.) 4.5.2000
(unbekannt) HR-Zupanja 17.) 4.5.2000 Ausreise HR-Maceli
Mit einem Schreiben vom 14. Dezember 2000 hörte die Beklagte den Kläger an. Nach ihren Informationen könne der
Leistungsbezug des Klägers unrechtmäßig gewesen sein, weil er sich vom 11. Juli 1999 bis 31. Mai 2000 (zumindest
zeitweise) nicht in B aufgehalten habe. Er sei in dieser Zeit nicht für die Arbeitsvermittlung verfügbar gewesen und
habe somit keinen Leistungsanspruch gehabt. Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Die Beklagte hob durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06. Juni 2001 die Bewilligung von Alg
(ursprünglich) vom 11. Juli 1999 bis 31. Mai 2000 ganz auf, weil der Kläger nicht verfügbar gewesen sei. Zugleich
machte sie eine Erstattungsforderung hinsichtlich des Alg für den vorgenannten Zeitraum in Höhe von (ursprünglich)
20.012,28 DM (= 10.232,12 EUR) sowie hinsichtlich der für denselben Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von 5.264,19 DM (= 2.691,54 EUR), insgesamt 25.276,47 DM (= 12.923,66 EUR) geltend.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 03. Juli 2001, mit dem er vortrug, es entspreche nicht den
tatsächlichen Gegebenheiten, dass er sich vom 11. Juli 1999 bis 31. Mai 2000 nicht in B aufgehalten habe. Er sei
tatsächlich in B anwesend gewesen. Lediglich über einen Zeitraum von ca. einer Woche habe er seine Tochter zu
einem Aufenthalt außerhalb von B begleitet. Seine Ehefrau sei seinerzeit schwerkrank gewesen. Schon aus diesem
Grunde sei es für ihn erforderlich gewesen, in B zu sein.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2002 als unbegründet zurück. Aus
den Einträgen in dem Pass des Klägers ergebe sich, er sei nahezu regelmäßig ortsabwesend gewesen und habe
damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden. Die Aufhebung der Bewilligung von Alg vom 11. Juli 1999
bis 31. Mai 2000 sei ebenso rechtmäßig wie die geltend gemachte Erstattung.
Der Kläger hat am 31. Januar 2002 Klage vor dem Sozialgericht B erhoben und auf die Zustimmung der Beklagten zu
seiner Ortsabwesenheit vom 11. Juli 1999 bis 14. August 1999 hingewiesen. Des Weiteren hat er vorgetragen, er habe
des Öfteren Bekannte in seinen Heimatort in der Nähe von T begleitet, die dorthin Autos überführt hätten; er sei
seinerzeit als Dolmetscher eingesetzt worden. An Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern. Bei der ganz
überwiegenden Anzahl der Reisen habe es sich um Wochenendreisen gehandelt, die nur im Fall vom 15. August 1999
bis zum 26. August 1999 länger gedauert habe. Bereits am 28. August 1999 habe er eine weitere Reise in die Nähe
von T unternommen, wie dem Einreisestempel in Ö vom selben Tage zu entnehmen sei. Die Fahrzeit zwischen B und
T betrage bei normalem Verkehr ca. 18 Stunden, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass er bei Reiseantritt
am 28. August 1999 wieder in Berlin am 30. August 1999 gewesen sei. Hinsichtlich des Einreisestempels vom 26.
Oktober 1999 in Ö sei zu erklären, dass er sich längstens vom 26. Oktober 1999 bis zum 30. Oktober 1999 außerhalb
B befunden habe. Selbst wenn er möglicherweise seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei, so sei zu
berücksichtigen, dass er im Jahre 1999 bereits Jahre alt geworden und somit zum einen nur schwer vermittelbar
gewesen sei und zum anderen einen Urlaubsanspruch in nicht geringem Maße gehabt habe, der die
Abwesenheitszeiten "wesentlich" überschritten habe. Eine Rückforderung des Alg vom 11. Juli 1999 bis 31.
Dezember 1999 sei jedenfalls nicht durch die vorliegenden Grenzübertritte gerechtfertigt. Für das Jahr 2000 ergebe
sich nichts anderes. Selbst wenn aufgrund der Grenzkontrollstempel von einer Aufenthaltsdauer vom 01. Februar
2000 bis 07. März 2000 ausgegangen würde, entspreche dies seinem Urlaubsanspruch im Jahre 2000. Die einzelnen
Reisen im Jahre 2000 habe er sich nicht notiert. Dies könne ihm im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zum Nachteil
gereichen. Dass er bereits am 07. März 2000 wieder in Z ausgereist sei, könne er sich nur dadurch erklären, dass er
im März 2000 innerhalb der beiden Wochen zweimal nach Tgefahren sei, um Autos zu überführen bzw. für Bekannte
an den Grenzen als Dolmetscher zu agieren. Eine weitere Reise habe erst im April 2000 stattgefunden, die längstens
bis 04. Mai 2000 gedauert habe. Da er auch am Jahre alt geworden sei, habe die Beklagte ihm bereits mitgeteilt, dass
er nur schwer vermittelbar sei, so dass seine Ortsabwesenheit zu keiner Beeinträchtigung der Verfügbarkeit geführt
habe. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für eine nachträgliche Genehmigung der Ortsabwesenheit vor.
Weitere Ortsabwesenheiten in dem strittigen Zeitraum schließe er aus. Unterlagen über die Zeiten seiner Abwesenheit
bzw. Anwesenheit in B lägen ihm nicht vor.
Die Beklagte hat vorgetragen, aus den eigenen Angaben des Klägers ergebe sich, dass er aufgrund seiner nicht
berechenbaren Zeiträume in der Ortsabwesenheit nicht verfügbar gewesen sei, da hierdurch das Vermittlungsgeschäft
in ganz erheblichen Umfang beeinträchtigt und praktisch vereitelt worden sei. Im Übrigen gehe es zu Lasten des
Klägers, dass aufgrund der fehlenden Mitteilungen die Auslandsaufenthalte nicht genau feststünden, und auch nicht
feststünde, zu welchen Zeiträumen er sich in B aufgehalten habe. Darauf, dass ihm Vermittlungsvorschläge nicht
unterbreitet worden seien, komme es nicht an.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben über die Zeiten der Ortsabwesenheit des Klägers im strittigen Zeitraum durch
Vernehmung seiner Ehefrau D S als Zeugin. Wegen der Einzelheiten der Aussagen dieser Zeugin wird auf Blatt 70 der
Gerichtsakten verwiesen.
Das Sozialgericht Berlin hat durch Urteil vom 01. September 2005 – unter Abweisung der Klage im Übrigen – den
Bescheid der Beklagten vom 06. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2002 insoweit
aufgehoben, als darin die Alg-Bewilligung für den Zeitraum vom 11. Juli 1999 bis 13. August 1999 aufgehoben und
insoweit eine Erstattung gefordert worden ist. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Blatt 72 bis 79 der
Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.
November 2005 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er trägt vor, seine Kinder seien im
erstinstanzlichen Verfahren nicht als Zeugen gehört worden. Zutreffend sei, dass er vom 15. bis 26. August 1999, 28.
August 1999 bis 30. August 1999 und vom 26. Oktober 1999 bis 30. Oktober 1999 und im Februar 2000 für 28 Tage,
was seinem Urlaub im Jahr 2000 entsprochen habe, ortsabwesend und mithin nicht in B gewesen sei. Unzutreffend
sei, dass er sich in der Zeit von April 2000 bis 04. Mai 2000 nicht in Berlin befunden habe. In diesem Zeitraum habe er
sich mehrmals wöchentlich mit seinen Söhnen getroffen. Diese seien mehrmals zum gemeinsamen Essen bei ihm
gewesen und könnten dies auch bekunden. Des Weiteren könnten auch zwei Nachbarn von ihm, die sich mindestens
einmal wöchentlich mit ihm getroffen hätten und mit ihm spazieren gegangen seien bzw. Tee getrunken hätten,
bezeugen, dass er sich im April 2000 hauptsächlich in B aufgehalten habe. Er könne sich, da nicht bei jedem
Grenzübertritt ein Kontrollstempel in den Pass gemacht worden sei, nur auf die Zeugenaussagen seiner Söhne bzw.
der Nachbarn berufen, dass er nicht durchgehend ortsabwesend gewesen sei. Dass seine Ehefrau sich nicht mehr
genau an alle Einzelheiten erinnern könne, gebiete nicht, auch die zur Beweiserhebung benannten Söhne nicht zu
vernehmen.
Die Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2008 erklärt, eine Erstattung für den 14. Januar 2000
(Leistungsbetrag Arbeitslosengeld 62,40 DM) nicht geltend zu machen.
Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen und beantragt im Übrigen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2005 zu ändern und den Bescheid des Arbeitsamtes Steglitz
vom 6. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2002 auch für den Zeitraum vom 14.
August 1999 bis 13. Januar 2000 und 15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das Arbeitsförderungsrecht kenne keinen "Urlaubsanspruch". In den Bestimmungen der
Erreichbarkeitsanordnung sei geregelt, dass der Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs der
Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegenstehe, wenn sie vorher ihre Zustimmung erteilt habe.
Eine Zustimmung für Ortsabwesenheit des Klägers liege nicht durchgängig vor. Darüber hinaus dürfte fraglich sein, ob
Beschäftigungslosigkeit als eine weitere Voraussetzung für die Arbeitslosigkeit überhaupt vorgelegen habe. Die selbst
angegebene Tätigkeit des Klägers als Dolmetscher in Verbindung mit den notwendigen Fahrzeiten (Fahrstrecke von
ca. 18 Stunden) schließe eine Beschäftigungslosigkeit aus.
Zur mündlichen Verhandlung sind die beiden Söhne des Klägers, E und D S, zum Beweisthema "Anwesenheit des
Klägers im Jahr 2000" geladen worden. Hiervon ist der Zeuge D S erschienen und vom Senat vernommen worden;
wegen der Einzelheiten des Inhalts der Aussage dieses Zeugen wird auf Bl. 138 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Leistungsakten
der Beklagten (Kundennummer ) verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR
übersteigt.
Mit der Berufung streitgegenständlich ist noch die Aufhebung der Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 14.
August 1999 bis 13. Januar 2000 und vom 15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000 und damit einhergehend die Erstattung
von Alg in Höhe von 17.899,00 DM sowie Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.706,05 DM,
insgesamt 22.605,05 DM (= 11.557,78 EUR), nachdem die Beklagte die Erstattung von Alg für den 14. Januar 2000
nicht mehr geltend gemacht hat. Das darin liegende (Teil-)Anerkenntnis hat der Kläger angenommen. Diesbezüglich
ist der Rechtsstreit gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt.
Das Sozialgericht hat die zulässige (Anfechtungs-)Klage, soweit hier noch darüber zu befinden ist, zu Recht
abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind diesbezüglich rechtmäßig und
verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Alg vom 14. August 1999 bis 13.
Januar 2000 und vom 15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000, denn die Beklagte hat zu Recht die entsprechende
Bewilligung des Alg aufgehoben.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche
Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung
vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit u. a. der Betroffene einer durch
Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Veränderungen der
Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Abs. 2 Satz 2 Nr. 2), oder der Betroffene
wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich
aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen ist oder ganz oder teilweise
weggefallen ist (Abs. 2 Satz 2 Nr. 4). Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die
Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, so ist dieser nach der ab 01. Januar 1998 anstelle des §
152 Abs. 3 AFG in Kraft getretenen inhaltsgleichen Regelung des § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB III) (vgl. Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 83 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung -
Arbeitsförderungs-Reformgesetz - vom 24. März 1997 - BGBl I S. 594) mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der
Verhältnisse aufzuheben.
Bei der Bewilligung von Alg ab 07. Dezember 1998 aufgrund der Alg-Bewilligungsverfügung vom 28. Dezember 1998
handelte es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gemäß § 48 SGB X, da dieser nicht lediglich der
einmaligen Gestaltung einer Rechtslage diente, sondern ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand von
diesem Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründete. In dieses Dauerrechtsverhältnis ist (spätestens) ab
14. August 1999 eine wesentliche Änderung eingetreten sein. Einewesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1
SGB X liegt dann vor, wenn die Behörde unter den objektiv gegebenen Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte
erlassen dürfen (vgl. BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 19; Steinwedel, in Kasseler Komm., § 48 SGB X, Rz. 13 ff.). So liegt
der Fall hier. Der Kläger hatte keinen Anspruch mehr auf Alg ab diesem Zeitpunkt.
Anspruchauf Alg hat neben weiteren Voraussetzungen nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§ 119 Abs.
1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2004
geltenden Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1977 – BGBl. I S. 2970). Nach § 119 Abs.
3 Nr. 3 SGB III setzt die Verfügbarkeit u. a. voraus, dass der Arbeitslose Vorschläge des Arbeitsamtes zur
beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf
hingewiesen, dass die Bundesanstalt für Arbeit hierzu aufgrund in der Ermächtigung in § 152 Nr. 2 SGB III die
Erreichbarkeitsanordnung (EAO) vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, S. 1685) erlassen hat. § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO
konkretisiert die Pflichten des Arbeitslosen zur Sicherstellung der postalischen Erreichbarkeit. Der Arbeitslose hat
nach dieser Vorschrift "sicherzustellen, dass ihn das Arbeitsamt persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz
oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm bekannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann".
Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht mehr erfüllt.
Dass der Kläger nicht für die Mitarbeiter der Beklagten erreichbar war, gibt er in der Berufung selbst zu erkennen,
denn er hat mit der Berufungsbegründung erklärt, u. a. vom 15. bis zum 26. August 1999 und vom 28. August 1999
bis zum 30. August 1999 ortabwesend gewesen zu sein (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigen des Klägers vom
01. März 2006). Zwar wird der 27. August 1999 (Sonntag) zunächst nicht von ihm erwähnt. Mit dem Sozialgericht geht
der Senat aber davon aus, dass es keineswegs glaubhaft ist, dass er an diesem Tage wieder in B war, um am 28.
August 1999 erneut eine Fahrzeit von mindestens 18 Stunden zu bewältigen, denn am 28. August 1999 wird in
seinem Reisepass wieder eine Einreise von der Grenzübergangstelle A dokumentiert. Im Übrigen ist auf den weiteren
Klagevortrag Bezug zu nehmen, in der der Kläger eine Ortsabwesenheit für die Zeit vom 26. bis 30. August 1999, also
auch für den 27. August 1999, erklärt hat (Schriftsatz vom 20. August 2004), aber eine Anwesenheit in B im
Schriftsatz vom 24. April 2002 für den 30. August 1999 angeben hatte; zum 30. August 1999 erklärt er aber im
Berufungsverfahren auch, er sei ortsabwesend gewesen. Des Weiteren gibt der Kläger im Berufungsverfahren zu,
auch in dem Zeitraum vom 26. bis 30. Oktober 1999 und im Februar 2000 nicht in Berlin ortsanwesend gewesen zu
sein. Hier ist für den Monat Februar 2000 darauf hinzuweisen, dass dieser Monat wegen des Schaltjahres 2000 sogar
29 Tage – und nicht 28 Tage, wie der Kläger im Berufungsverfahren erklärt hat – umfasste. Da in seinem Reisepass
eine Ausreise für den 02. März 2000 dokumentiert ist, spricht hier mehr dafür als dagegen, dass er zumindest an
diesem Tage (erst) eine Rückreise angetreten ist, wobei das Ziel nicht näher bekannt ist, so dass der Senat von einer
zeitlich vollständigen Abwesenheit des Klägers von seinem Wohnort nicht nur in diesem Monat, sondern auch noch
für den 01. März 2000 ausgeht.
Werden die weiteren Erklärungen des Klägers näher betrachtet, so ergibt sich insgesamt ein Bild, dass der Kläger
keine genauen Angaben mehr zu seinem Aufenthalt hinsichtlich Ort und Zeit in den Jahren 1999 und 2000 machen
kann. Sein Vortrag beginnend mit dem Widerspruch bis zum Berufungsverfahren ist ansonsten widersprüchlich,
weswegen allein aufgrund der Angaben des Klägers kein Nachweis erbracht ist, in welchen Zeitenräumen er
ansonsten ortsanwesend in gewesen ist. Zunächst hat er im Widerspruch vom 03. Juli 2001 – deutlich zeitnäher zum
im Streit stehenden Sachverhalt als im Berufungsverfahren – angegeben, er sei wegen seiner schwerkranken Ehefrau
"nur" ca. eine Woche mit seiner Tochter außerhalb B gewesen. Mit der Klage hat er behauptet, bei den Fahrten ins
Ausland ausweislich der Einträge in seinem b Nationalpass habe es sich um Wochenendreisen gehandelt.
Unabhängig davon, dass sich nach der Erklärung im Widerspruch aufgrund der Stempel in seinem Reisepass eine
Abwesenheit von B für mindestens 17 Tagen ergibt, denn so viele Stempel befinden sich in diesem Pass, entspricht
es auch nicht der Wahrheit, dass es sich ganz überwiegend um Wochenendfahrten gehandelt haben kann. Nur die
Tage 11. Juli 1999, 15. August 1999, 21. August 1999 und 15. April 2000 waren Samstage oder Sonntage. Alle
übrigen Ein- oder Ausreisetage fielen auf die Wochentage Montag, Dienstag oder Donnerstag; insgesamt 13 Tage von
17 Tagen.
Aufklärung im Sinne eines Nachweises von genauen Zeiträumen der Ortsabwesenheiten bzw. – anwesenheiten bzgl.
seines Wohnortes B haben auch die Bekundungen der Zeugen nicht ergeben. Die Ehefrau des Klägers hat im
erstinstanzlichen Verfahren schon nicht sagen können, ob der Kläger überwiegend in B oder in seiner Heimat gewesen
sei. Von daher hat sich das Sozialgericht zu Recht nicht gedrängt zu fühlen brauchen, weitere Zeugen zu hören, wenn
schon die Ehefrau des Klägers keine genauen Angaben hierzu machen konnte. Der Senat hat dennoch die beiden
Söhne des Klägers zum Zwecke einer Beweisaufnahme zur mündlichen Verhandlung geladen, wovon "nur" der Zeuge
D S erschienen ist. Auch dieser Zeuge hat indessen "nur" erklären können, dass sein Vater sowohl von August 1999
bis Mai 2000 sowohl in seiner Heimat als auch in B gewesen sei, ohne genaue Zeiträume zu benennen. Nachdem der
Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, auch die von ihm weiter im Berufungsverfahren benannten Zeugen
könnten angesichts des Zeitablaufs keine genaue Angaben machen zu den genauen Zeiträumen der
Ortsabwesenheiten bzw. – anwesenheiten von seinem Wohnort , hat sich der Senat gleichfalls nicht gedrängt
gesehen, diese weiteren Zeugen (E S und die beiden Bekannten des Klägers) zu hören.
Soweit für den Senat mit Ausnahme der Zeiträume, die der Kläger zugibt, nicht ortsanwesemd gewesen zu sein (s. o.)
und der einzelnen durch die 17 Einträge in dem Reisepass des Klägers belegten Tage, nicht bekannt ist, wo sich der
Kläger in den übrigen Tagen bzw. Zeiträumen innerhalb der (noch) streitigen Zeiträumen vom 14. August 1999 bis 13.
Januar 1999 und 15. Januar 1999 bis 31. Mai 2000 aufgehalten hat, geht dies zu Lasten des Klägers.
In Aufhebungs- und Erstattungsverfahren obliegt zwar der Beklagten die allgemeine Beweislast für alle
Anspruchsvoraussetzungen. Insoweit ist zunächst sie vom Grundsatz her u. a. dazu verpflichtet, den Nachweis zu
führen, der Kläger sei auch in diesen – unbekannten – Zeiträumen wegen Ortsabwesenheit nicht verfügbar gewesen.
Allerdings drängt sich hier eine Umkehr der Beweislast auf, denn der Kläger ist verpflichtet gewesen, seine
Ortsabwesenheit der Beklagten anzuzeigen. Dass dem Kläger diese Verpflichtung oblegen hat und auch bekannt war,
ergibt sich aus seinen Anzeigen der Abwesenheit vom 09. Juli 1999 bis zum 13. Juli 1999 sowie vom 17. Juli 1999
bis zum 24. Juli 1999. Ordnungsgemäß meldete er sich auch nach den beiden (Orts-)Abwesenheiten persönlich bei
der Beklagten am 14. Juli 1999 und am 26. Juli 1999 wieder zurück. Insoweit kommt für die hier noch streitigen
Zeiträume eine Umkehrder Beweislast wegen mangelnder Mitwirkung des Klägers (vgl. BSGE 71, 256, 260 ff. = SozR
3-4100 § 119 Nr. 7; BSGE 89, 243, 247 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8) mit der Folge in Betracht, dass er sich so
behandeln lassen muss, als wäre er nicht erreichbar gewesen. Mit den vom Senat für überzeugend gehaltenen
Ausführungen des BSG (Urteil vom 09. Dezember 2003 – B 7 AL 56/02 R – in juris) geht der erkennende Senat hierbei
davon aus, dass eine nur die noch streitigen Einzelzeiträume betreffende – also punktuelle – Beweislastentscheidung
der einzelnen Zeiträume ausscheidet, weil – auch nach der Entscheidung des BSG (Urteil vom 03. März 1993 – 11
RAr 43/91 – in: SozR3-4100 § 103 Nr. 9) – nur zu prüfen ist, ob die Beklagte nicht für den gesamten Zeitraum, der von
ihrer Aufhebungsentscheidung betroffen und hier noch streitgegenständlich ist, eine durchgängige Nichterreichbarkeit
des Klägers ausgehen durfte. Ein Arbeitsloser ist danach durchgängig nicht täglich erreichbar, wenn er wiederkehrend
mehrtägig ortsabwesend ist, ohne dass die Tage der Abwesenheit vorausschauend – und damit berechenbar –
feststehen. Das Vermittlungsgeschäft des Arbeitsamtes bzgl. des betreffenden Arbeitslosen ist dann in ganz
erheblichem Umfang beeinträchtigt und praktisch vereitelt, und zwar unabhängig davon, ob sich ein solcher
Sachverhalt vor der Bewilligung oder für die Vergangenheit herausstellt (BSG a. a. O.). Der 11. Senat des BSG (a. a.
O.) hat dies in einem Falle angenommen, in dem der Kläger innerhalb von weniger als einem Jahr mehr als 49-mal die
Grenze zwischen Ö und J überschritten hatte, ohne dass vorher exakt feststand, wie lange er sich im Ausland
aufhalten würde; Tage der Anwesenheit wechselten sich also mit solchen der Abwesenheit ab, ohne dass - auch bei
einer vorausgehenden Meldung der Abwesenheit - vorausschauend und damit berechenbar gesagt werden konnte, an
welchen Tagen der Arbeitslose erreichbar war. Auch wenn ein Arbeitsloser mehrfach für längere, nicht berechenbare
Zeiträume ortsabwesend ist, ist das Vermittlungsgeschäft des Arbeitsamtes in ganz erheblichem Umfang
beeinträchtigt und praktisch vereitelt. Insoweit gewinnen die vorstehenden Ausführungen ebenso Bedeutung für die
hier streitigen Zeiträume, denn – wie bereits ausgeführt – sind mit Ausnahme der vom Kläger zugegebenen Zeiträume
und den Ein- und Ausreisetagen ausweislich des Reisepasses des Klägers keine weiteren Erkenntnisse vorhanden,
die es nicht zuließen, von einer durchgängigen Ortsabwesenheit des Klägers auszugehen. Da das BSG (Urteil vom
09. Dezember 2003 a. a. O.) eine durchgängige Ortsabwesenheit bei wiederkehrenden mehrtägigen, dem Arbeitsamt
nicht bekannten Ortsabwesenheiten (fünf Auslandsaufenthalte des Klägers in dem dortigen Verfahren von 99 Tagen in
einer Zeit von weniger als acht Monaten) bejaht hat, ist der Senat auch im vorliegenden Fall des hiesigen Klägers
davon überzeugt, dass bei einer zugegebenen Abwesenheit von rund 8 Wochen in 8,5 Monaten des Alg-Bezuges
durch den Kläger eine durchgängige Ortsabwesenheit vorliegt. Schon die häufigen durch die Einträge im Reisepass
belegten Abwesenheiten sowie die vom Kläger zugegebenen Zeiträume lassen den Schluss zu, dass der Kläger über
den ganz überwiegenden gesamten (hier noch streitigen) Zeitraum hinweg unregelmäßig und deshalb für das
zuständige Arbeitsamt nicht vorhersehbar und für mögliche Vermittlungsbemühungen einplanbar war, auch wegen der
stets mit Kraftfahrzeugen zurückgelegten großen Entfernungen und der Reisedauer. Da er diese Zeiträume nicht der
Beklagten angezeigt hatte, hat er seine Mitteilungspflichten iSd § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X verletzt. Ihm fällt
dabei auch der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zur Last.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
(vgl. § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X). Grobe Fahrlässigkeit setzt also eine Sorgfaltspflichtverletzung
ungewöhnlich hohen Ausmaßes, das heißt eine besonders grobe und auch subjektiv unentschuldbare
Pflichtverletzung voraus, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Anzulegen ist bei der
Prüfung des Vorliegens der groben Fahrlässigkeit nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab (BSG
Urteil vom 24. April 1997 11 RAr 89/96 m. w. N. in Arbeit und Beruf AuB 1997, 282). Subjektiv unentschuldbar ist ein
Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn nicht beachtet
wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Hierbei sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit
und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser individuellen
Gegebenheiten hat der Kläger seine Mitwirkungspflichten grob fahrlässig unterlassen, denn er hat seine Abwesenheit
in anderen Zeiträumen gleichwohl der Beklagten angezeigt. Insoweit ist der Senat davon überzeugt, dass ihm diese
Verpflichtung auch bekannt war.
Am Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ändert auch nichts, dass der Kläger aufgrund der Erklärung vom 12. August
2000 die Vergünstigungen von § 428 SGB III für sich in Anspruch genommen hat, wonach er u. a. sich selbst nicht
mehr um eine Vermittlung von Arbeit hat bemühen müssen und ihm es gestattet war – allerdings "nach vorheriger
Absprache" mit der Beklagten –, sich bis zu 17 Wochen im Kalenderjahr außerhalb seines Wohnortes ("z.B. Urlaub")
aufzuhalten. Die Erklärung konnte aber erst Wirkung ab Zugang bei der Beklagten finden; sie ging ihr erst am 17.
August 2000 zu. Hier ist eine Aufhebung und Erstattung von Alg vom 14. August 1999 bis 13. Januar 2000 und vom
15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000 (noch) im Streit. Schließlich ist ein möglicher vom Prozessbevollmächtigten so
benannter "Urlaubsanspruch" des Klägers irrelevant, wobei die Beklagte schon zu Recht auf die Bestimmungen in der
Erreichbarkeitsanordnung hingewiesen hat, nach denen in jedem Fall vor Ortsabwesenheit eine Zustimmung von der
Beklagten zu erteilen ist (vgl. § 3 Abs. 1 der EAO), die eben nicht für den Kläger vorgelegen hat.
Neben den Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Alg nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X sind
aber auch diejenigen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt, denn der Kläger hätte aufgrund seines früheren
ordnungsgemäßen Verhaltens gegenüber der Beklagten erkennen können, dass er bei Nichtanzeige seiner
Ortsabwesenheiten nicht vermittelbar und somit eine der Voraussetzungen für den Bezug von Alg weggefallen war.
Die Fristen von § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X sind gewahrt, denn die Beklagte hat insbesondere nach Anhörung des
Klägers durch Schreiben vom 14. Dezember 2000, worauf er nicht reagiert hat, den Aufhebungs- und
Erstattungsbescheid vom 06. Juni 2001, mithin innerhalb eines Jahres erlassen.
Im Ergebnis offen bleiben kann, ob eine Verfügbarkeit des Klägers auch deswegen nicht vorgelegen hat, weil er als
Dolmetscher für Bekannte unter Berücksichtigung einer Fahrzeit von rund 18 Stunden nicht verfügbar iSd § 119 Abs.
1 Nr. 2 SGB III war und er deswegen möglicherweise auch nicht verfügbar war. Hierauf hat die Beklagte ihre
Aufhebungsentscheidungen erkennbar nicht gestützt. Das BSG hat wiederholt darauf hingewiesen, dass ein so
genanntes Nachschieben von Gründen eines Verwaltungsakts nur dann zulässig ist, wenn dadurch der
Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt
wird und die Beachtung der Fristen von § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X verlangt; (BSGE 45, 206, 208 = SozR 2200 § 1227
Nr. 10; BSG SozR 4100 § 119 Nr. 12; BSG, Urteil vom 18. September 1997 - 11 RAr 9/97 - DBlR 4454a AFG § 152;
BVerwGE 38, 191, 195; 64, 356, 358).
Die Erstattungsforderung des Alg, deren Rechtsgrundlage sich aus § 50 Abs. 1 SGB X ergibt, wonach erbrachte
Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, ist rechnerisch – auch unter
Beachtung der erstinstanzlichen Teilstattgabe der Klage und des Anerkenntnisses bezüglich des Bestehens eines
Alg-Anspruches für den 14. Januar 2000 – nicht zu beanstanden. Es ergibt sich folgende Berechnung:
- Zeitraum vom 14. August 1999 bis 01. Dezember 1999 (= 110 Leistungstage); 110 Leistungstage x 60,32 DM =
6.635,20 DM - Zeitraum vom 02. Dezember 1999 bis 31. Dezember 1999 (= 30 Leistungstage); 30 Leistungstage x
61,38 DM = 1.841,40 DM - Zeitraum vom 01. Januar 2000 bis 13. Januar 2000 und 15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000
(= 151 Leistungstage); 151 Leistungstage x 62,40 DM = 9.422,40 DM Zwischensumme I: 17.899,00 DM
Die Kontrollrechnung hinsichtlich der Erstattung von Alg für die Zeiten vom 11. Juli 1999 bis 13. August 1999 (= 34
Kalendertage) einschließlich des 14. Januar 2000 ergibt: 34 Kalendertage x 60,32 DM = 2.050,88 DM + 1 Kalendertag
x 62,40 EUR = 62,40 DM 2.113,28 DM + Zwischensumme I 17.899,00 DM 20.012,28 DM; dies war der ursprünglich
von der Beklagten geforderte Erstattungsbetrag.
Die zur Erstattung gestellten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind durch die Beklagte
ebenfalls rechnerisch zutreffend ermittelt worden:
- Zeitraum vom 14. August 1999 bis zum 01. Dezember 1999
Die nach § 335 Abs. 1 SGB III zu erstattenden Krankenversicherungsbeiträge errechnen sich wie folgt:
Bemessungsentgelt i. H. v. 840 DM wöchentlich abzüglich 20 v. H. (168 DM) = abgesenktes fiktives Arbeitsentgelt i.
H. v. 672 DM wöchentlich: 7 Kalendertage x 110 Leistungstage = 10.560 DM, davon 14,9 %
Krankenversicherungsbeitrag AOK B = 1.573,44 DM.
- Zeitraum vom 02. Dezember 1999 bis 13. Januar 2000 und 15. Januar 2000 bis 31. Mai 2000
Bemessungsentgelt i. H. v. 860 DM wöchentlich abzüglich 20 v. H. (172 DM) = abgesenktes fiktives Arbeitsentgelt i.
H. v. 688 DM wöchentlich: 7 Kalendertage x 181 Leistungstage = 17.789,71 DM, davon 14,9 %
Krankenversicherungsbeitrag AOK Berlin = 2.650,67 DM.
Die nach § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstattenden Pflegeversicherungsbeiträge ich wie folgt: gesamtes fiktives
Arbeitsentgelt i. H. v. 28.349,71 DM (vgl. oben), davon 1,7 % (= Beitragssatz in der Pflegeversicherung) = 481,94
DM.
Zwischensumme II 4.706,05 DM
Gesamt-Erstattungsforderung: Zwischensummen I+II = 22.605,05 DM entspricht: 11.557,78 EUR. Die
Kontrollrechnung hinsichtlich der Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeiten vom 11.
Juli 1999 bis 13. August 1999 und dem 14. Januar 2000 ergibt hier: Krankensicherung Abgesenktes fiktives
Arbeitsentgelt 672: 7 x 34 Kalendertage = 3.264 DM davon 14,9 % = 486,33 DM zzgl. 688: 7 x 1 Kalendertag = 98,29
DM davon 14,9 % = 14,65 DM, zusammen: 500,98 DM. Pflegeversicherung 3.264 DM davon 1,7 % = 55,49 DM zzgl.
98,29 DM x 1,7 % = 1,67 DM, zusammen: 57,16 DM. Insgesamt: 500,98 DM + 57,16 DM = 558,14 DM.
Zwischensumme II + 558,14 DM = 5.264,19 DM; dieser Betrag entsprach der ursprünglichen Erstattungsforderung der
Beklagten bezüglich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Nach alledem erweist sich die Berufung als unbegründet.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.