Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2005

LSG Berlin-Brandenburg: befangenheit, behandlung, link, quelle, sammlung, kreis, beeinflussung, zivilprozessordnung, unparteilichkeit, ausbildung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 1 SF 1045/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Der vom Richter mitgeteilte Sachverhalt rechtfertigt nicht die Besorgnis der
Befangenheit.
Gründe
Gemessen an den auch auf die Fälle nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §
48 Zivilprozessordnung (ZPO; sog. Selbstablehnung) zu übertragenden Grundsätzen zur
Begründetheit eines Ablehnungsgesuches gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung
statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit
des Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es allein auf den vom Richter zu
erkennenden Standpunkt der Beteiligten an, nicht darauf, ob er selbst sich für
unbefangen hält. Die vom Richter mitgeteilten Tatsachen müssen also geeignet sein,
auch in der Person eines bedacht und vernünftig denkenden Beteiligten Zweifel zu
erwecken, ob der Richter auf Grund seiner persönlichen Beziehung zu einem
Prozessbeteiligten noch in der Lage ist, unvoreingenommen und neutral dem Streitstoff
gegenüber zu stehen.
Solche Tatsachen sind hier nicht ersichtlich. Nahe persönliche Beziehungen zu einem
Beteiligten können die Besorgnis der Befangenheit zwar grundsätzlich begründen. Das
gilt jedoch nicht generell. Ob die Besorgnis der Befangenheit mit Rücksicht auf
freundschaftliche Beziehungen gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des
Einzelfalles ab. Maßgebend ist, ob nach Art und Gegenstand des Verfahrens und der sich
daraus ergebenden Interessenlage vernünftigerweise befürchtet werden muss, der
Richter stehe aufgrund seiner persönlichen Beziehungen zu einem Beteiligten der Sache
nicht unvoreingenommen gegenüber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Richter
auf Grund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung ohne Schwierigkeiten möglich ist,
sich der aus einer persönlichen Beziehung zu einem Beteiligten resultierenden Gefahren
bewusst zu sein und ihre Auswirkung auf das Verfahren, nämlich eine unsachliche,
parteiliche Beeinflussung der Rechtsprechung zu vermeiden (vgl. Feiber in: Münchner
Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 42 Rdnr. 12).
Nach den Schilderungen des Richters bestand während der gemeinsamen Schul- und
Studienzeit eine freundschaftliche Verbundenheit mit der Klägerin. Insbesondere für die
Zeit, in der sie zwischenzeitlich eine private Arbeitsgemeinschaft bildeten, wird man
nach dieser Schilderung von mehreren Treffen pro Woche in kleinem Kreis ausgehen
können, die dem Richter einen Einblick in den Lebensbereich der Klägerin gegeben
haben, der üblicherweise Fremden oder bloß flüchtigen Bekannten nicht offen steht und
der also die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnte. Der Richter hat jedoch
nicht dargelegt, dass mehrere Jahre nach Abschluss des Studiums noch eine ähnlich
enge freundschaftliche Beziehung vorliegt. Es wird aus seinen Schilderungen, die die
Klägerin weder kommentiert noch ergänzt hat, nicht ersichtlich, dass zwischen ihm und
der Klägerin heute noch regelmäßig ein Austausch über private Angelegenheiten
stattfindet. Es gibt offenbar (wenn überhaupt) nur gelegentliche private Kontakte, die die
Schwelle zur Freundschaft nicht überschreiten. Aus einer früheren engen Bekanntschaft
zwischen dem Richter und einem Beteiligten kann deren Prozessgegner aber bei
sachlicher Würdigung der Umstände keine Besorgnis der Befangenheit herleiten. In
Ansehung des Streitgegenstandes ergibt sich nichts anderes, zumal vorliegend zwischen
den Beteiligten nicht die Notwendigkeit der psychotherapeutischen Behandlung, sondern
lediglich die gewählte Therapieform in Streit steht.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).
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