Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.09.2005
LSG Berlin-Brandenburg: diabetes mellitus, innere medizin, rente, wechsel, adipositas, ausschluss, gesundheitszustand, mrt, berufsunfähigkeit, facharzt
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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 4 R 1735/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 43 SGB 6 vom 31.12.2000, §
44 SGB 6 vom 31.12.2000, §
240 SGB 6
Verweisbarkeit einer funktionell einarmigen Reinemachefrau
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. September
2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1949 geborene Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war zuletzt
von 1986 bis Oktober 2002 als Raumpflegerin beschäftigt. Ab dem 15. Juli 2003 war sie
arbeitsunfähig erkrankt; seit dem 26. August 2002 erhielt sie Krankengeld. In der Zeit
vom 29. September bis zum 26. Oktober 2003 gewährte die Beklagte ihr medizinische
Leistungen zur Rehabilitation und Übergangsgeld. Der Entlassungsbericht der Reha Klinik
A vom 06. November 2003 wies als Entlassungsdiagnosen ein Appendix-Carzinom (pT3
NO MO RO), Zustand nach Hemikolektomie rechts 3/03, eine tiefe Beinvenenthrombose
rechtes Bein und eine Lungenarterienembolie postoperativ, ein HWS-Syndrom, einen
arteriellen Hypertonus sowie eine Polyarthrose aus. Die Klägerin wurde als zwar noch
arbeitsunfähig, jedoch nach weiterer Rekonvaleszenz von ein bis zwei Monaten als für
täglich sechs Stunden und mehr einsetzbar in leichten körperlichen Tätigkeiten im
Wechsel der Haltungsarten ohne Tragen von Lasten, ohne Klettern, ohne
Überkopfarbeiten, ohne Einsatz in Wechsel- oder Nachtschicht sowie ohne Gefährdung
durch Kälte, Nässe oder Zugluft entlassen.
Am 14. November 2003 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Rente wegen
Erwerbsminderung. Auf der Grundlage des Rehabilitationsentlassungsberichtes lehnte
die Beklagte die Gewährung einer Rente mit Bescheid vom 07. Januar 2004 ab. Auf den
Widerspruch der Klägerin vom 03. Februar 2004 ließ die Beklagte sie durch den Facharzt
für Orthopädie Dr. R untersuchen. In seinem Gutachten vom 05. März 2004
diagnostizierte dieser ein chronisch vertebragenes Schmerzsyndrom bei degenerativ
veränderter Wirbelsäule, eine Varikosis beider Beine, einen Fersensporn rechts, eine
Endoprothesenlockerung im linken Daumensattelgelenk, eine Adipositas, eine
Polyarthrose, einen Zustand nach Lungenarterienembolie und tiefer
Beinvenenthrombose rechts, ein Appendixkarzinom, Zustand nach Hemikolektomie
sowie Belastungsgonalgien beidseits. Aufgrund dieser gesundheitlichen
Beeinträchtigungen sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihrer zuletzt ausgeübten
Tätigkeit als Reinigungskraft nachzugehen. Sie verfüge jedoch über ein
Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für körperlich leichte Arbeiten im
Wechsel der Haltungsarten unter Ausschluss häufigen Bückens, Kniens oder Hockens,
von Überkopfarbeit, häufigen Hebens, Tragens, Bewegens von Lasten sowie ohne
Leister- und Gerüstarbeit und ohne Arbeiten mit Absturzgefahr. Den Widerspruch der
Klägerin wies die Beklagte daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2004
zurück. Nach den getroffenen Feststellungen bestehe weder eine teilweise noch eine
volle Erwerbsminderung, weil die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne.
Auch liege keine Berufsunfähigkeit vor. Dabei sei es nicht entscheidungserheblich, ob sie
die bisherige Tätigkeit als Reinigungskraft noch ausüben könne. Wesentlich sei allein,
dass sie in der Lage sei, noch mindestens sechs Stunden täglich einer ihr sozial
zumutbaren Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.
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zumutbaren Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.
Hiergegen richtet sich die am 13. Mai 2004 erhobene Klage der Klägerin, mit der sie ihr
Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht Berlin hat Befundberichte bei den die Klägerin
behandelnden Ärzten – der Ärztin für Hals-, Nasen-. Ohrenheilkunde Dr. R, dem Arzt für
Lungen- und Bronchialheilkunde S, den Orthopäden Dr. L und Dr. I. G sowie den Ärzten
für Innere Medizin Dr. T und H – eingeholt. Weiter hat es ein für die Arbeitsverwaltung am
26. Februar 2004 nach Aktenlage erstelltes Gutachten der Arbeitsamtsärztin K
beigezogen. Sodann hat es den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. B mit der
Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Dieser hat unter dem 27.
April 2005 bei der Klägerin ein Appendix-Carzinom, Zustand nach Hemikolektomie
rechts, eine somatisierte Depression, Panikattacken, ein degeneratives Zervikal- und
Lumbalsyndrom mit Überlastungsbeschwerden ohne wesentliche Funktionseinbuße,
Arthralgien (speziell Schulter- und Kniegelenke) mit mäßiger Bewegungseinschränkung,
eine Endoprothesenlockerung linkes Daumensattelgelenk, eine Rezidivvarikose beidseits
sowie einen Zustand nach tiefer Thrombose rechts ohne wesentliche chronisch-venöse
Insuffizienz, eine allergisch-obstruktive Bronchitis (therapeutisch gut reversibel), ein
metabolisches Syndrom (Diabetes mellitus, Hypertonus, Hyperlipidämie, Fettleber) bei
Adipositas, eine substituierte Hypothyreose sowie einen hyperaziden Reizmagen
festgestellt. Weiter ist er davon ausgegangen, dass die Klägerin trotz dieser
gesundheitlichen Beeinträchtigungen über ein zwar qualitativ eingeschränktes, jedoch
für eine täglich vollschichtige Belastung ausreichendes Leistungsvermögen verfüge. Sie
sei in der Lage, leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Ausschluss von
Tätigkeiten in Zwangshaltungen (insbesondere Bücken, Hocken, Knien,
Überkopfarbeiten), nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne regelmäßiges Tragen und
Heben von Lasten von mehr als 5 kg Gewicht zu verrichten. Dabei könne es sich um
Arbeiten handeln, die unter mäßigem Zeitdruck oder in festgelegtem Arbeitsrhythmus
an langsam laufenden Maschinen zu erbringen seien. Wechsel- und Nachtschichten
sowie Arbeiten unter stärkerem Einfluss von Hitze, Kälte, Staub oder Feuchtigkeit seien
indes ungünstig. Mit Urteil vom 14. September 2005 hat das Sozialgericht Berlin die
Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat
es ausgeführt, dass die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei. Vielmehr sei nach dem
Ergebnis der medizinischen Ermittlungen – und insoweit insbesondere dem Gutachten
des Sachverständigen Dr. B - davon auszugehen, dass die Klägerin noch über ein
mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen verfüge. Auch habe die
Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit. Denn aus ihrem bisherigen Beruf als Reinigungskraft sei sie auf alle
ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, von denen sie
zumindest körperlich leichte bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch verrichten
könne.
Gegen dieses ihr am 04. Oktober 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.
November 2005 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie geltend gemacht hat,
dass sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. Zum Beweis hat sie
Atteste der Handchirurgen Dres. L und F sowie des Arztes für Haut- und
Geschlechtskrankheiten Dr. Rund das Ergebnis einer MRT-Untersuchung des rechten
Kniegelenks vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 2005 und den Bescheid
der Beklagten vom 07. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.
April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ausgehend von einem im
März 2003 eingetretenen Versicherungsfall eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen
teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die eingeholten Befundberichte
und Gutachten sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die
Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und
Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
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Der Senat konnte nach erfolgter vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung
durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz –
SGG -).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil bewertet
die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 07. Januar 2004
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2004 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung nimmt der Senat nach
eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das
Sozialgericht Berlin hat unter Zugrundelegung der einschlägigen Vorschriften den
Sachverhalt überzeugend herausgearbeitet und gewürdigt. Anlass zu Ergänzungen sieht
der Senat nicht. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren zwei ärztliche Atteste und die
Auswertung einer MRT-Untersuchung des Knies vorgelegt hat, rechtfertigt dies weder
eine andere Entscheidung noch weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen. Die
Ärzte bescheinigen der Klägerin dort das Vorliegen behandlungsbedürftiger
Erkrankungen, nicht aber einer Erwerbsminderung. Im Übrigen haben die jeweils
genannten Diagnosen keinen Einfluss auf den zeitlichen Umfang des
Leistungsvermögens der Klägerin, sondern können dieses allenfalls weiter qualitativ
leicht einschränken. Der Senat hat daher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der
Gesundheitszustand der Klägerin und insbesondere ihr Restleistungsvermögen bislang
fehlerhaft eingeschätzt worden sein könnte.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der
Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1
und 2 SGG nicht vorliegt.
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