Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.11.2006

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 6 B 102/07 AL
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 84 Abs 1 SGG, § 84 Abs 2
SGG, § 88 Abs 2 SGG, § 193 Abs
1 S 3 SGG
Untätigkeitsklage; Beginn der Wartefrist des § 88 Abs. 2 SGG;
zuständiger Widerspruchsadressat; nachträgliche Zulässigkeit
der Untätigkeitsklage; Untätigkeit; Kosten nach Erledigung der
Untätigkeitsklage
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29.
November 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat es das Sozialgericht (SG)
Berlin abgelehnt, der Beklagten die Kosten der von der Klägerin erhobenen
Untätigkeitsklage nach deren Erledigung aufzuerlegen.
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht auf Antrag
durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu
erstatten haben, wenn das Verfahren – so wie hier – anders als durch Urteil beendet
wird. Dabei wird über die Kostenerstattung nach sachgemäßem Ermessen entschieden
(BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 2 mwN).
Grundsätzlich gilt bei Erledigung einer Untätigkeitsklage, dass die Beklagte die
außergerichtlichen Kosten des Klägers erstattet, sofern die Klage nach den in § 88 SGG
genannten Sperrfristen erhoben wurde. Dies gilt, weil der Kläger mit einer
Bescheiderteilung vor dem gesetzlichen Fristablauf rechnen darf, sofern nicht die
Beklagte einen zureichenden Grund für die Untätigkeit hat und diesen Grund dem Kläger
mitgeteilt hatte oder er ihm bekannt ist (Meyer-Ladewig/Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer SGG RdNr 13c zu § 193 mwN). Ein solcher Fall ist hier indes nicht
gegeben.
Vielmehr war die Klage zum Zeitpunkt ihrer Erhebung (am 22. Juli 2005) noch nicht
zulässig, da die im vorliegenden Fall einschlägige Wartefrist des § 88 Abs. 2 SGG (drei
Monate nach Einlegung des Widerspruchs) noch gar nicht in Lauf gesetzt worden war.
Denn ein Widerspruchsverfahren gegen den nach erfolgreichem Widerspruchsverfahren
im Verfahren auf Gleichstellung (§ 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) erlassenen
Kostenfestsetzungsbescheid der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten
vom 24. Februar 2005 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht anhängig. Dies hätte
erfordert, dass bis dahin ein Widerspruch bei dieser Stelle der Beklagten eingegangen
wäre, denn gemäß § 84 Abs. 1 SGG ist zuständiger Adressat des Widerspruchs die
Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Dies war jedoch unstreitig nicht der Fall. Ob
die Klägerin - wie von ihr behauptet - am 01. März 2005 Widerspruch bei der
Arbeitsagentur Berlin Mitte der Beklagten erhoben hat, ist für die Frage, ob ein
Widerspruchsverfahren anhängig geworden ist und damit die Wartefrist in Lauf gesetzt
worden ist, ohne Bedeutung. Denn ohne Weiterleitung an den zuständigen
Widerspruchsadressaten - hier die bezeichnete Regionaldirektion der Beklagten - ist ein
Widerspruch noch nicht wirksam erhoben (§ 84 Abs. 2 SGG; vgl. auch Binder in
Handkommentar zum SGG 2. Auflage RdNr 13 zu § 84).
Auch der Umstand, dass die Untätigkeitsklage dadurch zulässig geworden ist, dass die
Beklagte im Zuge der Klage am 14. September 2005 eine Kopie des
Widerspruchsschreibens vom 01. März 2005 erhalten hat, die dem klägerischen
Schriftsatz vom 02. September 2005 als Anlage beigefügt war, und der Widerspruch von
der Beklagten ausgehend von diesem Zeitpunkt nicht innerhalb der dreimonatigen
Wartefrist des § 88 Abs. 2 SGG beschieden worden ist, sondern erst nach deren Ablauf
durch den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006, rechtfertigt nicht,
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durch den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006, rechtfertigt nicht,
die Beklagte (teilweise) mit den Kosten der Untätigkeitsklage zu belasten. Denn die
Beklagte war bis dahin nicht etwa untätig, sondern hat, wovon sie die Klägerin auch mit
Schriftsatz vom 15. September 2005 unterrichtet hatte, zunächst geprüft, ob der
Widerspruch bei einer anderen Dienststelle der Beklagten, insbesondere der
Arbeitsagentur Berlin Mitte, eingegangen ist, um der Klägerin sodann mit Schriftsatz
vom 28. November 2005 das Ergebnis ihrer Ermittlungen mitzuteilen. Dass sie dann
nach Zuleitung ihrer Aktenvorgänge am 20. Dezember 2005 noch knapp einen Monat
brauchte, um den Widerspruch der Klägerin in der Sache zu bescheiden, nachdem sie ihr
zuvor Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hatte, ist nicht zu beanstanden.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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