Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.04.2006

LSG Berlin-Brandenburg: verweigerung, unparteilichkeit, befangenheit, link, quelle, sammlung, wartepflicht, anschluss, willkür, zivilprozessordnung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 1 SF 34/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 60 SGG, § 42 Abs 2 ZPO
Befangenheit des Richters bei verweigerter Terminsverlegung
Tenor
Das Gesuch der Klägerin, die Richterin am Sozialgericht wegen Besorgnis der
Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)
kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund
vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Gründe für ein solches Misstrauen sind nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn
ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus, jedoch bei vernünftiger
objektiver Betrachtung, Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu
zweifeln. Es müssen Anhaltspunkte für eine unsachliche Einstellung oder für Willkür des
Richters vorliegen. Hingegen ist ein Ablehnungsantrag kein geeignetes Mittel, sich gegen
unrichtige oder für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren. Im
Falle der Verweigerung einer Terminsverlegung wird in der Rechtsprechung im Anschluss
an diese Grundsätze insbesondere dann von einem rechtsmissbräuchlichen
Ablehnungsantrag ausgegangen, wenn die Verweigerung einer Terminsverlegung -
selbst wenn sie zu Unrecht erfolgt sein mochte - zum Anlass genommen wird, durch
Anbringung eines Ablehnungsgesuchs in letzter Minute eine Terminsverlegung zu
erzwingen (vgl. etwa LSG Schleswig, Beschluss vom 28.12.2001 - L 3 SF 25/01 SAB; OLG
Brandenburg, FamRZ 2002, 1042; OLG Naumburg, NJW-RR 2002, 502; OLG Köln, OLGR
2003, 107).
Es spricht hier einiges dafür, das Ablehnungsgesuch danach als rechtsmissbräuchlich
und damit unzulässig anzusehen. Denn der Beschluss vom 8. Februar 2006 über die
Zurückweisung des Terminsverlegungsantrages vom 7. Februar 2006 ist beim
Bevollmächtigten der Klägerin am 13. Februar 2006 eingegangen. Es hätte damit für sie
durchaus die Möglichkeit bestanden, nochmals unter Schilderung der Besonderheiten im
Einzelfall (wie dies erst im Ablehnungsgesuch, nicht schon im Vertagungsantrag
geschehen ist) eine Verlegung des Termins zu erreichen oder auch ein
Ablehnungsgesuch sofort nach Bekanntwerden des behaupteten Ablehnungsgrundes zu
stellen. Das Ablehnungsgesuch ist jedoch erst am 27. Februar 2006 um 16.23 Uhr per
Telefax dem Gericht übermittelt worden, so dass die Klägerin davon ausgehen durfte,
dass eine Entscheidung über dieses Gesuch vor dem Termin nicht mehr herbeigeführt
werden konnte und im Hinblick auf die eingetretene Wartepflicht (vgl. § 46 ZPO) der
Termin am 28. Februar 2006 um 9.15 Uhr aufzuheben war. Dies allein scheint angesichts
des zeitlichen Ablaufs Ziel des Gesuchs gewesen zu sein.
Jedenfalls ist das Ablehnungsgesuch unbegründet. Die Verweigerung einer beantragten
Terminsverlegung stellt nur dann einen zur Ablehnung berechtigenden Grund dar, der
geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, wenn
die Gründe für den Antrag erheblich sind und mit der Verweigerung eine augenfällige
Ungleichbehandlung der Prozessbeteiligten zum Ausdruck kommt. Ein solcher
Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Richterin hat ihre Entscheidung im Hinblick auf die
über zweijährige Verfahrensdauer und unter Bezugnahme auf Literaturhinweise
ausführlich begründet. Die Entscheidung stellt sich damit nicht als Ausdruck einer
willkürlichen und unsachlichen Einstellung gegenüber der Klägerin dar, zumal für diese
vor dem anberaumtem Termin ausreichend Zeit bestand, sich auf die veränderte
Situation einzustellen. Die Verletzung rechtlichen Gehörs, die nach alledem allein im
Raume stand, kann sie aus den oben dargestellten Gründen nur in der
Berufungsinstanz, nicht in einem Ablehnungsverfahren rügen.
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Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).
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