Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.03.2005

LSG Berlin-Brandenburg: wissenschaftliche forschung, gleichbehandlung im unrecht, ddr, produktion, zugehörigkeit, rationalisierung, industrie, verordnung, rechtskräftiges urteil, statut

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 8.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 8 R 872/10 WA
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 5 AAÜG
Betriebliche Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zur
zusätzlichen Altersversorgung der technischen bzw.
wissenschaftlichen Intelligenz; VEB RAKO
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2005
wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu
erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist nur noch streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die
Klägerin weitere Zeiten der Zugehörigkeit zu einem der in der Anlage 1 zum Gesetz zur
Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG) genannten
Zusatzversorgungssysteme und die während dieser Zeiten tatsächlich erzielten
Arbeitsentgelte festzustellen.
Die 1950 geborene Klägerin hat ihr Berufsleben bis zum 02. Oktober 1990 in der DDR
zurückgelegt. Nach einem Studium an der Technischen Hochschule K-M-S in der
Fachstudienrichtung Textil- und Bekleidungstechnik erwarb sie am 26. Februar 1973 die
Berechtigung zur Führung des Titels „Hochschulingenieur“. Vom 15. März 1973 bis zum
31. Dezember 1984 arbeitete sie als Ingenieurin für Forschung und Entwicklung, als
wissenschaftliche Mitarbeiterin und als themenverantwortliche Mitarbeiterin beim VEB
Rationalisierung Konfektion (VEB RAKO), vom 01. Januar 1985 bis zum 31. Dezember
1989 war sie als themenverantwortliche Mitarbeiterin und seit dem 01. Januar 1990 bis
zum 30. Juni 1990 als Leiterin des Büros des Direktors des Forschungszentrums beim
VEB Herrenbekleidung Fortschritt – Stammbetrieb des VEB Oberbekleidung Berlin –
versicherungspflichtig beschäftigt. Eine konkrete Versorgungszusage hat sie zu Zeiten
der DDR nicht erhalten. Seit dem 01. Februar 1982 war sie Mitglied der Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR).
Im Januar 2001 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Überführung von
Zusatzversorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 19. April 2002 stellte die Beklagte
die Beschäftigungszeit der Klägerin vom 01. Januar 1985 bis zum 30. Juni 1990 als
nachgewiesene Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der
zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem
Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG – AVItech) fest. Für die vorherige Zeit lehnte sie eine
entsprechende Feststellung ab, weil die Beschäftigung beim VEB RAKO nicht in einem
volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt worden sei.
Zur Begründung ihres dagegen gerichteten Widerspruches trug die Klägerin u.a. vor,
dass sie vom 15. März 1973 bis zum 30. Juni 1990 durchgehend (mit Ausnahme einer
Zeit der Freistellung vom 03. Juli bis 25. September 1977 wegen der Geburt eines
Kindes) im Forschungszentrum der Bekleidungsindustrie der DDR, also in einer
wissenschaftlich-technischen Einrichtung entsprechend Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG,
gearbeitet habe. Das wissenschaftlich-technische Zentrum der Bekleidungsindustrie
(WTZ) sei ab 1973 als VEB RAKO ein eigenständiger volkseigener Betrieb gewesen und
ab dem 01. Januar 1985 als eigenständige Struktureinheit („Zentrum für Forschung und
Technik“ [ZFT] bzw „Zentrum für Forschung und Rationalisierung“ [ZFR]) in den
Stammbetrieb des VEB Kombinat Oberbekleidung Berlin, den VEB Herrenbekleidung
Fortschritt, eingegliedert worden. Für ihre 17jährige Berufstätigkeit als Angehörige der
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Fortschritt, eingegliedert worden. Für ihre 17jährige Berufstätigkeit als Angehörige der
technischen Intelligenz treffe ihres Erachtens sowohl die AVItech als auch das
Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG (Altersversorgung der
Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen
Einrichtungen der DDR – AVIwiss) zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2003 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück und führte zur Begründung u.a. aus, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum in
einem Rationalisierungs- und Projektierungsbetrieb beschäftigt gewesen sei. Diese
hätten jedoch nach der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die
zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen
gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) nicht zu den volkseigenen Produktionsbetrieben
gezählt. Sie seien diesen auch nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 der genannten
Durchführungsbestimmung gleichgestellt gewesen.
Mit ihrer am 16. Januar 2004 beim Sozialgericht Berlin – SG – eingegangenen Klage hat
die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat u.a. vorgetragen, dass das ursprünglich
beim VEB RAKO geschlossene Arbeitsverhältnis vollumfänglich vom VEB
Herrenbekleidung Fortschritt übernommen worden sei, einschließlich der Anerkennung
der Betriebszugehörigkeit zum VEB Herrenbekleidung Fortschritt. Da die Beklagte ab 01.
Januar 1985 Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech anerkannt habe, sei offenbar
unstreitig, dass es sich beim VEB Herrenbekleidung Fortschritt um einen
Produktionsbetrieb gehandelt habe. Dies müsse dann auch für die noch streitige Zeit
gelten. Im Übrigen sei auch ihr Einstellungsbetrieb, der VEB RAKO, ein volkseigener
Produktionsbetrieb der Industrie gewesen, denn neben den Forschungs- und
Entwicklungsaufgaben habe der Betrieb so genannte Rationalisierungsgüter industriell
hergestellt, d.h. Zubehörteile und technische Zusatzeinrichtungen für Maschinen und
Produktionslinien der Bekleidungsindustrie, die die Produktion hätten effizienter
gestalten sollen. Unabhängig davon sei ihre Tätigkeit zumindest in einem den
Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieb erfolgt, denn der VEB RAKO sei im
Wesentlichen mit der Grundlagenforschung, Maschinenentwicklung,
Maschinenkonstruktion und –testung wie auch der Testung von Textilien und Stoffen auf
ihre Verwertbarkeit in der Bekleidungsindustrie befasst gewesen. Die industrielle
Bekleidungsproduktion habe letztlich auf der Tätigkeit des VEB RAKO basiert. Nach ihrer
Kenntnis sei bei einigen ihrer ehemaligen Kollegen aus dem VEB RAKO die Zugehörigkeit
für die entsprechende Zeit zu einem Zusatzversorgungssystem von der Beklagten
anerkannt worden. Ihre späteren Aufgaben als Leiterin des Büros des Direktors hätten
u.a. in der fachlich-inhaltlichen Vorbereitung von Beratungen zu wissenschaftlich-
technischen Themenstellungen im Allgemeinen sowie der Verhandlungen zur
Wissenschaftskooperation mit ausländischen Firmen auf dem Gebiet der technisch-
technologischen Forschung und Entwicklung zu ausgewählten Prozessstufen der
Bekleidungsindustrie bestanden, wofür ihr Sachverstand als Ingenieurin erforderlich
gewesen sei. Des Weiteren sei sie mit der Prüfung von Verträgen auf technologische
Schlüssigkeit befasst gewesen und habe auch Neuerervorschläge (Erfindungen) prüfen
müssen. Auch hierin liege ein Kernbereich von Ingenieurtätigkeiten.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Feststellung weiterer Zeiten der Zugehörigkeit
zur AVI tech ausgeschlossen sei, da schon die Voraussetzungen für die Anwendung des
AAÜG nicht erfüllt seien. Die im Bescheid vom 19. April 2002 getroffenen Feststellungen
beruhten auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung und hätten nur im Rahmen des
Vertrauensschutzes Bestand. Eine Verpflichtung, darüber hinausgehende Feststellungen
zu treffen, bestehe nicht. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 AAÜG
sei nicht entstanden. Die Klägerin sei am maßgebenden Stichtag des 30. Juni 1990 als
Leiterin des Büros des Betriebsdirektors beschäftigt gewesen. Als solche sei sie nicht
ingenieur-technisch tätig gewesen und habe keinen unmittelbaren Einfluss auf den
Produktionsprozess gehabt. Bezüglich des VEB RAKO hat die Beklagte darauf verwiesen,
dass es sich um einen Rationalisierungsbetrieb gehandelt habe, eine industrielle
Produktion habe ihm nicht das Gepräge gegeben. Er sei im statistischen Betriebsregister
der DDR der Wirtschaftsgruppe 62280 (Ingenieurbüros für Rationalisierung) zugeordnet
gewesen.
Das SG hat vom Amtgericht Berlin-Charlottenburg einen Auszug aus dem Register der
volkseigenen Wirtschaft betreffend dem VEB RAKO sowie das Statut des Betriebes vom
23. Dezember 1971 beigezogen.
Mit Urteil vom 18. März 2005 hat das SG die angefochtenen Bescheide insoweit
geändert, als es die Beklagte verpflichtet hat, festzustellen, dass das AAÜG auf die
Klägerin anwendbar sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es
im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und teilweise begründet. Das AAÜG
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im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und teilweise begründet. Das AAÜG
sei auf die Klägerin anwendbar, sodass die Beklagte verpflichtet sei, dies festzustellen,
nicht jedoch weitere Zeiten und Entgelte.
Die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem
erfolge durch die Beklagte als Versorgungsträger in einem dem
Rentenfeststellungsverfahren vorgelagerten Verfahren nach § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1
und Abs. 4 AAÜG. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG für dessen
Anwendbarkeit seien erfüllt, denn die Klägerin habe aus bundesrechtlicher Sicht bei
Inkrafttreten des AAÜG am 01. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft gehabt.
Diese ergebe sich nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteil vom 23. Juni
1998 – B 4 RA 61/97 R –) in ihrem Fall daraus, dass sie noch am 30. Juni 1990 eine
Beschäftigung ausgeübt habe, die ihrer Art nach abstrakt-generell zu den
Beschäftigungen gehört habe, für die die AVItech errichtet worden sei. Nach § 1 der
Verordnung über die zusätzliche Altersversicherung der technischen Intelligenz in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950
(GBl. I Nr. 93 S. 844) i.V.m. den Vorschriften der 2. DB zur AVItech sei die Einbeziehung
in dieses Versorgungssystem nur für Personen vorgesehen, die
Die Klägerin gehöre als Hochschulingenieur zu den Personen, die aufgrund ihrer
beruflichen Qualifikation zwingend in die AVItech einzubeziehen gewesen seien und habe
am 30. Juni 1990 – unstreitig – in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie,
nämlich dem VEB Herrenbekleidung Fortschritt, gearbeitet. Bei ihr lägen entgegen der
Auffassung der Beklagten aber auch die „sachlichen Voraussetzungen“ vor, denn sie
habe als Leiterin des Büros des Betriebsdirektors eine Tätigkeit verrichtet, bei der sie auf
ihren durch die Ingenieurausbildung erworbenen technischen Sachverstand habe
zurückgreifen müssen, was das SG näher begründet hat.
Die Klägerin habe jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Feststellung
weiterer Zeiten und Entgelte, denn im Zeitraum vom 15. März 1973 bis zum 31.
Dezember 1984 seien die Voraussetzungen für eine Anerkennung gemäß § 5 AAÜG
nicht sämtlich erfüllt. Für die Zeit ihrer Beschäftigung beim VEB RAKO fehle es an der
betrieblichen Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Dieser Betrieb sei kein
volkseigener Betrieb der Industrie oder des Baugewerbes gewesen und auch kein
gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung. Notwendiges Merkmals eines
Produktionsbetriebes sei, dass sein Hauptzweck in der industriellen Fertigung,
Herstellung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern bestanden habe; die
industrielle Produktion habe dem Betrieb „das Gepräge gegeben“ haben müssen
(Hinweis auf BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R -). Das sei beim VEB RAKO
nicht der Fall gewesen, wie sich aus dem Vortrag der Klägerin selbst ergebe. Zwar seien
dort u.a. Rationalisierungsmittel und Prototypen hergestellt worden, der
Aufgabenschwerpunkt des Betriebes habe jedoch in der Rationalisierung bzw. Forschung
und Entwicklung neuartiger Herstellungsprinzipien gelegen. Die klägerischen Angaben
fänden ihre Bestätigung in § 3 des am 01. Januar 1972 in Kraft getretenen Statuts des
VEB RAKO, in dem die Hauptaufgaben im Einzelnen niedergelegt worden seien, was das
SG näher ausgeführt hat.
Der VEB RAKO habe aber auch nicht zu den nach § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech
den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Einrichtungen gezählt, denn er
unterfalle keiner der dort aufgezählten Einrichtungen, insbesondere sei er nicht als
Forschungsinstitut im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Diese betreffe
selbständige Einrichtungen der Wirtschaft, die nicht Produktionsbetriebe gewesen seien
und deren Hauptaufgabe die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche)
Forschung und Entwicklung gewesen sei (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA
40/04 R -). Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin habe der VEB RAKO – „wie der
Name schon sagt“ – jedoch hauptsächlich Rationalisierungsaufgaben wahrgenommen
und im Rahmen dieses Hauptzwecks auch Forschungsaufgaben erledigt sowie neuartige
Stoffe und Maschinen entwickelt. Nach der Anordnung über die Aufgaben, die
Arbeitsweise und die Finanzierung der volkseigenen Betriebe für Rationalisierung, der
volkseigenen Ingenieurbüros für Rationalisierung und der volkseigenen Organisations-
und Rechenzentren der Wirtschaftsräte der Bezirke (RationalisierungsAO) vom 29. März
1973 (GBl. 1973, Teil 1, S. 152) hätten Rationalisierungsbetriebe auf vertraglicher Basis
Dienstleistungen zur Verfügung gestellt. Sie hätten andere Betriebe bei der
Durchführung der sozialistischen Rationalisierung unterstützt und Maßnahmen zur
Rationalisierung und zur Steigerung der Arbeitsproduktivität sowie zur Senkung der
Kosten und zur Sicherung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung
vorgeschlagen. Die RationalisierungsAO sei, sofern – wie hier – keine gegenteiligen
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vorgeschlagen. Die RationalisierungsAO sei, sofern – wie hier – keine gegenteiligen
Anhaltspunkte vorlägen, faktischer Anknüpfungspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob
in der DDR nach dem Stand der Versorgungsordnungen eine Beschäftigung ihrer Art
nach in einem Betrieb ausgeübt worden sei, der von der AVItech erfasst gewesen sei
(BSG, Urteil vom 27. April 2005 – B 4 RA 8/04 R -). Vor diesem Hintergrund und unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass in § 3 des Statuts des VEB RAKO sowohl
Forschungs- und Entwicklungsaufgaben als auch Rationalisierungsaufgaben aufgeführt
seien, habe das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der betriebliche
Hauptzweck des Betriebes in der zweck- und betriebsbezogenen wissenschaftlichen
Forschung und Entwicklung gelegen habe.
Eine fiktive Einbeziehung in die AVIwiss scheide ebenfalls aus, weil die Klägerin im
streitigen Zeitraum nicht bei einer der in der maßgeblichen Versorgungsordnung
genannten Beschäftigungsstellen gearbeitet habe. Dies sei die Verordnung über die
Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen
und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951(GBl. 1951, S. 675 [VO-
AVIwiss]). Gemäß § 1 VO-AVIwiss sei dieses Zusatzversorgungssystem eingerichtet
worden für die Intelligenz an den wissenschaftlichen, medizinischen, pädagogischen und
künstlerischen Einrichtungen der DDR. Gemäß § 6 VO-AVIwiss hätten hierzu
wissenschaftliche und künstlerische Akademien, Universitäten und Hochschulen,
Forschungsinstitute, wissenschaftliche und künstlerische Bibliotheken,
Kunstsammlungen und Museen und ihnen entsprechende künstlerisch-wissenschaftliche
Einrichtungen, öffentliche Theater- und Kulturorchester, künstlerische Einrichtungen des
Films und des Rundfunks in der DDR, alle Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und
Erziehungswesens und alle Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens gezählt.
Aufgeführt seien somit nur selbständige staatliche wissenschaftliche Einrichtungen. Die
Klägerin sei im streitigen Zeitraum jedoch bei einem VEB beschäftigt gewesen. Diese
zählten aber auch dann nicht zu den in § 2 Buchstabe a und § 6 VO-AVIwiss aufgeführten
„wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR“, wenn sie über wissenschaftliche
Forschungseinrichtungen bzw. –abteilungen verfügt hätten und seien somit keine in der
VO-AVwiss genannte Beschäftigungsstelle, insbesondere kein Forschungsinstitut im
Sinne des § 6 VO-AVIwiss gewesen (BSG, Urteile vom 10. April 2001 - B 4 RA 56/01 R -
und vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 40/04 R -).
Das BSG habe mehrfach entschieden, dass die Gerichte an den Wortlaut der
Versorgungsordnungen zwingend gebunden seien und es ihnen verwehrt sei, weitere
Fallgruppen „gleichgestellter Betriebe“ zu entwickeln (vgl. nur BSG, Urteil vom 09. April
2002 – B 4 RA 42/01 R -). Dies sei auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu
beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. August 2004 - 1 BvR 1557/01 -).
Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die
Beklagte angeblich in gleichgelagerten Fällen die Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem anerkannt habe, denn es gebe keine Gleichbehandlung im
Unrecht.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 09. April 2005 zugestellte Urteil richtet
sich die am 03. Mai 2005 eingelegt Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren
weiterverfolgt und zur Begründung im Wesentlichen vorträgt: Es bestehe Einigkeit
darüber, dass der VEB RAKO in der Zeit von 1973 bis 1985 kein Produktionsbetrieb der
Industrie gewesen sei. Er sei aber einem solchen gleichgestellt gewesen, da es sich im
Wesentlichen um einen Forschungs- und Konstruktionsbetrieb gehandelt habe, der
Zuarbeiten für die volkseigene Industrieproduktion der Bekleidungsherstellung geleistet
habe. Die erstinstanzlich unvollständig dargelegten Aufgaben von
Rationalisierungsbetrieben schlössen den Schwerpunkt von Forschung und Konstruktion
ein. Die Erarbeitung von Unterlagen zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung
habe eine Bedarfsanalyse enthalten, sodann die Erarbeitung von Aufgabenstellungen
zur Entwicklung der materiell-technischen Basis, um die Zielstellung der
bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung zu erreichen, und schließlich die
eigentliche Forschungs- und Konstruktionstätigkeit zur Entwicklung neuer Verfahren und
Maschinen und der Organisation technischer Abläufe zur Erhöhung des
Produktionsausstoßes bei möglichst geringen Kosten. All dieses seien
Forschungsaufgaben gewesen, da sie wissenschaftliche Analysen beinhaltet hätten. Der
VEB RAKO sei der Leitbetrieb für Wissenschaft und Technik des VEB Kombinates
Oberbekleidung Berlin gewesen. Er sei in fünf Fachdirektionsbereiche mit ca 290
Mitarbeitern gegliedert gewesen, von denen ca 100 im Bereich Forschung und
Entwicklung tätig gewesen seien. Letztlich habe die Aufgabe aller Abteilungen darin
bestanden, Möglichkeiten zu erforschen, wie die Rationalisierungsmittel und die
industrielle Produktion mit möglichst geringem Material- und Kraftaufwand gestaltet
werden könne. Hierzu hat die Klägerin verschiedene Forschungs- und
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werden könne. Hierzu hat die Klägerin verschiedene Forschungs- und
Entwicklungsthemen aufgelistet, an den der VEB RAKO in den 1970er Jahren gearbeitet
habe. Ferner hat sie einen Auszug aus dem Leitartikel der Festschrift des VEB RAKO „18
Jahre wissenschaftlich-technische Arbeit“ (Berlin 1974) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2005 und den Bescheid der
Beklagten vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.
Dezember 2003 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 15. März 1973
bis zum 31. Dezember 1984 als weitere Zeit der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG und ihre in dieser Zeit tatsächlich
erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte, die die ihrerseits eingelegte Berufung im Hinblick auf die am 15. Juni 2010
ergangenen Urteile des BSG (- B 13 RS 2/08 R - u.a.) zurückgenommen hat, beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass das AAÜG zwar auf die Klägerin anwendbar sei, es sich beim
VEB RAKO aber weder um einen Produktions- noch um einen Forschungsbetrieb,
sondern um einen Rationalisierungsbetrieb gehandelt habe, dessen Hauptzweck, im
heutigen Sinne, eine Unternehmensberatung gewesen sei.
Das Gericht hat aus dem Verfahren des SG Berlin – S 9 RA 6328/03*16 die Anlage 1 zur
Sitzungsniederschrift vom 21. Juni 2005 beigezogen, die die Zeugenaussage des
ehemaligen Betriebsdirektors des VEB RAKO W B im Zeitraum 1979 bis 1984 wiedergibt.
Auf Bl. 117 der Gerichtsakte wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen
Inhalt der Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte
(Versicherungsnummer ) die zur Beratung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Senat ohne mündliche Verhandlung
entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die nur noch anhängige Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung des noch streitigen Zeitraumes vom 15. März
1973 bis zum 31. Dezember 1984 als solchen der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten
Arbeitsentgelte.
In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5
des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des
Rentenverfahrens durchzuführen ist, ist die Beklagte nur dann zu den von der Klägerin
begehrten weiteren Feststellungen verpflichtet, wenn diese dem persönlichen
Anwendungsbereich des AAÜG nach dessen § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu
bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob und inwieweit sie
Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem
zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG). Nachdem die Beklagte die ihrerseits eingelegte Berufung
zurückgenommen hat, ist das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der ihr gegenüber
ausgesprochenen Verpflichtung, die Anwendbarkeit des AAÜG auf die Klägerin
festzustellen, rechtskräftig geworden. Im noch streitigen Zeitraum liegen jedoch die
weiteren Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrten Feststellungen nicht
sämtlich vor.
Da eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVItech bis zum 30. Juni
1990 nicht erfolgt ist, kommt eine Anerkennung von weiteren Beschäftigungszeiten nur
in Betracht, wenn die Tätigkeit der Klägerin beim VEB RAKO vom 15. März 1973 bis zum
31. Dezember 1984 die Voraussetzungen der VO-AVItech sowie der 2. DB erfüllt, die im
erstinstanzlichen Urteil unter a) bis c)zutreffend aufgeführt sind.
Bei der Beschäftigung der Klägerin in diesem Zeitraum mangelt es an der unter c)
genannten betrieblichen Voraussetzung. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat und wie
nunmehr auch die Klägerin einräumt, handelte es sich beim VEB RAKO, dem insoweit
maßgebenden Beschäftigungsbetrieb der Klägerin, nicht um einen volkseigenen
Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Der verfolgte Hauptzweck des
VEB RAKO war nicht prägend auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende)
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VEB RAKO war nicht prägend auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende)
Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die
Errichtung in Massenproduktion von baulichen Anlagen ausgerichtet. Dies ergibt sich aus
der Aufgabenstellung für den VEB RAKO laut dem maßgebenden Statut und den eigenen
Angaben der Klägerin sowie der im Berufungsverfahren eingeführten Zeugenaussage
des ehemaligen Betriebsdirektors B.
Es handelte sich beim VEB RAKO aber auch nicht um einen den volkseigenen
Produktionsbetrieben (der Industrie und des Bauwesens) gleichgestellten Betrieb im
Sinne von § 1 VO-AVItech.
Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde in der 2. DB getroffen (§ 5
VO-AVItech). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den VEB gleichgestellt: Wissenschaftliche
Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros;
technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen;
Bergakademie und Bergschulen; Schule, Institute und Betriebe der Eisenbahn,
Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und
volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen
volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.
Der VEB RAKO kann entgegen der Auffassung der Klägerin unter keine dieser
Betriebsgruppen gefasst werden (vgl. ebenso rechtskräftiges Urteil des LSG Berlin-
Brandenburg vom 17. März 2009in dem ähnlich gelagerten Verfahren – L 3 R 150/06 R
–).
Es handelte sich nicht um ein wissenschaftliches Institut bzw. ein Forschungsinstitut i. S.
von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein
Forschungsinstitut eine Forschung betreibende Einrichtung, wobei unter Forschung die
planmäßige und zielgerichtete Suche nach neuen Erkenntnissen in einem bestimmten
Wissensgebiet verstanden wird. Bei der Auslegung des Begriffs Forschungsinstitut i. S. d.
§ 1 Abs. 2 der 2. DB sind jedoch ebenso wie bei der Auslegung des Begriffs
Forschungsinstitut i. S. des § 6 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz
an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen
der DDR (vom 12. Juli 1951 [VO-AVIwiss]) als faktische Anknüpfungspunkte die jeweiligen
Besonderheiten in der DDR zu beachten. In der DDR wurde zwischen (staatlicher)
Forschung an der Akademie der Wissenschaft und an den dem Ministerium für Hoch-
und Fachschulwesen unterstellten Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen
einerseits (vgl. die Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen
Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25.
Februar 1970 [GBl. II Seite 189]; Verordnung über die Leitung, Planung und Finanzierung
der Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an Universitäten und
Hochschulen [Forschungs-VO] vom 23. August 1972, [GBl. II Seite 589]) und der
Forschung an den Wirtschaftseinheiten andererseits unterschieden. Die Akademie der
Wissenschaften und die Hochschulen hatten die Aufgabe, „nach neuen Erkenntnissen
über bisher unbekannte objektive gesetzmäßige Zusammenhänge sowie nach neuen
Prozessen und Eigenschaften und ihre Nutzungsmöglichkeiten planmäßig zu forschen,
neue wissenschaftliche Methoden und Erfahrungen zu entwickeln und wissenschaftliche
Grundlagen für die Beherrschung technologischer Prozesse und Verfahren zu schaffen
sowie die wissenschaftlichen Grundlagen für die angewandte Forschung, die Entwicklung
und die Überleitung ihrer Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis ständig zu erweitern“
(§ 2 Abs. 2 Forschungs-VO). Die Klägerin macht selbst nicht geltend, derartige
Forschung an einer selbständigen staatlichen wissenschaftlichen Einrichtung betrieben
zu haben.
Von dieser staatlichen Forschung zu unterscheiden war die den Wirtschaftseinheiten
obliegende zweck- und betriebsbezogene Forschung und Entwicklung. Die Kombinate als
grundlegende Wirtschaftseinheiten in der materiellen Produktion verfügten auch über
wissenschaftlich-technische Kapazitäten (vgl. § 1 Abs. 1 Kombinats-VO). Sie hatten die
Verantwortung nicht nur für die bedarfsgerechte Produktion, sondern auch für die
Entwicklung neuer Erzeugnisse mit wissenschaftlich-technischem Höchststand und
waren verpflichtet, die wissenschaftlich-technische Arbeit konsequent auf die Leistungs-
und Effektivitätsentwicklung der Volkswirtschaft auszurichten (vgl. §§ 2, 34 Kombinats-VO
1979; dazu auch § 15 Abs. 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten
der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 [GBl. I Seite 129]
und §§ 1 Abs. 2, 8, 18, 19 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des
volkseigenen Produktionsbetriebes vom 09. Februar 1967 [GBl. II Seite 121]). Die
Kombinate konnten die Aufgaben der Forschung und Entwicklung entweder selbst
wahrnehmen oder auf Kombinatsbetriebe bzw. auf Betriebsteile von Kombinatsbetrieben
übertragen (§§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 Kombinats-VO 1979).
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Forschungsinstitute i. S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB, die durch diese Bestimmung
volkseigenen Produktionsbetrieben im Bereich der Industrie oder des Bauwesens
gleichgestellt waren, waren allein selbständige Einrichtungen der Wirtschaft, deren
Hauptzweck die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und
Entwicklung war. Auch Forschungsinstitute i. S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB mussten
rechtlich selbständige Wirtschaftseinheiten sein, nämlich Betriebe, bei denen zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis, also im Regelfall ein
Arbeitsverhältnis, bestand (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 20/03 R, in
SozR 4-8570 § 1 Nr. 2 RdNr. 31). Betrieblicher Hauptzweck (hierzu BSG, Urteil vom 18.
Dezember 2003, B 4 RA 18/03 R, in SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 RdNr. 18; BSG, Urteil vom 06.
Mai 2004, B 4 RA 52/03 R, zitiert nach juris, dort RdNr. 27 ff; BSG, Urteil vom 08. Juni
2004, B 4 RA 57/03, zitiert nach juris) dieser Einrichtungen der Wirtschaft musste die
zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung (und Entwicklung) gewesen
sein. Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Präambel der AVItech. In dieses
Versorgungssystem sollten grundsätzlich nur solche Personen einbezogen werden, die
für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig
waren, also diejenigen, die mit ihrer „technischen“ Qualifikation aktiv den
Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder bei der Produktion, förderten (vgl. BSG,
Urteil vom 31. März 2004, B 4 RA 31/03 R, zitiert nach juris). Zu den durch § 1 Abs. 2 der
2. DB als Forschungsinstitute gleichgestellten Betrieben gehörten demnach vor allem
volkseigene (Kombinats-)Betriebe, die nicht Produktionsbetriebe waren, aber deren
(Haupt)Aufgabe die Forschung und Entwicklung war.
Dass der VEB RAKO als tatsächlichen betrieblichen Hauptzweck die zweck- und
betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung verfolgte, vermochte der Senat indes
nicht festzustellen (ebenso das zitierte Urteil des 3. Senats des LSG Berlin-
Brandenburg). Es trifft zwar zu, dass der VEB RAKO sich – auch – der Forschung und
Entwicklung in der Konfektionsindustrie der DDR, u. a. der Entwicklung von Verfahren und
Maschinen und neuartiger Herstellungsprinzipien, gewidmet hat. Die zweck- und
betriebsbezogene Forschung stellte jedoch nur einen Teil der Gesamtaufgaben dar, wie
sich bereits aus dem Statut ergibt. Nach seinem Statut oblag dem VEB RAKO neben der
Forschung und Entwicklung u. a. auch die Überleitung in die Produktion. Dies umfasste
die Lösung von Aufgaben der sozialistischen Rationalisierung zur breiten Anwendung
einer effektiven Technologie und Produktionsorganisation, die Herstellung
zweigspezifischer Rationalisierungsmittel sowie die Koordinierungstätigkeit in Bezug auf
die Planung und Durchführung der Forschung und Entwicklung, der
Rationalisierungsaufgaben und des Rationalisierungsmittelbaues im Industriezweig
Konfektion. Hieraus lässt sich entnehmen, dass ein zumindest sehr wesentlicher Zweck
des Betriebs das Erarbeiten und Unterbreiten von Vorschlägen zur Rationalisierung
sowie deren Umsetzung war. Dies stellt sich aber nicht als Forschungstätigkeit dar,
sondern als Erbringen von Dienstleistungen zur Unterstützung von
Produktionsbetrieben.
Die im Berufungsverfahren eingeführte Aussage des Zeugen B bestätigt, dass der
Hauptzweck des VEB RAKO nicht in der Forschung gelegen hat. Der Zeuge hat den
Anteil der Forschungstätigkeit auf anfangs etwa 20 %, später sogar auf weniger
geschätzt. Seinen Angaben zufolge hätten etwa 70 Mitarbeiter von insgesamt 300
Mitarbeitern Geräte und Ersatzteile gebaut, die restlichen 230 Mitarbeiter seien in der
Erzeugnisentwicklung als Technologen und Konstrukteure tätig gewesen. Die
Technologen seien in die Betriebe gegangen und hätten dann auch die
Erzeugnisentwicklung mit umgesetzt. Entgegen der von der Klägerin offenbar
vertretenen Auffassung kann aus diesen Angaben nicht der Schluss gezogen werden,
dass die 230 nicht in der Produktion eingesetzten Mitarbeiter des VEB RAKO in der
Forschung tätig gewesen sind. Vielmehr verdeutlichen diese Zahlen nur das Verhältnis
der in der Produktion eingesetzten Mitarbeiter zu den in den anderen Tätigkeitsfeldern
des VEB RAKO eingesetzten Mitarbeitern. Die weiteren Angaben des Zeugen spiegeln in
etwa die Vielfältigkeit der Aufgaben des VEB RAKO – entsprechend der Aufgaben der
eingebrachten Betriebe – wider. Diese reichten vom Entwurf und der Herstellung von
Geräten und Ersatzteilen zur Beschleunigung der Produktion der Konfektion über den
Verkauf dieser Geräte bzw. vom Umbau vorhandener Geräte bis hin zur Durchführung
von Rationalisierungsmaßnahmen in Form von betrieblichen Analysen, dem Entwickeln
von Lösungen, Technologien und Verfahren, der Schaffung von Arbeitsstrukturen, dem
Aufbau von neuen Arbeitsorganisationen bzw. der Veränderung von bestehenden
Organisationen, der Durchführung von Schulungen etc. Der Zeuge hat dies als
„Transportlösungen“ bezeichnet, die das Ziel gehabt hätten, die Fertigungszeit in den
anderen Betrieben zu senken, und die als „Know how“ verkauft worden seien. Diese
Aufgaben stellen sich im Wesentlichen als betriebswirtschaftliche Leistungen und damit
als Dienstleistungen dar. Letztlich bestätigen die Angaben des Zeugen, dass der VEB
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als Dienstleistungen dar. Letztlich bestätigen die Angaben des Zeugen, dass der VEB
RAKO hauptsächlich mit Planungs-, Entwicklungs- und Projektierungsaufgaben und auch
mit dem Bau von Geräten beschäftigt war, aber nicht hauptsächlich mit der Forschung.
Eine nachträgliche („fiktive“) Einbeziehung der Klägerin in die Versorgungsordnung der
AVI wiss scheidet ebenfalls aus, weil der VEB RAKO nicht zu den in § 6 VO-AVIwiss
aufgeführten selbständigen staatlichen (wissenschaftlichen) Einrichtungen gehört hat.
Dies hat das SG unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des BSG zutreffend
dargelegt.
Nach alledem kann die Beschäftigungszeit der Klägerin im VEB RAKO nicht als Zeit der
Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem berücksichtigt werden.
Ob die Beklagte, wie die Klägerin pauschal behauptet hat, bei ehemaligen
Arbeitskollegen ggf. teilweise andere und nach den obigen Ausführungen fehlerhafte
Entscheidungen getroffen hat, kann ihr nicht zugute kommen, denn es gibt keinen
Anspruch auf „Gleichbehandlung im Unrecht“.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der
Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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