Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2006

LSG Berlin und Brandenburg: aufschiebende wirkung, öffentliche schule, überwiegendes öffentliches interesse, schulgeld, darlehen, verwaltungsakt, erlass, hauptsache, unterhalt, anfechtungsklage

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 23.10.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 92 AS 3822/06 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 19 B 599/06 AS ER
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juni 2006 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Antragsteller machen höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) unter
Berücksichtigung eines zusätzlichen Bedarfs an Schulgeld, hilfsweise die Nichtberücksichtigung von
Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) als Einkommen geltend.
Der 1983 geborene Antragsteller zu 1) und die 1986 geborene Antragstellerin zu 2) bilden eine Bedarfsgemeinschaft
und erhalten von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Antragstellerin zu 2) hat
nach dem neunten Schuljahr die Schule verlassen.
Unter dem Datum des 10. Februar 2006 schloss die Antragstellerin zu 2) mit der BSD-Gesellschaft für innovative
Bildung mbH (im Folgenden: BSD) einen Schulungsvertrag über die Teilnahme an einer Ausbildung zur
Mediengestalter/in Fachrichtung Mediendesign. Gemäß § 2 des Vertrages begann die Ausbildung am 20. Februar
2006 und endet am 15. Januar 2009. Das Schulgeld beträgt 10.325,- Euro und ist in 35 monatlichen Raten in Höhe
von 295,- Euro zu zahlen. Ferner ist eine Anmeldegebühr in Höhe von 50,- Euro zu entrichten.
Die Antragstellerin zu 2) beantragte am 14. Februar 2006 die Übernahme der Anmeldegebühr durch den
Antragsgegner.
Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 17. März 2006 den Antragstellern für den Zeitraum 1. April 2006 bis
30. September 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 838,40 Euro monatlich. Auf ihren
Antrag vom 14. Februar 2006 bewilligte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin mit Bescheid vom 20.
März 2006 der Antragstellerin zu 2) ab dem 1. Februar 2006 eine Ausbildungsförderung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG
in Höhe von monatlich 192,- Euro. Mit Änderungsbescheid vom 7. April 2006 setzte der Antragsgegner die Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum 1. April 2006 bis 30. September 2006 unter teilweiser
Aufhebung der vorangegangenen Entscheidung auf 714,80 Euro monatlich fest. Bei der Berechnung des Bedarfs
berücksichtigte der Antragsgegner die der Antragstellerin zu 2) gewährte Ausbildungsförderung als deren Einkommen,
und zwar in Höhe von 153,50 Euro monatlich abzüglich 30,- Euro. Gegen den Bescheid vom 7. April 2006 legten die
Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 21. April 2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie im
Wesentlichen aus, die Sachbearbeiterin Frau D habe ihr, der Antragstellerin zu 2), in dem Gespräch am 14. Februar
2006 die Auskunft erteilt, sie werde die Regelleistung zusätzlich zu dem beantragten Kindergeld und
Ausbildungsförderung nach dem BAföG erhalten. Des Weiteren berufen sich die Antragsteller auf Vertrauensschutz
und machen einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend. Hilfsweise wird die Gewährung der Leistungen als
Darlehen begehrt. Der Antragsgegner hat mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2006 (W 2402/06) über den
Widerspruch gegen die Aufhebungsentscheidung und mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2006 (W 2409/06) über
den hinsichtlich der Höhe der Leistungen eingelegten Widerspruch entschieden. Er hat in dem Widerspruchsbescheid
vom 8. Mai 2006 zur Begründung ausgeführt, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG sei zu Recht und in
zutreffender Höhe angerechnet worden. Die Schülerausbildungsförderung nach dem BAföG werde von den
Ausschlusstatbeständen des § 11 Abs. 1 SGB II nicht erfasst. Von der Ausbildungsförderung nach dem BAföG seien
20 % als reine Ausbildungskosten und 30,- Euro als so genannte Versicherungspauschale in Abzug gebracht worden.
§ 3 Abs. 2 SGB II eröffne keinen Rechtsanspruch auf eine staatlich subventionierte Wunschausbildung. Die
Härtefallregelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II sei nicht anwendbar, da diese nur Auszubildende betreffe, die vom
Leistungsbezug des SGB II ausgeschlossen seien, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Gewährung als Darlehen
nach § 23 SGB II sei nicht möglich, da die Regelleistung nicht die Kosten einer privaten Ausbildung umfasse. Gegen
die Widerspruchsbescheide haben die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben, die unter den
Aktenzeichen S 92 AS 3822/06 geführt wird.
Am 28. April 2006 beantragten die Antragssteller, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, den Antragstellern monatliches Schulgeld in Höhe von 295,- Euro zu zahlen, hilfsweise als Darlehen. Mit
weiterem Antrag vom 15. Mai 2006 begehrten sie hilfsweise die Zahlung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 979,80
Euro monatlich, weiter hilfsweise in Höhe von 838,40 Euro monatlich.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 7. Juni 2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abgelehnt. Es hat ausgeführt, vorliegend sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zu erkennen.
Das von der Antragstellerin zu 2) beantragte Schulgeld gehöre nicht zu den in § 20 SGB II aufgezählten Bedarfen. Ein
Ausnahmefall sei nicht gegeben. Dieser käme nur in Betracht, wenn eine öffentliche Schule aus objektiven Gründen
nicht besucht werden könne und deshalb eine Privatschule besucht werden müsse. Bei der von der Antragstellerin zu
2) begonnenen Ausbildung handele es sich nicht um eine vergleichbare Schulausbildung. Auch wenn im Hinblick auf
einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu Gunsten der Antragsteller eine falsche Beratung unterstellt werde,
begründe dies vorliegend keinen Anspruch der Antragsteller. Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch werde
der Betroffene so gestellt, als habe die Behörde richtig belehrt. Aus einer richtigen Belehrung folge hier jedoch, dass
das Schulgeld nicht übernommen werden könne und auch die Ausbildungsförderung nach dem BAföG angerechnet
werde. Des Weiteren sei eine Eilbedürftigkeit nicht zu erkennen, denn die Antragstellerin zu 2) habe durch den
Abschluss des Schulungsvertrages vollendete Tatsachen geschaffen. Es sei nicht glaubhaft vorgetragen worden,
warum die Antragstellerin zu 2) die Ausbildung nur zu diesem Zeitpunkt habe beginnen können. Der Antragstellerin zu
2) sei es zuzumuten, die Ausbildung abzubrechen und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt wieder
aufzunehmen. Da die Schulzeit erst gerade begonnen habe, sei eine Vergleichbarkeit mit dem vom Sozialgericht
Osnabrück entschiedenen Verfahren nicht gegeben.
Gegen diesen den Antragstellern am 14. Juni 2006 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 14. Juli 2006
eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, den Antragsgegner treffe nach § 3 Abs. 2 SGB II eine besondere
Förderungspflicht, auch durch Übernahme von Kosten einer Ausbildung für junge Menschen unter 25 Jahren, die ohne
Berufsabschluss nicht in eine Ausbildung vermittelt werden können. Erst im Hinblick auf die Zusage der
Sachbearbeiterin des Antragsgegners habe die Antragstellerin zu 2) die Ausbildung begonnen. Dies verkürze die
Eingliederung der Antragstellerin zu 2). Unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes wäre ohne
Hauptschulabschluss ein Ausbildungsplatz in dem angestrebten Beruf nicht zu erhalten gewesen.
Die Antragsteller beantragen wörtlich,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juni 2006 - S 92 AS 3822/06 ER - aufzuheben und den
Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern 979,80 Euro monatlich
Arbeitslosengeld zu zahlen, hilfsweise monatlich 838,40 Euro.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
II. Die Beschwerde ist zulässig, da sie form- und fristgerecht erhoben wurde. Sie ist jedoch nicht begründet. Die
Antragssteller haben die Voraussetzungen für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht glaubhaft
gemacht.
Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich vorliegend, soweit die Antragsteller mit ihrem Hauptantrag eine höhere als
die bewilligte Leistung begehren, nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach sind einstweilige
Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn
eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein
Anordnungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie
auch ein Anordnungsgrund (im Sinne einer Eilbedürftigkeit des Verfahrens) bestehen. Anordnungsgrund und
Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -
ZPO -). Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll durch sie eine endgültige Entscheidung
in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Bei seiner Entscheidung kann das Gericht
grundsätzlich sowohl eine Folgenabwägung vornehmen wie auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in
der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare
anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären,
dann dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend
geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht
möglich, so ist allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.
Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -). Handelt es sich wie hier um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die der
Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen und damit das Existenzminimum absichern, muss die
überragende Bedeutung dieser Leistungen für den Empfänger mit der Folge beachtet werden, dass ihm im Zweifel die
Leistungen - ggf. vermindert auf das absolut erforderliche Minimum - aus verfassungsrechtlichen Gründen vorläufig zu
gewähren sind.
Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 979,80 Euro
monatlich nicht glaubhaft gemacht. Die beantragte Gewährung von Arbeitslosengeld kommt offensichtlich nicht in
betracht, sodass der Verfahrensantrag entsprechend auszulegen war.
Den Antragstellern, die von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 714,80
Euro monatlich gewährt bekommen, steht ein darüber hinausgehender Anspruch nach § 20 SGB II nicht zu. Nach §
20 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung,
Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur
Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen die allein
stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, in den alten Bundesländern einschließlich
Berlin (Ost) 345,- Euro (§ 20 Abs. 2 SGB II in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung). Haben zwei Angehörige
der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II die Regelleistung
jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II. Die Antragsteller erhalten jeweils 311,- Euro, das
sind 90 % von 345,- Euro, als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie Kosten der Unterkunft und
Heizung.
Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von 265,- Euro, der Differenz zwischen den gewährten Leistungen in Höhe
von 714,80 Euro und den im Beschwerdeverfahren beanspruchten Leistungen in Höhe von 979,80 Euro besteht nicht.
Das Schulgeld der Antragstellerin zu 2) ist kein Mehrbedarf im Sinne des § 21 SGB II. Leistungen für Mehrbedarfe
umfassen danach Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 5 des § 21 SGB II, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt
sind. Nach dieser Regelung erhalten werdenden Mütter (Absatz 2), Alleinerziehende (Absatz 3), erwerbsfähige
behinderte Hilfeberechtigte bei arbeitsqualifizierenden Maßnahmen (Absatz 4) und Personen, die aus medizinischen
Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen (Absatz 5) bei Vorliegen der jeweiligen
Anspruchsvoraussetzungen Mehrbedarfszuschläge. Die Regelung in § 21 SGB II ist abschließend. Nur die dort
aufgezählten Bedarfe sind als Mehrbedarfe anzuerkennen. Kosten für eine private Schule sind dort nicht genannt und
deshalb kein anzuerkennenden Mehrbedarf.
Die Kosten der Ausbildung der Antragstellerin zu 2) sind von dem Antragsgegner auch nicht aufgrund einer
besonderen Förderungspflicht nach § 3 Abs. 2 SGB II zu übernehmen. Danach sind erwerbsfähige Hilfebedürftige, die
das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II in
eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln (§ 3 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Können
Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss nicht in eine Ausbildung vermittelt werden, soll die Agentur für Arbeit darauf
hinwirken, dass die vermittelte Arbeit oder Arbeitsgelegenheit auch zur Verbesserung ihrer beruflichen Kenntnisse und
Fähigkeiten beiträgt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Rechtsfolge der Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist die
Verpflichtung zur Vermittlung. Wenn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB II vorliegen, soll so vermittelt
werden, dass ein Beitrag zur Verbesserung von beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten möglich ist (Münder in LPK-
SGB II, § 3 Rz. 15). Aus § 3 SGB II resultiert jedoch kein Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine bestimmte
Ausbildung und die Übernahme der Kosten einer solchen Ausbildung durch den Leistungsträger.
Das Schulgeld ist gleichfalls nicht als unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 23 SGB II anzusehen mit der Folge der
Geldleistung und Gewährung eines entsprechenden Darlehens durch den Antragsgegner. Eine von den §§ 20, 21 SGB
II abweichende Erbringung von Leistungen ist gemäß § 23 SGB II möglich, wenn im Einzelfall ein von den
Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes
weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann. In diesen
Fällen wird bei entsprechendem Nachweis der Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbracht und dem
Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen gewährt, welches durch Aufrechnung mit der jeweils zu zahlenden
Regelleistung getilgt wird. Vorliegend handelt es sich bei dem Schulgeld nicht um einen von den Regelleistungen
umfassten Bedarf. Die durch § 20 SGB II gewährten Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes dienen
grundsätzlich nur der Deckung des ohne die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigenden bei vielen
Hilfeempfängern gleichermaßen bestehenden Bedarfs (vgl. dazu Lang in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, §
20 Rz. 26 ff unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts). Den Regelungen der §§ 19, 20 SGB
II liegt nicht der Individualisierungsgrundsatz zu Grunde. Während die Kosten für eine schulische Ausbildung an einer
öffentlichen Schule zu den von den Regelleistungen umfassten Bedarfen zählen, ist dies bei den Kosten für eine
Privatschule nicht der Fall. Ein solcher Bedarf entsteht nicht bei vielen Hilfebedürftigen oder Bedarfsgemeinschaften,
sondern nur bei Schülern, die eine öffentliche Schule nicht besuchen. Die Kosten aufgrund eines Schulungsvertrages
mit einem privaten Träger stellen einen Sonderbedarf dar, der von der Regelleistung des § 20 SGB II nicht erfasst ist
(vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. April 2005 - L 8 AS 57/05 ER - ; SG Berlin, Beschluss vom 30.
März 2006 - S 34 1840/06 ER -). Die Kosten einer privaten Bildungseinrichtung werden nicht von den in § 20 Abs. 1
SGB II genannten Beispielen erfasst und gehören auch nicht zu den sonstigen Bedarfen im Sinne des § 20 Abs. 1
SGB II. Ungeachtet dessen vermag der Senat auch keine Unabweisbarkeit zu erkennen. Ein unabweisbarer Bedarf im
Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegt dann vor, wenn die Abdeckung des fraglichen Bedarfs keinen Aufschub
duldet und eine erhebliche Beeinträchtigung des Bedarfs vorliegt, die auch nicht durch eine Mittelumschichtung
innerhalb der Regelleistung beseitigt oder aufgefangen werden kann (Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 23
Rz. 26 ff). Eine schlichte Bedarfsunterdeckung führt nicht bereits zur Unabweisbarkeit des Bedarfs. Unabweisbarkeit
liegt noch nicht vor, wenn ein nach § 20 SGB II an sich notwendiger Bedarf nicht befriedigt werden kann
(Eicher/Spellbrink, a.a.O.). Ein unaufschiebbarer Bedarf in diesem Sinne vermochte der Senat jedenfalls im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorliegend nicht zu erkennen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von
den Antragstellern zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Osnabrück. Soweit das Sozialgericht Osnabrück eine
Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Schulgeld nicht zu den Kosten für den notwendigen Unterhalt zählt, dann
angenommen hat, wenn der Besuch einer öffentlichen Schule aus objektiven Gründen nicht möglich ist, liegen diese
Voraussetzungen hier nicht vor. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin zu 2) bislang einen Ausbildungsplatz
weder von dem Antragsgegner vermittelt erhalten hat noch zuvor gefunden hatte, hätte sie vorliegend ihren
Hauptschulabschluss nachholen können. Auch in zeitlicher Hinsicht ist ein unaufschiebbarer Bedarf nicht ersichtlich,
da nicht vorgetragen wurde, warum die Antragstellerin zu 2) nur zu diesem Zeitpunkt die Ausbildung habe beginnen
können. Unter Berücksichtigung der Dauer der bereits absolvierten Ausbildung ist der Antragstellerin zu 2) zuzumuten,
die Ausbildung abzubrechen und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen.
Ein Härtefall nach § 7 Abs. 5 SGB II und somit ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als
Darlehen besteht in dem geltend gemachten Umfang nicht. Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II können Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes in besonderen Härtefällen als Darlehen erbracht werden, auch wenn gemäß § 7 Abs.
5 Satz 1 SGB II eine Leistungsgewährung eigentlich ausgeschlossen ist, weil der Auszubildende eine Ausbildung
absolviert, die im Rahmen des Berufsausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches des
Sozialgesetzbuches (SGB III) förderungswürdig ist. Absatz 5 des § 7 SGB II findet jedoch nach § 7 Abs. 6 SGB II
keine Anwendung auf Auszubildende,
1. die aufgrund von § 2 Abs. 1 a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder aufgrund von § 64 Abs. 1
SGB III keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben
oder
2. deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG oder nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB III bemisst.
Vorliegend erhält die Antragstellerin zu 2) Ausbildungsförderung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, eine
Leistungsgewährung ist deshalb nach § 7 Abs. 6 SGB II nicht ausgeschlossen. Die in § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II
enthaltene Härtefallregelung ist daher vorliegend nicht anwendbar.
Den Anspruchstellern steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch auch nicht aufgrund des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruches zu.
Dieser hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines
Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Erstes Buch des
Sozialgesetzbuches - SGB I -), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des
Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss
der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt
werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht
widersprechen (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 01. April 2004 - B 7 AL 52/03 R -).
Wird zu Gunsten der Antragsteller eine Verletzung der Beratungspflichten des Antragsgegners angenommen, so
könnte ein Nachteil der Antragsteller nicht durch eine zulässige Amtshandlung des Antragsgegners ausgeglichen
werden, da den Antragstellern ein Anspruch auf weitere Leistungen - wie oben im Einzelnen ausgeführt - nicht zusteht,
insbesondere können sie nicht die Übernahme des Schulgeldes der Antragstellerin zu 2) beanspruchen.
Soweit die Antragsteller mit dem Hilfsantrag die Gewährung der mit Bescheid vom 17. März 2006 bewilligten
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes begehren, richtet sich das Verfahren nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG,
da eine bereits bewilligte Leistung durch Verwaltungsakt teilweise entzogen wurde, so dass die - alleinige -
Anfechtungsklage in der Hauptsache - hinsichtlich des Hilfsantrages - die richtige Klageart wäre. Der Widerspruch der
Antragsteller gegen den Entziehungsbescheid vom 7. April 2006 hat keine aufschiebende Wirkung nach § 86 a Abs. 1
SGG, da ein Fall des § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG vorliegt. Danach entfällt die grundsätzlich durch Widerspruch und
Anfechtungsklage eintretende aufschiebende Wirkung in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Ein
solches Gesetz stellt § 39 SGB II dar. Nach dieser Regelung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen
Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende
Wirkung. Über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende wird entschieden, wenn Leistungen bewilligt,
abgelehnt, entzogen oder herabgesetzt werden. Als Umkehr vorangegangener Bewilligungen handelt es sich auch bei
der Rücknahme bzw. Aufhebung von Leistungsbewilligungen für die Vergangenheit nach den §§ 45, 48 des Zehnten
Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) um Verwaltungsakte, in denen wie bei der Bewilligung selbst über
Leistungen der Grundsicherung entschieden wird. Eine Entscheidung über eine solche Leistung liegt hier vor, denn der
Antragsgegner hat mit Bescheid vom 7. April 2006 die den Antragstellern bewilligten Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes ab dem 1. April 2006 teilweise aufgehoben. Wenn nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Abs.
1 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, kann der Antragsteller bei dem
Gericht der Hauptsache bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§
86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) beantragen. Der von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren gestellte Hilfsantrag
ist unter Berücksichtigung ihres Vorbringens so zu verstehen und auszulegen. Soweit sie die Zahlung der in dem
Bewilligungsbescheid vom 17. März 2006 festgesetzten Leistungen geltend machen, ist dies als Bekräftigung ihres
Antrages zu verstehen. Um das von ihnen verfolgte Rechtsschutzziel einer vorläufigen Weiterzahlung der mit
Bescheid vom 17. März 2006 bewilligten Leistungen zu erreichen, ist es ausreichend, den Bescheid vom 7. April 2006
außer Vollzug zu setzen und dadurch die Regelungswirkungen des Bescheides vom 17. März 2006 bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache wieder aufleben zu lassen. Einer ausdrücklichen Regelung zur
Zahlung der mit Bescheid vom 17. März 2006 bewilligten Leistungen bedarf es nicht.
Bei der Entscheidung über die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes nach § 86 b Abs. 1 SGG ist von den
Gerichten eine Interessenabwägung durchzuführen. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig und ist der
Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, ist in der Regel die aufschiebende Wirkung anzuordnen,
weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes nicht erkennbar ist. Ist
dagegen die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten in
dieser Weise nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des
Hauptsacheverfahrens mitberücksichtigt werden können (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, § 86 b
SGG, Rz. 12 c).
Im vorliegenden Verfahren bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 7. April
2006, mit dem vom Antragsgegner die Leistungen nach § 48 SGB X teilweise aufgehoben wurden.
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt für das Verfahren nach dem SGB II das SGB X. Die Vorschriften des SGB III
über die Aufhebung von Verwaltungsakten gelten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II entsprechend. Gemäß § 40 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen über
die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorliegen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung
eintritt, ist der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse
aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt
worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Nach summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren liegen die Voraussetzungen für eine teilweise
Aufhebung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit Wirkung ab dem 1. April 2006 vor, da die
Antragstellerin zu 2) nach Erlass des Bewilligungsbescheides des Antragsgegners vom Bezirksamt Charlottenburg-
Wilmersdorf mit Bescheid vom 20. März 2006 Ausbildungsförderung ab dem 1. Februar 2006 bewilligt erhalten hat und
diese Leistung als Einkommen der Antragstellerin zu 2) nach § 11 SGB II zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes einschließlich angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist gemäß § 9
Abs. 1 Satz 1 SGB II derjenige, der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt
der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und
Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder
Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern
anderer Sozialleistungen erhält. Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld
oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem
Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des
Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz
für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente
nach dem Bundesversorgungsgesetz. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 a SGB II sind Einnahmen, soweit sie als
zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des
Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären,
nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Bei der Ausbildungsförderung handelt es sich um eine Einnahme in Geld und damit um Einkommen im Sinne des § 11
Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie zählt nicht zu den dort genannten Ausnahmen und dient auch nicht einem anderen Zweck
im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II. Zweckbestimmte Leistungen sind danach solche, die einem anderen Zweck
als die Leistungen nach dem SGB II dienen, d.h. einem anderen Zweck als Unterhalt und Berufseingliederung (§ 1
Abs. 2 SGB II). Es ist insoweit nicht erforderlich, dass die Zweckbestimmung ausdrücklich genannt wird. Ausreichend
ist eine erkennbare Zweckbestimmung, die sich aus den gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistung oder aus
anderen eindeutigen Anhaltspunkten wie den Gesetzesmaterialien ergeben kann (Münder in LPK-SGB II, § 11 Rz. 41;
Mecke in Eicher/Spellbrink, § 11 Rz. 80 m.w.N.). § 1 BAföG enthält den Grundsatz, dass ein Rechtsanspruch besteht
auf eine individuelle Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung
nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung
erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Der Bedarf wird in § 11 Abs. 1 BAföG umschrieben.
Danach wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Der Bedarf ist die
Gesamtheit der geldlichen Mittel, die ein Auszubildender typischerweise für seinen Lebensunterhalt, wozu Ernährung,
Unterkunft, Körperpflege, Bekleidung, hauswirtschaftlicher sowie persönlicher Bedarf zählen, und zum Bestreiten der
typischen Kosten der von ihm absolvierten Ausbildung, insbesondere für Lern- und Arbeitsmittel, Fahrten zum Besuch
der Ausbildungsstätte, Familienheimfahrten, benötigt (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, Kommentar zum BAföG, 4.
Auflage, § 11 Rz. 3). Das BAföG enthält keine Aufschlüsselung des Bedarfs in einen Teil für den Lebensunterhalt und
einen Teil für die Ausbildung. Die Ausbildungsförderung dient wie die Leistungen nach dem SGB II der Sicherung des
Lebensunterhaltes und daneben der Ausbildung. Die Verfolgung eines weiteren Zweckes führt nicht bereits dazu, dass
die Ausbildungsförderung als eine Leistung anzusehen ist, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem
SGB II dient. Mit Leistungen können mehrere Zwecke verfolgt werden. Auch die Leistungen nach dem SGB II
umfassen einerseits die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und andererseits die Leistungen zur
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit. Die Leistung verfolgt
erst dann einen anderen Zweck im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, wenn bei mehreren Zwecken einer Leistung
der Zweck, der der Leistung das Gepräge gibt und als vorherrschender, überwiegender Zweck anzusehen ist, mit dem
Zweck einer Leistung nach dem SGB II nicht übereinstimmt. Ausgehend von den typischen Kosten des Unterhaltes
und der Ausbildung an einer staatlichen Ausbildungsstätte wird der Anteil der Kosten für den Unterhalt größer sein als
der für die Ausbildung. Das Sozialgericht Chemnitz lehnt dagegen in seinem Urteil vom 19. Juni 2006 (- S 29 AS
1100/05 -) eine Berücksichtigung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG als Einkommen ab, da bei einer
vollständige Anrechnung als Einkommen von dem gesetzlichen Zweck der Leistung nach dem BAföG nichts übrig
bliebe und die Kosten der Ausbildung unter Berücksichtigung von Verfügbarkeit und Zielrichtung einer Pauschalierung
nur schwer zugänglich seien. Dieser Auffassung schließt sich der Senat vorliegend nicht an, da bei einer wie vom
Antragsgegner vorgenommenen teilweisen Anrechnung der Ausbildungsförderung dem vom BAföG verfolgten Zweck
Rechnung getragen werden kann. Dem Unstand, dass mit der Ausbildungsförderung nach dem BAföG nicht nur
Leistungen für den Unterhalt sondern auch für die Ausbildung erbracht werden, wird ausreichend Rechnung getragen,
wenn von der Ausbildungsförderung 20 % als Anteil für die Kosten der Ausbildung abgezogen werden und dieser Teil
nicht als Einkommen berücksichtigt wird.
Die Antragstellerin zu 2) erhielt Ende März 2006 die Ausbildungsförderung, sodass die teilweise Aufhebung der
Leistungen ab 1. April 2006 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keinen Bedenken begegnet.
Den Anspruchstellern steht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auch nicht aufgrund des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruches zu. Wird zu Gunsten der Antragsteller eine Verletzung der Beratungspflichten des
Antragsgegner angenommen, so könnte ein Nachteil der Antragsteller nicht durch eine zulässige Amtshandlung des
Antragsgegners ausgeglichen werden, da die Ausbildungsförderung - wie oben ausgeführt - als Einkommen zu
berücksichtigen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).