Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26.03.2008

LSG Berlin-Brandenburg: falsche rechtsmittelbelehrung, glaubhaftmachung, bedürftigkeit, auflage, quelle, sammlung, link, mutwilligkeit, fristablauf, verfügung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 5 B 2025/08 AS PKH
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 172 Abs
3 Nr 2 SGG vom 26.03.2008, §
114 Abs 1 ZPO, § 115 ZPO, §
117 Abs 4 ZPO
Sozialgerichtliches Verfahren - Zulässigkeit - Beschwerde -
Ausschluss - abgelehnte PKH - Verneinung der wirtschaftlichen
und persönlichen Voraussetzungen - Nachweis -
Glaubhaftmachung - fehlender Vordruck
Leitsatz
Eine Beschwerde gegen eine die Prozesskostenhilfe ablehnende, auf § 73 a SGG i.V.m. § 118
Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützte Entscheidung wird vom Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs.
3 Nr. 2 SGG erfasst und ist deshalb nicht statthaft.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18.
September 2008 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 21. September 2007 beim Sozialgericht Berlin
erhobenen Klage gegen die Bewilligungsentscheidung durch Bescheid der Beklagten
vom 08. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2007 für
den Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis 30. November 2007 und macht eine nicht näher
begründete Falschberechnung ihrer Leistungsansprüche geltend. Gleichzeitig suchte sie
um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts nach,
ohne jedoch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
beizufügen.
Hierauf wies das Sozialgericht Berlin mit gerichtlichem Schreiben vom 24. Januar 2008
hin und bat neben der inhaltlichen Klagebegründung um Übersendung der Erklärung bis
zum 11. Februar 2008. Weil auf das gerichtliche Schreiben seitens der Klägerin keinerlei
Reaktion erfolgte, forderte das Sozialgericht mit an den Prozessbevollmächtigten der
Klägerin gegen Empfangsbekenntnis zugestelltem Schreiben vom 17. März 2008 die
Klägerin nunmehr auf, die gerichtliche Verfügung vom 24. Januar 2008 bis zum 31. März
2008 zu erfüllen. Zugleich wies es darauf hin, dass nach fruchtlosem Fristablauf der
Antrag ohne weitere Sachprüfung abgelehnt werden müsse.
Mit Beschluss vom 18. September 2008 hat das Sozialgericht die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Klägerin keine Angaben zu ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht und auch die zwingend einzureichende Erklärung
über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt habe. Weiter
könne wegen fehlender Klagebegründung auch nicht die hinreichende Erfolgsaussicht
der Klage festgestellt werden.
Dagegen richtet sich die am 07. Oktober 2008 eingegangene, inhaltlich nicht begründete
Beschwerde vom 06. Oktober 2008, mit der die Klägerin erstmals die Erklärung über die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat.
II.
Die innerhalb der Frist des § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte
Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung
des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des
Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444) ausgeschlossen und war
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Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444) ausgeschlossen und war
daher nach § 202 SGG i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als
unzulässig zu verwerfen.
Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von
Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen
oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. So ist es hier.
Das Sozialgericht hat die Versagung von Prozesskostenhilfe darauf gestützt, die Klägerin
habe die für den Nachweis der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 73
a SGG i. V. m. § 117 Abs. 4 ZPO auszufüllende und dem Gericht einzureichende
Erklärung trotz mehrfacher Aufforderungen mit Verfügungen vom 02. Oktober 2007, 24.
Januar 2008 und Fristsetzung des Gerichts vom 17. März 2008 nicht eingereicht und
keine weiteren Angaben gemacht. Das trifft zu. Auch in einem solchen Fall liegen die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
mangels Glaubhaftmachung nicht vor (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.
Januar 2009 – L 18 B 2432/08 AS PKH; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.
Januar 2009 – L 11 KR 5759/08 PKH B – und Beschluss vom 11. Juni 2008 – L 8 ALS
2733/08 PKH B; LSG Schleswig-Holstein, Beschlüsse vom 08. Juli 2008 – L 11 b 173/08
AS PKH - ; Sächsisches LSG, Beschlüsse vom 02. Januar 2009 – L 2 B 641/08 AS PKH -
und vom 22. Juli 2008 – L 3 B 407/08 AS PKH; a. A. : LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 21. August 2008 – L 3 B 548/08 U PKH).
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.
Denn der Gesetzgeber fordert im § 114 ZPO, dass die Bedürftigkeit des Antragstellers
nach dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen einerseits sowie die
hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und die
fehlende Mutwilligkeit andererseits gegeben sein muss. Die Terminologie aus § 114 Abs.
1 ZPO findet sich in anderen Regelungen zum Prozesskostenhilferecht wieder, z.B. in §
119 Abs. 1 Satz 2 ZPO oder § 127 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 ZPO. In diesem
zweigeteilten System gehören die genannten Regelungen zu Formerfordernissen ebenso
wie z.B. die Regelungen über den Einsatz von Einkommen und Vermögen (§ 115 ZPO)
oder die Festsetzung von Zahlungen (§ 120 ZPO) zu dem Teil, der die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse betrifft. Demzufolge gilt die Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 2
SGG über den Beschwerdeausschluss gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe,
wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen
für die Prozesskostenhilfe verneint, erst Recht für den Unterfall, dass das Sozialgericht
die prozesskostenhilferechtliche Bedürftigkeit wegen eines seiner Auffassung nach
fehlenden Vordrucks zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse meint nicht prüfen zu können. Eine Beschwerde gegen eine ablehnende,
auf § 73a SGG i. V. m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützte Entscheidung ist deshalb nicht
statthaft.
Aus der unzutreffenden, von einer Zulässigkeit der Beschwerde ausgehenden
Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts folgt keine Statthaftigkeit der Beschwerde (vgl.
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 66 Rn. 12 a, vor § 143 Rn. 14 b
m. w. N.). Denn eine falsche Rechtsmittelbelehrung kann ein unstatthaftes Rechtsmittel
nicht zu einem statthaften machen kann (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 25/01 R
- SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 = NZS 2004, 334).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG i. V. m. § 127 Absatz 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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