Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.03.2011

LSG Berlin und Brandenburg: versorgung, krankenkasse, behinderung, hörgerät, erfüllung, leistungserbringer, vergütung, rechtsgrundlage, gerichtsakte, verordnung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 09.03.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 72 KR 4240/04
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 302/07
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. März 2007 und der Bescheid der
Beklagten vom 12. Mai 2004 in der Fassung des Bescheides vom 14. September 2004, beide in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2004, aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.341,80
Euro zu zahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision
wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Kostenerstattung für ein selbstbeschafftes Hörgerät i.H.v. 3.341,80 EUR.
Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen setzten gemeinsam und einheitlich nach
§ 36 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - (in der im Jahre 2004 geltenden Fassung – alte Fassung (aF))
Festbeträge für Hörhilfen für die Zeit ab 1. No-vember 2003 u.a. wie folgt fest:
Nr. des Hilfsmittel¬verzeich¬nisses Bezeichnung Festbetrag 13.20.03 ein- und mehrkanalige HdO- und IO-Geräte
440,00 EUR 13.20.09 Ohrpasstücke 30,00 EUR 13.99.99.1004 Abschlag für das zweite Hörgerät (13.20.03) bei
beidohriger (binauraler) Versorgung 88,00 EUR
Die 1968 geborene Klägerin, die bis zum 31. Dezember 2005 Mitglied der Beklagten war und zuletzt im Jahre 1997 mit
Hörgeräten versorgt wurde, leidet an einer progredienten mittelgra-digen Perzeptionsschwerhörigkeit beidseits
(Hörverlust rechts 61 % und links 75 %) unklarer Genese, vermutlich seit Geburt. Die Hördynamik ist beidseits stark
eingeschränkt aufgrund eines positiven Recruitments. Nach Durchführung audiometrischer Untersuchungen verordne-
ten der Klägerin die Fachärztinnen für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. Sch und Dr. G am 21. Januar 2004 unter
Verwendung des in der vertragsärztlichen Versorgung vorgesehenen Vor-drucks eine Hörhilfe. Die Klägerin testete
daraufhin bei der Hörgerätakustikerin K A-B (heute: T) neben den einkanaligen Hörgeräten Swing CIC und Minima 25-2
(welches mit einer Auto-matic Gain Control – AGC – (automatischer Verstärkungsregelung) versehen ist) auch die
streitgegenständlichen Hörgeräte des Modells Senso Diva CIC (15-kanalig, digitale Signalver-arbeitung, alle Parameter
digital programmierbar, automatische Lautstärkeregelung, AGC I-Regelsysteme). Wegen der weiteren Einzelheiten
des von dieser Hörgeräte-Akustikerin erstell-ten Anpassberichts vom 16. April 2004 wird auf Blatt 12 der
Verwaltungsakte verwiesen.
Am 8. März 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die vollständige Kostenübernahme für ein Hörgerät und
fügte die Kostenaufstellung der o. g. Hörgeräte-Akustikerin vom 25. Feb-ruar 2004 bezüglich des Hörgeräts Senso
Diva CIC über insgesamt 4.173,80 EUR bei. Dies lehnte die Beklagte, nach dem sie zwei Stellungnahmen des
Medizinischen Dienstes der Krankenver-sicherung (MDK) veranlasst hatte, mit Bescheid vom 12. Mai 2004 ab, weil
die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht gegeben seien. Nachdem im Wider-
spruchsverfahren weitere Angaben (u.a. zur Unbehaglichkeitsschwelle) der o.g. HNO-Ärz¬tin¬nen veranlasst worden
waren, gelangte die MDK-Ärztin S-W in ihrer Stellungnahme vom 8. September 2004 zum Ergebnis, dass die
Notwendigkeit von Mehrkanalgeräten nunmehr nach-vollzogen und befürwortet werden könne. Daraufhin teilte die
Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 14. September 2004 erneut mit, dass sie die Kosten der digitalen Hörgeräte
außerhalb der Festbeträge nicht übernehmen könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2004 wies die
Beklagte schließlich den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung u.a. aus: Sie könne sich an der
beantragten Versorgung i.H.d. geltenden Festbeträge für beide Geräte beteiligen. Eine Einzelfall- bzw.
Härtefallregelung sehe das SGB V nicht vor, es gelte § 33 Abs. 2 SGB V: die Leistungspflicht bestehe bis zur Höhe
des Festbetrages. Darüber hinaus sei eine Erstattung nicht möglich. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Unter dem 22. September 2004 stellte die Hörgeräte-Akustikerin A-B der Klägerin unter Be-rücksichtigung eines
"Zuschusses" der Beklagten i.H.v. 852,00 EUR und der "gesetzlichen Eigen-leistung" der Klägerin i.H.v. 20,00 EUR
einen Betrag von 3.341,80 EUR in Rechnung; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 59 der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 9. März 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung verwies es auf den
Widerspruchsbescheid und führte ergänzend aus: Versicherte hätten lediglich ein An-spruch darauf, mit
Standardhilfsmitteln versorgt zu werden, nicht aber mit optimalen Geräten. Da die gesetzlichen Krankenkassen, vor
allem was die Versorgung mit Hilfsmitteln angehe, lediglich verpflichtet seien, Grundbedürfnisse der Versicherten im
allgemeinen Leben zu be-friedigen, nicht aber besondere berufliche Bedürfnisse, spielten die von der Klägerin geltend
gemachten beruflichen Anforderungen bei der Hilfsmittelversorgung keine Rolle. Ob die Klä-gerin überhaupt aus
medizinischen Gründen auf Hörgeräte angewiesen sei, die nicht der Fest-betragsgruppe für mehrkanalige digitale
Hörgeräte entsprächen, sei schon deshalb nicht er-sichtlich, weil ihre behandelnden HNO-Ärzte spezielle Geräte, die
nicht den Festbetragsgrup-pen entsprächen, nicht verordnet hätten.
Gegen dieses ihr am 28. März 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18. April 2007, zu
deren Begründung sie vorbringt: Eine beidseitige Kopie der ohrenärzt-lichen Verordnung vom 21. Januar 2004 liege ihr
nicht vor. Ein schriftlicher Kaufvertrag über die streitgegenständlichen Hörgeräte sei nicht abgeschlossen worden. Sie
habe zu Beginn des Jahres 2004 mehrere Hörgerätetypen getestet, die ihr allerdings nicht zugesagt hätten, insbe-
sondere keinen hinreichenden Ausgleich der Hörbehinderung ermöglicht hätten. Hersteller und Kosten dieser Geräte
könne sie nicht benennen. Vermutlich seien zwei zuzahlungsfreie Geräte eingeschlossen gewesen. Zugleich habe sie
die später erworbenen Geräte getestet, welche sich durch ein gutes Sprachverständnis auch in einer Umgebung mit
störenden Hintergrundgeräu-schen ausgezeichnet hätten. Nach Einlegung des Widerspruchs habe sie sich, weil sie
sich in-zwischen an das gute Sprachverständnis mittels der später erworbenen Geräte, insbesondere auch in größeren
Personengruppen, gewöhnt habe, entschlossen diese Hörgeräte endgütig zu erwerben. Bei den anderen getesteten
Geräten sei es demgegenüber zu Rückkoppelungseffek-ten gekommen und die Unterscheidung von Worten in
geräuschvoller Umgebung sei deutlich erschwert gewesen. Sei eine bestimmte Hörhilfe notwendig, so habe die
Krankenkasse dieses Gerät im Rahmen des Sachleistungsprinzips im vollen Umfang und ohne Eigenleistung der
Versicherten zu gewäh-ren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssten sich Versi-
cherte nicht mit einer Teilkostenerstattung zufrieden geben. Das Bundessozialgericht (BSG) habe außerdem
entschieden, dass der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag die Leistungs-pflicht dann nicht begrenze, wenn er
für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreiche. Wenn die Festbeträge eine
Versorgung mit moderneren Geräten, die gegenüber den gelisteten Geräten wesentliche Gebrauchsvorteile aufwiesen,
generell nicht mehr ohne Zahlung eines Eigenanteils zuließen, widerspreche dies dem in Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz
(GG) verankerten Sozialstandsprinzips und dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Risiko,
finanzielle Mittel zur Hilfsmittelversorgung weit über den an-hand der Festbeträge prognostizierten Finanzbedarf
bereitstellen zu müssen, gehe in diesem Falle zu Lasten der Versicherungsträger, deren Spitzenverbände die
unzureichend differenzier-ten Festbeträge festgesetzt hätten. Die einem Hörbehinderten zustehenden Hörgeräte
müssten ein ausreichendes Sprachverständnis auch bei Störgeräuschen und auch dann gewährleisten können, wenn
sich mehrere Personen in einem Gespräch beteiligen. Dies sei aber, wie sie habe feststellen müssen, bei den
mehrkanaligen gelisteten Standardgeräte nicht der Fall. Soweit sie bisher den beruflichen Aspekt dieses Mankos der
Standardgeräte in den Vordergrund gerückt habe, erkläre sich dies ohne weiteres damit, dass sie die in diesem
Bereich unzureichende Leis-tung der Standardgeräte als besonderes nachteilig empfunden habe. Eine Trennung
zwischen ausreichendem Sprachverständnis in dieser sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich alltäglichen
Sprechsituation, deren Bewältigung sie vor besondere Schwierigkeiten stelle, er-scheine künstlich und praktisch nicht
durchführbar. Es handele sich hierbei nämlich um den Ausgleich einer körperlichen Grundfunktion, dem Hören, und
der damit unmittelbar verbunde-nen Möglichkeit zur Kommunikation, also um die Unterstützung einer Funktion, die in
jeder Situation und an jedem Ort, also in jeder Lebenssituation ausgeglichen werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. März 2007 und den Bescheid der Be-klagten vom 12. Mai 2004 in der
Fassung des Bescheides vom 14. September 2004, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.
Dezember 2009, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.341,80 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Urteil des BSG vom 18. Dezember 2009 sei auf den
vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da es dort "um die Versorgung eines tauben bzw. an Taubheit grenzenden
schwerhörigen Versicherten" gegangen sei.
Der Senat hat die Stellungnahmen der Hörgeräte-Akustikerin A-B vom 21. Oktober 2008 und 16. Dezember 2008
sowie der H GmbH vom 3. März 2009 – dieses Unternehmen hat den von Frau A-B geführten Betrieb übernommen –
veranlasst; wegen des Inhalts dieser Stellungnah-men wird auf Blatt 71, 73 und 75 der Gerichtsakte verwiesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die
Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren subjektiven Rechten, da ihr
gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 3.341,80 EUR zusteht.
1) Rechtsgrundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V.
Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die
selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung
notwendig war. Der Erstattungsan-spruch reicht nicht weiter als ein entsprechender – primärer –
Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche
die Kran-kenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Der Anspruch ist
demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt
und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiter-hin ein Ursachenzusammenhang zwischen
Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die
Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG, Urteil vom 17.
Dezember 2009, Az.: B 3 KR 20/08 R, veröffentlicht unter www.bundessozialgericht.de, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Denn die Beklagte hat ihre Leis-tungspflicht zu Unrecht auf
den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gege-benen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt
(dazu unten 3. - 12.). Außerdem hat sich die Klägerin die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die
Grenzen des Notwendigen gewahrt. Es fehlt auch nicht an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen
Leis-tungsablehnung und Kostenbelastung (hierzu unter 2.).
2) Der Kostenerstattungsanspruch scheitert nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leis-tungsablehnung und
Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse
eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung
entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten wesentlich auf der Leistungsversagung der
Krankenkas-se beruhen. Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leis-
tungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre, oder wenn der Versicherte auf eine
bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (BSG a.a.O.). Das ist hier nicht der Fall.
"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem
Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet als Anknüp-fungspunkt nur dann aus, wenn der
Versicherte schon zu diesem Zeitpunkt zur Anschaffung des Hilfsmittels unabhängig von der noch einzuholenden
Entscheidung seiner Krankenkasse entschlossen ist. Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die
regelmäßig Vorausset-zung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung
und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probewei-se
Hörgeräteüberlassung. Ein solcher Leistungsausschlussgrund ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Die Klägerin
hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich erst nach Einlegung des Widerspruchs aufgrund der bis dahin
eingetretenen Gewöhnung an das gute Sprachverständnis der streitge-genständlichen Hörgeräte zu deren Kauf
entschlossen habe. Der Senat sieht keinen Anlass, diese Angaben in Zweifel zu ziehen. Dass Hörgeräte von den
Leistungserbringern in der Regel für mehrere Wochen und Monate den Versicherten leihweise überlassen werden,
damit diese ihre Auswahl nicht nur anhand der Schallverhältnisse in den Geschäftsräumen der Hörgeräte-Akustiker
treffen, sondern die Hörgeräte in möglichst vielen alltäglichen Situationen ein-schließlich des Arbeitsplatzes testen
können, entspricht nicht nur der Beobachtung des Senats und anderer Gerichte, sondern auch den praktischen
Bedürfnissen eines länger währenden An-passungszeitraums zur Erreichung eines optimalen Hörergebnisses (vgl.
Sozialgericht Würz-burg, Urteil vom 12. Mai 2009, Az.: S 4 KR 116/07, veröffentlicht in Juris). Die Selbstbeschaf-fung
der Hörgeräte fand somit erst nach der erstmaligen Leistungsablehnung durch die Beklag-te statt.
3) Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, hier in der zum
Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des GKV-Modernisie¬rungs¬gesetzes (GMG) vom 14.
November 2003 (im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen,
Körperersatzstücken, orthopädi-schen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung
ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu
sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach §
33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht
nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der
Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1
SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforder-lich sind.
4) Hörgeräte stellen zwar – mit Ausnahme von Cochleaimplantaten – keine Körperersatzstücke i.S.v. § 33 Abs 1 Satz
1 SGB V dar; andernfalls wäre deren Anführung in der Vorschrift ent-behrlich. Sie stehen ihnen aber insoweit
funktionell gleich, als sie ungeachtet ihrer Funktions-weise unmittelbar auf die mindestens teilweise Wiederherstellung
des körpereigenen Hörver-mögens und nicht lediglich auf den Ausgleich mittelbarer Behinderungsfolgen ausgerichtet
sind. Dienen sie somit dem unmittelbaren Behinderungsausgleichs, ist die Hilfsmittelversor-gung grundsätzlich von
dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands
des medizinischen und technischen Fort-schritts. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen,
technisch weiterentwi-ckelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versor-
gungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens
mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Für den Bereich der Hör-hilfen bedeutet dies, dass erforderlich ist, was die
bestmögliche Angleichung an das Hörver-mögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen
erheblichen Gebrauchs-vorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet (BSG a.a.O.). Entgegen der Auffassung des Sozial-
gerichts hat die Beklagte daher nicht nur für die Aufrechterhaltung eines – wie auch immer zu bestimmenden –
Basishörvermögens aufzukommen, sondern auch für das Hören und Verste-hen bei Gruppengesprächen und bei
störenden Umgebungsgeräuschen.
5) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die
Leistungen müssen danach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaft-lich sein und dürfen das Maß des Notwendigen
nicht überschreiten; Leistungen, die nicht not-wendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht
beanspruchen, dürfen die Leis-tungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge
verpflich-tet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal
gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprü-che auf teure Hilfsmittel, wenn
eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nach¬teilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist;
Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag
der GKV ist eine kos-tenaufwendige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die
einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht
besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die
Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile.
Desgleichen kann eine Leistungs-begrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels
ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können
schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchs-nutzens ein als
unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG a.a.O.). Solche Begrenzungen sind im
vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
a) Die vorangegangene Versorgung der Klägerin mit einem Hörgerät des Modells Widex Senso CX liegt 7 Jahre
zurück. Die Frist von 6 Jahren (Ziffer 69 der im Jahre 2004 geltenden, auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6
SGB V erlassenen Hilfsmittel-Richt¬li¬ni¬en (HM-RL aF) des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA)), die für die
Wiederverordnung einer Hör-hilfe ohne besondere Begründung verstrichen sein muss, ist somit überschritten. Die
alten Hör-geräte der Klägerin befanden sich nach deren Angaben nicht auf dem aktuellen technischen Stand und
zeigten Altersschwächen. Letzteres entspricht dem natürlichen Verschleiß, dem Hörgeräte aufgrund ihrer Exposition
gegenüber Witterung und wegen des ständigen Hautkon-takts unterliegen (vgl. Sozialgericht Dresden, Urteil vom 8.
September 2005, Az.: S 18 KR 499/03, veröffentlicht in Juris).
b) Der nach den HM-RL aF für die Versorgung mit einem Hörgerät vorausgesetzte Hörverlust liegt bei der Klägerin vor.
Zwar wurde im o.g. Anpassbericht vom 16. April 2004 die Frage (vgl. Ziffer 62.2, 1. Hs. HM-RL aF), ob der
tonaudiometrische Hörverlust "bei wenigstens einer Prüffrequenz 500, 750, 1000, 2000, 3000 Hz mindestens 30 dB
auf dem besser hörenden Ohr" be-trägt, verneint. Hierbei muss es sich jedoch um eine – möglicherweise der
umständlichen Formulie-rung der Frage geschuldete – versehentliche Fehleintragung handeln. Denn beiden
vorliegenden Tonaudiogrammen (des Anpassberichts und der ohrenärztlichen Verordnung) ist unzweideutig zu
entnehmen, dass der Hörverlust der Kläger auf dem besseren rechten Ohr bei den Frequenzen 500, 1000, 2000 und
3000 Hz jeweils mehr als 30 dB betrug. Ferner lag die Verstehensquote für einsil-bige Worte auf dem besseren
rechten Ohr bei 65 dB mit nur 70 % – entsprechend Ziffer 62.2, 2. Hs. HM-RL aF – unterhalb der Grenze von 80 %.
c) Auch die Anforderungen für eine beidohrige Versorgung nach Ziffer 64.1 HM-RL aF sind erfüllt. Durch die beidohrige
Versorgung wird gegenüber der einohrigen Versorgung das Sprachverstehen im Störgeräusch nicht nur um die
geforderten 10 %, sondern sogar um 15 % (vgl. Ziffer 10 b) des Anpassberichts) verbessert. Zweifel daran, dass
– die auditive Kommunikationsbehinderung nicht beidseitig effektiv versorgbar ist, &8722; nicht zu erwarten ist, dass
beide Hörgeräte durch den Patienten gleichzeitig benutzt werden können, oder &8722; die Fähigkeit zur
sachgerechten Bedienung von zwei Hörgeräten bei der Klägerin nicht vor- handen ist,
sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
d) Die Notwendigkeit, mit einem mehrkanaligen Hörgerät versorgt zu werden, ergibt sich im Fall der Klägerin aus dem
frequenzabhängig unterschiedlichem Verstärkungsbedarf bzw. der eingeschränkten Dynamik (vgl. Ziffer 64.4 HM-RL
aF), wie der Senat der im Widerspruchs-verfahren eingeholten Begründung der behandelnden HNO-Ärztinnen
entnimmt und wie der MDK in seiner Stellungnahme vom 8. September 2004 im Ergebnis bestätigt hat. Auch die
Ausstattung der Hörgeräte mit einer AGC ist wegen des eingeschränkten Dynamikbereichs erforderlich (vgl. ebenfalls
Ziffer 64.4 HM-RL aF).
e) Einen ausreichenden Ausgleich der Hörbeeinträchtigung der Klägerin gewährleisten nur die streitgegenständlichen
Hörgeräte. Mit den anderen beiden von ihr getesteten o.g. Hörgeräten erzielte die Klägerin ein wesentlich schlechteres
Sprachverstehen als mit den streitgegenständ-lichen, wie sich aus dem o.g. Anpassbericht der Hörgeräteakustikerin
A-B ergibt. Danach be-trug die Verstehensquote mit dem Hörgerät Senso Diva CIC bei der Freifeldmessung (65 dB, 1
m Abstand) rechts und links jeweils 85 %, bei den anderen beiden Hörgeräte demgegenüber nur 70 bzw. 65 %.
Letztere ermöglichten der Klägerin i.ü. kein gutes Sprachverständnis bei störenden Hintergrundgeräuschen und in
wechselnden Hörsituationen. Der Senat legt auch insoweit die glaubwürdigen klägerischen Angaben, die von der
Beklagten nicht in Zweifel ge-zogen wurde, seinen Feststellungen zugrunde.
Anhaltspunkte dafür, dass die o.g. Hörverbesserungen mit anderen - kostengünstigeren - Hör-geräten oberhalb der
Festbetragsgrenze ebenso zu erreichen gewesen wäre und der Klägerin demzufolge die Inanspruchnahme einer
kostengünstigeren Versorgung hätte zugemutet werden können, sind nicht ersichtlich.
6) Dieser als notwendig festgestellte Versorgungsbedarf gilt auch im Rahmen der Festbetrags-regelung. Sie stellt eine
besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots dar, legitimiert aber nicht zu grundsätzlichen Einschnitten in den
GKV-Leistungskatalog.
a) In dem vom Sachleistungsgrundsatz bestimmten System der GKV trifft das Risiko, für überhöhte
Vergütungsansprüche aufkommen zu müssen, grundsätzlich die Krankenkassen und Beitragszahler, nicht aber die
Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen. Dem grundlegenden Strukturprinzip entsprechend erhalten sie
die GKV-Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen und – von besonders geregelten
Ausnah-men abgesehen – mithin grundsätzlich kostenfrei. Demgemäß obliegt die kostengünstige Ab-wicklung der
GKV-Versorgung im Wesentlichen den Krankenkassen, die dazu mit den zustän-digen
Selbstverwaltungskörperschaften der Leistungserbringer sowie zum Teil auch mit Leis-tungserbringern selbst Verträge
über Organisation, Abwicklung und Erbringung der Versor-gung schließen (vgl. insbesondere §§ 72 Abs. 1, 109, 112,
115, 125, 127, 129, 132a Abs. 2 und 133 ff SGB V). Eingeschlossen hierin ist grundsätzlich auch die Verantwortung
für die Wah-rung der angemessenen Vergütung. Demgegenüber sind die Versicherten, von Zuzahlungen abgesehen,
zur prinzipiell kostenfreien Inanspruchnahme der bewilligten Leistungen bei allen Leistungserbringern berechtigt, die
zur Versorgung von GKV-Versicherten befugt sind. Dies entlastet die Versicherten einerseits von dem Risiko, dass
die Krankenkasse eine Vergütung im Nachhinein als überhöht ansieht und nicht vollständig trägt. Andererseits besteht
weder für Versicherte noch für Leistungserbringer ein Anreiz für eine kostengünstige Versorgung mit Arznei-, Heil- und
Hilfsmitteln. Solange für die nachfragenden Versicherten die Preise ohne Belang sind, besteht auch für die Hersteller
kein Anlass zum Preiswettbewerb (BSG a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerfGE 106, 275 - Arzneimittelfestbetrag -).
b) Diesem Strukturdefizit hat der Gesetzgeber bei der Einfügung der GKV in das SGB durch das Gesetz zur
Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) u.a. durch
die Festbetragsregelungen der §§ 35 und 36 SGB V zu begegnen gesucht. Vorbild für die Hilfsmittelfestbeträge (§ 36
SGB V) war und ist die Rege-lung für den Arzneimittelsektor in § 35 SGB V. Hiernach sollte ein Preiswettbewerb unter
den Arzneimittelherstellern vor allem dadurch ausgelöst werden, dass die Leistungspflicht der GKV auf die Vergütung
preisgünstiger Arzneimittel beschränkt wird. Dazu sind Gruppen von Arzneimitteln zu bilden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB
V) und sodann die Geldbeträge festzusetzen, mit denen einerseits eine ausreichende medizinische Versorgung
gewährleistet, andererseits aber ein Preiswettbewerb unter den Herstellern ermöglicht wird (§ 35 Abs. 5 Satz 1 und 2
SGB V). Die Versicherten können zwar weiter unter allen medizinisch notwendigen und ihnen verordneten
Arzneimitteln frei wählen. Die Leistungspflicht der GKV war und ist jedoch auf den im Vorhinein festgesetzten und in
regelmäßigen Abständen zu überprüfenden Festbetrag begrenzt (§ 31 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Hierdurch sollte den
Versicherten ein Anreiz zur Wahl preisgünstiger Mittel gegeben werden, ohne ihren Anspruch auf das im Einzelfall
medizinisch erforderliche Mittel einzuschränken (BSG a.a.O.).
c) Dieses Konzept hat der Gesetzgeber entsprechend auf die Hilfsmittelversorgung übertragen, im Zeitpunkt der
Leistungsverschaffung hier nach § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. §§ 36 und 35 Abs. 5 und 7 SGB V, jeweils in der
im Jahre 2004 geltenden Fassung. Danach sind die Kos-ten der Hilfsmittelversorgung von der Krankenkasse bis zur
Höhe des Festbetrages zu tragen, wenn "für ein erforderliches Hilfsmittel ein Festbetrag nach § 36 festgesetzt" ist (§
33 Abs. 2 Satz 1 SGB V aF). d) Rechtsgrundlage für die Umsetzung dieser preisbegrenzenden Wirkungen im
Hilfsmittelbe-reich ist die Ermächtigung des § 36 SGB V aF. Danach waren die Spitzenverbände der Kran-kenkassen
zur Bestimmung der Hilfsmittel berechtigt, "für die Festbeträge festgesetzt werden" (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Dies
soll für "in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel" in Gruppen zusammengefasst erfolgen (§ 36 Abs. 1
Satz 2 SGB V). Auf dieser Grund-lage hatten die Spitzenverbände der Krankenkassen erstmals zum 31.12.2004
bundeseinheitli-che Hilfsmittelfestbeträge festzulegen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 SGB V aF); bis dahin waren nach Satz 2
dieser Vorschrift - wie vorliegend - jeweils für den Bereich eines Landes die von den Landesverbänden der
Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen getroffenen Fest-setzungen maßgeblich. Materiell maßgebend
sind gemäß § 36 Abs. 3 SGB V die Kriterien des § 35 Abs. 5 SGB V für die Arzneimittelfestbeträge. Demgemäß galt
und gilt im Wesentlichen bis heute unverändert: "Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine
ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben
Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich
deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungs-möglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die
Therapie hinreichende Arz-neimittelauswahl sicherzustellen" (§ 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V aF).
e) Diese Befugnisse berechtigen nicht zu Einschränkungen des GKV-Leistungskatalogs, son-dern zu
Leistungsbegrenzungen nur im Hinblick auf die Kostengünstigkeit der Versorgung (BSG a.a.O.; BVerfG a.a.O.).
Danach bestehen zwar keine grundsätzlichen verfassungsrechtli-chen Bedenken gegen die Festbetragsregelungen.
Das BVerfG (a.a.O.) hat aber im Hinblick auf die Festbetragsregelung für Hilfsmittel ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass der Gesetz-geber das Sachleistungsprinzip nicht aufgegeben habe und der Gesetzestext keine Stütze für die in
den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachte Annahme biete, dass Versicherte insbe-sondere in der
Anfangsphase der Regelung notwendige Leistungen nur mit Zuzahlung erhalten könnten. Vielmehr sei die
Festbetragsfestsetzung eine Maßnahme des Verwaltungsvollzugs, deren Maßstäbe dem Wirtschaftlichkeitsgebot
entsprächen, aber nicht zu Begrenzungen der Leistungsansprüche auf Teilleistungen ermächtigten. Soweit die
Versicherten sich an notwen-digen Leistungen mit Eigenanteilen zu beteiligen hätten, müsse der Gesetzgeber dies
selbst regeln. Dem hat sich der 3. Senat des BSG angeschlossen und ergänzend ausgeführt, dass ein
Hilfsmittelfestbetrag keine Leistungsbegrenzung bewirkt, soweit er für den Ausgleich der kon-kret vorliegenden
Behinderung objektiv nicht ausreicht (BSGE 90, 220, 224).
7) Soweit der Festbetrag für den Behinderungsausgleich objektiv nicht ausreicht, bleibt es bei der Verpflichtung der
Krankenkasse zur - von Zuzahlungen abgesehen - kostenfreien Versor-gung der Versicherten.
a) Grundsätzlich allerdings genügt die Krankenkasse ihrer Leistungspflicht im Geltungsbereich einer
Festbetragsfestsetzung durch den und bis zu dem jeweiligen Festbetrag. Demgemäß er-füllt sie ihre Leistungspflicht
mit dem Festbetrag, wenn für eine Leistung ein solcher festge-setzt ist (§ 12 Abs. 2 SGB V); sie trägt die
Versorgungskosten bis zur Höhe des jeweiligen Festbetrages (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB V - Arzneimittel - und § 33
Abs. 2 Satz 1 SGB V aF). Voraussetzung dieser Erfüllungswirkung ist indes die Rechtmäßigkeit des Festbetrages.
Eine Festbetragsfestsetzung ist nicht rechtmäßig, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag
unmöglich ist. Dieser Ansatz begünstigt einerseits die Krankenkassen, die nicht in jedem Einzelfall zu prüfen haben,
ob ausnahmsweise Anlass zur Versorgung mit Arznei-, Verband- oder Hilfsmitteln ohne Festbetragsbindung besteht.
Umgekehrt darf ein Festbetrag leistungsbegrenzende Wirkung nur entfalten, wenn er im Zeitpunkt der beanspruchten
Versor-gung den Anforderungen insbesondere von § 35 Abs. 5 SGB V genügt. Insoweit liegt das Risi-ko der
ausreichenden Festbetragsbemessung bei den Krankenkassen, nicht aber bei den Versi-cherten.
b) Dem steht der Rechtscharakter der Festbeträge als Allgemeinverfügung nicht entgegen. Zwar besitzt eine
Festbetragsregelung mit dieser Rechtsqualität Gültigkeit bis zu ihrer Aufhe-bung oder Änderung. Jedoch kann ihr
keine Tatbestandswirkung dahin zukommen, dass ihre Rechtmäßigkeit im Rechtsstreit um die Versorgung mit einer
GKV-Leistung ungeprüft zu blei-ben hat. Eine solche Wirkung wäre mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4
GG unver-einbar. Diese gebietet vielmehr, dass die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung als ein für die
Leistungsbewilligung maßgeblicher Akt hoheitlicher Gewalt im Rechtsstreit mit dem Einwand zur Überprüfung gestellt
werden kann, die Festsetzung sei von Anfang an oder durch Zeitablauf partiell oder vollständig rechtswidrig und reiche
demgemäß zum Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht aus. Verfassungskonform können die
Vor-schriften zur Erfüllungswirkung der Festbeträge insbesondere in den §§ 12 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1 SGB V und §
33 Abs. 2 Satz 1 SGB V aF deshalb nur so verstanden werden, dass sie als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal
die - anfängliche oder fortdauernde - Rechtmäßigkeit der Leistungsbegrenzung durch den maßgeblichen Festbetrag im
Zeitpunkt der beanspruchten Ver-sorgung voraussetzen. Anders ist auch die aus der Dauerwirkung der Festbeträge
u.U. resultie-rende Problematik nicht auflösbar, dass ein zum Festbetrag anfangs ausreichend zu erfüllender
Versorgungsbedarf mangels genügender Fortschreibung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr hinreichend erfüllt
werden kann.
8) Objektiv ausreichend ist der Festbetrag, wenn die Vergütung - von atypischen Ausnahmefäl-len abgesehen - die
erforderliche Versorgung prinzipiell jedes betroffenen Versicherten ab-deckt. Hieran ändert auch das
Tatbestandsmerkmal "im Allgemeinen" in § 35 Abs 5 Satz 1 SGB V nichts.
a) Nach § 35 Abs. 5 Satz 1 SGB V haben die Festbeträge "im Allgemeinen" eine ausreichende, zweckmäßige und
wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung zu gewährleis-ten. Damit sind die für die Versorgung im
Einzelfall wesentlichen Versorgungsmaximen des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V einerseits und
des Leistungsstandards nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V andererseits entsprechend auf die Festbetragsregelung
übertragen. Demgemäß sind die Maßstäbe für Festbetragsfestsetzungen und Einzelfallentscheidungen in der GKV
grundsätzlich identisch. Jedoch können sie im Rahmen der Festbetragsfestsetzung nur generalisierend beurteilt
werden. Dem trägt die Formulierung des § 35 Abs. 5 Satz 1 SGB V Rechnung, dass die dort angeführten Kriterien "im
Allgemeinen" erfüllt sein müssen. Hiermit ist nicht zum Ausdruck gebracht, dass ein Festbetrag nur global eine
ausreichende Versorgung zu ermöglichen hat und ein - wie auch immer zu bestimmender - Teil von Versi-cherten
auch für notwendige medizinische Leistungen auf private Zuzahlungen zu verweisen ist (so aber BT-Drs. 11/2237, S.
176). Dies würde, wie bereits vom BVerfG ausgeführt, der Festbetragsbestimmung den Charakter des
Verwaltungsvollzugs nehmen und Entscheidungen des Gesetzgebers dazu voraussetzen, in welchen Fällen und unter
welchen Voraussetzungen sich Versicherte über die gesetzlich allgemein angeordneten Zuzahlungen hinaus (für die
Arz-nei- und Hilfsmittelversorgung vgl. §§ 31 Abs. 3 und 33 Abs. 8 i.V.m. § 61 SGB V) im Einzel-fall mit zusätzlichen
Beträgen an den Kosten ihrer Versorgung mit medizinisch notwendigen Leistungen zu beteiligen haben. Demgemäß
kann das Merkmal "im Allgemeinen" nur auf die Gesamtheit der in § 35 Abs. 5 Satz 1 SGB V aufgeführten
Bemessungskriterien bezogen sein. Verlangt ist hiernach, dass - von "äußersten und eher zufälligen Ausnahmen"
abgesehen - die für die Festbetragsfestsetzung notwendige Abwägung zwischen dem Versorgungsbedarf einer-seits
und der Wirtschaftlichkeit der Versorgung andererseits für grundsätzlich jede Hilfsmittel-versorgung so vorzunehmen
ist, dass alle bei der Festsetzung zu beachtenden Vorgaben ange-messen Berücksichtigung finden.
b) Für diese Abwägung bilden die Bemessungskriterien nach § 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V eine obere und eine
untere Festsetzungsgrenze. Zunächst ist der Festbetragsfestsetzung als obe-re Preisgrenze vorgegeben, dass die
Versorgung wirtschaftlich zu sein und sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten
auszurichten hat (§ 35 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V); demzufolge sollen z.B. die Festbeträge im
Arzneimittelsektor im Regelfall das untere Drittel der Preisspanne des jeweiligen Marktes nicht übersteigen (§ 35 Abs.
5 Satz 4 SGB V). Andererseits dürfen die Festbeträge nicht so niedrig bemessen sein, dass die erforder-liche
Versorgung nicht hinreichend gewährleistet ist; diese untere Preisgrenze gewährleistet die Leistungsansprüche der
Versicherten und darf nicht unterschritten werden.
c) Gewährleistet ist die erforderliche Versorgung zum Festbetrag, wenn sich ein Betroffener die ihm zustehende
Leistung mit einem Mindestmaß an Wahlmöglichkeit zumutbar beschaffen kann. Insoweit gilt für seinen Anspruch
zunächst das allgemeine Leistungsrecht des SGB V. Im Rahmen der Festbetragsbestimmung hat er aber auch
Anspruch auf die Wahl therapeuti-scher Alternativen, wie z.B. die Regelungen zur Gruppenbildung bei Arzneimitteln
mit ver-gleichbaren Wirkstoffen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V) und vergleichbarer Wirkung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr.
3 SGB V) sowie zur Arzneimittelauswahl (§ 35 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V) zeigen. Deshalb hat der Festbetrag
im medizinisch vertretbaren Rahmen regelmäßig Raum für eine hinreichende Auswahl unter verschiedenen
Versorgungsmöglichkeiten zu belas-sen. Zudem sind Zumutbarkeitsgesichtspunkte zu beachten; es reicht nicht aus,
dass überhaupt ein Leistungserbringer die notwendige Leistung bereit hält. Erforderlich ist vielmehr, dass die-ser
angemessen erreichbar und seine Inanspruchnahme auch ansonsten zumutbar ist. Dieser Rechtsgedanke war in der
übergangsweise am 1. Januar 2004 in Kraft und am 1. April 2007 außer Kraft getretenen Regelung des § 33 Abs. 2
Satz 3 SGB V aF ausdrücklich angelegt, ist nunmehr in § 127 Abs. 3 Satz 1 SGB V fortgeführt und liegt implizit auch
weiterhin allen Fest-betragsregelungen zugrunde. Das schließt die Verweisung auf Festbetragsleistungen aus, so-weit
sich ein Versicherter zum Festbetrag nur mit einem ihm nicht zumutbaren Aufwand oder mit nicht zuzumutenden
Einbußen an Anpassungsleistungen versorgen könnte (vgl. BT-Drucks 15/1525 S. 85; BSG, Urteil vom 17. Dezember
2009, a.a.O.).
9) Von der Aufgabe einer ausreichenden Festbetragsbemessung selbst abgesehen, enthebt die Festbetragsregelung
die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungs-verantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für
die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und
Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick
über die Marktlage und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwie-rig zu erlangen
ist. Das Festbetragsregime setzt nicht die Verantwortung der Krankenkassen für die Leistungsverschaffung im
Rahmen des Sachleistungsprinzips außer Kraft, sondern modifi-ziert nur das Entscheidungsverfahren zur
Bestimmung der angemessenen Leistungsvergütung (BSGE 90, 220). Insoweit gilt die Verpflichtung, Versicherten bei
einem unübersichtlichen Leistungsangebot einen konkreten Weg zu den gesetzlich möglichen Leistungen aufzuzeigen
(BSGE 96, 161), gerade auch hier. Zweifelhaft kann deshalb sein, ob schon die abstrakte Mög-lichkeit einer
ausreichenden Versorgung zum Festbetrag zur Erfüllung der Leistungspflicht ausreicht, wenn der Versicherte trotz
zumutbarer eigener Anstrengungen den Weg zu der er-forderlichen Versorgung nicht findet (BSG, Urteil vom 17.
Dezember 2009, a.a.O.).
10) Maßgebend für die gerichtliche Beurteilung des Festbetrages in tatsächlicher Hinsicht ist der Versorgungsbedarf,
wie er von dem zu entscheidenden Einzelfall ausgehend für jeden Be-troffenen in vergleichbarer Lage allgemein
besteht. Das folgt aus der Rechtsnatur der Festbe-tragsfestsetzung. Als Allgemeinverfügung mit Dauerwirkung trifft
sie eine konkret-indi¬vi¬du¬el¬le Regelung gegenüber einem nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren
Personenkreis. So-weit diese Adressaten einen sachlich und zeitlich übereinstimmenden Versorgungsbedarf ha-ben,
lässt sich die Rechtmäßigkeit der Festbetragsfestsetzung nur einheitlich beurteilen. Maß-geblich ist insoweit nicht die
Möglichkeit der ausreichenden Versorgung im konkreten Einzel-fall, sondern die ausreichende Bemessung des
Festbetrages zur Erfüllung des Versorgungsbe-darfes, wie er sich in diesem Rechtsstreit allgemein darstellt. Im
vorliegenden, die Klägerin betreffenden Fall ist das die Gruppe der hochgradig Schwerhörigen, d.h. mit einem
beidseiti-gen Hörverlust von 60 bis 80 % (vgl. zur Klassifizierung: Teil B, Ziffer 5.2.4, der Anlage
"Versorgungsmedizinische Grundsätze", Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung). Anzeichen für eine
atypische Versorgungslage, für die möglicherweise andere Prinzipien gel-ten könnten, sind nicht erkennbar.
Rechtmäßig wäre die Verweisung der Klägerin auf die Fest-betragsversorgung deshalb nur, wenn jeder Versicherte mit
einem solch erheblichen Hörverlust mit Festbetragshörgeräten ausreichend versorgt wäre, und zwar hier nach der im
Jahr 2004 geltenden Festsetzung zum Preis von 440.- EUR (Pos.-Nr. 13.20.03 der o.g. Festbetragsfestset-zung).
11) Zur Versorgung von hochgradig schwerhörigen Versicherten war die Festbetragfestsetzung für Hörgeräte im Jahr
2004 im Land Berlin nicht mehr ausreichend.
a) Schon bei der Klägerin blieb die Versorgung mit einem Festbetragshörgerät hinter den Mög-lichkeiten zurück, die
nach dem Stand der Hörgerätetechnik zu diesem Zeitpunkt bestanden und Menschen mit hochgradiger
Hörbehinderung wesentliche Gebrauchsvorteile im Alltagsle-ben boten. Denn die Versorgung mit den von der o.g.
Hörgeräteakustikerin zum Festbetrag angebotenen Hörgeräten führte bei der Klägerin zu Rückkoppelungseffekten;
außerdem war die Unterscheidung von Worten in geräuschvoller Umgebung deutlich erschwert. Die diesbe-züglichen
Angaben der Klägerin legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde; sie sind nach-vollziehbar und wurden auch von
der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Klägerin wäre bei einer Versorgung mit Hörgeräten zum Festbetrag
angesichts ihrer Hörbehinderung deutlich hinter dem umfassenden Hörvermögen gesunder Menschen zurückgeblieben
und musste sich deshalb nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 SGB V nicht darauf verweisen lassen, auf die Nutzung
dieser technischen Möglichkeiten zu verzichten, indem sie ¬– in der Regel mit unangenehmen Pfeifgeräuschen
verbundene – Rückkoppelungseffekte sowie eine erheblich erschwerte Unter-scheidung von Worten bei geräuschvoller
Umgebung, also etwa im Straßenverkehr, in Ein-kaufspassagen oder in zahlreichen öffentlichen oder öffentlich
zugängliche Gebäuden, hin-nimmt.
b) Anhaltspunkte dafür, dass solche Defizite bei der Versorgung einer hochgradigen Schwerhö-rigkeit nur bei der
Klägerin aufgetreten sind, lassen sich nicht festzustellen. Vielmehr erfordert die Unterdrückung von
Rückkopplungseffekten bei der von hochgradig Schwerhörigen benö-tigten großen Verstärkungsleistung grundsätzlich
einen besonderen technischen Aufwand, was bei den im Jahre 2004 verfügbaren Festbetragshörgeräten nicht
ausreichend gelang (vgl. BSG a.a.O.). Dieses Ergebnis wird durch sozialgerichtliche Feststellungen in anderen
Verfahren bestätigt: So ist das Sozialgericht Neubrandenburg (Urteil vom 10. Juni 2008, Az.: S 4 KR 39/04,
veröffentlicht in Juris) nach Auswertung zahlreicher Auskünfte u.a. von Berufsverbän-den, Verbänden der
Krankenkassen und einer Interessenvertretung Schwerhöriger sowie eines wissenschaftlichen Gutachtens zur
Hörgeräteversorgung im Rahmen der gesetzlichen Unfall-versicherung zu der Überzeugung gelangt, dass selbst bei
einer mittelgradigen Schwerhörigkeit eine Versorgung mit Festbetragshörgeräten nicht ausreichend ist. In dieselbe
Richtung weist auch die Antwort der damaligen Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für
Gesundheit Caspers-Merk vom 1. Juli 2009 auf eine parlamentarische Anfrage zur Hörgeräte-versorgung (BT-Drs.
16/13710, S. 27f). Danach ist die Frage des Versorgungsbedarfs hochgra-dig schwerhöriger Menschen Gegenstand
einer wissenschaftlichen Studie zur Ermittlung des spezifischen Versorgungsbedarfs dieser Menschen; diese sei
jedoch noch nicht abgeschlossen. Einer solchen Studie bedürfte es nicht, wenn eine ausreichende Versorgung dieses
Personen-kreises durch Festbetragshörgeräte gesichert wäre. All dies lässt für den Senat nur den Schluss zu, dass
mit den zur Verfügung gestellten Festbetragshörgeräten eine ausreichende Versorgung hochgradig schwerhöriger
Versicherter im Jahre 2004 nicht gewährleistet war und die Beklagte demzufolge auch für die weitergehenden Kosten
der Hörgeräteversorgung der Klägerin aufzu-kommen hat.
12) Der Senat verkennt nicht, dass die Krankenkassen grundsätzlich über die Wirtschaftlichkeit einer Versorgung zu
wachen haben (§ 12 Abs. 1 SGB V) und hierbei gerade im Bereich der Hörgeräteversorgung vor besondere
Anforderungen gestellt sind. Schon die Weiterentwicklung und Perfektionierung der Hörgerätetechnik zieht höhere
Versorgungskosten nach sich, weil die Möglichkeiten zum Ausgleich mangelhaften Hörvermögens durch digitale
Geräte immer bes-ser werden. Zusätzliche Probleme ergeben sich bei der Beurteilung der individuellen Versor-
gungsnotwendigkeit, weil die Gebrauchsvorteile teurer Geräte mit objektivierbaren Verfahren nicht immer ausreichend
messbar sind. Vor allem aber ist der Markt für die Hörgeräteversor-gung aus dem Blickwinkel der Versicherten und der
Krankenkassen durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet und bietet deshalb für die Leistungserbringer
wenig Anreize für kostengünstige Versorgungen. So nähren Hinweise auf wettbewerbswidrige Praktiken von
Herstellern weiterhin den Verdacht, dass das Preisniveau durch überzogene Gewinnspannen bei Handel und
Herstellern beeinflusst ist (vgl. BSG a.a.O.). Das ändert jedoch nichts daran, dass die Krankenkassen auf der
Grundlage des geltenden Rechts zu Leistungseinschränkungen nicht befugt sind und hierzu auch die
Festbetragsregelung nicht ermächtigt. Solche Entschei-dungen könnten vielmehr nur vom Gesetzgeber selbst
getroffen werden. Auf der Basis des gel-tenden Rechts ist es hingegen Aufgabe der Krankenkassen und des MDK,
Maßstäbe und Ver-fahren zur Beurteilung der Erforderlichkeit der Versorgung im Einzelfall zu entwickeln und im
Rahmen von Verträgen mit Leistungserbringern eine kostengünstige Hörgeräteversorgung zu organisieren und zu
gewährleisten. Dabei sind weiterhin die Grundsätze zu beachten, die das BSG in seiner Rechtsprechung zur
Hilfsmittelversorgung dem Gebot der wirtschaftlichen Ver-sorgung entnommen hat (s.o.).
13) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechts-streits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.