Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.07.2008

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
14. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 14 B 774/08 AS PKH
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 5 Abs 1 S 2 SGB 2, § 73a SGG,
§ 114 ZPO, § 7 Abs 5 SGB 2, § 2
Abs 1 S 1 Nr 2 BAföG
Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für
Auszubildende bei Ausbildungsförderung -
Verfassungsmäßigkeit - abstrakte Förderungsfähigkeit -
besonderer Härtefall bei jungen Ausländern
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom
13. April 2007 geändert. Dem Antragsteller wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht
ab Antragstellung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B T, G-W-Str. Berlin
beigeordnet, Raten aus dem Einkommen oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu
leisten.
Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde erweist sich als begründet, soweit das Sozialgericht mit dem
angefochtenen Beschluss die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat. Dem
bedürftigen Antragsteller hat nicht die erforderliche, aber auch ausreichende
hinreichende Erfolgsaussicht (§§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -, 114 der
Zivilprozessordnung - ZPO - ) für sein Rechtsschutzbegehren gefehlt.
Zwar hatte der Antragsteller gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs, Zweites
Buch - SGB II – als Auszubildender, dessen Ausbildung im Rahmen des
Berufsausbildungsförderungsgesetzes - BAFöG - dem Grunde nach förderungsfähig war,
keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Für den
Ausschluss kommt es auf die Art der Ausbildung an, nicht ob ein Anspruchsteller die
persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung nach dem BAFöG erfüllt oder gar
tatsächlich gefördert wird (Bundessozialgericht – BSG –, Urteil v. 6. September 2007 – B
14/7b AS 28/06 R -). Der Antragsteller besuchte eine Berufsfachschule, deren Besuch
eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzte und die in einem zweijährigen
Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss, hier zum Ausbaufacharbeiter,
vermittelte. Seine Ausbildung war demnach dem Grunde nach förderungsfähig gemäß §
2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAFöG. Unbeachtlich ist, dass der Antragsteller als jugoslawischer
Staatsangehöriger trotz der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis wegen § 8 BAFöG in der
bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung keine Ansprüche auf
Ausbildungsförderung hatte. Denn dies betrifft die persönlichen Voraussetzungen für
eine Förderung, auf die es im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht ankommt. Dass
Leistungen nach dem SGB II ohne Rücksicht darauf ausgeschlossen sind, ob und in
welcher Höhe eine Förderung nach dem BAFöG tatsächlich erfolgt oder zumindest
erfolgen könnte, begegnet nach der Rechtsprechung des BSG auch keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken (Urteil v. 6. September 2007 – B 14/7b AS 28/06 R -).
Allerdings war hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller die Voraussetzungen
für eine darlehensweise Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende erfüllen würde. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 SGB II können trotz des
grundsätzlichen Ausschlusses von Leistungen wegen des Besuchs einer
förderungsfähigen Ausbildung in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes als Darlehen gewährt werden. Nach der bis zum 31. Dezember 2007
geltenden Rechtslage war in den Fällen eines Ausschlusses nach § 8 BAFöG die
Annahme eines Härtefalles im Rahmen des SGB II naheliegend, weil die Möglichkeiten für
jüngere Ausländer, eine Ausbildung absolvieren zu können, die dem Grunde nach
förderungsfähig nach dem BAFöG ist, dadurch beschränkt waren, dass sie
Sozialleistungen zur Finanzierung weder nach dem SGB II noch nach dem BAFöG
erhalten konnten, was ihre Aussichten auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt schmälerte.
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erhalten konnten, was ihre Aussichten auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt schmälerte.
Aus der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neufassung des § 8 BAFöG, wonach
nunmehr im Rahmen der persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung nach dem
BAFöG ausreicht, dass ein Ausländer einen Wohnsitz im Inland und eine
Aufenthaltserlaubnis hat, lässt sich ableiten, dass auch der Gesetzgeber den bisherigen
Rechtszustand als unbefriedigend empfand. Dem entspricht es, dass sich der
Antragsgegner schließlich mit Schriftsätzen vom 2. November 2007 und 22. Januar 2008
zu einer Darlehensgewährung bereits erklärt hatte, nachdem die Staatministerin für
Integration am 12. Juli 2007 eine entsprechende Handhabung der Härtefallregelungen
angeregt hatte. Darin liegt keine Reaktion auf eine „Rechtsänderung“, sondern die
Anerkennung eines von Anfang an bestanden habenden Härtegrundes. Daraus ergibt
sich, dass in dem Verfahren vor dem Sozialgericht ein (teilweiser) Erfolg des
Antragstellers aus Härtegesichtspunkten hinreichend wahrscheinlich war, so dass
Prozesskostenhilfe gewährt werden musste.
Der Ausschluss der Erstattung von Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus den §§
73 a SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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