Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.06.2009

LSG Berlin und Brandenburg: muttersprache, ungarisch, zugehörigkeit, familie, altersrente, soziale sicherheit, kommission, eltern, heimatort, glaubhaftmachung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 25.06.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 14 RA 854/03
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 21 R 887/07
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht
zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt noch die Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz und die
Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und die Neufeststellung seiner Regelaltersrente
unter Berücksichtigung dieser Zeiten.
Der Kläger ist geboren 1925 in C und jüdischer Abstammung. Der Ort C lag in der Gemeinde S, Provinz V, in der
westlichen B. Am 11. April 1941 marschierte die Deutsche Wehrmacht in das Gebiet der B und der westlichen B ein.
Am 17. Oktober 1944 wurde auf Anordnung Titos auf dem Gebiet des B, der B und der B eine Militärverwaltung
installiert. Damit endete die Annektion durch Ungarn und das Deutsche Reich.
Nach Auskunft der Heimatauskunftsstelle Jugoslawien beim Landesausgleichsamt Baden-Württemberg vom 14.
August 1978 (Blatt 104 der Verwaltungsakte der Beklagten - VA -) hatte der Ort C nach amtlichen Volkszählungen
1921 und 1931 4 859 Einwohner, davon waren 2 597 Deutsche. Muttersprachlich wurde Serbokroatisch in 29,
Tschechisch in einer, Ungarisch in 254, Deutsch in 85, Jiddisch in 24 Familien gesprochen. Örtliche Umgangssprache
war überwiegend Deutsch. Es war eine deutschsprachige Volksschule vorhanden, die der Kläger jedoch nicht besucht
hat.
Der Kläger war vom 01. August 1939 bis 31. Juli 1941 Schneiderlehrling und entrichtete Beiträge zur jugoslawischen
Sozialversicherung. Vom 01. August 1941 bis April 1944 war der Kläger bei H W in einer Schneiderwerkstatt als
Geselle beschäftigt. Von Mai 1944 bis 18. Januar 1945 befand sich der Kläger im Ghetto B. Der Kläger hat
angegeben, bis April 1944 verfolgt gewesen zu sein. Vom 12. Februar 1945 bis 01. Oktober 1947 diente der Kläger in
der jugoslawischen Armee. Von Oktober 1947 bis 30. April 1949 war der Kläger in einer Schneiderkooperative in N
(Vorort von Csonoplja) Schneidermeister. 1948 heiratete er die inzwischen verstorbene JL, deren Muttersprache der
Kläger mit Deutsch und Jiddisch angegeben hat. Sie selbst hatte in Israel im Rahmen der Beantragung einer Rente
Ungarisch als Muttersprache angegeben. Im April 1949 reiste der Kläger nach Israel aus, wo er von Juli 1949 bis 1955
in einer landwirtschaftlichen Siedlung als Landwirt, anschließend in J bis 1963 als Polizist und ab 1963 als
Schneidermeister selbständig
tätig war. Der Kläger besaß von April 1941 bis Januar 1945 die ungarische und besitzt seit Juni 1949 die israelische
Staatsbürgerschaft.
Mit Bescheid des Bezirksamtes für Wiedergutmachung in Koblenz vom 15. September 1960 wurde der Kläger als
Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz BEG anerkannt und für die Zeit vom 05. April 1944
bis 18. Januar 1945 mit 1 350,00 DM entschädigt.
Erstmals am 16. Dezember 1975 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BFA -, die Gewährung einer Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente unter
Berücksichtigung von Beitragszahlungen zu einer außerdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Er berief sich
hierbei auf seine anerkannte Vertriebeneneigenschaft gemäß § 1 Bundesvertriebenengesetz - BVertG -, auf § 17 a
Fremdrentengesetz - FRG -, die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis dSK und auf § 20 des
Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung WGSVG. Er beantragte
weiterhin die freiwillige Beitragsnachentrichtung und freiwillige Weiterversicherung und die Zulassung zur
Nachentrichtung von Beiträgen. Im Verfahren wurde mitgeteilt, dass für den Kläger keine Versicherungszeiten im
ehemaligen Jugoslawien gespeichert waren.
Nach Abgabe des Verwaltungsverfahrens an die zuständige Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz - LVA - zog
diese u.a. eine eidesstattliche Versicherung des Klägers im Entschädigungsverfahren vom 09. Mai 1957 bei, mit der
der Kläger u. a. erklärt hatte, dass er, nachdem er unter dem kommunistischen System nicht habe leben wollen, im
Jahr 1949 von Jugoslawien nach Israel geflüchtet sei. Er habe vor dem Kriege in C gewohnt und habe ab April 1944
den Judenstern auf der Vorderseite seiner Kleidung tragen müssen. Er sei im Mai 1944 in das Ghetto B zwangsweise
eingewiesen worden. Nach einigen Tagen sei er weiter bis nach B transportiert worden. Im Oktober 1944 sei er in das
Ghetto B eingewiesen und am 18. Januar 1945 befreit worden. C sei ein kleiner Ort, in welchem im Ganzen nur zwölf
jüdische Familien gewohnt hätten. Er habe deshalb nur einen Zeugen für die Zeit in C und im Ghetto.
Unter dem 23. Januar 1978 trug der Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten vor, er habe keine deutsche
Schule besucht. Seine Eltern hätten einem deutschen Elternhaus entstammt. Er, der Kläger, habe innerhalb und
außerhalb seines Hauses Deutsch gesprochen, daran habe sich auch nach seiner Eheschließung nichts geändert. Er
habe keinem deutschen Verein angehört, bekenne sich zum deutschen Volkstum und habe dem deutschen Sprach-
und Kulturkreis angehört.
Vorgelegt wurde eine eidesstattliche Versicherung der C T geborene S, geboren 1922, sowie eine eidesstattliche
Versicherung des J A geboren 1921, vom 10. November 1977. Wegen des Inhalts der eidesstattlichen Versicherungen
wird auf Bl. 84/85 der VA verwiesen. Am 03. Januar 1978 machte der Kläger weitere Angaben, u. a. dass er im
persönlichen Lebensbereich in der Zeit vor 1933 bis 1945 überwiegend Deutsch, ab 1945 Deutsch und Serbisch
gesprochen habe. Seine Muttersprache sei Deutsch gewesen. Er habe auch während seiner Berufstätigkeit
überwiegend Deutsch gesprochen und besitze die deutsche Volkszugehörigkeit.
Unter dem 27. Februar 1978 machte J A ergänzende Angaben, wegen des Inhalts wird auf Blatt 90 VA verwiesen. Mit
"eidlicher Erklärung" hat der am 03. Juli 1927 geborene N Sim Verfahren erklärt, dass er als kleiner Junge mit seiner
Familie nach C übersiedelt sei. Er habe fast täglich mit dem Kläger Umgang gehabt. Sie hätten sich untereinander
unterhalten und nebeneinander Schularbeiten gemacht. Er könne bezeugen, dass im Hause der Familie D die
Umgangssprache sämtlicher Mitglieder Deutsch gewesen sei. Unter dem 27. April 1978 machte N S ergänzende
Angaben. Wegen des Inhaltes wird auf Bl. 98 VA verwiesen.
Unter dem 27. Februar 1978 machte die C T ergänzende Angaben gegenüber der LVA Rheinprovinz. Wegen des
Inhalts wird auf Bl. 94 der VA verwiesen. Unter dem 14. August 1978 wurde eine Auskunft der Heimatauskunftsstelle
Jugoslawien beim Landesausgleichsamt Baden-Württemberg eingeholt, wegen des Inhaltes wird auf Bl. 104 VA
verwiesen.
Die LVA Rheinprovinz holte unter dem 15. Januar 1980 einen Bericht des Ministeriums für Finanzen des Staates
Israel über die Feststellung der deutschen Sprach- und Kultur-zugehörigkeit nach einer Sprachprüfung vor einer
Kommission ein. Darin wurde festgestellt, dass der Kläger gewisse Deutschkenntnisse aufweise. Die Kommission
habe den Eindruck gewonnen, dass bei ihm, sei es, wie der Kläger angegeben habe, von seiner Mutter, sei es von
seiner früheren Umgebung her, deutscher Kultureinfluss vorgelegen habe. Der Antragsteller habe nahezu fließend
Deutsch mit jiddischem Einschlag gesprochen. Beigelegt war eine Schriftprobe. Als Umgangssprachen im Elternhaus
sei Deutsch, Jiddisch, Serbisch und Ungarisch angegeben worden, als Muttersprache Deutsch und Jiddisch, als
Sprache in der Ehe des Klägers Ungarisch "und laut Angabe des Klägers deutsch".
Mit Bescheid vom 03. Juni 1980 lehnte die LVA Rheinprovinz die Gewährung einer Rente aus der
Arbeiterrentenversicherung ab. Es sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass der Kläger dem deutschen
Sprach- und Kulturkreis angehört habe.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 27. Juni 1980 Widerspruch und reichte im Verfahren eidesstattliche
Versicherungen des 1919 geborenen J Sund des N S sowie der M M H geboren am 01.02.1925 (Schwester der Mutter
des Klägers), vom 08. Juli 1981 ein, hinsichtlich deren Inhalts auf Blatt 135, 137 und 144 VA verwiesen wird. Weiter
erklärte der Kläger mit eidesstattlicher Versicherung (Bl. 141 VA), dass es in seinem Heimatort C eine deutsche
Volksschule gegeben habe, die fast ausschließlich von Schwaben bzw. Volksdeutschen besucht und von den Kindern
der jüdischen Gemeinde gemieden worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 1982 wies die LVA den Widerspruch zurück und führte zur Begründung
ergänzend an, dass auch ein Nötigungstatbestand im Sinne des § 150 BEG a. F. nicht vorgelegen habe. Nach
eigenen Angaben habe der Kläger Jugoslawien verlassen, weil er unter dem kommunistischen System nicht habe
leben wollen. Daraufhin erhob der Kläger am 04. März 1982 bei der LVA Rheinprovinz in Düsseldorf Klage
(Sozialgericht Düsseldorf S 7 J 90/82), die mit Urteil vom 13. Januar 1983 abgewiesen wurde. In dem daran
anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Az.: L 18 J
50/83) legte der Kläger u. a. eine eidesstattliche Versicherung der S E, geboren am 05. Mai 1930, vor und benannte
als weitere Zeugin Frau V J. Auf Veranlassung des Landessozialgerichts teilte die Budapester- und Pest-Komitats-
Sozialversicherungsdirektion unter dem 09. Februar 1984 mit, dass für den Kläger keine Beschäftigungszeiten von
1941 bis 1944 bescheinigt werden könnten, weil keine Sozialversicherungsregister über die nur vorübergehend Ungarn
angeschlossenen Gebiete vorhanden seien. Weiter holte das Landessozialgericht eine eidesstattliche Versicherung
des J W (ehemaliger Arbeitgeber des Klägers) vom 16. März 1984 ein. Unter dem 06. Juli 1984 wurde der J W auf
Veranlassung des Landessozialgerichts vom Sozialgericht Würzburg als Zeuge vernommen und sagte aus, der Kläger
habe, soweit es ihm, dem Zeugen, erinnerlich sei, mit seinen Familienangehörigen Deutsch und Ungarisch
gesprochen. Er könne nicht sagen, welche Sprache die Familienangehörigen untereinander überwiegend gebraucht
hätten. Er wisse nur, dass sie beide Sprachen gekonnt hätten. Welche Sprache der Kläger außerhalb des
Arbeitsverhältnisses überwiegend gesprochen habe, wisse er nicht. Er nehme jedoch an, dass er überwiegend
Deutsch gesprochen habe, da die Juden eine Sprache benutzt hätten, die vom Deutschen abgeleitet gewesen sei,
auch wenn es kein reines Deutsch gewesen sei. Wenn sich die Juden untereinander unterhalten hätten, habe es sich
angehört wie ein deutscher Dialekt. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Aussage wird auf Blatt 109 bis 112 der
Gerichtsakte des Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Az.: L 18 J 50/83 - GA I - , verwiesen.
Aufgrund Beweisbeschlusses des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. September 1984
sind im Wege eines Rechtshilfeersuchens die Zeugen J A, C T, N S, M H, J S, S E und V J in Israel über die
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland durch den Legationsrat BA vernommen worden. Hinsichtlich der Aussagen
wird auf die Protokolle vom 26. April 1985 (S E, Bl. 161 164 GA I), vom 04. März 1985 (C T, Bl. 165 168 GA I), vom
04. März 1985 (J A, Bl. 169 ff. GA I) und vom 14. März 1985 (J S, Bl. 174 ff. GA I) verwiesen.
Auf Anfrage des Landessozialgerichts teilte das Finanzministerium des Staates Israel unter dem 23. Oktober 1985
nach Einsichtnahme in eine Invalidenakte der Ehefrau des Klägers mit, dass die Ehefrau, Frau J D, geboren 1922 in
K, dort angegeben habe, dass ihre Muttersprache Ungarisch sei.
Mit eidesstattlicher Versicherung vom 04. November 1984 erklärte der Kläger in dem Rechtsstreit vor dem
Landessozialgericht, dass er nach seiner Eheschließung im Jahre 1948 weiterhin im persönlichen Lebensbereich
überwiegend Deutsch gesprochen habe. 1946 habe er wieder im persönlichen Lebensbereich mit seiner späteren Frau
überwiegend Deutsch gesprochen. Wie sich aus seiner Schilderung ergebe, habe er sich im persönlichen
Lebensbereich vor der Verfolgung und im Zeitpunkt der Auswanderung in gleicher Weise überwiegend der deutschen
Sprache bedient. Der Kläger nahm am 19. Dezember 1985 die am 04. März 1982 erhobene Klage zurück.
Am 02. August 1989 beantragte der Kläger erneut die Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung und die Anerkennung von Fremdrentenzeiten nach § 17 a FRG sowie die Rentenzahlung bzw.
Neuberechnung und verwies auf das Zusatzabkommen. In dem Antragsverfahren wurde eine Erklärung des N S vom
27. März 1996 zur Verwaltungsakte gereicht, worin dieser u. a. angab, dass er im Elternhaus des Klägers die
deutsche Sprache gehört und auch deutsche Bücher gesehen habe. Der Kläger reichte weiter eine Erklärung der S D
vom 03. April 1996 zur VA, worin diese angab, dass die Eltern des Klägers, wie auch viele jüdische Familien, Deutsch
gesprochen hätten.
Mit Bescheid vom 12. August 1996 lehnte die Beklagte einen Antrag auf Altersrente ab.
Am 03. Juli 1996 beantragte der Kläger die Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung nach dem
"Zusatzabkommen" und § 17 a FRG und erhob unter dem 22. August 1996 über seinen Bevollmächtigten Widerspruch
gegen den Bescheid vom 12. August 1996, den die Beklagte mit Bescheid vom 17. April 1997 unter Hinweis auf eine
fehlende Begründung zurückwies. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin hob die Beklagte
im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs den Widerspruchsbescheid vom 17. April 1997 auf und verpflichtete sich,
einen neuen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Im weiteren Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er
habe einen Anspruch darauf, dass die beantragten Fremdrentenzeiten nach § 17 a FRG anerkannt würden und die
Nachentrichtung zugelassen werde. Er habe zum Zeitpunkt des Beginns der Verfolgung dem dSK angehört. Diese
Tatsache sei glaubhaft gemacht. Es komme auf die deutsche Muttersprache an. Im Widerspruchsverfahren reichte
der Kläger weiter eidesstattliche Erklärungen der Frau S E vom 23. Januar 1997 und der Frau K L B vom 22. Januar
1997 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 01. Oktober 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur
Begründung an, die Gewährung der Altersrente sei zutreffend abgelehnt worden, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei.
Zeiten nach dem FRG seien nicht anzurechnen, weil der Kläger nicht zum Personenkreis des § 17 a FRG gehöre.
Am 17. September 2001 beantragte der Kläger über das National Insurance Institute in Jerusalem - NII - die
Überprüfung der Entscheidung. Es wurde angeführt, dass der Kläger dort weitere Angaben gemacht habe. So sei
vorgetragen worden, dass der Vater des Klägers im 1. Weltkrieg im Militär von Österreich-Ungarn an der italienischen
Front gekämpft und dort Deutsch gelesen und geschrieben habe. Seine Mutter habe in einer deutschen Schule
gelernt. Sie habe Deutsch gelesen und geschrieben. Die Umgangssprachen im Elternhaus seien Deutsch, Jiddisch,
Serbisch und Ungarisch gewesen. Der Vater des Klägers habe zusammen mit dem Volksdeutschen H W eine
Schneiderei geführt. Korrespondenz und Buchhaltung seien auf Deutsch erfolgt. Der Kläger sei Gehilfe beim
volksdeutschen Schneider H W mit deutscher Umgangssprache gewesen. Er erinnere sich an alle Fachausdrücke auf
Deutsch. Seine erste Ehegattin J, die er 1948 geheiratet habe, habe perfekt Deutsch gesprochen. Der Kläger spreche
auch heute nahezu fließend Deutsch. Er stamme aus C, damals ein zur Hälfte von Volksdeutschen bewohnter Ort. Er
habe viel mit volksdeutschen Kindern der deutschen Nachbarn gespielt. Sie, die Antragstellerin (NII), sei überzeugt,
dass Deutsch überwiegende Sprache des Klägers gewesen sei.
Mit Bescheid vom 19. März 2002 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bescheides vom 12. August 1996 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Oktober 1999 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch SGB X ab.
Das Ergebnis der vor dem israelischen Finanzministerium durchgeführten Sprachprüfung am 15. Oktober 1980 sei
nicht positiv gewesen. Die Kommission habe zwar gewisse Deutschkenntnisse festgestellt. In der Endbewertung sei
aber nur ein deutscher Kultureinfluss bestätigt worden. Dies sei kein positives Votum. Die vorliegenden
Zeugenerklärungen hätten die Zweifel nicht beseitigen können. Die Zugehörigkeit zum dSK im Sinne des § 17 a FRG
sei weiterhin nicht glaubhaft gemacht. Es müsse somit auch bei der Ablehnung der Nachentrichtung von Beiträgen
nach § 17 a FRG und des Antrages auf Altersrente verbleiben.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. April 2002 Widerspruch, mit dem er geltend machte, dass Umgangssprache
seines Vaters zu Hause Deutsch gewesen sei. Dieser habe Deutsch gelesen und geschrieben und deutsche
Fachliteratur genutzt. Die Muttersprache seiner Mutter sei Deutsch gewesen. Die deutsche Muttersprache habe es
ihm ermöglicht, bei einem deutschsprachigen Schneider zu arbeiten und eine Frau mit deutscher Muttersprache zu
heiraten. Auch heute nach 60 Jahren spreche er noch fließend Deutsch und verwende deutsche Lektüre. Die
Hauptzeuginnen S E und K L&61506; hätten eindeutige Bestätigungen abgegeben. Sein Heimatort sei zur Hälfte von
Volksdeutschen bewohnt gewesen. Die Nachbarkinder hätten mit ihm Deutsch gesprochen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2002 den Widerspruch zurück. Voraussetzung für
die Anerkennung nach § 17 a FRG sei, dass der Kläger bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische
Einflussbereich sich auf sein Heimatgebiet erstreckt habe, dem dSK angehört habe, das 16. Lebensjahr bereits
vollendet habe und sich wegen seiner Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt habe. Als
Zeitpunkt der Einflussnahme auf das jugoslawische Gebiet sei der 30. Mai 1941 anzusehen. Der Kläger habe zwar zu
diesem Zeitpunkt das 16. Lebensjahr bereits vollendet, der überwiegende Gebrauch der deutschen Sprache im
persönlichen Bereich und damit die Zugehörigkeit zum dSK könne aufgrund der Vielzahl der vorhandenen Unterlagen
in dem seit 1975 geführten Verfahren nicht als überwiegend glaubhaft gemacht angesehen werden. Seine Angaben,
als Umgangssprachen im Elternhaus Deutsch, Jiddisch, Serbisch und Ungarisch benutzt zu haben, würden nicht
angezweifelt. Daraus folge aber, dass der Kläger auch die ungarische Sprache im Elternhaus erlernt habe. Das
Ergebnis der Schriftprobe habe gezeigt, dass der Kläger Deutsch vielfach phonetisch schreibe, was auf einen starken
Gebrauch der jiddischen Sprache schließen lasse. Da der Vater des Klägers auch Jiddisch gesprochen habe, sei es
nicht verwunderlich, dass die Sprachprüfer dem Kläger 1979 bestätigt hätten, dass er Deutsch nahezu fließend mit
jiddischem Einschlag habe sprechen, während er Deutsch nur zögernd und ungewohnt habe lesen können.
Mit der am 29. Januar 2003 bei der Beklagten eingegangenen und am 21. Februar 2003 an das Sozialgericht Berlin
weitergeleiteten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die
drei Jahre (1938 1941) seiner Lehre und die Zeit als Gehilfe bei dem Schneider, die Verfolgungsersatzzeit und die Zeit
im Ausland bis Dezember 1949 als rentenrechtliche (Beitrags-)Zeiten anzuerkennen sowie ihm ein
Nachentrichtungsrecht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Beklagten zuzusprechen. Er habe vor
der Volksschule in einem deutschen und serbischen Kindergarten mit ungefähr 50 v. H. volksdeutschen Kindern, mit
denen er jeden Tag Deutsch gesprochen habe, gespielt. Dies sei der Beginn seiner Schulzeit gewesen. Es seien
schwäbische Kinder gewesen, deren Aussprache er erlernt habe, was seine phonetische Schreibweise erkläre und
den scheinbar jiddischen Einschlag beim Plaudern. Sein Elternhaus sei mehrsprachig gewesen. Es sei jedoch kein
Zufall, dass Deutsch erste Umgangssprache im Elternhaus gewesen sei. Dies sei zweifellos überwiegend gewesen.
Er habe nicht die Möglichkeit gehabt, die deutsche Mittelschule zu besuchen. Er habe nicht Jiddisch gesprochen.
Seine Familie habe überwiegend Deutsch gesprochen, davon habe sich der Zeuge R überzeugen können. Nachdem
seine Familie vertrieben worden sei, habe dieser auf dem Hof die deutschen Bücher gefunden. Dieser Zeuge habe
auch gewusst, dass er, der Kläger, eine deutschsprachige Frau geheiratet habe.
Der Kläger hat eine eidesstattliche Versicherung des Herrn A R vom 23. Oktober 2002 zur Gerichtsakte gereicht und
ausgeführt, dass dies ein Nachbar gewesen sei, der ungefähr 100 m weiter weg gewohnt habe. Hinsichtlich des
Inhalts der Zeugenaussage wird auf Blatt 4 der Gerichtsakte verwiesen.
Die Beklagte ist erstinstanzlich bei der mit dem Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung verblieben und
hat ergänzend vorgetragen, dass auch das weitere Vorbringen des Klägers die Zweifel am überwiegenden Gebrauch
der deutschen Sprache nicht hätte ausräumen können. Auch der im Auftrag des Sozialgerichts vernommene Zeuge
habe die bestehenden Zweifel nicht entkräften können. Der Zeuge habe zum maßgeblichen Zeitpunkt mit dem Kläger
Ungarisch gesprochen, weil ihm seinerzeit die ungarische Sprache leichter gefallen sei. Es könne daher davon
ausgegangen werden, dass der Zeuge zu diesem Zeitpunkt Deutsch nicht wie seine Muttersprache gesprochen habe.
Damit fehle es ihm aber gerade an dem Wissen um die entscheidungserheblichen Umstände für die
Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit des Klägers zum dSK. Die Beklagte messe dem Ergebnis der am 27. Dezember
1979 vor dem israelischen Finanzministerium durchgeführten Sprachprüfung in Verbindung mit den Angaben der
Heimatauskunftstelle mit Schreiben vom 14. August 1978 eine entscheidende Bedeutung zu. Auch unter
Berücksichtigung der Aussage des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers, wonach der Kläger seinerzeit bestrebt
gewesen sei, die deutsche Sprache gut zu erlernen, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum
damaligen Zeitpunkt Deutsch bereits wie eine Muttersprache gesprochen habe.
Das Sozialgericht hat die Entschädigungsakten des Klägers vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg beigezogen
und mit Urteil vom 27. Februar 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der
Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Altersrente nach § 35 Sozialgesetzbuch
Sechstes Buch SGB VI , da die Wartezeit nicht erfüllt sei. Die von ihm geltend gemachten Fremdrentenbeitragszeiten
vom 01. August 1939 bis 30. April 1949 könnten nicht zur Begründung einer deutschen Rentenleistung herangezogen
werden. Der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis des § 1 FRG. Seine in Jugoslawien zurückgelegten
Versicherungszeiten könnten nur dann nach dem FRG angerechnet werden, wenn die Voraussetzungen des § 20
WGSVG oder die des § 17 a FRG erfüllt seien. Einen Anspruch nach § 20 WGSVG mache der Kläger nicht mehr
geltend, da er die Klage gegen den Bescheid der LVA Rheinprovinz vom 03. Juni 1980 zurückgenommen habe. Die
Bezugnahme auf die deutschsprachige Ehefrau sei im vorliegenden Fall nicht mehr entscheidungserheblich, da der
Kläger Ansprüche nach § 17 a FRG geltend mache. Nach § 17 a FRG fänden die für die gesetzliche
Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften des FRG auch Anwendung auf Personen, die bis zum Zeitpunkt, in
dem sich der nationalsozialistische Einflussbereich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt habe, dem dSK angehört
hätten. Für die durch § 17 a FRG begünstigten Personen bestehe ab 01. Juli 1990 ein Anspruch auf Herstellung von
Versicherungsunterlagen für im Vertreibungsgebiet zurückgelegte Fremdbeitragszeiten. Zeitpunkt für den Beginn
nationalsozialistischen Einflusses in Jugoslawien sei der 30. Mai 1941. Die Eheschließung sei nach Angaben im
Sprachprüfungsprotokoll 1948 erfolgt. Dem Kläger sei die Glaubhaftmachung nach § 4 FRG hinsichtlich der
Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis nicht gelungen.
Gegen das ihm am 28. April 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Juli 2006 eingelegte Berufung des Klägers,
mit der er sein Begehren weiterverfolgt und begehrt, die Beklagte zu verurteilen, seine Altersrente unter Anerkennung
der in Jugoslawien zurückgelegten Fremdbeitragszeiten im Zeitraum vom 01. August 1939 bis 30. April 1949 nach §
17 a FRG zu gewähren und ihm das Recht der Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Zusatzabkommen zum
DISVA zu gewähren. Seine Ehegattin sei die Tochter von Volksdeutschen gewesen. Er habe natürlich zu Hause
Deutsch gesprochen, dies sei auch ihre gemeinsame Sprache gewesen. Seine dSK Zugehörigkeit sei schon am 03.
April 1996 durch die Erklärung von S D gerichtlich bescheinigt worden. Er habe zudem einen Anspruch nach § 17 b
FRG, da seine verstorbene Ehefrau dem dSK angehört habe. Auch der über das Sozialgericht gehörte Zeuge habe
seine, des Klägers, Zugehörigkeit zum dSK bestätigt. Die zusätzlichen Entgeltpunkte außerhalb des Bundesgebietes
seien aufgrund des FRG zu ermitteln.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2007 hat die Beklagte dem Kläger eine Regelaltersrente beginnend ab 01. Juli 1997
gewährt. Dabei hat sie die vom 16. April 1944 bis 31. Dezember 1944 und vom 01. Januar 1956 bis 17. Januar 1945
zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung in einem Ghetto nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus
Beschäftigungen in einem Ghetto und zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ZRBG als "Ghetto
Beitragszeiten" anerkannt. Als Zahlbetrag hat die Beklagte ab 01. Juli 2007 einen Betrag von 22,36 EUR monatlich
ausgewiesen sowie eine Nachzahlung für die Zeit vom 01. Juli 1997 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 2 572,77 EUR. Die
von dem Kläger weiter geltend gemachten Zeiten sind bei der Feststellung des Wertes der Rente nicht berücksichtigt
worden. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2007 den Widerspruch des Klägers gegen den
Bescheid vom 31. Mai 2007 zurückgewiesen. Ein Klageverfahren ist vor dem Sozialgericht Berlin anhängig.
Der Kläger hat ausdrücklich geltend gemacht, dass diese "andere Sache" nicht mit der Berufung zu vermischen sei.
Dort handele es sich um die Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate im belegungsfähigen Gesamtzeitraum,
was in der laufenden Berufung nicht relevant sei.
Der Senat entnimmt dem Vortrag des Klägers den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2002 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2002 aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, ihn
zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Schlussprotokoll zum DISVA
zuzulassen sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den
Wert seiner Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 01. August 1939 bis 30. April 1949 als rentenrechtliche
Zeit neu festzustellen und eine höhere Rente ab dem 01. September 1989 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt weiter die mit dem Widerspruchsbescheid vertretene Rechtsauffassung und hält die
erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung, insbesondere zum
weiteren Vorbringen der Beteiligten mit ihren Schriftsätzen, wird auf die Gerichtsakte zum laufenden Verfahren sowie
auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und auf die Gerichtsakte des Sozialgerichts
Düsseldorf/Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, Az.: S 7 J 90/82/L 18 J 50/83, verwiesen, die
vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung beraten und entscheiden, weil die Beteiligten sich mit
dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG (Schriftsätze vom 04.
Januar 2008 und vom 20. Januar 2009).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts vom 27. Februar 2006 sowie das Begehren des
Klägers, den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.
September 2002, mit dem die Beklagte die Überprüfung ihres Bescheides vom 12. August 1996 nach § 44
Sozialgesetzbuch Zehntes Buch SGB X abgelehnt hat, aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai
2007, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Regelaltersrente gewährt hat, abzuändern und die Beklagte zu
verpflichten, ihn, den Kläger, zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Schlussprotokoll zum Abkommen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit (DISVA) in der Fassung vom
01. Juni 1996 (Zusatzabkommen vom 12. Februar 1995, BGBl. 1996 II S. 92 - Bekanntmachung BGBl. 1996 II, S.
1033) - SP/DISVA - zuzulassen sowie die Altersrente unter Berücksichtigung nachentrichteter Beiträge und der Zeit
vom 01. August 1939 bis 30. April 1949 als rentenrechtlicher Zeit neu festzustellen.
Die Berufung ist zulässig; zulässig ist auch die Klage gegen den Bescheid vom 31. Mai 2007. Dieser Bescheid ist
nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden, da mit diesem die mit dem Bescheid vom 12. August 1996
abgelehnte Rente bewilligt worden ist. Die Beklagte hat mit dem im Klageverfahren angefochtenen Bescheid vom 19.
März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2002 die Überprüfung und Änderung des
die Ansprüche des Klägers auf Bewilligung einer Altersrente und Zuerkennung eines Nachentrichtungsrechtes
verneinenden Bescheides vom 12. August 1996 abgelehnt. Der die Altersrente gewährende Bescheid vom 31. Mai
2007 hat daher teilweise den Bescheid vom 19. März 2002 aufgehoben. Über den Bescheid vom 31. Mai 2007 hatte
der Senat im Wege der Klage zu entscheiden (vgl. Keller in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 157 Rn.
2 b; Leitherer in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96 Rn. 7).
Da der Kläger ausdrücklich erklärt hat, dass er im vorliegenden Rechtsstreit lediglich die Berücksichtigung von Zeiten
nach dem Fremdrentengesetz FRG , nämlich die Anerkennung des Zeitraums vom 01. August 1939 bis 30. April 1949
begehrt, hatte auch der Senat nur hierüber zu entscheiden. Weitere Zeiten macht der Kläger zur Feststellung des
Wertes der mit Bescheid vom 31. Mai 2007 zuerkannten Rente wegen Alters in diesem Rechtsstreit ausdrücklich
nicht geltend.
Die Berufung und die Klage sind unbegründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen; der Bescheid vom 19. März 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. September 2002 in der Fassung des Bescheides vom 31. Mai 2007, mit dem die
Beklagte den Antrag des Klägers auf Nachentrichtung von Beiträgen nach dem SP/DISVA sowie die Berücksichtigung
von rentenrechtlichen Zeiten im Ausland über die Regelungen des FRG bei der Feststellung des Wertes der Rente
abgelehnt hat, ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es mit dem mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 19. März
2002 in der Fassung des Bescheides vom 31. Mai 2007 zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 12. August 1996
entsprechend dem Begehren des Klägers zu ändern.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die
Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht
unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist und soweit deshalb
Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 12. August 1996 den Antrag des Klägers auf Nachentrichtung von
Beiträgen nach dem SP/DISVA abgelehnt. Nach der einzig in Frage kommenden Anspruchsgrundlage Nr. 11 Buchst.
a SP/DISVA können auf Antrag Personen nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b des DISVA freiwillige Beiträge zur
deutschen Rentenversicherung nachentrichten, sofern für sie durch die Anwendung des § 17 a FRG erstmals
Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind. Das Recht auf Nachentrichtung
von Beiträgen nach dem SP/DISVA scheitert bei dem Kläger bereits daran, dass ihm das Sonderrecht zur
Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nicht erstmals zustand.
Die Voraussetzung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 11 Buchst. a SP/DISVA erfüllten nur dSK
Angehörige, die die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllten und auf die das Gesetz zur Regelung der
Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung - WGSVG - vor dem 01. Juli 1990 nicht
bereits anwendbar geworden war oder welche die Voraussetzungen des § 20 WGSVG nicht erfüllt hatten, weil sie sich
nicht verfolgungsbedingt vom dSK abgewandt hatten bzw. die erst mehr als 20 Jahre nach der Abkehr vom dSK aus
dem Vertreibungsgebiet ausgesiedelt waren (BSG vom 14. Dezember 2006, B 4 RA 52/05 R, SozR 4 5050‚ § 17 a Nr.
4, juris Rn. 19). Diese Voraussetzungen lagen bei dem Kläger nicht vor.
Der Kläger war bereits vom Anwendungsbereich des § 20 WGSVG erfasst und hatte damit nicht erstmals durch § 17
a FRG die Möglichkeit der Nachentrichtung von Beiträgen nach dem FRG. Bereits nach § 20 Abs. 1 WGSVG standen
bei der Anwendung des FRG den anerkannten Vertriebenen im Sinne des Gesetzes über die Angelegenheiten der
Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz -BVFG ) vertriebene Verfolgte gleich, die lediglich deswegen
nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen
Volkstum bekannt haben. Genau dies hatte der Kläger bereits in seinem ersten Verfahren auf seinen Antrag vom 16.
Dezember 1975 bei der LVA Rheinprovinz geltend gemacht, welches bereits mit bestandskräftig gewordenen
Bescheid vom 03. Juni 1980 beendet worden war. Mit dem Neuantrag vom 03. Juli 1996 hat der Kläger sein Begehren
auch ausschließlich auf § 17 a FRG gestützt und kein Nachentrichtungsrecht auf der Grundlage des § 20 WGSVG
geltend gemacht. Der Kläger war vor 1990 jedoch bereits grundsäztlich vom Anwendungsbereich des § 20 WGSVG
erfasst, so dass es für einen Anspruch nach Nr. 11 Buchst. a SP/DISVA an der vorausgesetzten "Erstmaligkeit"
mangelt (vgl. BSG vom 14. Dezember 2006, B 4 RA 52/05 R, a.a.O).
Mit den Bescheiden vom 12. August 1996 und 31. Mai 2007 hat es die Beklagte auch zu Recht abgelehnt, die von
dem Kläger geltend gemachte Zeit vom 01. August 1939 bis 30. April 1949 als Beitragszeit bzw. rentenrechtliche Zeit
bei der Festsetzung des Wertes seiner Regelaltersrente zu berücksichtigen. Nachdem die Beklagte mit dem Bescheid
vom 31. Mai 2007 die Zeit vom 05. April 1944 bis 17. Januar 1945 als Verfolgungs- bzw. Beitragszeit bei der
Feststellung des Wertes der Rente berücksichtigt hat, war der Antrag des Klägers dahin zu verstehen, dass er
begehrt, die Zeiten vom 01. August 1939 bis 04. April 1944 und vom 18. Januar 1945 bis zum 30. April 1949 als
Beitragszeiten bei der Feststellung des Wertes der Rente zu berücksichtigen. Hierauf hat der Kläger keinen Anspruch.
Anzuwendendes Recht ist das Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI , da die Beklagte mit Bescheid vom 12.
August 1996 den Antrag auf Berücksichtigung der geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten abgelehnt hat. Der
Kläger macht keine Beitragszeiten nach Bundesrecht geltend, sondern rentenrechtliche Zeiten von 1939 bis 1949 in
Jugoslawien bzw. Ungarn, die allein nach § 15 ff. FRG bei der Wertfestsetzung der Rente zu berücksichtigen wären. §
15 Abs. 1 FRG regelt, dass bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durch in § 1 FRG
genannte Personen zurückgelegte Beitragszeiten den nach Bundesrecht (SGB VI) zurückgelegten Beitragszeiten
gleichstehen.
Der Kläger fällt nicht unter den Personenkreis des § 1 FRG, denn er ist weder Vertriebener nach § 1 BVFG noch
Spätaussiedler nach § 4 BVFG. Er ist auch nicht deutscher oder heimatloser Ausländer oder Hinterbliebener der in § 1
a d FRG genannten Personen. Unter den Anwendungsbereich des FRG könnte der Kläger allein auf der Grundlage der
Regelung des § 17 a FRG fallen. Danach sind die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften
des FRG auch auf Personen anwendbar, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich
sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, 1. dem dSK angehört haben, 2. das 16. Lebensjahr bereits vollendet
hatten und 3. sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt haben und das
Vertreibungsgebiet verlassen haben.
Der Kläger hatte zwar zum Zeitpunkt des Beginns der Verfolgung, nämlich am 30. Mai 1941, das 16. Lebensjahr
vollendet. Er ist auch Jude. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens konnte sich der Senat jedoch nicht davon
überzeugen, dass der Kläger bis zum 30. Mai 1941 bzw. im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes im
April 1949 dem dSK angehört hat.
Für die Zugehörigkeit zum dSK ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. BSG vom
10. März 1999, B 13 RJ 83/98 R, SozR 3 5050 § 17 a Nr. 1 FRG, juris, Rn. 27 m. w. N.) der Gebrauch der deutschen
Sprache im Bereich des persönlichen Lebens im Regelfall entscheidend. Der Gebrauch der deutschen Sprache
vermittelt die Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis, hierdurch wird das Weltbild und die Denkwelt des
Kulturkreises erschlossen (Hessisches Landessozialgericht vom 18. April 2008, L 5 R 326/07, juris, Rn. 22). Bei einer
Mehrsprachigkeit wie bei dem Kläger, der zum maßgeblichen Zeitpunkt Deutsch, Ungarisch und Serbisch gesprochen
hat, ist eine Zugehörigkeit zum dSK dann gegeben, wenn die Person sich im persönlichen Bereich überwiegend der
deutschen Sprache wie eine oder als Muttersprache bedient hat (BSG v. 10.03.1999, B 13 RJ 83/98 R, SozR 3-5070
§ 20 Nr. 7, juris, Rn. 30).
Für die Feststellung der Tatsachen für die Voraussetzungen des § 17 a FRG reicht es, dass diese glaubhaft gemacht
sind (§ 4 Abs. 1 FRG). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen
überwiegend wahrscheinlich ist. Das Vorhandensein der bloßen Möglichkeit reicht für eine Glaubhaftmachung nicht
aus. Es muss die gute Möglichkeit bestehen, dass sich der vorgetragene Sachverhalt tatsächlich so zugetragen hat.
Gewisse Zweifel sind unbeachtlich. Es muss jedoch mehr für als gegen den vorgetragenen Sachverhalt hier der
überwiegende Gebrauch der deutschen Sprache im persönlichen Bereich wie eine Muttersprache sprechen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der
Angaben des Klägers sowie der von ihm bei der Beklagten, bei der LVA und im Rechtsstreit beim Landesozialgericht
NRW eingereichten Zeugenaussagen und unter Berücksichtigung der Aussagen der Zeugen vor der deutschen
Botschaft im Auftrag des LSG NRW und der sonstigen mit den Verwaltungs- und Gerichtsakten vorliegenden
Stellungnahmen und Unterlagen nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger zum Zeitpunkt der nationalsozialistischen
Einflussnahme auf sein Heimatgebiet bzw. zum Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes überwiegend
Deutsch wie seine Muttersprache im persönlichen Lebensbereich verwendet hat.
Es spricht schon nicht mehr dafür als dagegen, dass der Kläger Deutsch wie seine Muttersprache am 30. Mai 1941,
dem maßgeblichen Zeitpunkt, verwandt hat. Soweit der Kläger vorträgt, dass er die deutsche Sprache beherrschte, ist
dies glaubhaft, reicht jedoch für die Annahme der Zugehörigkeit zum dSK gerade nicht aus. Der Kläger hat bei der
Sprachprüfung am 27. Dezember 1979, im Alter von 54 Jahren, nachdem er bereits seit April 1949 in Israel gelebt
hatte, gezeigt, dass er deutsche Sprachkenntnisse hat. Obwohl die Sprachprüfung nicht im hohen Alter des Klägers
und nicht nach einer langen Zeit des unterstellten Nichtgebrauchs der deutschen Sprache durchgeführt wurde, konnte
die Kommission in ihrem Bericht über die Feststellung der deutschen Sprach- und Kulturzugehörigkeit vom 15. Januar
1980 auf der Grundlage der von dem Kläger gemachten Angaben und der Sprachprüfung lediglich bestätigen, dass der
Kläger "gewisse Deutschkenntnisse" habe vorweisen können und bei ihm sicherlich ein deutscher Kultureinfluss
vorgelegen habe. Damit hat die Kommission nicht bestätigt, dass der Kläger die deutsche Sprache wie eine
Muttersprache beherrscht hat und auch nicht angeben, dass der Kläger dem dSK zugehörig gewesen ist. Nach
Einschätzung der Kommission, der die Beklagte zu Recht große Bedeutung beimisst, weil diese Erfahrung in der
Bewertung von Sprachprüfungen bei der Anerkennung von Zugehörigkeiten zum dSK hat, war der Kläger von der
deutschen Kultur beeinflusst. Dies ist schlüssig, da in der Heimatregion des Klägers viele Deutsche gelebt haben und
die deutsche Sprache im Umfeld des Klägers benutzt wurde. Der Einfluss der deutschen Sprache und Kultur
vermittelt jedoch nicht die Zugehörigkeit zum dSK i.S. des § 17a FRG. Erforderlich bei einer Mehrsprachigkeit ist
vielmehr – wie bereits dargelegt –, dass der Betroffene selbst die deutsche Sprache wie eine Muttersprache
überwiegend im persönlichen Bereich verwendet hat, dieser überwiegende Gebrauch der deutschen Sprache für ihn
der Zugang zur Kultur war.
Auch die Zeugen T, A, S, S, J, E, H haben mit ihren eidesstattlichen Versicherungen bzw. Aussagen in Israel zwar
bestätigt, dass der Kläger die deutsche Sprache beherrscht hat. Allerdings bestehen - nicht nur gewisse, für die
Glaubhaftmachung unerhebliche - Zweifel daran, dass die Muttersprache des Klägers Deutsch war. Der Kläger hat
selbst in Israel vor der Sprachkommission angegeben, dass bei ihm zu Hause Deutsch, Jiddisch, Serbisch und
Ungarisch gesprochen worden ist. Als Sprachen der Mutter hat der Kläger Deutsch und Jiddisch, d. h. nicht nur
Deutsch, angegeben. Das Jiddische ist eine eigene, aus deutschen Mundarten, hebräischen und slawischen
Bestandteilen herausgebildete Mischsprache, die mit hebräischer Schrift geschrieben wird (Der Brockhaus, 4.
Auflage, Leipzig 2006). Es ist eine eigene Sprache und kein Dialekt des Deutschen, auch wenn es die dem
Deutschen nächstverwandteste westgermanische Sprache ist (Jiddisches Wörterbuch, 2. Auflage 1992, Dudenverlag).
Der Gebrauch des Jiddischen führt damit nicht zur Annahme eines Gebrauchs der deutschen Sprache. Die Mutter des
Klägers hat damit zwei unterschiedliche Sprachen gesprochen. Auch als Muttersprache des Vaters wurden Jiddisch
und Deutsch angegeben, so dass die deutsche Sprache als Muttersprache schon nicht glaubhaft gemacht ist.
Auch ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger im häuslichen Bereich überwiegend Deutsch gesprochen hat.
Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers, H W, der mit dem Vater des Klägers ein Schneidergeschäft betrieben hat, in
dem der Kläger 1938 seine Lehre zum Schneider begann, hat mit seiner Aussage vom 06. Juli 1984 vor dem
Sozialgericht Würzburg ausgeführt, dass der Kläger bestrebt gewesen sei, die deutsche Sprache "gut zu erlernen".
Daraus folgt für den Senat, dass der Kläger die deutsche Sprache nicht als Muttersprache gesprochen hat. Wäre dies
der Fall gewesen, hätte der Kläger diese Sprache nicht im Alter von 13 Jahren bei Beginn der Lehre "gut erlernen"
müssen. Der Aussage des Zeugen W bemisst der Senat große Bedeutung zu, weil dieser von den von dem Kläger
angeführten Zeugen den nächsten und häufigsten persönlichen Umgang mit der Familie des Klägers in dem fraglichen
Zeitraum bis Mai 1941 hatte. Er arbeitete als Geschäftspartner eng mit dem Vater des Klägers zusammen und
beschäftigte den Kläger auch dann noch weiter, als die Geschäftspartnerschaft mit dem Vater beendet werden
musste. Daraus schließt der Senat eine enge Verbindung zwischen dem Zeugen und dem Elternhaus des Klägers,
was dieser auch mit seiner Aussage bestätigt hat. Der Zeuge W hat weiter angegeben, dass der Kläger mit seinen
Familienangehörigen Deutsch und Ungarisch gesprochen hat und hat damit nicht den überwiegenden Gebrauch des
Deutschen im häuslichen Bereich bestätigt. Der Kläger beherrschte beide Sprachen. Der Zeuge konnte nicht angeben,
welche Sprache der Kläger außerhalb des Arbeitsbereichs gesprochen hat. Er hat nur angenommen, dass er
überwiegend Deutsch gesprochen habe, und darauf verwiesen, dass die Juden eine Sprache benutzt hätten, die von
dem Deutschen abgeleitet sei. Dieses habe sich angehört wir ein deutscher Dialekt. Damit kann der Zeuge zur
Überzeugung des Senats auf den Gebrauch des Jiddischen verwiesen haben, so dass der überwiegende Gebrauch
des Deutschen nach dieser Aussage nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Zwar hat die Zeugin E mit ihrer Aussage
vom 26. April 1985 angegeben, dass sie sich nicht daran erinnern könne, dass in C, dem Heimatort des Klägers,
überhaupt Jiddisch gesprochen worden sei und ausgeführt, dass das von den Juden verwandte Schwäbisch keine
Ähnlichkeit mit dem Jiddischen gehabt habe. Auch die Zeugin T hat in ihrer Aussage vom 04. März 1985 angegeben,
dass in ihrer Gegend (Heimatregion des Klägers) kaum Jiddisch gesprochen worden sei. Von allen Bewohnern sei
eine Art Schwäbisch gesprochen worden. Der Zeuge S hat in seiner Aussage vom 14. März 1985 angegeben, dass
nach seiner Erinnerung nur in einem, vom Heimatort des Klägers weit entfernten Ort Jiddisch gesprochen worden sei.
Die Juden in C hätten eine Art Schwäbisch gesprochen wie die dort ansässigen Volksdeutschen.
Zur Überzeugung des Senats sind diese Einschätzungen jedoch durch die Aussage des Zeugen W und die Angabe
von der Heimatauskunftstelle vom 14. August 1978 widerlegt. Mit letzterer ist angegeben worden, dass im Kreis S, in
dem der Ort C liegt, neben den Muttersprachen Serbokroatisch, Tschechisch, Ungarisch und Deutsch auch Jiddisch
gesprochen wurde. Soweit der Zeuge W auf die Verbreitung des Jiddischen im Heimatort des Klägers verwiesen hat,
ist dies überzeugend, weil der Zeuge als (Volks-)Deutscher mit der Mundart des Schwäbischen vertraut gewesen sein
muss und auch später im deutschsprachigen Raum in Süddeutschland gelebt hat, wo der schwäbische Dialekt
bekannt ist. Er wird den Unterschied zwischen dem Jiddischen und dem Schwäbischen erkannt haben und hätte bei
Verwendung des Schwäbischen dies nicht als Jiddisch bezeichnet.
Auch ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger im
persönlichen Bereich, d. h. zu Hause und im Freundeskreis und im sonstigen engen persönlichen Bereich,
überwiegend Deutsch gesprochen hat. Zwar hat der Zeuge Wangegeben, dass der Kläger bei der Arbeit überwiegend
Deutsch gesprochen hat, der Kläger dies wegen der deutschsprachigen Kundschaft auch musste. Daraus folgt jedoch
nicht, dass der Kläger in seinem gesamten persönlichen Bereich überwiegend Deutsch gesprochen hat. Gerade
außerhalb des Arbeitsverhältnisses konnte der Zeuge keinen überwiegend deutschen Sprachgebrauch des Klägers
bestätigen. Der Kläger hat keine deutsche Schule besucht. Unterrichtssprache war nach den Angaben des Zeugen
Schlesinger, der mit dem Kläger zusammen die Schule besucht hat, serbisch. Deutsch wurde als Schulfach
unterrichtet. Daraus folgt, dass der Kläger während der Schulzeit nicht überwiegend Deutsch gesprochen hat.
Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger im Freundes- und Bekanntenkreis, d.h. in seinem weiteren
persönlichen Umfeld, überwiegend Deutsch gesprochen hat.
Zwar hat die Zeugin T mit ihrer Aussage vom 04. März 1985 angegeben, dass der Kläger mit ihr Deutsch gesprochen
habe, dies führt aber nicht zur Annahme des überwiegenden deutschen Sprachgebrauchs im weiteren persönlichen
Umfeld. Der Kläger ist mehrsprachig, so dass es nahe liegt, dass er mit den Personen, die selbst Deutsch sprachen,
auch Deutsch gesprochen hat. Mit dem Zeugen A hat der Kläger Ungarisch und Serbisch gesprochen, wie dieser mit
seiner Aussage vom 04. März 1985 bestätigt hat. Der Zeuge A hatte mit seiner schriftlichen Aussage vom 27.
Februar 1978, die bei der LVA eingereicht wurde, noch angegeben, der Kläger habe im persönlichen Bereich
überwiegend Deutsch gesprochen. Inwiefern er dies bestätigen konnte, obwohl der Kläger mit ihm nicht Deutsch
gesprochen hat, erschließt sich dem Senat nicht. Die Zeugin E konnte mit ihrer Aussage am 26. April 1985 keine
Angaben über die im Elternhaus des Klägers verwendeten Sprachen machen. Sie konnte sich nicht an ein Gespräch
des Klägers mit seinen Eltern erinnern. Sie konnte auch nicht angegeben, welche Sprachen der Kläger im Freundes-
und Bekanntenkreis geführt hat. Soweit der Zeuge S mit der bei der LVA Rheinprovinz eingereichten eidesstattlichen
Versicherung angegeben hatte, dass im Heim der Familie D die Umgangssprache sämtlicher Mitglieder Deutsch
gewesen sei, ist diese Aussage durch die eigenen Angaben des Klägers bei der Sprachprüfung nicht bestätigt. Schon
der Kläger hat mehrere Umgangssprachen angegeben. Auch der Zeuge S konnte mit seiner Aussage vom 14. März
1985 keine Angaben zum Sprachgebrauch des Klägers 1944 im Elternhaus, im Beruf und im Freundeskreis machen.
Seine zuvor mit der eidesstattlichen Versicherung gegenüber der LVA Rheinprovinz gegebene Aussage, dass er
bezeugen könne, dass im Kreise der Familie des Klägers ausschließlich Deutsch gesprochen worden sei, hat der
Zeuge mit der Aussage vom 14. März 1985 nicht mehr bestätigt. Nach der Aussage hat der Kläger jedoch auch mit
ihm nicht Deutsch, sondern Serbisch gesprochen. Die Aussage des Zeugen S, dass der Kläger mit seinen Eltern
ausschließlich Deutsch gesprochen habe, erscheint deshalb nicht glaubhaft, weil der Zeuge mit derselben Aussage
angegeben hat, dass das Jiddische in ganz Jugoslawien völlig unbekannt gewesen ist. Diese Aussage ist widerlegt,
so dass am Wahrheitsgehalt der weiteren Aussage begründete Zweifel bestehen. Die Zeugin T hat mit ihrer
schriftlichen Aussage vom 27. Februar 1978 gegenüber der LVA auf die Frage, welche Muttersprache im Elternhaus
des Klägers gesprochen wurde, angegeben "Deutsch wahrscheinlich" und hat damit nicht den überwiegenden
Gebrauch des Deutschen bestätigt, sondern lediglich vermutet.
Die Zeugin S D hat mit ihrer Erklärung vom 03. April 1996 einen überwiegenden deutschen Sprachgebrauch des
Klägers im Elternhaus ebenfalls nicht bestätigt. Bestätigt ist mit dieser Erklärung lediglich, dass in dem Haus auch
Deutsch gesprochen worden ist. Ob dies überwiegend der Fall gewesen ist, lässt sich der Erklärung nicht entnehmen.
Soweit sich der Kläger auf die Angaben der Zeugin K LB beruft, lässt sich ein überwiegender Gebrauch der deutschen
Sprache auch dieser Aussage nicht entnehmen. Sie hat lediglich angegeben, dass in der Familie des Klägers
zwischen den Eltern und den Kindern untereinander die deutsche Sprache gesprochen worden sei. Ob dies
überwiegend der Fall gewesen ist, lässt sich auch dieser Aussage auch nicht entnehmen.
Auch mit dem Zeugen R hat der Kläger Ungarisch gesprochen, wie sich aus der Aussage vor dem Sozialgericht
Hamburg ergibt. Der Zeuge wohnte zum maßgeblichen Zeitpunkt, Mai 1941, in der unmittelbaren Nachbarschaft des
Klägers und damit auch noch im persönlichen Umfeld. Daraus ergibt sich, dass der Kläger auch nicht mit den
Nachbarn überwiegend Deutsch gesprochen hat. Der Zeuge hat weiter bestätigt, dass das ganze Dorf gemischt
gewesen sei. Viele hätten Deutsch, Ungarisch und Serbisch gesprochen, alle hätten serbisch und ungarisch
gesprochen. Dass der Zeuge angegeben hat, dass die Familie überwiegend Deutsch gesprochen hat, führt nicht zur
Glaubhaftmachung, dass diese Sprache tatsächlich überwiegend benutzt wurde. Der Kläger war Nachbar und wohl
nicht ständig zugegen. Zudem hat der Kläger selbst ungarisch gesprochen, ihm fiel diese Sprache leichter. Obwohl er
angibt, dass er, wenn er mit deutschen Kindern gespielt habe, Deutsch gesprochen hat, hat er mit dem Kläger
ungarisch gesprochen. Damit hat der Zeuge den Kläger nicht zu denjenigen Kindern gerechnet, die selbstverständlich
Deutsch sprachen. In diesem Falle hätte der Zeuge auch mit dem Kläger Deutsch gesprochen. Soweit der Kläger
meint, dass dieser Zeuge deutsche Bücher der Familie nach der Vertreibung gesehen hätte, hat der Zeuge dies
bestätigt. Er hat aber auch bestätigt, dass er hebräische und ungarische Bücher der Familie im Hof gefunden habe.
Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Familie überwiegend Deutsch als Kommunikationssprache benutzt hat.
Nach allem ist mit den vorliegenden Aussagen und Erklärungen nicht der überwiegende Gebrauch der deutschen
Sprache durch den Kläger belegt oder glaubhaft gemacht. Vielmehr hat der Kläger die in seinem persönlichen Umfeld
gesprochenen Sprachen benutzt. Der Schwerpunkt der Verwendung der deutschen Sprache im persönlichen Bereich
ist hier, trotz einer Vielzahl von Zeugenaussagen, nicht glaubhaft gemacht.
Sofern der Kläger anführt, dass er ab der Heirat bis zur Auswanderung nach Israel im April 1949 unter Hinweis auf
seine deutschsprachige Ehefrau überwiegend Deutsch als Umgangssprache verwendet habe, ist damit auch nicht die
überwiegende Verwendung der deutschen Sprache glaubhaft gemacht. Der Kläger hat selbst bei der Kommission zur
Sprachprüfung der Ministeriums der Finanzen in Israel angegeben, dass die Muttersprachen seiner Frau Deutsch und
Jiddisch gewesen seien und damit nicht allein Deutsch. Als Umgangssprache in der Ehe hat der Kläger Ungarisch
angegeben und als Literatur in der Ehe "Serbokroatisch" und "Ungarisch". Seine verstorbene Ehefrau hatte mit einer
formularmäßigen Erklärung in einem Rentenverfahren in Israel 1970 angegeben, ihre Muttersprache sei Ungarisch
gewesen. Daher ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger ab 1948 bis zu seiner Ausreise überwiegend
Deutsch als Muttersprache gesprochen hat und damit zu diesem Zeitpunkt dem dSK zugehörig war.
Soweit der Kläger meint, über seine verstorbene Frau werde für ihn die Zugehörigkeit zum dSK nach § 17a Buchst. b)
FRG "vermittelt", fehlt es – unabhängig davon, ob die Ehefrau dem dSK zugehörig war, an einer entsprechenden
Regelung. Die von dem Kläger angeführte Regelung des § 17a Buchst. b) FRG betrifft nur Hinterbliebene bezüglich
der Gewährung der Leistungen an Hinterbliebene. Der Kläger macht vorliegend keine Hinterbliebenenleistungen aus
Ansprüchen seiner verstorbenen Ehefrau geltend.
Nach allem sind damit die Voraussetzungen des § 17 a FRG nicht glaubhaft gemacht.
Die geltend gemachten Zeiten des Klägers sind auch nicht nach dem ZRBG von der Beklagten bei der Feststellung
des Wertes der Altersrente zu berücksichtigen, denn nach § 2 Abs. 2 ZRBG sind zusätzliche Entgeltpunkte für
Beitragszeiten außerhalb des Bundesgebiets aufgrund von Ghettobeitragszeiten, zu denen die geltend gemachten
Zeiten nicht gehören, nicht festzustellen. Die geltend gemachten Zeiten können daher weder nach dem ZRBG noch
nach dem FRG (§§ 15 ff. FRG) bei der Feststellung des Wertes der Altersrente des Klägers berücksichtigt werden.
Daher war die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegen.