Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 20.07.2006

LSG Berlin-Brandenburg: wohnung, zusicherung, umzug, kaution, unterkunftskosten, anspruchsvoraussetzung, link, quelle, wohnheim, sammlung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
32. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 32 B 1912/07 AS ER
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2 vom
20.07.2006, § 22 Abs 1 S 2 SGB
2 vom 20.07.2006, § 22 Abs 2 S
2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 22
Abs 3 S 1 SGB 2 vom
20.07.2006, § 22 Abs 3 S 2 SGB
2 vom 20.07.2006
Arbeitslosengeld II - Unterkunftskosten - Mietkaution -
Wohnungsbeschaffungskosten - bereits bezogene Wohnung -
Zusicherung - Anspruchsvoraussetzung - angemessene
Unterkunftskosten - Erforderlichkeit - Umzug aus dem
Studentenwohnheim in eine eigene Wohnung
Leitsatz
Die Zahlung der Mietkaution für eine bereits bezogene Wohnung stellt keine
Wohnbeschaffungskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II dar sondern Kosten der
Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB II.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. September
2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde vom 22. Oktober 2007, der das Sozialgericht Berlin (SG) nicht
abgeholfen hat, ist unbegründet.
Soweit die Beschwerdeführerin die Begründung kritisiert, auf welche das SG die
Zurückweisung ihres Antrages auf vorläufige Leistungsgewährung gestützt hat, fehlt es
an der Notwendigkeit einer einstweiligen Regelung: Der Antragsgegner hat mittlerweile
mit Bescheid vom 17. Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
und Kosten der Unterkunft ab Oktober bewilligt.
Mit ihrem Antrag auf vorläufige Bewilligung einer Wohnungserstausstattung ist die
Antragstellerin bereits erstinstanzlich durchgedrungen. Soweit sie die Begründung
kritisiert, fehlt es deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Das Begehren auf vorläufige Verpflichtung zur darlehensweiser Übernahme von
Wohnungskautionskosten hat das SG zutreffend abgelehnt.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts
Bezug, deren Gründe er sich zu Eigen macht (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-).
Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen Einschätzung keinen Anlass:
Es fehlt an der Glaubhaftmachung einer Eilbedürftigkeit. Trotz ausdrücklicher
Aufforderung durch den Senat hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass ihr derzeit
durch die Nichtzahlung der Mietkaution irgendein Nachteil im Mietverhältnis droht.
In der Sache allerdings spricht viel dafür, dass ihr ein Anspruch nach § 22 Abs. 1, Abs. 3
Satz 3 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) als Darlehen zusteht:
Die Zahlung der Mietkaution in Erfüllung der mietvertraglichen Pflicht zur Stellung einer
solchen Kaution für die bereits bezogene Wohnung ist im Gegensatz zur Kaution für eine
Wohnung, in welche der Umzug noch bevorsteht, eine Aufwendung für Unterkunft nach §
22 Abs. 1 SGB II. Es handelt sich nicht um Wohnungsbeschaffungskosten nach § 22 Abs.
3 Satz 1 SGB II. Nach erfolgter Wohnungsübergabe kann nämlich bereits rein begrifflich
nicht mehr von Wohnungsbeschaffung ausgegangen werden. Ab dann handelt es sich
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nicht mehr von Wohnungsbeschaffung ausgegangen werden. Ab dann handelt es sich
bei der Pflicht zur Kautionszahlung um eine mietvertragliche Pflicht, ebenso wie die zur
Zahlung der laufenden Miete oder die zur laufenden Vornahme von
Schönheitsreparaturen. § 22 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB II regeln nur Ansprüche auf
die Übernahme der Mietkaution für eine neue Unterkunft, also soweit es sich tatsächlich
um Wohnungsbeschaffungskosten handelt. Die Übernahme der Mietkaution für die
aktuelle Wohnung hängt im Ergebnis ebenso wie die Übernahme der laufenden Kosten
der Unterkunft (vgl. hierzu: LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 25.06.2007 -L 10 B 854/07 AS-
) demnach nicht generell von einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB
II ab. Soweit das Bundessozialgericht im Urteil vom 7.11.2006 (Az B 7b AS 10/06 R SozR
4-4200 § 22 Nr. 2, Juris Rdnr. 27) ausgeführt hat, bei § 22 Abs. 3 SGB II sei die
Zusicherung Anspruchsvoraussetzung, kann sich dies nur auf
Wohnungsbeschaffungskosten beziehen. Der Antragsgegner kann der Antragstellerin
also nicht vorhalten, ohne vorherige Zusicherung umgezogen zu sein. Allerdings
beschränkt § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II den Anspruch auf Leistungen für die Unterkunft im
Falle eines nicht erforderlichen Umzuges auf die Höhe der „bis dahin“ zu tragenden
Kosten. Konsequenterweise gilt dies auch für die Übernahme von Mietkautionskosten,
weil solche Aufwendungen ohne Umzug nicht zusätzlich anfielen. Wer ohne vorherige
Zusicherung umzieht, riskiert also, die Kaution selbst aufbringen zu müssen.
Der Umzug aus einem Studentenwohnheim in eine eigene Wohnung dürfte jedoch
grundsätzlich erforderlich sein. Ein Umzug ist nämlich erforderlich, wenn der Wunsch
nach einer eigenen Wohnung ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund
darstellt, der auch einen Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (so zutreffend Berlit in
LPK-SGB II § 22 Rdnr. 76 mit Bezugnahme auf SG Lüneburg, B. v. 19.8.2005 -S 24 AS
472/05 ER). Der Wunsch, nicht mehr mit anderen in einem Wohnheim, sondern in einer
eigenen Wohnung zu leben, dürfte im Regelfall ein solcher plausibler Grund sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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